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Akron und sein Templum Baphomae |
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Uebersicht |
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Akron
und sein Templum Baphomae |
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In den letzten Jahren hat Karl-Friedrich Frey aus St. Gallen,
besser bekannt unter seinem Pseudonym Akron, zunehmend die
Aufmerksamkeit der Medien gefunden. Für dieses Interesse ist
nicht nur Akrons beachtlicher Erfolg am Buchmarkt, manche seiner
Titel erreichten Auflagen in den Hunderttausenden, verantwortlich. Es
waren vielmehr seine Gewandtheit im Umgang und seine in esoterischen
Kreisen leider nicht selbstverständliche historische und
philologische Bildung, die ihn zum gefragten Gesprächspartner in
Medienproduktionen zu okkulten Themen machten, und es war
insbesondere sein mit okkulten und esoterischen Symbolen und
Requisiten überfülltes Haus, welches ihn zum medial
perfekten Vorzeige-Magier der Ostschweiz werden liess. Hat sich all
dieses für Akron werbetechnisch günstig ausgewirkt und
seinen Erfolg noch beflügelt, so kann Akron die neueste Welle
medialer Aufmerksamkeit kaum recht sein: Akron wird in Zusammenhang
mit einem satanistisch (mit-)motivierten Mord in Balgach SG gebracht.
Grund für diese Kombination ist die Tatsache, dass sich der
Anführer der satanistischen Gruppe, welcher der Täter
angehörte, ab und zu an Akron gewandt hat in der Meinung, der
medien- und buchmarktpräsente Vorzeige-Okkultist müsse auch
eine Kapazität auf dem Feld des Satanismus sein. Daneben hat
sich dieser Anführer der in Frage stehenden Satanisten-Gruppe
auch den Werken Akrons lektüreweise zugewandt, was von Seiten
Aussenstehender zur unrichtigen Vermutung führte, die Werke
Akrons hätten als Vorlage für satanistische Rituale gedient
(tatsächlich empfingen die Balgacher Satanisten ihre
Inspirationen von Aleister Crowley). Akrons Umgang mit Satan bleibt
wie das Verhältnis zu anderen Grössen der
Religionsgeschichte rein symbolisch. Obwohl Akron (wie jeder Mensch)
für missverstehende und der Absicht des Autors zuwiderlaufende
Interpretationen seiner Texte nicht verantwortlich gemacht werden
kann, wird wohl doch "etwas haften bleiben." Akron wird zweifellos
gut daran tun, seine Distanz zum Satanismus der Oeffentlichkeit noch
klarer darzulegen.
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Akrons Werdegang |
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Karl-Friedrich Frey, der sich selber englisch "Charles" nennt,
wird am 1. Mai 1948, zu Walpurgis, in Münsterlingen als Sohn
eines Zollbeamten geboren. Seinen Vater beschreibt Akron als
gütigen und hilfsbereiten, aber auch strengen Mann, welcher in
einem gewissen Sinne für Akron ein Vorbild geblieben sei.
Als Karl-Friedrich vier Jahre alt ist, wird sein Vater an den
Bahnzoll in Singen in Deutschland versetzt, wo Karl-Friedrich nun
seine Kindheit verbringt. Zur Sekundarschule schicken ihn seine
Eltern in die Schweiz, nach Ramsen, wo Karl-Friedrich als "Deutscher"
verfemt wird. Nach Abschluss der Sekundarschule aspiriert Frey auf
eine Laufbahn in der Wirtschaft und macht eine kaufmännische
Ausbildung, allerdings gewinnt die musische Richtung schliesslich die
Oberhand. Frey wird mit 19 Jahren Schlagzeuger in der Band
Amondüül, die durch ihre Nähe zum Okkultismus von sich
reden macht. Daneben steigt Frey in den Journalismus ein, er schreibt
für die Feuilleton-Rubriken diverser Ostschweizer Tageszeitungen
Rezensionen kultureller Ereignisse und andere Artikel, auf deren
Sprachgestalt Akron noch heute stolz ist. Tatsächlich
verzeichnet Frey als Journalist einigen Erfolg, seine hohe
sprachliche Begabung wird deutlich.
In den Achziger Jahren eröffnet sich Akron ein neues Feld:
der Esoterik-Buchmarkt. Es war, wie Akron selber betont, der
kommerzielle Erfolg von Thorwald Dethlefsens Büchern, der ihn
dazu brachte, auf eine Verdienstmöglichkeit im Eso-Business zu
setzen. Akron legt in der Folge verschiedene Werke zur Astrologie und
zum Tarot vor, erst bei Kleinverlagen, dann bei Hugendubel. Der
kommerzielle Erfolg ist beachtlich, allein Akrons Werk über den
Crowley-Tarot, es ist Akrons meistverkauftes Buch, erreichte bis
heute eine Auflage von 200 000 Exemplaren. Ist Akron während
seiner ersten Jahre als Buchautor noch gezwungen, zwecks
Zusatzverdienst nebenbei journalistische Arbeiten abzuliefern, kann
er bald auf solches verzichten. Seine Astrologie-Bücher tragen
ihm den Rang eines renommierten astrologischen Beraters ein, eine
Funktion, die er (gegen ein branchenübliches Honorar von Fr.
170.- pro Horoskop mit Beratungsgespräch, wie zu erfahren ist)
auch noch heute ab und an ausübt.
Diese diversen Einkünfte ermöglichen Akron den Kauf
einer Liegenschaft an der Ruhbergstrasse 20 in St. Gallen, einer
baufälligen und wenig geräumigen Jugendstilvilla mit
dreieckigem Grundriss, die er aufwendig renoviert und mit okkulter
Symbolik anreichert. Letzteres geschah in solcher Fülle, dass
der Betrachter sich über die unvermeidliche
Kunst-oder-Kitsch-Frage nicht ganz schlüssig zu werden vermag.
Eine Freimaurer-Loge jedenfalls ist im Vergleich zu Akrons Domizil
von geradezu puritanischer Strenge.
Seine Liegenschaft und damit sein astrologisch-okkultistisches
Zentrum benannte Frey mit dem Namen "Akron". Ein Versehen des
Verlages beförderte bei der Edition eines Buches diesen Namen
des Zentrums an die Position des Autors. Seither trägt Frey
diesen Namen selbst. Etymologisch leitet Akron sein Pseudonym aus dem
Griechischen ab, allerdings nicht vom naheliegenden "akron" = Spitze,
sondern von "achronos" = zeitlos. Der Zeitlose, Unzeitgemässe
oder Ueberzeitliche zu sein, dies ist es, was Akron seiner
Wirksamkeit in seinem Namen programmatisch vorgegeben sieht.
Ein neuer Arbeitszweig eröffnete sich Akron seit 1995 mit
seinem Templum Baphomae, einem Zusammenschluss von LeserInnen der
Bücher Akrons zwecks gemeinsamer Gestaltung von Ritualen.
Daneben widmet sich Akron, ganz auf der Linie seines stets
hilfsbereiten Vaters, der Betreuung von Menschen, die sich mit ihren
Problemen an ihn wenden. Solche finden sich reichlich ein, bedingt
durch die Tatsache, dass Akron von der okkult interessierten Szene
der Ostschweiz als Okkult-Guru wahrgenommen wird. Im Sinne eines
Projektes spricht Akron davon, die losen, aber zahlreichen
Satanistenzirkel der Ostschweiz zusammenzufassen und "den Leuten
beizubringen, dass Satan nicht existiert". |
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Lehren |
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Akron ist ein Autodidakt. Sein beachtliches philosophisches,
psychologisches und historisches Wissen hat er sich angelesen. Dies
gilt auch für den Bereich des Okkultismus: Akron ist nirgendwo
spirituell "in die Schule gegangen", er kennt keinen Lehrer oder
Vorläufer. Was Akron aufgreift, hat er sich durch Lektüre
erschlossen.
Als Autodidakt wurde Akron von der Vielzahl der Systeme und
Methoden geprägt. Wahrheit ist, so wird Akron klar, relativ. Sie
hängt vom Standpunkt des Betrachters ab. Der Beobachter
projiziert sich und seine Voraussetzungen in die Welt hinaus. Was er
dort sieht, ist somit nur das Spiegelbild dessen, was er in sich
selber trägt. Damit wird objektive Wahrheit unmöglich. Alle
verschiedenen Sichtweisen haben ihr Recht, und alle haben unrecht.
Wahr ist nur die Aussage, dass es keine objektive Wahrheit gibt.
Wenn es nur subjektive Wahrheit gibt, kann aber kein
weltanschauliches System irgendwelche objektive Gültigkeit
beanspruchen. Weltanschauungen sind damit Symbolsysteme, nicht mehr.
Was steht hinter den Symbolen?
Nach Akrons Wahrheitsrelativismus kann es erstaunen, dass er
hinter die subjektiven Wahrheiten auf einen objektiven Grund
zurückgehen zu können glaubt. Hier zeigt sich, dass Akrons
Relativismus kein philosophisch-grundsätzlicher ist, sondern auf
einem Reduktionismus naiv-objektivistischer Art fusst: Akron glaubt
zu wissen, wodurch Weltanschauungen produziert werden. Es ist das
Geschehen in der menschlichen Psyche, das Akron unter Uebernahme der
Begrifflichkeit von C.G. Jung fasst und für die Genese von
Weltanschauungen verantwortlich macht. Dass das Jungsche Seelenmodell
keineswegs als naturwissenschaftlich gesichterte Tatsache gelten
kann, sondern als weltanschauliches Modell zu betrachten ist, tut
für Akron nichts zur Sache. Bei Jung meint er seinen
archimedischen Punkt gefunden zu haben, von welchem aus die
Relativität der Weltanschauungen zu belegen und ein eigener
Weltentwurf zu begründen ist. Von aussen besehen nimmt Akrons
Entwurf so einen nicht ganz konsequenten Charakter an. Sein Projekt
des Relativismus scheitert, was bleibt, ist eine Relativierung bloss
aller anderen Weltanschauungen von der vermeintlich gesicherten Warte
des Wissenden aus. Zu fordern wäre demgegenüber, dass Akron
seinen Relativismus in aller Schärfe auch auf das Jungsche
Seelenmodell anwendet.
Es ist nun insbesondere die Figur des Schattens, der
verdrängten Seelenteile, die Akron am Modell C. G. Jungs
fasziniert. Das Verdrängte fordert im Schatten sein Recht. Es
kann zugelassen und integriert werden, oder aber bekämpft, als
das Böse, in der Welt und in anderen. Hier macht Akron das
Okkulte fest. Das Okkulte wird zum Symbol für den Schatten, den
die Gesellschaft ausgrenzt und verdrängt und als "Böses"
"verteufelt". Diese "Verteufelung" geschieht nun nicht nur im
Christentum, sondern auch in weiten Teilen der Esoterik, die Akron
mit beissender Häme darstellen kann. Jedes Projekt der
Läuterung des Menschen, in der Esoterik weitverbreitet, ist zum
Scheitern verurteilt. Ziel ist es hingegen, das Okkulte zu
integrieren, um die "Ganzheit des Selbst" zu ermöglichen. Der
Weg hierzu geht über die "Schattenarbeit", wie sie das Templum
Baphomae betreibt.
Die "Ganzheit des Selbst" bringt nun nicht die Wahrheit, aber ein
Menschsein, das auf Projektionen zwar nicht verzichten, aber diese
doch als solche durchschauen kann. Der sich seiner Projektionen
bewusste Mensch ist nun in der Lage, seine Weltanschauung selbst zu
setzen, z.B. im Bereich der Ethik. Konkrete Hinweise in dieser
Richtung sind nun wiederum stark an psychologistischen Modellen
orientiert: Aggressionen gilt es etwa binnenpsychisch zu
bewältigen, wozu Hinweise aus Transaktionsanalyse und
Psychodrama zur Anwendung kommen.
Der sich seiner Projektionen bewusste Mensch kann nun von
vorgegebenen Symbolsystemen Gebrauch machen, aus ihnen heuristisch
Erkenntnisgewinn schöpfen, aber muss sie dann transzendieren,
bevor sie sich verabsolutieren. So ist die Astrologie, die Akron ja
geschäftsmässig betreibt, für ihn kein absolutes
System, sondern bedarf ihrer Ueberschreitung, nachdem sie ihren
Dienst zur Erkenntnis geleistet hat. Dass Akrons Kundschaft diesen
letzten Schritt meist nicht zu leisten bereit ist, sondern in der
Zusage grosser Chancen und Verheissungen durch exzeptionelle
Sternkonstellationen verweilen möchte, ist Akron schmerzlich
bewusst.
Der sich seiner Projektionen bewusste und mit seinem Schatten
versöhnte Mensch benötigt keinen Lehrer, keinen Guru.
Deshalb möchte Akron wie Krishnamurti, den er als sein Vorbild
nennt, sich als Guru unnötig machen. Aber wie Krishnamurti
scheint dies Akron nicht recht zu gelingen. Und wie einst
Krishnamurti muss sich Akron fragen lassen, ob er ein Erreichen
dieses Ziels sich aus wirtschaftlichen Gründen überhaupt
wünschen kann. |
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Das Templum Baphomae |
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Akrons eigener Orden, das Templum Baphomae, der Tempel der
Baphoma, entsprang der Idee, LeserInnen seiner Werke an ihren
jeweiligen Wohnorten zusammenzuführen, auf dass diese sich
gegenseitig kostenlos unterstützen können, statt auf die
geographisch unter Umständen distanzierte und kostenpflichtige
Beratung Akrons angewiesen zu sein. Der Name Baphoma geht zurück
auf Baphomet, das angebliche Kultobjekt der mittelalterlichen
Tempelritter und Akrons liebstes Schatten-Symbol. Baphoma stellt nun
eine feminine Wendung des zwar androgyn gedachten, aber doch
grammatikalisch maskulin bezeichneten Baphomet dar.
Schon bald lud Akron die Menschen, die sich dem Templum Baphomae
zugehörig fühlen, zu feierlicher Begehung der hohen
okkulten Feiertage, Walpurgis und Helloween, nach St. Gallen ein. Die
hier gebotenen Rituale, die mittlerweile das Zentrum der
Aktivitäten des Templum Baphomae darstellen, stellen eine
liturgische Aufarbeitung von Akrons Schattenarbeit dar. Am letzten
Helloween waren dem Vernehmen nach Todeserfahrung und Todesurteil die
Themen. Akron berichtet, dass in diesem Zusammenhang jede
teilnehmende Person eine Liste mit drei anwesenden Menschen zu
erstellen gehabt hätte, welche sie für eine Opferung
vorsehen würde, welche ihr also am ehesten entbehrlich scheinen
würden. Die Motive dieser Wahl wurden dann diskutiert, und eine
symbolische Opferung an Akron vollzogen, indem er an einen Galgen
gehängt wurde. Phoebe, die rund dreissig Jahre jüngere
Freundin Akrons, berichtet noch weiteres: Die Todeserfahrung sei
jeder teilnehmenden Person zugemutet worden, indem sie mit
verbundenen Augen einer supponierten Enthauptung zugeführt
worden sei, wobei das Schwert nur ganz knapp am Kopf
vorbeigeführt worden sei, um die Erfahrung der Todesangst
möglichst realistisch zu machen. Danach seien die Teilnehmenden
zur Einstimmung in den Zustand des Tot-Seins leichenartig bemalt
worden.
Dass Psychospiele dieser Art bei den teilnehmenden Menschen
einiges aufwühlen können, gestehen Akron und Phoebe
durchaus zu. Akron meint, die sicherlich erschütternde Erfahrung
des auf Todeslisten anderer Erscheinens sei dadurch abgefedert, dass
es ja allen so ergehen würde. Phoebe weist darauf hin, dass
Akron und sie sehr aufmerksam auf Menschen geachtet hätten, bei
welchen die "Enthauptung" zu psychischen Auffälligkeiten
führte, und diesen beigestanden seien. Die hohe
Emotionalität der Rituale ist Absicht: Schattenarbeit kann auch
darin bestehen, angstvollen Situationen ins Auge zu sehen (und
ähnelt damit bis zu einem gewissen Grade dem "Ekeltraining"
anderer okkulter Organisationen).
Neben den Ritualen veranstaltet eine Kerngruppe des Templum
Baphomae verschiedene kulturelle Veranstaltungen.
Das Publikum des Templum Baphomae besteht zu einem grossen Teil
aus Akademikern, mit einem deutlichen Schwergewicht bei therapeutisch
tätigen Berufen. Junge Menschen sind nur spärlich
vertreten, was Akron bedauert. Tatsächlich wird dem typischen
jugendlichen Satanisten Akrons binnenpsychisches Verständnis des
Bösen unpässlich und der theoretische Hintergrund seiner
Schattenarbeit zu komplex sein.
Die Teilnehmerzahl von Akrons Ritualen schwankt zwischen 40 und 60
Personen, als Folge der neuesten Medienberichterstattung erwartet
Akron, dass er das nächste Mal, zu Walpurgis 1999, über 100
Menschen wird empfangen können. Auffällig ist ein hoher
Durchlauf der Teilnehmerschaft: Menschen stossen zahlreich zum
Templum Baphomae dazu, um es alsbald wieder zu verlassen.
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Versuch einer Wertung |
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Akron ist, das ist nicht zweifelhaft, ein ausserordentlich
begabter Mensch. Sein Sprachstil, aber auch der Gedankenreichtum
seiner Werke ist zweifellos überdurchschnittlich. Diese
spürbare Genialität Akrons lässt manches
entschuldigen, was sonst störend auffallen würde: Sein
auffälliger Stolz auf seine journalistischen Werke, der
kindlich-naiv wirkt, seine ab und an in Geschwätzigkeit
umschlagenden Ausführungen, und die Platitüden, die sich in
seinen Werken zwischen beachtlichen Einsichten eben auch finden. Ein
Genie hat eben immer seine Schlagseiten, und dass sich sein
persönlicher Schatten im Bereich der Bedeutung des Ego befindet,
räumt Akron selber ein, damit den Kritiker entwaffnend.
Akrons Einsicht in die Relativität der Weltanschauungen ist
nicht neu und heute im Grunde weitverbreitet. Mancherorts wirkt
Akrons Darstellung dieser Erkenntnis als etwas Neues deshalb eher
störend. Aergerlich werden Akrons Ausführungen da, wo er
anderen Weltanschauungen unterstellt, sich dieser Erkenntnis zu
verschliessen, so etwa den Kirchen. Dass in der modernen Theologie
die Subjektivität religiöser Wahrnehmung schon beinahe eine
Selbstverständlichkeit ist, geht an Akron offenbar völlig
vorbei. Sein Kirchenbild ist geprägt von der mittelalterlichen
Dogmatik und bleibt dort stehen. Akron betätigt sich hier ab und
an als Aufklärer unter Menschen, von denen er nicht bemerkt,
dass sie schon längst aufgeklärt sind.
Es ist im Gegenteil Akron, der dazu neigt, das zu tun, was er den
anderen Weltanschauungen vorwirft, nämlich einen gesicherten
Grund des Wissens anzubieten. Akron meint zu diesem Zweck die
Psychologie Jungs einsetzen zu können. Hier entpuppt sich der
Aufklärer gewissermassen als derjenige, der seine eigene
Aufklärung selbst zuförderst nötig hat.
Akrons Aufnahme psychologischer Thesen zeitigt in seinen Werken
oft hilfreiche Einsichten. Dass das Verdrängte besser integriert
als im Mitmenschen bekämpft werden sollte, dieses Modell hat
bestimmt sein Recht und würde, konsequent angewandt, zweifellos
ein Beitrag zu einer friedlicheren Welt sein. Akron ist, und dies
verschafft ihm Glaubwürdigkeit, durchaus bereit, auch seine
eigene Person diesem Modell zu unterwerfen.
Die rüden Psychospiele, die sich aus Akrons Schattenarbeit
ergeben, sind allerdings m.E. wohl nur ganz robusten Naturen
zuträglich. Der Durchlauf an Teilnehmenden spricht hier eine
deutliche Sprache. Und die Frage bleibt für mich, wie es um die
therapeutische Kompetenz einer psychotherapeutisch tätigen
Person bestellt wäre, falls sie Akrons Rituale nicht nur als
Erfahrung geniessen, sondern in irgendeiner Form benötigen
würde.
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Georg Otto Schmid, 1998 |
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Letzte Aenderung 1998, © gos 1998, Infostelle 2000 |
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