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  Brahma Kumaris BKWSU
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  Brahma Kumaris World Spiritual University
(BKWSU)
Lekh Raj, der Gründer
Die Geschichte der BKWSU beginnt 1936, als ein Mann zum Medium eines Gottes wurde, der sich unter dem Namen Shiva offenbarte. Lekh Raj, einem reichen Juwelier aus Hyderabad in der Provinz Sindh (heute Pakistan) wurde 1876 als Sohn eines Lehrers geboren. Nach Schulabschluss versuchte er sich zuerst als Getreidehändler, stieg dann auch ins Edelsteingeschäft ein und baute sich dabei einen Kundenkreis auf, der bis in die besten Kreise hineinreichte und Filialen in Bombay und Kalkutta ermöglichte. Im Geschäftsleben gab er sich meist englisch-westlich, doch war er im Privatleben und in religiösen Fragen ein typischer, konservativer Sindhi.

Fromm und freigiebig unterstützte er verschiedene regional bekannte Gurus. Oft arrangierte er religiöse Feiern. Bei einer solchen Gelegenheit hatte er erstmals eine Vision des hinduistischen Gottes Vishnu. Weitere Erscheinungen folgten und begannen sich um das Jahr 1936 zu häufen. Unter anderem sah er eine Zeit grosser Zerstörungen kommen. Schliesslich kam die entscheidende Offenbarung, während die Umstehenden ein intensives, goldrotes Licht wahrnahmen, sprach Shiva durch seinen Mund Lekh Raj:

"I am the Blissful Self, I am Shiva; I am Shiva
I am the Knowledgeful Self, I am Shiva; I am Shiva
I am the Luminous Self, I am Shiva; I am Shiva
I am the Form of Self, the Form of Knowledge, the Form of Light."

(Biografie Lekh Rajs: Adi Dev, 1983, S. 42)

 

Die aus vier Zeitaltern bestehende gegenwärtige Ära nähert sich ihrem Ende. Vor dem Beginn der neuen ermöglicht es Gott den Menschen, das verlorene ursprüngliche Wissen wiederzugewinnen, damit sie sich reinigen und somit zu Beginn der neuen Ära im Goldenen Zeitalter wiedergeboren werden können. Zu diesem Zweck offenbahrt Gott sich einmal in jeder Ära. Jetzt, zu Anfang der Übergangszeit zwischen dem Eisernen Zeitalter und dem neuen Goldenen Zeitalter ist dieser Moment gekommen. Er, der körperlose, eine Gott namens Shiva macht eine verkörperte, auserwählte Seele zu seinem Medium.

Lekh Raj fand bald Anhänger, zog sich aus dem Geschäftsleben zurück und gründete 1937 eine Stiftung mit einem aus acht Frauen bestehenden Stiftungsrat, der er sein ganzes Vermögen übergab. Als Stiftungszweck wurde spirituelle - und weltliche - Bildung angegeben.

Als Mund Shivas war "Dada" (älterer Bruder) Lekh Raj zu einem Brahma geworden, zum Schöpfer einer neuen Welt und zum ersten Menschen einer neuen Zeit. Somit war er nicht mehr nur der Vater seiner eigenen Kinder, sondern der Vater all jener, die sich zu Gott (Shiv Baba) und seinem Medium bekannten. Daher nannten sie ihn Brahma Baba oder Prajapita (erstes Wesen) Brahma. Seine Kinder und Anhänger waren die Töchter und Söhne Brahmas: die Brahma Kumaris und Brahma Kumars.

Von Anfang an bildeten Frauen die grosse Mehrheit unter seinen Anhängern und Schülern. Sie haben, so lehrte er, von Natur aus einen relativ festen Glauben an Gott und die grössere Fähigkeit, die Prinzipien der Religion in die Praxis umzusetzen. Sie sind bescheiden, tolerant und mit einem mütterlichen Geist der Hingabe und des Dienstes ausgestattet. Dieser befähigt sie ganz besonders, das empfangene Wissen weiterzugeben.

Nicht zuletzt wegen der grossen Attraktivität der neuen Gemeinschaft für Frauen kam es zu Anfeindungen. Nach der Teilung des Subkontinentes verlegte Raj den Hauptsitz der Brahmakumaris nach Mount Abu in Rajasthan. Dort entstand die «internationale spirituelle Universtät der Brahma Kumaris», deren erste Zweigniederlassung 1954 in Delhi gegründet wurde. 1969 «verliess» Lekh Raj seinen Körper und wirkte hinfort «körperlos» unter seinen «Kindern» weiter. Schon früher hatten einige «Schwestern» Visionen gehabt. Jetzt erschien ihnen Dada (älterer Bruder) Lekh Raj selbst und ergriff endlich regelmässig Besitz vom Körper einer älteren Frau, um durch ihren Mund zu «seinen Kindern» zu sprechen. Nach ihrem eigenen Verständnis sprach nun nicht mehr nur Gott «(Shiv) Baba» durch «Dada» Lekh Raj, sondern beide zusammen als «Bapdada» durch den Mund des Mediums.

Geschichte der BKWSU nach dem Tode von Lekh Raj
Die organisatorisch-praktische Leitung der «Universität» ging mit dem Einverständnis von «Bapdada» in die Hände zweier, später dreier erfahrener Brahma Kumaris über. Unter ihrer Führung verbreitete sich die Gemeinschaft weltweit. Brahma Baba habe sich schon immer Kinder aus der ganzen Welt gewünscht, heisst es. Doch erst nachdem er seinen - indischen - Körper abgelegt hatte, konnte dieser Wunsch Wirklichkeit werden. Zwar hatten Brahmakumaris bereits 1954 an einer Konferenz in Japan teilgenommen. Aber erst ab 1971 begann man mit intensiverer Arbeit («Dienst»), zuerst in London unter indischen Emigranten. Ein erster nicht-indischer Schüler stammt dem Vernehmen nach aus Deutschland und begegnete der «Spirituellen Universität» eher zufällig während einer Indienreise. 1974 entstand ein permanentes Zentrum in London und von da an verbreitete sich die Organisation mit ihren «Instituten» (Raja Yoga Zentren) schnell über die Welt.

Auch wenn die Brahmakumaris im Verlauf der Zeit im Westen sehr aktiv wurden, liegt der Schwerpunkt immer noch in Indien. Tätigkeitsberichte wiesen schon anfangs der achtziger Jahre rund 150'000 Mitglieder aus, von denen etwa 125'000 in Indien lebten (aktuelle Zahlen: 450'000 «Studenten» in 3'000 Zentren in 70 Ländern).

Bis zu 250'000 kommen (nach BKWSU-Angaben) jährlich nach «Madhuban» (Honigwald), dem Hauptzentrum im indischen Bundesstaat Rajasthan, um sich in der spirituellen Atmosphäre zu erholen, an intensiven Ausbildungprogrammen teilzunehmen oder um «Bapdada» durch das Medium zu begegnen. Zudem wurden dort internationale Konferenzen veranstaltet, wo über Möglichkeiten der Friedensförderung diskutiert wird. Zu diesen Anlässen werden jeweils bekannte Persönlichkeiten aus Religion, Politik und Kultur eingeladen. Seit 1983 kann sich die Spirituelle Universität auf ihren konsultativen Status als Non-Governmental Organization beim Wirtschafts- und Sozialrat der UNO, bei der UNICEF und auf ihre Verbindung zur UN Peace Research University berufen (*).

Die einzelnen Zentren sind autonom, geistig jedoch eng mit dem Mutterzentrum in Mt. Abu verbunden. Die administrative Koordination liegt in den Händen von «Senior Sisters'», oberste Autorität ist jedoch Brahma Baba, der Gottes Willen und Botschaften durch den Mund des Mediums vermittelt. Reisen leitender Schwestern, Rundschreiben, Meditationswochenenden und Treffen zu gemeinsamen Anlässen sorgen für den Kontakt der Zentren untereinander.

Abendländische Mitglieder werden ermuntert, Hindi zu lernen, denn dies ist die Sprache von Bapdada. Seine Ansprachen werden in Madhuban allerdings simultanübersetzt. Dieser Ort liegt am Rande der kleinen Ortschaft Abu auf dem Mount Abu an der Bahnlinie von Ahmedababd nach Delhi im indischen Bundesstaat Rajasthan. Heute ein bekanntes Reiseziel für Flitterwöchner, war Abu früher auch ein Pilgerort. Brahma Babas Heim ist von einer kleinen Hütte zu einem umfangreichen Häuserkomplex gewachsen und gilt als gegenwärtige Heimat aller seiner «Kinder». Wer dort oder in Indien geboren ist, lebt schon nahe beim zukünftigen «Himmel» des Goldenen Zeitalters, der sich in Indien befinden wird. Ausländische Kinder, die auch in Indien fremd sind, werden denn auch als «Double Foreigners» bezeichnet. Die eigentliche Heimat jeder Seele ist die Seelenwelt.

In Madhuban besteht die Gelegenheit, Bapdada persönlich zu begegnen und somit quasi direkt die Worte Gottes, Shiv Babas, zu hören - ein zentrales Ereignis für alle Brahmakumaris. Meistens ist die Ankunft «Babas» geplant, der Beginn der «Saison» seiner häufigsten Erscheinungen (Februar bis April) ist Monate im voraus bekannt. Ab und zu kommt «er» aber auch überraschend oder nach sehr kurzfristiger Ankündigung - allerdings immer am Abend, damit das normale Leben in Madhuban nicht zum Stillstand kommt. Zu diesen Ereignissen sind in der Regel nur Brüder und Schwestern zugelassen, die mindestens den Einführungskurs der Spirituellen Universität besucht haben. Bereits eine Stunde vorher beginnt man sich frisch angekleidet und gewaschen in der grossen Meditationshalle oder, bei ganz grossem Andrang, in der 1982 fertiggestellten «Universal Peace Hall» (om santi bhavan) zu versammeln.

Die Studenten der BKWSU
Der erste Kontakt mit den Brahmakumaris findet nur selten in Abu statt. Meist sind es die Zentren, eines der «Spirituellen Museen», Vorträge oder Bekannte, welche die Aufmerksamkeit erregen. In den Zentren, welche sich aus den Einkommen der zugehörigen «Brüder» und «Schwestern» finanzieren, kann der Interessent unentgeltliche Kurse in «einfachem Raja Yoga» besuchen. Mittels Schautafeln und Bildern wird das spirituelle Leben und Wissen einschliesslich der Meditation erläutert, das von Gott durch Brahma Baba geoffenbart wurde. Nach einer ersten Einführung wird ein Anfängerkurs von sieben Lektionen und eventuell Weiterführendes empfohlen. In diesem Sinne wird man «Student» an einem «Institut» der Spirituellen Universität. Das Lehrpersonal besteht fast ausschliesslich aus Frauen (zufolge ihrer oben erwähnten besonderen Stellung). Auch Lehrende betrachten sich gleichzeitig noch als Studierende, welche der ständigen Fortbildung bedürfen. «Student» ist somit jedes Mitglied und jeder Interessent. Sogar Brahma Baba selbst soll sich immer als (eventuell etwas fortgeschritteneren) Schüler bezeichnet haben. «Dedicated Sisters» widmen sich vollzeitlich der Bildungsarbeit. Normalerweise haben Zentren ab etwa 10 Mitgliedern eine vollamtliche Lehrerin. Vorträge, Präsenz an Austellungen, ein geregeltes Tages- und Wochenprogramm sowie ein vorbildhaftes Leben der Mitglieder sind neben der reinen Wissensvermittlung ebenfalls Bestandteile der Dienstleistungen eines Zentrums.

Die Lebensregeln umfassen vegetarische Ernährung ohne Eier, Knoblauch und Zwiebeln, Verzicht auf Drogen einschliesslich Nikotin und Alkohol und auf Sexualität. Das Leben wird einerseits darauf ausgerichtet, die Harmonie in der Welt zu fördern, andererseits auf das Erreichen eines möglichst hohen Grades an persönlicher Reinheit im Hinblick auf das kommende Goldene Zeitalter. Dazu gehören auch Momente der Stille in regelmässigen Abständen während des ganzen Tages (wenn möglich) und positives Denken. Morgens und abends sollten Bapdada's Lehren (murli) gehört und besprochen werden, der Tag sollte um vier Uhr morgens mit Meditation beginnen.

In den Zentren sitzt während den Meditation immer eine Brahma Kumari den Meditierenden zugewandt, manchmal zwecks besserer Übersicht auf einer erhöhten Plattform. Ihr auf die Augen der Anwesenden konzentrierter Blick (drsti) soll die segensreichen Schwingungen übermitteln und die einzelnen Seelen stärken.

Es gibt keine eigentliche Initiation in diesen Lebensweg. Jeder muss selbst entscheiden und empfinden, inwieweit er sich der Gemeinschaft zugehörig fühlt und sich engagieren möchte. Manchmal wird die persönliche Entscheidung einiger Brahmakumaris nachträglich als «Ceremony of Surrender» in Abu gefeiert, um den anwesenden Gästen ein anschauliches Zeichen zu geben. Die volle Teilnahme an Leben und Lehren der Brahmakumaris wird mit der Verheiratung der Hindugöttin Parvati an den Gott Shiva verglichen und bedeutet gleichzeitig die geistige Adoption als Kind Shiv Babas, beziehungsweise die Bewusstwerdung der Stellung als Kind Shiv Babas. Brahma Baba ist hierfür der sichtbare Stellvertreter. Die bevorzugte Farbe ist hinfort weiss als Symbol der Reinheit, Als äusseres Zeichen wird manchmal ein Ring mit dem Bild eines kleinen, goldroten Licht-Eis (jyoti-bindhu, das sichtbare Zeichen Gottes) und/oder eine Brosche getragen.

Die Lehre
Das monotheistische Lehrgebäude, auf welches sich diese Praxis stützt, wird von den Brahmakumaris mit starker Überzeugung vertreten. Seine Allgemeingültigkeit, Mitleid, und die Notwendigkeit, die «reinen» Seelen vor dem Goldenen Zeitalter zusammenzuführen, begründen die missionarische Haltung. Diese variiert jedoch von Zentrum zu Zentrum in ihrer Intensität.

Gott, Seelen und Materie werden als anfangs- und endlos, ewig verschieden und getrennt angesehen. Die Weltgeschichte verläuft in einem sich wiederholenden Zyklus von 5'000 Jahren, ohne Eingreifen Gottes, nach festen Gesetzen. Gott ist körperlos und ausserhalb der Welt befindlich, nicht omnipräsent und ohne Verbindung zu allem Übel. Dieses entsteht aus der Verstrickung der Seele in der Materie. Gott ist rein, allwissend, voll Liebe und kann als goldoranges Licht oder Licht-Ei erfahren werden. Sein Name ist Shiva oder Shiv Baba - nicht zu verwechseln mit Shiv Shanker: Letzterer ist eine körperliche Gottheit des Hindupantheons, ersterer ist der - körperfreie - Gott.

Sein Aufenthaltsort ist die oberste der drei Welten Seelenwelt, Engelwelt und Körperwelt. Nur die unterste der drei, zu der Sonnensystem und Erde gehören, ist dem Rad der Geschichte unterworfen. Eine Umdrehung ist nun fast beendet, die gegenwärtige Welt neigt sich dem Ende zu. Wir befinden uns im Zeitalter des Überganges von der dunkelsten Ära zu einer neuen Phase der Reinheit. Der Übergang ist gekennzeichnet von Auflösungserscheinungen und Katastrophen (Wettrüsten, Erdbeben, Überschwemmungen, Hunger u.ä.). Um die Seelen auf die neue Zeit vorzubereiten, müssen sie das verlorene Wissen der (eigentlichen, nicht mit der populären Fassung identischen) Bhagavad-gita wieder verstehen lernen. Deshalb benutzt Shiv Baba eine erwählte Seele als seinen Mund. Auch dieser scheinbare Eingriff in den Ablauf der Weltgeschichte ist ein fester Bestandteil des Zyklus. Diese Seele wird damit keineswegs zu einem Guru im allgemeinen Sinn, die Person ist nicht gottgleich und vollbringt keine Wunder. Sie ist mehr Vorbild und Leitung. Im kommenden Zeitalter wird diese Seele zu den höchstgestellten Wesen gehören. Für die Gegenwart wirkt sie als Übermittler des Wissens und als Sammelpunkt für die reinen Seelen.

Diejenigen Seelen, welche das Wissen annehmen, dürfen im goldenen Zeitalter wiedergeboren werden und an dessen Vorzügen teilhaben. Andere dürfen je nach ihrem Charakter erst in einem der späteren Zeitalter kommen. Aber auch die Seelen des Goldenen Zeitalters vergessen ihr Wissen und müssen den Abstieg durch die Yugas mitmachen, bis sich der Kreislauf wieder vollendet und sie erneut die Möglichkeit haben, Zugang zum Goldenen Zeitalter zu finden. Dieser Ablauf ist vorbestimmt, eine ewige Befreiung ist nicht möglich. Jede Seele erlebt dunkle und helle Zeiten entsprechend ihrer subjektiven Empfindung, jede erlebt ihr subjektives Goldenens Zeitalter. Doch es sind immer dieselben Seelen, welche das eigentliche Goldene Zeitalter am Anfang des Zeitenzyklus erleben dürfen, die anderen, deren Reinigungsprozess wegen ihrer Nicht-Zugehörigkeit zu den Brahmakumaris weit länger dauert, können daran nicht teilhaben und treten erst später wieder in den Zyklus ein. Die Annahme des Wissens (gyan) ist somit paradoxerweise freiwillig und doch vorbestimmt von den ewigen Gesetzen des Weltdramas.

Von den erwählten Seelen sind 108 (die Zahl des indischen Rosenkranzes) dazu bestimmt, das Paradies der Goldenen Zeit als Kaiser, Könige und Fürsten zu beherrschen. Dieses Paradies wird sich in Indien befinden. Oberster Herrscher wird Shri Narayan (identisch mit Shri Krishna, in dem sich die Seele Brahma Baba's verkörpert) mit seiner Gefährtin Lakshmi sein. Krishna ist dabei nicht der stets zu Streichen und kämpferischen Heldentaten aufgelegte göttliche Knabe und Krieger. Diese Mythen werden als spätere, von Menschen erfundene Geschichten angesehen. Er sprach auch nicht die Bhagavad-gita auf dem Schlachtfeld des Mahabharata. Diese Schlacht findet in uns statt und ist symbolisch zu verstehen. Die Gita kommt von Gott Shiv Baba. Krishna ist nur eine Gottheit - absolut tugendhaft, in jeder Hinsicht ein Vorbild, eine perfekte Seele. Die Lehrreden (murli) Bapdadas enthalten vollumfänglich die wahre Essenz aller heiligen Bücher.

Die Seelen, welche im ersten Zeitalter auf der Stufe der Gottheiten geboren werden, vergessen im Laufe ihrer 83 Geburten ihre ursprüngliche Wesenheit. Erst in der 84. Inkarnation werden sie wieder zusammengeführt, nur zu diesem Zeitpunkt im Zeitenzyklus erleben sie die Freude, Mitglied der einen grossen Familie zu sein, welche das Kommen des Paradieses vorbereitet. Im Goldenen Zeitalter selbst haben alle wieder ihre Aufgaben. Die erst in späteren Zeitaltern hinzukommenden Seelen (das Bevölkerungswachstum soll die Richtigkeit dieser These belegen) verkörpern sich weniger oft, werden aber auch stets als Menschen geboren. Reinkarnation erfolgt nur innerhalb der biologischen Art. Sie sind einfach Teil des Weltendramas.

Allerdings weiss man nicht, wer zu welcher Gruppe gehört. Somit hat doch jeder Interessent seine Chance. Und jede Seele unter den Brahmakumaris könnte zum Rosenkranz der 108 gehören, wenngleich gewisse Vermutungen geäussert werden.

Andere, im Verlauf der Geschichte entstandene Religionen können nur oberflächliches Wissen vermitteln, welches sich auf mehr oder weniger gut geschriebene Bücher abstützt. Nicht einmal die auserwählte Seele Lekh Rajs «wusste» vor dem Zeitpunkt der Gotteserscheinung, trotz seines religiösen Lebenswandels. Das Wissen um das Wesen Gottes als Lichtpunkt ist jedoch in der Symbolik aller Religionen versteckt.

Im «Feuer des Yoga und des wahren Wissens», das direkt von Gott kommt, kann sich die verkörperte Seele reinigen und sich aus der Verstrickung in die Materie befreien. Indem sie ihr Leben auf die vier Säulen Keuschheit, reines Essen, gute Gesellschaft und Kultivierung göttlicher Tugenden stellt, findet sie zu einem reinen und zufriedenen Leben im Dienste an der Gesellschaft und der Familie. Das Leben in spiritueller Unwissenheit im materialistischen Zeitalter ist wohl Leiden, aber Raj-Yoga kann diese leidvolle Erfahrung in Freude verwandeln. Durch die Meditation öffnet sich das innere Auge des Wissens, das «Dritte Auge», und der wahre Yogi erreicht damit die Kraft, in der Welt zu leben und doch stets losgelöst, «zur Abreise bereit» zu sein. Daher sehen sich die Brahma Kumaris als bestens geeignet, in der heutigen chaotischen Welt zu bestehen und ihr Frieden zu bringen, und gleichzeitig die kommende Zeit vorzubereiten.

Religionswissenschaftliche Einordnung
Gemäss der Lehre von der direkten, göttlichen Offenbahrung des Wissens sehen die Brahmakumaris keine Verbindungen zu historischen Religionen. Aus der Sicht der westlichen Religionswissenschaft trägt das System stark synkretistische Züge. Ähnlichkeiten zur Philosophie der indischen Reformbewegung Arya Samaj, des Islam und zum persischen Dualismus sind nicht zu übersehen und sind vielleicht mit der wechselhaften Geschichte der Landschaft Sindh in Verbindung zu bringen. Die Zeitenlehre erinnert an Shri Yukteshvars «Holy Science» (Los Angeles:SRF 1977) und an die Theosophie. Während im Westen die hinduistischen Elemente auffallen, empfinden manche Inder das System als «zu christlich». Dazu gehört auch die betonte Endzeitvorstellung mit der Erscheinung des Göttlichen in Bapdada.
BKWSU und Hinduismus
Gleichwohl scheinen auch konservative Hindukreise die Arbeit der Brahmakumaris zu schätzen. Einerseits betonte Brahma Baba stets die Notwendigkeit eines einigen, reformierten Hinduismus (als Sanatana Dharma bezeichnet), andererseits hob er immer wieder die besondere Sendung des Landes Bharat (Indien) und seiner Einwohner hervor. Die für alle Brahmakumaris gültigen Lebensregeln entsprechen der Tradition (Zölibat, reines Essen, Meditation zu frühen Morgenstunde, Respektierung (wenn auch nicht Verehrung!) des Lingams (Symbol des Hindugottes Shiva) und des Götterpaares Lakshmi-Narayan). Vertreter der Vishva Hindu Parishad (Welt-Hindu-Rat) wie auch als konservativ bekannte Hindu-Svamis nahmen schon an Anlässen der BKWSU teil. Dies und der UN-Hintergrund gibt der Gemeinschaft einen gewissen offiziellen Anstrich. Zusammen mit der recht effizienten Organisation und den entsprechenden Ressourcen dürfte dies zur auch in Indien relativ hohen Mitgliederzahl beigetragen haben.
Neuere Tendenzen
In den letzten Jahren hat die BKWSU ihr endzeitlich geprägtes Weltbild zugunsten von als Friedesnsarbeit deklarierten Aktivitäten zurück gestellt. Tatsächlich wird auch bei Mitgliedern eine gewisse Spannung zwischen dem Einsatz für den Frieden und der unausweichlichen Katastrophe wahrgenommen. Es gibt Vermutungen, dass das Ende vielleicht doch nicht in so schrecklicher Form komme, wie es noch zu Lebzeiten des Gründers Lekh Raj erwartet wurde. Andererseits zeigte sich im Zusammenhang mit der persönlichen Entwicklung des ehemaligen BKWSU-Mitgliedes Heide Fittkau-Garthe, welche Eigendynamik die apokalyptischen Bilder bei entsprechenden Voraussetzungen entwickeln können. Bei aller Friedensaktivität ist das oben beschriebene endzeitliche Weltbild immer noch die Grundlage der BKWSU, das als göttliche Offenbarung gilt und damit auch kaum reformierbar ist. Daher ist im Umgang mit der BKWSU immer wieder die Frage nach der Bedeutung und Auswirkung des unverrückbaren Zeitenlaufes und des unausweichlichen Endes zu fragen.
Anmerkung:
* Nicht weniger als drei Gremien haben über einen Antrag auf konsultativen Status bei der UNO als NGO zu befinden. Dem Vernehmen nach muss sich eine von den Brahma Kumaris sehr faszinierte Frau für ihre Akkreditierung eingesetzt haben. Laut Resolution 1296 (XLIV) von 1968 des ECOSOC müssen NGOs mit der Charta der Vereinten Nationen übereinstimmen und die Ziele der UN fördern, einen repräsentativen Charakter haben, eine demokratisch zustandegekommene Verfassung aufweisen und ihre Finanzen, insbesondere Zuwendungen von dritter Seite, offenlegen. Die BKWSU ist bei den Gruppen auf dem sog. «Roster» platziert (d.h. auf die Liste derjenigen Organisationen, die gelegentlich nützliche Beiträge zur Arbeit des ECOSOC, seiner Unterorganisationen oder anderer Zweige der UN leisten können).

Die BKWSU betrachtet sich als die einzige spirituelle Organisation in dieser Position. Dies entspricht jedoch einer recht engen Auslegung des Begriffs «spirituell». Sie ist aber unter den tatsächlich recht wenigen, religiös orientierten NGOs (25 von 694). Der hinduistische Raum ist dabei noch von den «United Nations of Yoga» und von der «Shri Aurobindo Society» vertreten, letztere ist allerdings - wegen ihrer Erziehungsinstitutionen und Auroville - der UNESCO zugeordnet, nicht dem ECOSOC.

Quellen:
Die Angaben stammen aus zahlreichen Gesprächen mit den Praktizierenden dieses Weges in Indien und der Schweiz. Zwei Wochen verbrachte ich im Hauptzentrum auf dem Mount Abu während und nach einer der dort veranstalteten internationalen Konferenzen (Februar 1984). Dort erhielt ich auch zahlreiche Informationsschriften. Wertvoll war auch ein Gespräch mit einer im «Raja Yoga Centre» in Kalkutta lebenden Tochter von Lekh Raj. Die wesentlichsten schriftlichen Unterlagen waren bezüglich der Geschichte: Jagadish Chander Adi Dev San Francisco: BKWSU 1983; bezüglich der Lehre: One Week Course Mt. Abu BKWSU o.J.; Brahma Baba, Mt. Abu BKWSU o.J. und Babb, Lawrence A. 1982. Amnesia and Remembrance in a Hindu Theory of History. Asian Folklore Studies XLI:49-66. Weiter: Detlef Bendrath, Brahma Kumaris/Raja Yoga. Münchner Reihe 1985. Selbstdarstellung: http://www.bkwsu.com/
Joachim Finger, 1999
Letzte Aenderung 1999, © jf 1999 , Infostelle 2000
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