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Aleister Crowley

 

 

Aleister Crowley, eigentlich Edward Alexander Crowley, geboren am 12. Oktober 1875 in Leamington Spa, England, wurde durch die skurril fromme Umgebung schon in jungen Jahren angewidert. Der Vater, ein Brauereibesitzer, engagierte sich in seiner Verkündigung als Laienprediger bei den Plymouth Brethern u.a. für Abstinenz. Alexander musste regelmässig die morgendlichen Bibelstunden besuchen. Er war erst zwölf, als sein Vater an Zungenkrebs starb. Crowley will diesen Tod trotz guter Prognose vorausgesehen haben. Die Mutter zog nach London, wo ein frommer Onkel sich nun um seine Erziehung bemühte. Crowley wurde bald der Obhut eines frommen Internats übergeben, wo er durch demonstratives Fehlverhalten - Sexspiele mit Gleichaltrigen - zuerst rigorose Strafmassnahmen auf sich zog und später - 1890 - aus der Schule ausgeschlossen wurde. Von nun an diente er gerne seinen drei "Evil Kings" (Smo-King, Drin-King und Fuc-King). Als einziger Nachkomme seines Vaters fiel ihm in jungen Jahren ein Erbe zu, das ihm vorerst ein Leben ohne bürgerlichen Beruf und ohne finanzielle Sorgen erlaubte. Er studierte Philosophie in Cambridge, engagierte sich leidenschaftlich als Schachspieler und - u.a. in den Alpen, in Mexiko und im Himalaya - als Alpinist. Zur geringen Freude anderer Alpinisten erfand er auch ein eigenes Bergsteigeisen und entwickelte eigene Techniken. Mit Frauen und Männern sammelte er vielseitige sexuelle Erfahrungen, die ihm auch eine Geschlechtskrankheit eintrugen. Seine Freude an paranormalen Erfahrungen und sein Hang zur Provokation, zur Selbstinszenierung und zur Selbstüberschätzung weckten sein Interesse an Geheimbünden und an "heidnischen" Traditionen, sexualmagischen - "tantrischen" - Ritualen und an Experimenten mit Drogen. 1898 wurde er Mitglied des Golden Dawn, eines Geheimbunds, zu dem u.a. auch William Butler Yeats, Oscar Wildes Ehefrau, Bram Stoker und Sir Arthur Conan Doyle gehörten. Crowleys Hang zur Selbstinszenierung und seine Bisexualität provozierten manche Mitglieder des Golden Dawn und beschleunigten dessen Auflösung. Nach der Auflösung des Golden Dawns gründete Crowley seine eigenen Orden. Sein "magisch-mystisches Charisma" führten ihm immer wieder Menschen zu, die sich seinen rituellen Experimenten zur Verfügung stellten.

Die in zahllosen Schriften nachgezeichneten Riten beschwören nicht nur göttliche Mächte, sie suchen zumeist durch völlige Erschöpfung, selbstgewählte Leiden, Drogenkonsum und sexuelle Erfahrungen eine trancenahe Auflösung des eigenen Ichs im übermächtig präsenten Gott. Das im Liber Al vel Legis formulierte Motto - Tu was du willst, sei das einzige Gesetz, Liebe unter Willen - sollte deshalb nicht als Aufforderung zu radikaler Selbstinszenierung und zum Ausleben aller persönlicher Regungen verstanden werden. Der eigene Wille ist in seinem Kern in der magisch-mystischen Perspektive der göttliche Wille schlechthin, den es in sich zu entdecken und zu verwirklichen gilt. Allerdings muss auf diesem Weg zum trancenahen Einssein mit dem Gott soviel an angelernter Moral und kleinbürgerlicher Persönlichkeit rituell zerbrochen werden, dass der Weg zum eigenen Willen manche Schüler in Meisterhörigkeit oder geistige Verwirrung führt.

Den ersten Weltkrieg hatte Crowley in der schwierigen Rolle als Journalist für eine deutsche Zeitung in Amerika verbracht. 1917 starb seine Mutter, ein Tod, den er ebenfalls vorausgesehen haben will. Nach ihrem Tod begann er zu malen. 1920 gründete er in Cefalù, Sizilien, die Abtei Thelema, eine "klösterliche" Gemeinschaft, die in schwarzen Messen Sexualmagie praktizierte und die ihn weltweit in Verruf brachte. Auf Befehl Mussolinis musste der nun schwer heroinabhängige Crowley Italien verlassen. Seine Drogenerfahrungen gaben den Anstoss zu seinem "Diary of a Drug Fiend" (Tagebuch eines Drogennarren). Mit seiner Aura als gefährlicher Magier und Antiheld gelang es ihm immer noch, Menschen für seine sexualmagischen Rituale zu gewinnen. Die letzten Jahre seines Lebens allerdings verbrachte er mittellos und einsam in englischen Landgasthäusern. Er starb an Herzversagen am 1. Dezember 1947.

Crowleys Mutter hatte den rebellischen Zögling in ihrer Hilflosigkeit einmal als das grosse Tier, dessen Zahl 666 ist (Off 13,18) bezeichnet. Crowley hat seit seiner Jugend die Rolle des Antihelden mit Hingabe und Phantasie gespielt. Das grosse Tier zu sein, war für ihn keine Disqualifikation, sondern ein Vorrecht.

 

Georg Schmid 2006


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