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  Charismatische Erneuerung in der katholischen Kirche
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  Charismatische Erneuerung

Charismatische Erneuerung in der katholischen Kirche (CE) (in Deutschland und Oesterreich)
Erneuerung aus dem Geist Gottes der katholischen Kirche in der deutschen Schweiz

(ehem. Charismatische Gemeindeerneuerung, Geistliche Gemeindeerneuerung, Erneuerung im Heiligen Geist)

Die Charismatische Erneuerung geht letztlich zurück auf die Pfingstbewegung, die von als Wirkung des Heiligen Geistes gedeuteten Erfahrungen 1901 in Kansas und 1906 in Los Angeles ihren Ausgang nahm. 1967 markiert ein ähnliches Ereignis in Pennsylvania/USA die erste Ausgiessung des heiligen Geistes in der katholischen Kirche. An einem Einkehrwochenende von etwa 30 Professoren und Studenten stolpert Patti Mansfield in die Kapelle, um die Gemeinschaft zum Abendessen zu rufen und soll von der Gegenwart Gottes so überwältigt worden sein, dass sie zitternd zu Boden fällt. In der Folge legen die Professoren manchen der Studenten die Hände auf, die meisten von ihnen empfangen die Taufe im Heiligen Geist, einige beginnen in Sprachen zu beten, andere sollen die Gaben der Unterscheidung, der Prophetie und der Weisheit erhalten haben. Die Bewegung verbreitet sich sehr rasch innerhalb der katholischen Kirche in den USA, viele sehen darin eine Antwort auf das Gebet von Papst Johannes XXIII. um ein neues Pfingsten nach dem Zweiten Vatikanischen Konzil. In den 70er Jahren greift die Erneuerung auf die Kirchen Europas über.

1975, beim ersten Weltkongress der Erneuerung in Rom, nennt Papst Paul VI. die Bewegung eine Chance für die Kirche und die Welt.

 

Im Zentrum der Charismatischen Erneuerung steht das Wirken und die Erfahrung des Heiligen Geistes. Grundlegend ist eine lebendige Beziehung zu Jesus Christus, zu der sich jeder Mensch in seinem Leben entscheiden müsse. Diese Entscheidung solle mit persönlichen Worten vor Zeugen ausgesprochen werden, um deren Ernsthaftigkeit zu betonen. Der Mensch sei von Grund auf religiös veranlagt, verfalle aber falschen Göttern, wenn er nicht den wahren Gott finde. Maria ist für die Bewegung die Urgestalt des vom Geist erfüllten Menschen. Der Heilige Geist wird neu verstanden als die lebendige Gnade der Erlösung. Die Menschen seien Eigentum Gottes, sein heiliges Volk. Gott schenke durch den Heiligen Geist neues Leben, heile von körperlichen und seelischen Krankheiten und verteile hierarchische und charismatische Gaben wie Dienen, Lehren, Trösten, prophetische Rede, Heilungskräfte, Sprachengebet, Evangelisation, Berufung zur Ehe oder zur Ehelosigkeit, Unterscheidung der Geister. Die Theologen der Erneuerung in der katholischen Kirche betonen, dass der Mensch bereits bei Taufe und Firmung den Geist empfängt, auch wenn er nichts spürt. Später aber könne er Gottes Geist erfahren, was Geisttaufe oder Geist-Erfahrung genannt und als persönliches Geschenk Gottes angesehen wird. Im Alltag müsse sich aber erweisen, ob eine Erfahrung echt sei. Dadurch werden alle Prozesse von einer ständigen Prüfung der Unterscheidung der guten und bösen Geister begleitet.

Die Charismatische Erneuerung kennzeichnet eine neue Liebe zum Beten. Sie will andere Gebetsformen wie lautes freies Gebet, Handauflegung durch Mitbetende, Gesten wie das Erheben der Hände, spontane Lobpreisgebete neu beleben. Die Charismatische Erneuerung sieht in ihrem Wirken ein Kampf gegen die Mächte und Gewalten der Finsternis, mit den Waffen des Gebets, der Sakramente, der Segnungen der Kirche und dem Leben aus dem Glauben.

Das Gebet um die Befreiung von dunklen Mächten, der Exorzismus, der zum Leben vieler charismatischen Gruppen gehört, bedarf aber nach eigenen Angaben der ausdrücklichen Erlaubnis durch den Ortsbischof. Nach anderer Ansicht ist das charismatische Befreiungsgebet kein eigentlicher Exorzismus und bedarf deshalb keiner Genehmingung, sondern kann vom charismatischen Katholiken nach Gutdünken eingesetzt werden.

Eine der grundlegenden Aufgaben der Mitglieder ist die Ausbreitung des Evangeliums durch Verkündigung, persönliches Zeugnis und Taten der Gerechtigkeit und der Liebe. Die Charismatische Erneuerung setzt sich ein für die Organisation von Bibel- und Gebetskreisen, sowie Glaubenskursen. Die Erneuerung sieht in der geistigen Oekumene einen besonderen Auftrag. Die Kirche insgesamt sei ein Werk des Heiligen Geistes.

 

Die Charismatische Erneuerung ist sehr vielfältig und reicht von lockeren Gebetsgruppen bis zu klosterähnlichen Lebensgemeinschaften. Alle Gruppen oder Gemeinschaften sollen in den Pfarreien integriert die Bewegung mittragen und mitarbeiten an der Liturgischen Erneuerung, der Bibelbewegung, der Oekumene, der Bewusstwerdung des gemeinsamen Priestertums und der Evangelisation.

In Deutschland existiert auf diözesaner Ebene das Diözesanteam und den Diözesansprecher, die für die Dauer von vier Jahren von den zugehörigen Gruppen und Gemeinschaften gewählt werden. Neben dem Kontakt zum Bischof und bestehenden Gruppen und Gemeinschaften organisieren sie Schulungs- und Weiterbildungsangebote sowie Zusammenkünfte auf Bistumsebene. Auf Bundesebene wird der Rat gebildet, der sich aus Vertretern der Diözesen und einzelnen Gemeinschaften zusammensetzt. Er wählt die Koordinationsgruppe und den Theologischen Ausschuss. Wichtigste Gemeinschaften: Gemeinschaft Emmanuel, Koinonia Giovanni Battista, Gemeinschaft Lumen Christi, Familien mit Christus, Gemeinschaft der Seligpreisungen, Gemeinschaft Chemin neuf und Jerusalemgemeinschaft.

In der Schweiz organisiert jede Region selbständig ein eigenes Leitungsteam. Auf eidgenössischer Ebene existiert der Rat der Erneuerung, der aus den Leitern der Regionen und den Leitern der verschiedenen Dienstzweige (Priester, Patres, Redaktion, u.s.w.) zusammengesetzt ist. Er wählt alle drei Jahre das Koordinationsteam. Als Bindeglied zwischen der Erneuerung und der Bischofskonferenz wird jeweils ein Leiter der Erneuerung von einem der Bischöfe eingesetzt. Aufgrund von Problemen bei der Häusersuche haben sich in der Schweiz keine grösseren Gemeinschaften niedergelassen.

 

Die Charismatische Erneuerung sieht Gefahren in der eigenen Bewegung, wenn es zu einer Ueberbetonung der Gefühle kommt, so dass einer echten Erfahrung des Geistes die Versuchung folgt. Sie warnt vor einem buchstabengetreuen Verständnis der Bibel und einer Ablehnung ihrer historischen Erforschung und der Auslegung durch die Kirche, das zu Fundamentalismus führe. Wer an seinen gemachten Geist-Erfahrungen festhalte, gerate in die Gefahr religiöser Selbstzufriedenheit und Selbstdarstellung, die zum Missbrauch von Geistesgaben führen könne. Damit verbunden sei die Gefahr eines Elitebewusstseins. Theologen der Erneuerung warnen ebenfalls vor der Kultivierung der Geist-Erlebnisse und der damit verbundenen Ghetto-Mentalität. Konflikte sollen nicht überbetet, sondern im Gebet heraus an ihrer Bewusstmachung und Lösung gearbeitet werden.

Viele Pfarrer äussern Bedenken der Charismatischen Erneuerung gegenüber, weil sie sich nicht von dieser Spiritualität so absorbieren lassen wollen, dass sie nicht mehr für die ganze Gemeinde da sein können. Sie haben die Erfahrung gemacht, dass die von ihrem heiligen Anliegen erfüllten Charismatikerlnnen unter inneren Druck geraten, wenn die Erneuerung im Alltag der Pfarrei nicht wie gehofft funktioniert, was oft zu tiefen Spaltungen in den Pfarreien führte. Ebenfalls habe eine Gesamtentwicklung weg von den Pfarreien eingesetzt. Im weiteren warnen einige Pfarrer vor Gruppierungen, die sich selber von der Erneuerung wegentwickeln, Sonderoffenbarungen verkünden, fundamentalistisch werden oder esoterisches Gedankengut mitverwenden. Sehr kritisch stehen sie auch dem Toronto-Segen gegenüber, der in manchen Gruppen Einzug gehalten hat. (Als Toronto-Segen werden körperliche Manifestationen wie langanhaltendes Lachen, Zucken, Schreien, Weinen, Zittern bezeichnet, die während einem Gebet nach der Bitte um den Heiligen Geist auftreten.)

Massivere Kritik wird in letzter Zeit vor allem von Mitgliedern laut, die aus einer der zahlreichen Wohngemeinschaften ausgestiegen sind. Sie werfen einzelnen Gemeinschaften vor, einen autoritären Führungsstil zu praktizieren und das Privatleben des einzelnen erheblich einzuschränken. Für das einzelne Mitglied werde die charismatische Gemeinschaft zur neuen Familie, die Verbindungen zu Freunden oder Familienangehörigen müsse abgebrochen werden. Gründerpersonen würden sich so in Gottes Nähe sehen, dass sie sich selbst für besonders geistbehabt halten. Der Alltag werde in den Gemeinschaften göttlich verklärt, es gebe nichts Banales oder Zufälliges mehr, immer und überall sei der Heilige Geist am Werk. Die traditionellen Rollen von Mann und Frau werden zementiert. Gott werde zu einem guten Grossvater, den man nur so lange anbetteln müsse, bis er die Wünsche seiner Kinder erhöre. Kritische Zeitungen zu lesen sei in etlichen der Gemeinschaften tabu.

Zeitschriften
Deutschland:

CE-Infodienst, C-Magazin, Feuer und Licht, Rundbrief für charismatische Erneuerung in der katholischen Kirche

Schweiz:

Bulletin

Statistik
sehr schwierig, ca. 15 Millionen KatholikInnen weltweit, davon 12 000 in Deutschland, 800 in der Schweiz.
Adressen
Schweiz:

- Sekretariat, Peter Romer, Aachläg 12, 9323 Steinach

- Arbeitsstelle für Ffarreierneuerung, Mühleplatz 8, 6210 Sursee

Oesterreich:

- Sekretariat der Charismatischen Erneuerung, Eduard Fenzlstr. 2, 3375 Krummnussbaum

Deutschland:

- Sekretariat der Charismatischen Erneuerung, Marienstr. 80, 76137 Karlsruhe

Petra Bleisch, 1998
Letzte Aenderung 1998, © pb 1998, Infostelle 2000
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