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  FGF Friedensuniversität
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  Die Fördergemeinschaft zur Gründung einer Friedensuniversität (FGF)
Am 6. April dieses Jahres hätte im Zürcher Stadthaus der Wiener Kardinal Dr. Franz König den "Sir Siegmund Steinberg-Preis", verliehen von der Fördergemeinschaft zur Gründung einer Friedensuniversität (FGF), entgegennehmen sollen. Unter dem Patronat von Stadtpräsident Josef Estermann und mit der Teilnahme verschiedener Persönlichkeiten des geistlichen und politischen Lebens sowie des Tonhalle-Orchesters hätte König für seine Verdienste um inneren, sozialen und äusseren Frieden gewürdigt werden sollen.

Dass Josef Estermann zwei Monate vor der Veranstaltung Zweifel gegenüber der FGF bekam und sein Patronat aufkündigte, während Kardinal König die Entgegennahme des Preises ebenfalls absagte, brachte die FGF in der Schweizer Öffentlichkeit ins Gespräch. Vorausgeeilt ist ihr eine umstrittene Reputation, beeinflusst durch eine sehr skeptische deutsche Presse, die sie immer wieder in Verbindung zur New-Age und Esoterik-Szene brachte, durch die unermüdliche Suche nach möglichst vielen prominenten Exponenten und durch die undurchsichtige Persönlichkeit ihres Präsidenten Uwe Morawetz. 

Die FGF, ihre Geschichte und ihre Organisation
Die FGF präsentiert sich zum heutigen Tag als Verein - eingetragen in Berlin -, der sich die Gründung einer Bildungsstätte zum Ziel setzt. Sie versteht sich selbst als Basisverein, der allen Interessierten offensteht. Geleitet wird dieser von einem elfköpfigen Vorstand, der die Programme ausarbeitet und koordiniert, in den aber nach eigener Darstellung alle Mitglieder ihre Ideen einbringen können.

Ins Leben gerufen wurde die FGF im Dezember 1991 als gemeinnützige Institution. 1995 musste sich die Institution in "Das Internationale Friedenskolleg Berlin" umbenennen, da private Organisationen den Namen Universität nicht tragen dürfen. Trägerin des Kollegs ist die FGF (die sich nach wie vor so nennt und in Erscheinung tritt). Heute gehören ihr rund 1000 Mitglieder aus über vierzig Ländern an, die für die Internationalität des Projekts garantieren, während die Schirmherrschaft und ideologische Unterstützung zahlreicher weltbekannter Persönlichkeiten aus Politik, Kultur und aus dem geistlichen Leben für die Inhalte bürgen soll.

Die Aktivitäten und das Programm
Inhalte, die bis anhin noch schwer fassbar sind: Die Studiengänge der FGF sollen die verschiedenen Disziplinen der Wissenschaften unter dem Aspekt der Friedensschaffung und -erhaltung zusammenführen. Hierunter werden aber nicht nur die Natur- und Geisteswissenschaften verstanden, sondern auch die Kunst und die "spirituelle Erkenntnis" sollen eine umfassende Erweiterung des Denkens fördern. Einerseits im Hinblick auf mehr Offenheit und Menschlichkeit in unserer zunehmend multikulturellen Gesellschaft, andrerseits im Hinblick auf das Erkennen der Rolle und des Platzes der einzelnen in dieser Welt. Die Kurse der Friedensuniversität sollen grundsätzlich allen Menschen offenstehen, ungeachtet ihrer Herkunft, Bildung oder religiösen Zugehörigkeit, denn jeder Mensch wird als individueller Kulturträger und potentieller Kulturschaffender verstanden. Innerer, persönlicher Friede und die persönliche Bereitschaft (verstanden im Sinne erfüllter Voraussetzungen) bilden also die Grundlage der praktischen Umsetzung der hohen Ideale von Interkulturalität, Interreligiösität und Interdisziplinarität.

Das Programm der Friedensuniversität umfasst hauptsächlich Seminare und Hearings, die jeweils unter einem bestimmten Thema stehen und die von einer - auf ihrem Gebiet wohlbekannten - Persönlichkeit geleitet werden. Angesichts der Tatsache, dass seit ihrer Gründung bereits sechs Jahre vergangen sind und angesichts des grossen Potentials der geistigen Prominenz, nimmt sich das Programm für 1997 eher bescheiden aus. Die Bandbreite der behandelten Themen aber ist gross. Sie reichen von "Erziehung zur Toleranz" über "Friedensjournalismus" bis hin zum "Interreligiösen Dialog". In den Kursen und Seminaren wird nach Darstellung der FGF Wissen vermittelt, nicht erarbeitet. Sie sieht ihre Bildungsangebote als Ergänzung zu den staatlichen Universitäten.

Zur Zeit baut die FGF zusammen mit der Art Ship Foundation in Oakland (USA) ein Schiff um, mit dem Ziel, es als Künstler- und Friedensschiff zu nutzen. Sie unterhält Arbeitsgruppen in Prag und Budapest.

In der Schweiz wurde vor kurzem die Schweizerische Fördergemeinschaft für die Internationale Friedensuniversität, in ihrem Selbstverständnis ein Zweig der FGF, gegründet.

Uwe Morawetz, der Initiant und Geschäftsführer der FGF
Eine Begegnung mit dem indianischen Medizinmann Sun Bear an der Berliner Mauer, kurz vor deren Fall, bezeichnet Uwe Morawetz, der Geschäftsführer der FGF, als Auslöseerlebnis seines unermüdlichen Einsatzes für die Friedensuniversität. Nachdem er im Jahre 1991 in Berlin das "Kraft der Visionen-Festival" organisiert hatte, an dem es um neue Wege der Völkerverständigung und der interkulturellen Zusammenarbeit ging, vermochte er die verschiedensten Persönlichkeiten für die Idee der FGF zu gewinnen. Im Sommer 1995 organisierte die FGF unter seiner Regie in Potsdam/Berlin die einmonatige Sommeruniversität, eine grossangelegte Veranstaltung mit 464 Symposien, Vorträgen, Konzerten und Begegnungen. In ihrem Vorfeld handelte sich die FGF die erwähnten Konflikte mit der deutschen Presse ein, die ihr von Anfang an sehr skeptisch gegenüber stand. Insbesondere wurde aber Uwe Morawetz eine grosse Nähe zur Esoterik und New-Age-Bewegung zur Last gelegt. Vor seinem heute ehrenamtlichen Engagement für die FGF tat er sich als freier Schriftsteller hervor und war Geschäftsführer einer mit der Astrologie beschäftigten Firma (Astrodata in Berlin). Gerade das "Kraft der Visionen-Festival" hat seinen Ruf als Freund der Esoterik sicher gefördert. Er selbst bezeichnet sich als überzeugten Katholiken, macht seine Offenheit gegenüber anderen Strömungen als Beitrag gegen die Angst vor dem Fremden aber zum Programm, ohne die Gefährlichkeit eines Missbrauchs dieser Strömungen mitzuerwähnen.
Die prominenten Namen als Zugpferde missbraucht?
12 Nobelpreisträger und Nobelpreisträgerinnen, unter ihnen der 14. Dalai Lama, Desmond Tutu, Nelson Mandela, Rigoberta Menchu und Betty Williams, um nur einige zu nennen, fungieren als gemeinsame Schirmpersonen der FGF, als wissenschaftlicher Leiter ist Prof. Dr. Ervin Laszlo, Mitbegründer des Club of Rome, sehr engagiert, und in die Liste der namhaften Unterstützenden der Aktivitäten der FGF reihen sich Luise Rinser, Yehudi Menuhin oder Johann Galtung sowie viele mehr ein. Einer Institution, die derart prominent unterstützt wird, kann es an Überzeugungskraft nicht fehlen, ganz abgesehen davon, dass es sich beispielsweise Friedensnobelpreistragende schwerlich leisten könnten, einer dem Frieden verpflichteten Organisation ihre Unterstützung zu versagen. Die FGF ist der Ansicht, dass die Mitarbeit dieser Personen deshalb von Bedeutung sei, weil sie über ein grösseres Netzwerk von Beziehungen und Einflüssen verfügten als andere Mitarbeitende. Ob sie der Basisverein FGF letztlich nicht doch nur als Aushängeschilder zur Verschönerung eigener inhaltlicher Leere gebraucht, wird sich weisen müssen. Die Zahl derjenigen, die sich bisher bereit fanden, über blosse (verbale) Teilnahme hinaus etwa Lehrveranstaltungen der FGF durchzuführen, ist geringer als die lange Liste bekannter Namen.
Einige kritische Ansatzpunkte
Sicherlich ist die Schaffung einer Bildungsstätte, die sich konkret mit Fragen des Friedens befasst, unterstützenswert. Aus der Sicht der Schweiz, die noch immer über keinen derartigen Lehrstuhl verfügt, ist sie sogar zentral. Mit ihrem derzeitigen Programm und den von ihr erwähnten Absichten ist die Friedensuniversität aber schwerlich als solche zu bezeichnen. Friedensforschung, praxisbezogene Umsetzung und konkrete Projekte werden (noch) nicht ins Auge gefasst. Dass der innere Friede Voraussetzung ist für den äusseren, konkreten Frieden, wie ihn die Welt nötig hat, kann nicht in Abrede gestellt werden. Doch ist er ohne wirklich vorangetriebene praktische Massnahmen für den Frieden, der sich mit wohlklingenden Worthülsen eben nicht herbeireden lässt, letztlich wertlos.

Vorbehaltlose Propagierung religiöser und weltanschaulicher Toleranz, wie sie die FGF vornimmt, ist eine oft gefährliche Gratwanderung. Von einer Organisation wie der FGF, die interreligiöse Verständigung als Voraussetzung für den Frieden ins Zentrum rückt, wäre eine klarere Abgrenzung gegenüber Strömungen und Gruppierungen, die zu einer solchen Verständigung nicht bereit sind, wünschenswert. Zu demselben Problemfeld zähle ich auch den Kontakt zu den Medien, deren Berichterstattung mit konkreterer Information über wirkliche Inhalte sicher objektiver ausfallen könnte. Wer aber unter einer Pressedokumentation bloss die Klarstellung journalistischer Falschmeldungen versteht, wie es die FGF kürzlich tat, drängt sich selbst in eine informationstaktische Nähe zu jenen Gruppierungen, mit denen eine Verbindung gerade nicht erwünscht ist.

Den Stein "Friedensuniversität" hat Uwe Morawetz ins Rollen gebracht, die FGF hält seine Bewegung aufrecht. Es bleibt zu hoffen, dass sie ihn mit all seinem Potential in diejenige Richtung zu lenken weiss, wo er so dringend gebraucht wird: In die Richtung der effektiven und effizienten Friedensarbeit. Denn diesen wichtigen Begriff auszuhölen läuft die FGF sonst Gefahr.

 

Adresse des Schweizer Zweigs:

Schweizerische Fördergemeinschaft für die Internationale Friedensuniversität
Mainaustrasse 15
Postfach 3370
8021 Zürich
Tel.: 01/272 62 44

Jean-Daniel Strub, 21. April 1997
Letzte Aenderung 1997, © jds 1997, Infostelle 2000
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