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Die "Freunde von Werner Arn" 2007

 

 

Durch Liegenschaftskäufe und Auftritte ihres Gründers und Leiters Werner Arn sorgt seine offiziell namenlose, der Theorie nach gar inexistente Gemeinschaft insbesondere im Raum oberes Toggenburg für Diskussionsstoff. Von Aussenstehenden nach der Zentrale, Werner Arns Pflegeheim in Wattwil, "Adullam" genannt, bezeichnen sich die Anhänger der Gemeinschaft als "Freunde von Werner Arn", so z.B. bei Einsätzen als Strassenprediger und Bibelverteiler: Da wird gegenüber Gesprächspartnern die Frage nach der Kirche oder Gemeinde, aus der man komme, schroff zurückgewiesen mit der Bemerkung, man sei zwar Christ, hätte aber mit Kirchen und Vereinigungen nichts zu tun. Eifrigst bejaht wird hingegen die Frage, ob man denn Werner Arn kenne oder gar dessen Freund sei. Auch Arn selbst spricht von Anhängern als "ein Freund", "eine Freundin".

Bezüglich der Zahl seiner "Freunde" verwickelt sich Arn in Widersprüche, indem er etwa meint, er hätte keine Ahnung, wie viele Menschen nach seiner Verkündigung leben würden, dann aber den Sektenexperten vorwirft, deren Schätzung von rund 1000 Menschen sei viel zu hoch. Auf die Frage, ob eine Schätzung von 500 "Freunden" realistischer sei, will Arn keine Antwort geben. Offenbar bewegt sich die Zahl der "Freunde von Werner Arn" irgendwo zwischen 500 und 1000.

 

Lokale Gruppen von "Freunden"

Gegen aussen zugegeben wird hingegen manchmal die Zahl der Mitglieder einzelner lokaler Gruppen, die hauskreisartig organisiert sind und als "Bibelkreis (Ort)" oder "Christen, die sich versammeln in (Ort)" auftreten. Meist sind die Gruppen recht klein und von erheblicher Mutation gezeichnet. Menschen, die auf radikale Botschaften wie diejenige Arns reagieren, sind oft kein sehr treues Publikum. Für den "Bibelkreis Wetzikon" wird etwa die langjährige Durschnittszahl von 5 Leuten angegeben. Werner Arn selbst ist damit nicht zufrieden: "Da muss noch eine Null oder besser zwei hinten dran", redet er den Wetziker "Freunden" ins Gewissen. Wenn diese dann aber im Anschluss an einen Vortrag Arns im Wetziker Restaurant "Krone" ganz selbstverständlich zu ihren Veranstaltungen einladen und zu diesem Zweck einen Flyer mit den Terminen auflegen, ist das Arn, der die Fiktion der nichtexistenten Gemeinschaft um jeden Preis aufrecht erhalten will, auch nicht recht. "Eingeladen sind Sie, ja, aber vor allem zur Bibel, nicht zu einer bestimmten Gemeinschaft", korrigiert er seine Wetziker "Freunde" - vielleicht vor allem für die Ohren des Schreibenden, den Arn im Publikum selbstredend bemerkt hat. Die Wetziker "Freunde" sind da unbefangener, so berichtet ein "Willi" genannter "Freund", dass es ihm besser gehe, seit er "das kennen gelernt habe" und "nach dem lebe". Der Flyer des Bibelkreises Wetzikon lädt wie selbstverständlich zu montäglichen "Gemeindeversammlungen" ein. Arns Fiktion, keine Gemeinde zu sein, wird hier nicht mehr durchgehalten.

 

Missionare - die neue Hierarchiestufe

Betreut werden die lokalen Kreise durch die neue Hierarchiestufe, die sich in den letzten Jahren unter den "Freunden von Werner Arn" herausgebildet hat, die "Missionare". Missionare sind Menschen, die Werner Arns Missionarsausbildung im ehemaligen Kindergärtnerinnenseminar in Ebnat-Kappel, eine der von Arn aufgekauften Liegenschaften, absolviert haben und nun Arns Botschaft in die lokalen Kreise, aber auch in die Welt hinaus tragen. Tätig geworden sind Missionare z.B. in Albanien, Italien, Kosovo, Mexiko, Russland und der Ukraine. Meist bleiben die Missionsstationen wie die lokalen Gruppen aber eher klein.

 

Werner Arn, die "Posaune Gottes"

Zentrale Autoritätsfigur ist und bleibt aber Werner Arn, der von seinen "Freunden" als "Posaune Gottes", als "Gottes Sprechrohr" bezeichnet werden kann. Dass Arns Rang als gültiger Interpret der Bibel demjenigen als Offenbarer zunehmend gleichkommt, wird so auch in der Wortwahl seiner Anhängerschaft deutlich. Die Bescheidenheit früherer Jahre in Sachen Zuschreibung heilsgeschichtlicher Titulaturen an Arn scheint nach und nach aufgegeben zu werden.

Dabei liest sich der Werdegang der "Posaune Gottes" wenig spektakulär: Arn ist in den Vierzigerjahren in Gräslikon, Gemeinde Berg am Irchel, auf einem Landwirtschaftsbetrieb aufgewachsen, der vom Zwillingsbruder seiner Mutter geführt wurde. Arns Vater war demgegenüber Berufssoldat, was für Arn eine "gute Schule" gewesen sei. Er habe so quasi seit dem Alter von 1 Jahr die Rekrutenschule absolviert. Später besuchte Arn die Mittelschule in Winterthur und das Lehrerseminar in Zürich, wo er anschliessend an der Universität eine Zeitlang Geschichte und Französisch studierte. Arn wird dann aber Lehrer der Mittelstufe (4-6 Primarklasse).

In seiner Jugend will Arn ein "schwerer Sünder" gewesen sein, mit 17 hätte er zu Rauchen begonnen und in seiner Studienzeit sei er als Mitglied einer Studentenverbindung auch mit Alkohol in Kontakt gekommen. "Ich war auch ein Festlibruder", erwähnt Arn mit Rückblick auf diese Zeit öfter, und in "Festen, Kultur und Reisen" hätte er sich damals verirrt. Von Gravierenderem wird nicht berichtet, insbesondere scheint Arn von der von ihm bevorzugt kritisierten "Hurerei" frei geblieben zu sein.

Mit 26 Jahren, den Tag kennt er noch genau, bekehrt Arn sich zu einem evangelikal geprägten Christentum, wird aber nicht Mitglied einer Gemeinde oder "irgendeiner Vereinigung", wie Arn zu betonen nicht müde wird. Kurz danach heiratet Arn seine Frau, von Beruf ebenfalls Lehrerin, mit welcher er in den folgenden Jahren sieben Kinder, vier Töchter und drei Söhne, haben wird. Von den Kindern Arns gilt unter den "Freunden von Werner Arn" nur einer der Söhne als gläubig. Ein anderer Sohn - Arn nennt seinen Namen öffentlich - habe besondere Probleme gemacht, weil er während der Gymnasialzeit an der Kantonsschule Wattwil eine Zeitlang "in die Drogen gekommen" sei - nach Arns Beschreibung handelte es sich wohl um Cannabis-Konsum, wie er unter Gymnasiasten nicht ganz selten ist. Durch intensives Gebet von Arn und seiner Frau sei der Sohn von dieser Sucht wieder frei geworden. Inzwischen sind alle Kinder von zu Hause ausgezogen.

 

Liegenschaft wird an Liegenschaft gereiht

Noch während seiner Tätigkeit als Primarlehrer beginnt Werner Arn mit seiner Vortragstätigkeit, in welcher er sein Bild von Glaube und Gesellschaft entwirft. Hierfür schafft Arn die Organisation "Christlicher Informations-Dienst", abgekürzt CID, in den Neunzigerjahren noch "zid" gelesen, heute "ze-i-de".

Im Jahr 1988 zieht Arn in die ehemalige Sockenfabrik in Wattwil, die "Socki", wo er das Pflegeheim "Adullam" begründet, welches zur Zentrale für Arns Wirksamkeit wird. Zuerst wird die Socki gepachtet, dann aufgekauft. Damit beginnt die Reihe der Liegenschaftskäufe Arns, die mit der Sonegg in Ebnat-Kappel, in welcher das Kindergärtnerinnenseminar untergebracht war, sowie einem Wohnhaus am selben Ort ihre Fortsetzung und mit dem Erwerb des Restaurants "Traube", ebenfalls in Ebnat-Kappel, ihren vorläufigen Abschluss findet. Letzterer Kauf sorgte in Ebnat-Kappel für Unruhe, da die "Traube" den einzigen vereinstauglichen Saal der Gemeinde enthält. Arn braucht den Saal für die Gottesdienste seiner "Freunde", ist aber bereit, weiterhin an Vereine zu vermieten, wenn die Veranstaltungen nicht in seiner Sicht anstössig sind, so kommt Tanz etwa nur dann in Frage, wenn er nicht zu Partnerwechsel Anlass gibt. Ganz ausgeschlossen sind Fasnachtsveranstaltungen, denn die Fasnacht, Arn spricht von Fasching, würde dazu führen, dass die "Hurerei" sich landauf landab ausbreiten würde.

Das Geld zu seinen Liegenschaftskäufen kommt Arn über die Spenden seiner "Freunde" zu. Da die "Freunde von Werner Arn" keine juristische Person sind, gehören die Liegenschaften Werner Arn als Privatmann. Als solcher kassiert er auch die Spenden. Rechenschaft ist Arn so niemandem schuldig, keiner Generalversammlung und keinem Vorstand. "Fragen wir, wie ein Bauer seinen neuen Traktor finanziert hat? Das ist doch Privatsache", meint Arn zu einem Journalisten des St. Galler Tagblattes, der nach der Herkunft der Gelder für die Liegenschaftskäufe gefragt hat. Arn will seine Liegenschaften offensichtlich wie einen privatwirtschaftlichen Betrieb, nicht wie ein christliches Werk führen.

Etwas eigenartig mutet dieses Zusammenkaufen von Liegenschaften aber auch deshalb an, weil Arn anderen Gemeinschaften deren Liegenschaftsbesitz zum Vorwurf macht - da die Gemeinde im Neuen Testament keine Liegenschaften besessen habe, sei Liegenschaftsbesitz das Kennzeichen einer von der Bibel abgefallenen Gruppe.

Der Schreibende muss allerdings zugestehen, dass er es war, der Arn zuerst auf diese Idee gebracht hat: Beim ersten Telefon mit Arn im Jahr 1997 gings u.a. um die Vorwürfe Arns an andere Kirchen, dabei fragte der Schreibende nach, ob denn Arn - wie die "Gemeinden Christi" etwa - auch mit dem Liegenschaftsbesitz der Kirchen Mühe hätte. "Nein, wieso?" war Arns Antwort, worauf der Schreibende das Argument der "Gemeinden Christi" erklären musste, dass ein Liegenschaftsbesitz der Gemeinde im Neuen Testament ja nicht vorkomme. Ein halbes Jahr später war zu vernehmen, dass der Liegenschaftsbesitz zu einem der Hauptvorwürfe Arns an andere Gemeinschaften avancierte.

 

Werner Arn, der Bussprediger

Gegenüber den Neunzigerjahren wirkt Werner Arn, er muss heute um die 65 sein, stark gealtert. Hängt es mit dieser Tatsache zusammen, dass sich bei seinen Auftritten eine Spannung zwischen Inhalt und Gestus ergibt? Während Arn das Heil und dessen Freuden in geradezu mürrisch wirkender Zurückhaltung präsentiert - von ein paar Seitenhieben auf andere Religionen abgesehen ("en Buddha chan mich nid rette, isch ja logisch...") - holt er erst da zum rhetorischen Feuerwerk aus, wo es darum geht, die Verworfenheit dieser Gesellschaft zu präsentieren. Arn ist und bleibt ein Bussprediger, und kommt dann in Fahrt, wenn er Sündenlisten und Lasterkataloge präsentieren kann. So formuliert er auf einer seiner Folien:

"Beinahe die ganze Gesellschaft ist heute bereit, unter dem Begriff ‚Toleranz' und ‚Freiheit' die perversesten, greulichsten Sünden zu dulden oder sogar zu bejahen:
- Homosexualität
- Sodomie
- Inzest
- Sterbehilfe
- Beihilfe zum Selbstmord
- Konkubinat
- Pornographie
- Sittenlosigkeit und Schamlosigkeit in der Werbung und der Mode
- Schwangerschaftsabbruch
- etc."

Dass Arn hier Toleriertes wie Konkubinat und Homosexualität mit Verbotenem und gesellschaftlich ausgesprochen Verpöntem wie Inzest vermischt, tut für ihn offenbar nichts zu Sache. Sie ist grässlich, unsere Gesellschaft, "greulich" ebenso wie die neue Rechtschreibung, die Lehrer Arn aus Ueberzeugung zurückweist (er präsentiert auf anderen Folien dann allerdings gewissermassen arnsche Rechtschreibung wie z.B. "Arche Noah's" oder "Schickane", was für einen ehemaligen Primarlehrer und Romanistik-Studenten eher erstaunt).

Eine andere Folie beschäftigt sich mit dem Zustand unserer Jugend:
"Wir opfern unsere Kinder dem Moloch.
Immer mehr gerät unsere Jugend ausser Rand und Band.
Die Duldung und Ausübung ‚freier Sexualität' trägt schreckliche Früchte.
In ungezählten Discos, an den Grossveranstaltungen der Open Airs, wird die Jugend mit dämonischer Musik vollgepumpt und besessen von bösen Geistern.
Rowdytum, Aggressionen, der Hooliganismus, das sinnlose Randalieren, nehmen in allen Ländern gewaltig zu.
Zunehmende Respektlosigkeit gegenüber den Eltern, Lehrern, gegenüber den Alten, gegenüber Amtspersonen verursachen im öffentlichen Leben mehr und mehr riesige Probleme.
Gewalt, Horror, Pornographie in den Medien, im Film, auf Videos und im Internet zerstören die göttlichen Grenzen und hinterlassen am Erwachsenen, Kindern und Jugendlichen katastrophale Folgen an Geist, Seele und Leib."

Besonderen Ausdruck findet diese Verführung unserer Jugend nach Ansicht Arns nicht nur in "satanisch" inspirierten Zeitschriften wie dem "schmutzigen Dreckheftli Bravo", sondern darin, dass sich gar christliche Gemeinden der "satanischen Rockmusik" geöffnet haben, indem sie so genannte christliche Rockmusik pflegen.

 

Alttestamentliche Prügel-Pädagogik

Was ist angesichts dieses Zustands der Jugend, ihrer zunehmenden Respektlosigkeit zu tun? Lehrer Arn erinnert sich an seine eigenen Zeiten als Primarlehrer in den Sechzigerjahren und an die pädagogischen Rezepte, die er damals schwierigen Schülern angedeihen liess.

Das beste Buch über Pädagogik sei "nicht der Pestalozzi, und schon gar nicht der Rousseau, sondern das Buch der Sprüche im Alten Testament". Die dortigen altorientalischen Tipps zum Züchtigen unbotmässiger Kinder mit der Rute will Arn nicht nur im Elternhaus, sondern auch in der Schule umgesetzt sehen. Dass diese Prügel-Pädagogik dem Geist des Neuen Testaments diametral widerspricht, sieht Arn nicht. Arns gesetzlicher Glaube ist weitest gehend auf dem Alten Testament aufgebaut, dieses Werk überragt das Neue bei den Zitationen durch Arn im Verhältnis von (mindestens) 3:1.

Für die Kinder der "Freunde von Werner Arn" bedeutet diese Prügel-Pädagogik aber nichts Gutes. Sie, die sich ja nicht freiwillig dafür entschieden haben, Werner Arn zum "Freund" zu haben, sind die Leidtragenden.

Unbehagen löst auch aus, wenn zu erfahren ist, dass sich unter den "Freunden von Werner Arn" mancher Primarlehrer befindet. Werner Arn berichtet davon, dass einer seiner "Freunde" seine Anstellung als Lehrer verlor - was für Arn ein Anzeichen des Versagens des Staates darstellt, scheint dem Aussenstehenden eher die Wirksamkeit staatlicher Kontrolle mindestens in diesem Fall zu belegen.

 

Apokalypse jetzt oder später?

In den Neunzigerjahren ist Werner Arn als Weltuntergangsprophet aufgetreten: er sagte ein baldiges Ende dieser Welt und das Gericht über die Menschen voraus. Zwar könne es, meinte er Anfang 1999, bis zu diesem Gericht noch fünf, zehn oder zwanzig Jahre dauern, aber es sähe im Moment nicht danach aus. Nun, der erste dieser Termine ist längst verstrichen, und der zweite rückt immer näher. Ob dies bei Arn Anlass zu grösserer Vorsicht ist? Gegenüber Kritikern weist Arn auf seine Liegenschaftskäufe hin in der Meinung, dass diese ja belegen würden, dass er sich noch auf ein paar Jährchen Wirksamkeit einstellen würde. Die eigenen "Freunde", die sich Arn nicht zuletzt aus Vorfreude aufs Weltende angeschlossen haben - zu Weltendsgruppen geht ja nicht derjenige, der sich vor dem Weltuntergang fürchtet, sondern derjenige, der das Ende dieser Welt herbeisehnt - muss Arn aber weiterhin mit ausgesprochener Naherwartung bedienen: Sehr bald wird es sich ereignen, das Gericht. Obs noch 40 Tage gehe, wie bei Jona, oder 120, wie bei Noah, das sei offen, aber "ungeheuer" wird es sein, das Gericht, das auf die "perverse Gesellschaft" zukomme.

Die bisherige Verzögerung des Gerichts erklärt Arn - wie viele andere fundamentalistische Weltuntergangsdatierer, aber auch wie Uriella z.B. - mit der Gnade Gottes: Gott wolle den Menschen nochmals eine Chance zur Bekehrung geben.

Nicht zuletzt aus diesem Grund ist die Missionstätigkeit für Arn und seine Freunde auch so wichtig: Erst wenn die Menschen ihre Chance zur Bekehrung erhalten haben, kann das ersehnte Gericht kommen. Wer missioniert, bringt so die Uhr der Heilsgeschichte voran.

 

Gottesstaat Wattwil

Eines allerdings vermöchte die Weltendsuhr anzuhalten: Wenn sich wie Ninive durch die Wirksamkeit des Propheten Jona ganze Städte zu einem alttestamentlichen Glauben arnscher Prägung bekehren würden, wenn Hurerei und Drogen aus Wirtschaften verschwinden und in Schulen Zucht und Ordnung sowie Schulgebet Einzug halten würden, wenn Jugendliche von Hooliganismus, Rowdytum und neuer Rechtschreibung Abstand nähmen und statt satanischer Rockmusik das Erweckungsliedgut der "Freunde" Arns trällerten, wenn Politiker ihre Sitzungen mit Gebeten eröffneten und sich in ihren Entscheidungen an der Bibel nach dem Verständnis Arns orientierten, wenn "Festlibrüder" und Vereinsmeier sich nicht mehr mit Tanz, der zu Partnerwechsel führt, sondern mit Mission abgäben, und wenn sittenlose und satanische Heftchen von den Kiosken verschwänden, kurz, wenn eine Stadt gottgefällig würde, wie Arn das versteht, dann könnte der Weltuntergang aufgehalten werden.

Arn hält einen solchen Gottesstaat in einer Schweizer Gemeinde für möglich, wenn seine "Freunde" in Gebet, Mission und Busspredigt daran arbeiten. Ob Wattwil die erste gottgefälllige Gemeinde sein wird oder eine andere, darauf will sich Arn nicht festlegen, aber die grundsätzliche Möglichkeit einer solchen Entwicklung würde bestehen.

Zur Illustration seines Gottesstaates dient Arn, dem ehemaligen Geschichtsstudenten, ein ganz unhistorisch idealisiertes Bild des Staatswesens früherer Jahrhunderte, so meint Arn, dass die Schweizer Gesetze "früher" auf den zehn Geboten (statt, wie historisch richtig, auf germanischem und römischen Recht) beruht hätten, und er deutet den naturreligiös-liberalen Schweizerpsalm, der Gott in allerlei Naturerscheinungen, nicht in seiner Offenbarung oder in Jesus Christus sieht, als ein Zeugnis biblischen Glaubens. Geradezu eine Predigt sei er, der Schweizerpsalm. Was der Schweizerpsalm allerdings predigt, das scheint Arn nicht wahrzunehmen.

Auch in eigenen Kreisen erntet Arn für diese Vorstellung eines Gottesstaates manches Kopfschütteln, wie ihm bewusst ist: "Es git gwüssi Lüt, die säged, du, de Werner spinnt glaub..."

 

Arns "Freunde" im Kampf für den Gottesstaat?

Die Frage stellt sich, wie weit Arn sein Konzept des Gottesstaates in Wattwil und anderswo als konkretes politisches Projekt sieht und seine "Freunde" dazu führt, politisch in diesem Sinne tätig zu werden. Tritt im Kanton St.Gallen alsbald eine Liste der "Freunde von Werner Arn" bei Wahlen an? Wird das Schulgebet bald von Schulpflegern, die von Werner Arns "Freunden" portiert sind, eingefordert? Verlangen in Wattwil und Ebnat-Kappel bald mit Arn "befreundete" Gemeinderäte eine Orientierung der Gemeindepolitik am arnschen Bibelverständnis? Bisher gibt es keine Hinweise in diese Richtung, und die endzeitlichen Interessen der "Freunde von Werner Arn" stehen allzu viel politischem Engagement möglicherweise im Weg. Denn eines ist deutlich: Zu Werner Arn finden vor allem Menschen, die unsere Zeit als ebenso "pervers" und unlebbar empfinden wie ihr "Freund" Werner Arn, die sich von multikultureller Gesellschaft und Globalisierung nicht nur herausgefordert, sondern überfordert fühlen, und denen das Ende aller Dinge nicht Drohung, sondern Verheissung ist. Es geht oft um Menschen, die mit der Gesellschaft aus dem einen oder anderen Grund schlechte Erfahrungen gemacht haben und behutsam im Leben unterstützt werden müssten. "Freund" Arn führt einen anderen Weg, den der Isolation und Versektung. Für viele, insbesondere für die Kinder der Gemeinschaft ist dies ein problematischer Weg.

 

Georg Otto Schmid, 2007


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