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  Ellel Ministries Peter Horrobin
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  "Der Sieg gehört unserem Gott!"
Die Arbeit von Ellel Ministries aus psychologischer Perspektive
Vor einem Jahr in der Ostschweiz, Weinfelden, dieses Jahr anfangs November in Biel: die jährlichen Konferenzen, die Ellel Ministries in Zusammenarbeit mit hiesigen Freikirchen unter dem Motto 'Der Sieg gehört unserem Gott' durchführt, scheinen sich auch in der Schweiz zu institutionalisieren. 1986 wurde der christliche Schulungsdienst Ellel Ministries in England gegründet, zurzeit verfügt er über 150 vollzeitliche und 350 ehrenamtliche HelferInnen. Es besteht eine eigene Homepage (www.ellelministries.org, Kontakt für die Schweiz: www.oasis-biel-seeland.ch). Das Thema der diesjährigen Konferenz kann auch als Programmkürzel für Ellel Ministries überhaupt aufgefasst werden: Seelsorge, Befreiung, Heilung. Unverkennbar etabliert sich hier ein Werk, das sich den charismatischen Heilungs- und Befreiungsdienst aufs Banner geschrieben hat. Deren Inhalte sind bekannt, sie beruhen auf einer fundamentalistischen, erlebnisorientierten Frömmigkeit (vgl. Artikel Befreiungsdienst).

Vom Heilungsdienst werden Bedürfnisse wahrgenommen, die in den Landeskirchen delegiert werden. Bei Bedürfnissen nach körperlicher Heilung wird von diesen auf das medizinische Fachpersonal verwiesen, bei Bedürfnissen nach seelischer Heilung wird die Zusammenarbeit mit PsychologInnen gesucht. Die Landeskirchen führen damit eine arbeitsteilige Entwicklung fort, die von der Einsicht geprägt ist, dass Universaltätigkeit nicht mit modernen Qualitätserfordernissen vereinbar ist. Solche Selbstbescheidung scheint die charismatische Heilungsbewegung nicht für notwendig zu erachten, da dies ihrer Meinung nach einer Selbstbescheidung Gottes gleich käme. Es ist dies auch der Versuch, das Rad der kulturgeschichtlichen Entwicklung zurückzudrehen, die Arbeitsteiligkeit und die Wertevielfalt wieder rückgängig zu machen.

In diesem Beitrag soll es darum gehen, einige psychologische Faktoren zu benennen, die bei diesen Grossveranstaltungen mit mehreren hundert Leuten zum Tragen kommen. Angebracht ist diese Perspektive insbesondere deshalb, weil die Zielvorgabe der Veranstaltung selbst eine therapeutische ist.

Ellel Ministries setzt sich an erster Stelle von der Aufklärung ab und ist insofern eine 'romantische' Bewegung: Gefühle und deren Handhabung stehen im Vordergrund, traditionelle übersinnliche Figuren sind selbstverständliche Erklärungshilfen, an erster Stelle Satan, aber auch Engel in diversen Rollen. Gesamtgesellschaftlich besehen wird darin eine Stossrichtung deutlich, die durchaus auch an anderen Orten auftritt, beispielsweise mit der Esoterik Vergleichbarkeiten aufweist. Auf dem Programm für 1998 wird denn die Esoterik auch genannt, allerdings in einem Atemzug mit New Age und dem Okkulten, die negative Wertung ist unschwer zu erkennen. Hier bewahrheitet sich einmal mehr das Gesetz, das sich dasjenige als Gegner auffasst, was von einem psychologischen Standpunkt aus Verwandtschaften aufweist.

Es kann aber auch nicht vermutet werden, dass Ellel Ministries unter Esoterikern Erfolge verbuchen könnte, denn unterscheidend ist vor allem das klar biblizistische Weltverständnis. Da dieses den meisten Zeitgenossen nicht mehr selbstverständlich ist, wird in der ersten Konferenzphase eine gemeinsame Verständnisgrundlage geschaffen. Zwar dürfte sich die Grosszahl der Teilnehmer bereits aus freikirchlichen Zusammenhängen rekrutieren, auch diese Klientel ist aber nicht frei von zeitgeistlichen Einflüssen. Letztere legen es einem Mitteleuropäer insbesondere nahe, sein Lebensgeschick als selbstgewirkt und nicht als abhängig von höheren Mächten aufzufassen.

In einem grossen Zug zeichnete P. Horrobin - der Begründer und Leiter von Ellel - deshalb 1997 die Situation des Menschen als eine, die vom kosmischen Kampf zwischen Gott und Lucifer bestimmt ist. Nach dem Sündenfall ist Lucifer der Herr der Welt, auch nach Christus und trotz Bekehrung. Die Bedeutung dieser geistigen Gleichschaltung der Grossgruppe wird mit einem eindrücklichen Bild markiert: die weltanschauliche 'Wahrheit' als schutzspendender Rahmen vor teuflischen Angriffen. Der Absolutheitsanspruch hinsichtlich Wahrheit wird dabei ganz simpel mit dem Monotheismus begründet: ein Schöpfer - eine Wahrheit. Dass mit der Betonung destruktiver Mächte eigentlich ein Dualismus errichtet wird, bleibt dabei als Widerspruch unbedacht.

So werden die Konferenzteilnehemer gleich zu Beginn in eine erzählerisch plausible Dramatik miteinbezogen, die den erklärenden Hintergrund abgibt für alles folgende. Der Verweis auf den schutzspendenden Rahmen der 'wahren' Weltsicht enthält dabei den klaren Hinweis, dass alles Infragestellen bereits 'des Teufels' ist, was eine argumentative Immunisierung bedeutet. Kritik und eigentliche Diskussion ist nicht erwünscht, denn die Ellel-MitarbeiterInnen beanspruchen eine Interpretationsmacht, die sie als biblisch vorgegeben auffassen.

Der biblische Auftrag von Ellel Ministries wird nicht nur mit der Erwähnung biblischer Stellen, sondern auch mit Wunderberichten legitimiert. Wo noch Wunder und Zeichen geschehen, da wirkt Gott. Nach dieser einfachen Logik funktioniert der Legitimationsbeweis. Die Erzählung erfolgreicher Einsätze von Ellel-DienerInnen, Anekdoten von hohem Unterhaltungswert, funktionieren nach dieser Logik und geben gleichzeitig ein Verhaltensvorbild ab für all jene, die ebenfalls von diesem Geist erfasst werden möchten. Auch am Beginn der Tätigkeit von P.Horrobin stand eine Bekehrung zum beschriebenen Weltbild, zur Wirksamkeit von Teufel und Dämonen.

Das Problem von Drittvariablen bleibt dabei unbedacht, Überlegungen zur Ursachen-Zuschreibung fehlen ganz. Hinter gemeinsamen Zusammenhängen, vor allem hinter geheimnisvollen, kann sich eine Drittvariable verbergen, die den Zusammenhang unmittelbar plausibel macht. Beispielsweise ist es beeindruckend, wie der Teufel mit Vorliebe in Pubertierende fährt. Dass dahinter ein universal menschlicher Entwicklungsdruck in Richtung Autonomie steht, der eine Umwertung aller Werte der Erwachsenenwelt, auch der christlichen, mit sich im Schlepptau führt, kommt manchen Heilungsdienern scheinbar nicht in den Sinn. Erneut ist es eigentlich die Infragestellung, die 'des Teufels' ist.

An diesem Beispiel lässt sich auch das Problem der Ursachenzuschreibung erläutern: wir Menschen brauchen Ursachenerklärungen für Ereignisse, Ordnung im Kopf. Erklärungen können ein Ereignis mehr oder weniger gut einordnen, sie können ihren Gehalt auch ganz verlieren. Sie können demnach auch mehr oder weniger überzeugen, keine Erklärung parat zu haben, ist aber ein schwierig auszuhaltender Zustand. Für ein Ereignis gibt es prinzipiell immer mehrere mögliche Erklärungen, Junge und Alte, Laien und Fachleute, Menschen aus verschiedenen Kulturen erklären sich gleiches ungleich. Ellel Ministries gibt dahingegen ein uniformes Erklärungsschema mit an die Hand: hinter Misslingen, schlechten Gefühlen und unsittlichen Versuchungen stehen Teufel und Dämonen.

Dieses Erklärungsmuster verlagert die Ursache aus dem Individuum heraus in einen dunklen Hintergrund, der allerdings personalisiert wird: Bocksfuss und Schwefelgeruch lassen grüssen. Dieses Erklärungsmuster wählt zudem eine umfassendere Ebene. Die kosmische Dimension des Geschehens enthält eine gern gehörte Bedeutungsaufwertung des Einzelnen: die höchsten Mächte kämpfen hier und jetzt um Dich. Dieser umfassende Erklärungsansatz hat den Vorteil, dass alles und jedes der Kategorie 'Teufel gegen Gott' unterworfen werden kann, aber den Nachteil, dass damit Erklärungsansätze verpasst werden, die mehr Einsicht vermitteln dürften. Insbesondere wird damit die Auseinandersetzung einer Person mit sich selbst mit psychologisch unscharfen Begriffen geführt. Im schlimmsten Fall fällt der Blick ganz vom Ich ab: hinter jedem Busch und in jeder Ecke wird nun ein Dämon vermutet, der Weg zum Verfolgungswahn ist nicht mehr weit.

Der im stark vereinfachenden Schwarz-weiss gezeichnete Ernst dieses Erklärungsmusters könnte allerdings auch leicht Abwehr erregen. Zur Abwendung dieser Gefahr hat vor allem Ken Hepworth einen Sprachstil entwickelt, der einer peinlichen Note nicht entbehrt. Die Personalisierung der höchsten polaren Mächte wird hier auf die Spitze getrieben und gerät mitunter zum komödiantischen Bühnenstück à la Nestroy. Mit saloppen Sprüchen wird vor allem der Leibhaftige in menschlich - allzumenschlichen Farben vorgezeichnet. Das hat Unterhaltungswert. Es entlastet. Aber es wird auch ein bisschen überdeutlich, dass die Transplantation antiker Mythen in die Moderne letztlich nicht gelingt.

Die geistige Gleichschaltung durch die Vermittlung eines universal anwendbaren Erklärungsansatzes wird von einer emotionalen Gleichschaltung begleitet. Die Lobpreislieder sollen natürlich in erster Linie der Verherrlichung Gottes dienen. Ihre eingängigen, süss-weichen Melodien wirken für die hingebungsvoll Singenden als zusammenschweissendes Band. Die proklamierte Liebe zu Jesus ruft Gefühle hervor, die vor den benachbarten SängerInnen nicht halt machen können. Die Vorspielgruppe und besonders ihr Anleiter verstärken zudem die Dynamik. Die sehr repetitiven Melodien werden sachte auslaufen gelassen und führen unmerklich in ein Gebet des Bandleaders über, das in seinem Gestus intim genannt werden darf. So wird allen klar: es geht nicht nur in dramatischer Weise um mich, sondern hier ist auch der Platz, mein Innerstes hervorzukehren, es vor Gott und die Grossgruppe zu legen.

Diese Dynamik wird durch ein weiteres Vorgehen zugleich zugespitzt und konkretisiert: die Geistlehre. Dabei wird betont, die Formulierung 'Taufe durch den Heiligen Geist' sei falsch und durch diejenige 'Taufe im Heiligen Geist' zu ersetzen. Sprechendes Bild dafür ist der Teebeutel im Wasser. Klar ist dabei auch: ein Christ ohne Geistestaufe gleicht einem unbrauchbaren trockenen Teebeutel. Die Betonung in der Formulierung will vielleicht folgendes verdeutlichen: es geht um Hingabe, vom Geist umgeben und durchflutet sein, sich beinahe darin auflösen.

Abends ist die Selbstkontrolle generell gelockert. Aus dem Alltagsleben ist die abendliche Entspannung tausendfach eingeübt: nach harter, konzentrierter Arbeit lässt man sich am 'Feierabend' gehen. Man wird beeinflussbarer. So stellt der Abend strategisch die beste Zeit dafür dar, zu Bekenntnis und neuer Hingabe aufzufordern. Bei P. Horrobin verbinden sich diese Kernphasen der Konferenz mit einer entsprechenden Rhetorik. Seine Sätze werden lauter, kürzer, betonter, kämpferischer. Das Drama des kosmischen Kampfes wird jetzt inszeniert. Der Höhepunkt besteht schliesslich im Befreiungsgebet: "Im Namen Jesu Christi spreche ich Dir Satan die Macht los!" Entscheidend an dieser Formel ist die Nennung des Namens Jesu Christi. Diese Entwicklung ist konsequent, von den Ausführenden vermutlich gleichwohl nicht durchschaut. Ellel Ministries kehrt nicht nur zu einem voraufklärerischen, mythischen Weltbild zurück, Ellel Ministries operiert auch mit rhetorischen Figuren und besitzt als vermeintlich wirksamstes Mittel: eine magische Formel, die sich zwar inhaltlich, nicht aber in ihrer Funktion vom 'Hokus pokus' unterscheidet.

Das Magische verbindet sich dabei typischerweise mit Reinlichkeitsvorstellungen. Befreit werden müssen auch Räumlichkeiten, beispielsweise der Konferenzraum. 1997 fand in Weinfelden zur gleichen Zeit eine parapsychologische Veranstaltung statt, was für hinderlichen Einfluss verantwortlich gemacht wurde. So wird Geistiges beinahe materialisiert gedacht, erneut ergeben sich Berührungspunkte zur bekämpften Esoterik.

Es verwundert wenig, dass auf die direkte Anrede Satans hin einige Anwesende zu schreien beginnen, verzweifelt, im Crescendo oder auch wie in einem sexuellen Akt. All diese Äusserungen werden natürlich als Zeichen der leibhaftigen Anwesenheit Lucifers gedeutet. Der Erklärungsansatz bewahrheitet sich selber, der Kreis hat sich geschlossen.

Zu den armen Opfern, an denen sich der kosmische Kampf akut entzündet, begeben sich bereitstehende Hilfsbeter. Sie hören sorgsam zu, man kommuniziert flüsternd, vor allem geht es dann aber um das vollmächtige Gebet: die seelsorgerliche Wirkung wird also dem Geist überlassen. Deshalb dürfen die Seelsorger auch Laien sein, sie sind teilweise sogar erst knapp der Pubertät entwachsen. Kriterien für die Dienstbefähigung sind geistlicher Art: christliche Lebensführung, Treue im Gebet, Geistesgaben. Das Kompetenzproblem wird dabei aber nur verschoben. Zwar soll nur der göttliche Geist wirken, er wirkt aber nicht durch alle gleich. Unvergesslich bleibt mir eine Person in grosser Verzweiflung, die geradezu die geistliche Hierarchiereihe hoch weitergereicht wurde, weil das Gebet alleine momentan nicht weiterhalf.

Währenddem die Opfer betreut werden, beginnt auf der Bühne P.Horrobin in Zungen zu reden, während der ganzen Konferenz im gleichen Stil. Aus der Distanz besehen entsteht der Eindruck, die in der vorangegangenen Dramatik aufgebaute Erregung werde nun auf diese Weise abgebaut.

Was ereignet sich aus psychologischer Sicht in solchen Momenten bei den zu Befreienden? An erster Stelle eine Dynamik, die die ganz individuelle Problemlage eines Menschen auf einen Nenner reduzieren will. Diese Uniformierung verletzt die Einzigartigkeit und die Eigenmächtigkeit eines Individuums. Im Grunde wird der individuelle Wille zu brechen versucht. Das individuelle Erleben soll durch ein von der Gruppe vorgegebenes ersetzt werden. Deshalb weht auch ein unverkennbar moralisch-gesetzlicher Wind. Das grösste Problem scheint für die Befreiungsbewegung in der menschlichen Autonomie und der gesellschaftlichen Wertevielfalt zu liegen. Man möchte nicht unkontrollierbare Einzelwesen, sondern kontrollierbare Vervielfältiger des Eigenen, Automaten. Die Befreiungsbewegung 'befreit' von der mit der Autonomie gegebenen Selbstverantwortung. Sie belohnt mit persönlicher Zuwendung und Gemeinschaft.

Es ist bestimmt kein Zufall, dass die Konferenzen jeweils um die drei Tage dauern. Gruppenpsychologisch ist bekannt, dass nach drei Tagen ein eigentliches Zusammengehörigkeitsgefühl entsteht. Man fühlt sich wie in einer Familie, betont das Gemeinsame und Schöne. Allerdings werden ab diesem Punkt nun auch immer stärker die Reibungsflächen spürbar und so ist es zur Harmonieerhaltung nicht empfehlenswert, das Zusammensein noch längere Zeit fortzuführen.

Aus psychologischer Perspektive muss dem allenfalls einkehrenden Seelenfrieden misstraut werden. Solange ein Individuum lebendig ist, wird sich seine Autonomie wieder melden. Konflikte sind programmiert. Es ist deshalb auch kein Zufall, dass sich der Heilungs- und Befreiungsdienst zunehmend an bereits erweckte Christen wendet. 'Erneuerung' wird angestrebt und das dürfte heissen: das gleiche, meist nur kurzfristig wirksame Programm erneut, diesmal forcierter zu versuchen. Es kann sich eine eigentliche Suchtdynamik entwickeln: durch eine gewisse Gewöhnung hilft nur noch mehr desselben. Gegen dieses christliche Leiden tritt der Heilungsdienst an: sich formal erlöst zu wissen und doch so oft wenig davon zu verspüren. Der angestrebte Zustand einer gefühlsmässigen Totalharmonie ist aus psychologischer Perspektive als irreal zu kennzeichnen, weswegen dem Heilungs- und Befreiungsdienst ein Sysiphus-Schicksal beschieden sein dürfte.

Es kann nach diesen Bemerkungen wenig verwundern, dass sich die Befreiungsbewegung mit der Psychologie besonders schwer tut. Dieser wird zwar (Ken Hepworth) zugestanden, dass sie sich beispielsweise vor den befreiten Christen in liebevoller Weise den Opfern von sexuellem Missbrauch angenommen habe. Unmissverständlich wird aber dennoch ausgedrückt, dass Psychologie eigentlich nicht mit dem Glauben vereinbar sei.

Christliche HeilungsdienerInnen lassen sich kaum auf die Auseinandersetzung mit der akademischen Psychologie ein. Die esoterische transpersonale Psychologie ist erst recht des Teufels. Währenddem die Landeskirchen viel eher den Weg gehen, psychologisches Fachwissen und Können zu übernehmen, will sich der Heilungs- und Befreiungsdienst davon abgrenzen und das Eigene entgegensetzen. Das Eigene heisst dabei insbesondere: Jesus ist der beste Arzt bzw. eben Psychologe. Diese Denkfigur ist natürlich nicht neu, sie wurde schon mehrfach (Bsp. H. Wolff), jüngst am deutlichsten von Drewermann, detailliert ausgeführt. Währenddem man die Unternehmungen dieser AutorInnen aber auch so auffassen kann, dass sie Psychologie am Beispiel Jesus abhandeln und vermitteln, geht es dem Heilungsdienst gerade nicht darum: Heilung und Befreiung kann sich da mangels einer anderen Sprache nur im fundamentalistischen Rückgang ins mythische Weltbild vollziehen. Natürlich wird der Heilungs- und Befreiungsdienst dadurch aber nicht frei von Psychologie.

Der Heilungs- und Befreiungsdienst kann so als der Versuch aufgefasst werden, die Felle, die in Richtung Psychologie und Psychotherapie davonzuschwimmen drohen, wieder einzuholen. Das Motto 'der Sieg gehört unserem Gott' wäre nicht nur als Kampfansage an Lucifer zu verstehen, sondern auch als solche an alle 'unbefugt' Therapierenden. Es geht den Veranstaltenden nicht nur um Heilung. Wird Heilung durch einen säkularen Therapeuten erwirkt, ist ihr aus Prinzip zu misstrauen. Echte Heilung heisst für Ellel Ministries primär Etablierung eines konservativ-christlichen Weltbildes. Auf die allenfalls anderslautende, individuelle Wahrheit eines Patienten kann keine Rücksicht genommen werden. Das eigentlichste Anliegen bleibt dasjenige der Mission.

Dieser Zug verdient auch Respekt: Durch Ellel Ministries weht ein Aufbruchswind, ein Unternehmergeist, Gott soll hier und jetzt seine Wirksamkeit erweisen. Eine Bewertung muss sich allerdings gerade dabei mit dem Verhältnis von göttlichem und menschlichem Beitrag auseinandersetzen. Am fatalistischen Pol wirkt Gott allein, der Mensch ist passives Material. Ellel Ministries weist in seinem Weltbild solche Züge auf. Der reformatorische Zugang ist da gemässigter, beschreibt ein Ineinander und durchaus auch Gegeneinander von göttlichem Willen und menschlicher Tat. Am anderen Extrempol steht der Zwang zum sofortigen Erweis göttlicher Wundertat, dem mit allerlei menschlichen Tricks nachgeholfen werden muss. Dieser Artikel ist vom Verdacht durchzogen, dass Ellel Ministries im handlungsmässigen Vorgehen dieser Dynamik unterliegt und damit eigentlich im Widerspruch zum fatalistisch vorgezeichneten Weltbild liegt. Eine kritische Auseinandersetzung muss es sich deshalb zum Vorsatz nehmen, diese Tricks als menschliche zu entlarven, nicht zuletzt, um Gott als dem ganz anderen den gebührenden Raum offen zu halten. Wenigstens Gott sollte die Autonomie nicht genommen werden.

Franz Schlenk, 1998
Letzte Aenderung 1998, © fs 1998, Infostelle 2000
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