Besuch bei der Iglesia Esperanza de Vida

Die Iglesia Esperanza De Vida ist eine junge christliche Glaubensgemeinschaft, die in Zürich-Seebach ansässig ist. Zuvor gehörten die Leiterenden und einige Mitglieder der Gemeinde dem christlichen Zentrum Buchegg an, wovon sie sich im Jahr 2019 gelöst haben, um eine eigene Gemeinde zu begründen, die ihren Sitz zuerst in Örlikon, heute in Seebach hat. Übersetzt bedeutet esperanza de vida «Hoffnung des Lebens». Ich habe mich im Namen von Relinfo auf den Weg gemacht, um einen Gottesdienst dieser sich selbst «blühend» nennenden Gemeinschaft mitzuerleben.

Gottesdienst in Zürich-Seebach

Sonntags finden in der Iglesia Esperanza de Vida vier (je zweistündige) Gottesdienste statt. Ich habe mich dazu entschieden, den letzten des Tages, welcher um 17:00 Uhr beginnt, zu besuchen. Die Räumlichkeiten der Gemeinde befinden sich im untersten Stock eines grossen Mehrzweckgebäudes. Vor Ort angekommen sah ich einige Leute vor einem Raum stehen. Offenbar war mir anzumerken, dass ich auf der Suche nach etwas war, weshalb ich direkt nach Betreten der Eingangslobby von einem Mann angesprochen wurde. Dieser sprach spanisch mit mir. Dann führte er mich zu einer Frau, welche vor dem Eingang zum Raum sass. Sie nahm meinen Namen und meine Telefonnummer auf und schrieb diese in ein Formular. Auch sie sprach spanisch mit mir. Danach stellte mich der Mann zwei jungen Frauen meines Alters vor. Sie waren sehr freundlich und wir kamen ins Gespräch. Ich fand heraus, dass sie Angehörige der Gemeinde sind. Etwa zehn Minuten standen wir noch vor dem Eingang, da der vorherige Gottesdienst noch am Laufen war. Danach betraten wir gemeinsam den Raum und setzten uns nebeneinander hin.

Moderner Gottesdienstraum

Der Gottesdienstraum war sehr geräumig. Der Boden war aus grauem Stein, die Wände schwarz. Trotz dieser dunklen Komponenten wirkte der Raum durch die Beleuchtung und die hohen, weissen Decken hell. Vorne im Raum stand eine Bühne. Darauf waren einige Instrumente, darunter ein Schlagzeug. Einige Pflanzen und eine LED-Beleuchtung begünstigten diese moderne Ausstattung. Zusätzlich gab es vorne eine Leinwand, an der später die Liedertexte eingeblendet wurden.

Durchmischte Gemeinde

Kurz vor Beginn des Gottesdientes waren ungefähr 25 Leute anwesend. Die Frauenquote betrug etwa 70%. Das Alter der Anwesenden war ziemlich durchmischt, auch Kinder waren repräsentiert. Bei der Iglesia Esperanza de Vida fiel mir auf, dass viele Jugendliche und junge Erwachsene die Gemeinde proaktiv mitgestalten. Zwei Mal im Monat findet jeweils ein Jugendgottesdienst statt, welchen sie den Namen YOPE gegeben haben. YOPE steht für: «youth with hope» oder auf deutsch «Jugendliche mit Hoffnung». Zusätzlich hat die Gemeinde eine Gruppe nur für Kinder, namentlich Esperanza Kids.

Willkommensgeschenk

Noch vor Beginn des Gottesdienstes kam eine Frau zu mir und meinen Sitznachbarinnen und begrüsste uns. Sie hiess mich als neues Gesicht herzlich willkommen und gab mir daraufhin ein kleines Willkommensgeschenk. Ein kleines, rotes Kartonkistchen. Darin waren etwas Schokolade und ein Zettel, auf welchem ein Gebet abgedruckt war. Es wirkte nicht so, als würden sie mich unbedingt als neues Mitglied in ihrer Gemeinde haben wollen, sondern viel mehr, dass sie mich aufrichtig willkommen heissen wollten. Anders gesagt: Die Leute wirkten freundlich, aber nicht aufdringlich.

Junge Sängerinnen, etwas älterer Pastor

Der Gottesdienst startete mit zwei Liedern. Dabei sangen zwei junge Frauen, ebenfalls in meinem Alter, also um die 20 Jahre alt, beide in ein Mikrophon. Im Hintergrund spielte ein Mann auf der Gitarre und ein anderer auf dem Schlagzeug. Das erste Lied war auf spanisch und das zweite auf portugiesisch. Als sie anfingen zu singen, wurde die Stimmung im Raum sehr energiereich. Die beiden Frauen machten, während sie sangen, die gleichen Bewegungen, also einen Tanz, welcher zum jeweiligen Liedertext passte. Der Inhalt der Lieder war nicht wesentlich anders, als es von herkömmlichen christlichen Liedern vertraut ist. Der Text bekannte die Liebe und Dankbarkeit gegenüber Gott.

Nach der Musikeinlage betrat der Pastor die Bühne. Ich schätze ihn um die 50 Jahre alt. Wie ich später erfuhr, sass seine Frau zuvorderst im Publikum. Da der Pastor argentinischer Herkunft ist, sprach er den ganzen Gottesdienst über auf spanisch. Überhaupt sprachen alle Anwesenden, sofern ich das beurteilen konnte, spanisch.

Trennung vom Christlichen Zentrum Buchegg

Als sich der Pastor 2019 vom Christlichen Zentrum Buchegg getrennt hatte, folgten ihm die Mitglieder, die nun Teil der Iglesia Esperanza de Vida sind. Als ich meine Sitznachbarin fragte, wieso der Pastor das Zentrum in Buchegg verlassen hat, sagte sie mir, sie wisse es nicht genau. Sie nahm aber an, dass er nach etwas Frischem suchte und es sich mit dem neuen Gottesdienstraum gut ergeben hat, sodass sie dann nach Örlikon gewechselt sind. Das Zentrum in Buchegg ist eher gross. Deshalb kann ich mir vorstellen, dass sich hinter den Kulissen mehr abgespielt hat und somit mehr dahintersteckt.

Sympathischer Pastor

Der Pastor machte auf mich über die ganze Zeit einen äusserst sympathischen Eindruck. Während des Gottesdienstes war sein Humor durchaus bemerkbar, was das Publikum jeweils zum Lachen brachte. Bevor er anfing zu predigen, forderte er alle, die im Mai Geburtstag haben, auf, nach vorne zu kommen (ich habe den Gottesdienst Ende Mai 2021 besucht). Danach haben wir gemeinsam für die total zwei Frauen gebetet. Als diese sich zurück zu ihrem Platz begaben, startete der eigentliche Gottesdienst. Wir standen alle auf, um zu beten. Das Gebet dauerte mehrere Minuten und beinhaltete die Verkündigung der Macht Gottes und der Dankbarkeit gegenüber Jesus.

Spenden

Nach dem Gebet gab es vom Pastor eine kleine Danksagung für unsere Spenden. Dies war das Stichwort für die Frau, ein Mitglied der Gemeinde, die daraufhin aufstand und persönlich bei uns mit einem Säckchen vorbeikam, wo man das Geld reinlegen durfte.

Predigtstil

Die Art und Weise, wie der Pastor den Gottesdienst führte, liess mich manchmal auf grosses hoffen. Oft wurde lange eingeleitet, sodass es mich persönlich immer wieder auf etwas «Spezielles» warten liess, was aber nicht kam. Dieses «Etwas» sollte einen tieferen Sinn des Gesagten beinhalten. Dies mag womöglich daran liegen, dass der Pastor viel aus seiner eigenen Erfahrung und aus seinem Leben erzählte, sodass er allen zeigte, dass er emotional an dem hängt, was er berichtet. Doch nun, wo ich zurückdenke, wirkte manches einfach sehr oberflächlich.

Thema «Immer»

Das Überthema des Gottesdienstes war das Wort «Immer». Dies gliederte der Pastor in zwei Teile auf: Die «Immer» Gottes und Unsere «Immer». Die «Immer» Gottes bestehen aus fünf Punkten: Immer gibt er dir Frieden, immer segnet er dich, immer besitzt er sein Land und Verheissungen, immer wird er dich führen und behüten, immer wird sein Wort bleiben. Die Dauer, in der der Pastor diese fünf Punkte nannte und kommentierte, betrug etwa 45 Minuten. Immer, nachdem er ein neues «Immer» einführte, erläuterte er diese Punkte mit persönlichen Erfahrungen und einer Bibelstelle. Der Sinn war es, dass diese Stelle das jeweilige «Immer» in einen Kontext bringen sollte und die Aussage somit bekräftigt werden sollte. Manchmal passte die Bibelstelle inhaltlich nicht zum genannten Punkt, was mich etwas skeptisch machte. Mir war manchmal nicht klar, wieso der Pastor ausgerechnet diesen Vers ausgewählt hat. Es wirkte so, dass er einfach eine Stelle gesucht hat, in der der genannte Ausdruck darin vorkam, obwohl es inhaltlich nicht das gleiche aussagte. Die Unsere «Immer», die der Pastor nannte, waren: Immer das Gute tun, immer mit Freude, immer dankbar, immer im Gebet, immer gemeinsam den Herrn loben und preisen, immer weiterwachsen.

Eine blühende Gemeinde?

Die Iglesia Esperanza de Vida nennt sich selbst eine «blühende» Gemeinschaft, was ich sehr zutreffend finde. Ich kenne den genauen Grund, wieso sich der Pastor vom Christlichen Zentrum Buchegg getrennt hat, zwar nicht, aber anscheinend hat dies ihm und den Mitgliedern gutgetan. Sie erfüllten den Raum nämlich mit einer positiven und heiteren Atmosphäre. Vielleicht war es ja die «Hoffnung des Lebens», die die Mitglieder an diesem Tag ausstrahlten. Alles in allem hat mir der Besuch bei der Iglesia Esperanza de Vida gut gefallen, obschon ich die Ausführungen des Pastors manchmal nicht nachvollziehen konnte.

Laura Meyer, 31. Mai 2021

Lexikoneintrag Iglesia Esperanza de Vida