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  Komaja Makaja / Franjo Milicevic
  Uebersicht
  Komaja
Die Gemeinschaft Komaja, urspünglich kroatischer Herkunft, ist mittlerweile auch auf dem Platz Zürich missionarisch recht aktiv. Indem sie ihr theosophisches Weltbild mit christlicher Begrifflichkeit bemäntelt und ihre tantrischen sexuellen Riten nur zurückhaltend thematisiert, hat sie sich gerade unter betont christlich sozialisierten Menschen ein Missionsfeld erschlossen, das sie in Konflikt mit den Kirchen und christlich orientierten Institutionen bringt. Im folgenden sollen einige grundlegende Merkmale der Gemeinschaft und ihrer Geschichte dargestellt werden.
1. Der Gründer: Franjo Milicevic alias Aba Aziz Makaja
Der Begründer, "Guru" und "Führer" der Gemeinschaft Komaja, Franjo Milicevic (sprich Milítschewitsch), wurde am 15. August 1953 in Mostar geboren. Als Angehörigem der kroatischen Volksgruppe wurde ihm eine konservativ-katholische Erziehung zuteil. Im Kindes- und Jugendalter ist Milicevic kirchlich aktiv, als Fünfzehnjähriger sucht er, von sexuellen Problemen getrieben, wöchentlich die Beichte auf. Allerdings vermag ihm dies keine Erleichterung zu verschaffen. Die Problematik der Sexualität wird Milicevic auf seinem weiteren Lebensweg begleiten. In Zagreb beginnt Milicevic ein Jura-Studium (zu einem Abschluss gelangt er nicht), und engagiert sich daneben für ein dortiges Yoga-Zentrum sowie in der Transzendentalen Meditation Maharishi Mahesh Yogis.

Mit 21 Jahren will Milicevic seine erste grosse Erleuchtung gehabt haben. Er trifft auf einen älteren Theosophen, in welchem er seinen Meister gefunden zu haben glaubt. Im Jahre 1978 begründet Milicevic in Zagreb die "Kundalini Lodge" als lokale Sektion der Theosophischen Gesellschaft (Adyar). In den folgenden Jahren schart Milicevic einen Kreis von jungen Anhängern, meist StudentInnen, um sich, welchen er theosophische Lehren, aber auch tantrische Gedanken näherzubringen versucht.

In dieser Zeit heiratet Milicevic zum ersten Mal, die Ehe scheitert aber nach zwei Jahren, weil Milicevic, so seine eigene Auskunft zum Thema, eine Josephsehe hätte führen wollen, womit seine Frau jedoch nicht einverstanden gewesen sei. Im Rahmen seiner Beschäftigung mit tantrischen Lehren und Praktiken gelangt Milicevic in der Folgezeit zu einer anderen Bewertung der Sexualität, er sieht sie nun als förderliches Mittel auf dem spirituellen Weg und in ihrer Ausübung nicht an die Ehe gebunden. Diese neuen Einsichten und Praktiken führen zu Spannungen mit der Leitung der Theosophischen Gesellschaft Jugoslaviens (die Theosophie ist als Kind des 19. Jahrhunderts eher sexualfeindlich eingestellt). Milicevic und mit ihm die Mehrzahl der Mitglieder der "Kundalini Lodge" treten aus der Theosophischen Gesellschaft aus und konstituieren sich als "Ananda Yoga Gesellschaft" neu.

Seit 1983 nennt sich Milicevic mit einem geistigen Namen "Aba Aziz Makaja", im Folgejahr gelingt es ihm, seine Tätigkeit auf die Schweiz auszudehnen, wo die Gemeinschaft 1987 unter dem Namen "Komaja" eingetragen wird ("Komaja" sei, so die Auskunft, ein "Wort aus der Zukunft"). Makaja heiratet offiziell die Schweizer Pfarrerstochter Annina Sartorius und erlangt in der Folge das Schweizer Bürgerrecht. Daneben sieht sich Makaja mit zwei weiteren Frauen verheiratet (s. dazu unten). Das Zentrum der Organisation findet sich zuerst in Wettswil, jetzt in Mittel Urmi oberhalb Vitznau an bester Lage über dem Vierwaldstättersee. Dependancen bestehen in Gottmadingen/Deutschland (bei Thayngen), in Konstanz, in Zagreb, in Skopje und in Winmalee bei Sydney.

2. Das Weltbild
Die Lehre Makajas lässt sich näherungsweise als Kombination von Theosophie und Tantra bestimmen. Mit der Theosophie versteht Makaja die Welt als universalen Entwicklungsprozess, der über eine Vielzahl von Stufen und Zyklen zu immer höheren Lebensformen führt.

Seinen Ursprung nimmt alles Sein in Gott, den Makaja als Ueberpersönliche Wesenheit fasst, welche in pantheistischem Sinne in allem Sein zugegen ist. Aus diesem Gott treten, neuplatonisch-emanationistisch gedacht, die einzelnen Lebewesen aus, um in einem grossen Bogen der universalen Entwicklung wieder in Gott zurückzukehren. Der Weg führt dabei über folgende Stufen: Mineral, Pflanze, Tier, Mensch, Uebermensch und Persönlicher Gott. Ermöglicht wird diese Entwicklung durch den Gedanken der Reinkarnation. Ein Einzelwesen inkarniert sich auf einer Stufe soviele Male, bis es soweit entwickelt ist, dass es die nächste Stufe in Angriff nehmen kann. Dem Menschen ist mithin aufgetragen, sich als nächstes zum Uebermenschen und dann zum Persönlichen Gott zu entwickeln.

Nun sind nicht alle Menschen in ihrer Entwicklung gleich weit. Manche historische Gestalten haben den Uebergang zum Uebermenschen schon geschafft, etwa Buddha. Andere sind gar schon zu Persönlichen Göttern geworden, wie Christus und Krishna. An heute lebenden Uebermenschen nennt Makaja sich selbst und, nach einigem Nachdenken, Sathya Sai Baba. Natürlich werden Uebermenschen durch eine ganze Reihe bedeutsamer Inkarnationen auf ihren Uebergang vorbereitet, so meint Makaja als folgende Gestalten inkarniert gewesen zu sein: ein Pharao, ein alter Perser, Protagoras (Makaja verwechselt diesen möglicherweise mit Pythagoras), Leonardo da Vinci und Sri Aurobindo.

3. Die Sexualität
Das Hauptporblem für den Uebergang zum Uebermenschen stellt die Sexualität dar. Die sexuelle Leidenschaft ist für Makaja dasjenige, was den Menschen vom Göttlichen trennt. Folglich ist sie zu überwinden, zu "spiritualisieren", wie der Komaja-Terminus dafür lautet. Zu diesem Ziel führen für die Komaja zwei Wege: die Askese und der Libertinismus.

Im Rahmen der Askese verzichten Komaja-Mitglieder zeitweise auf jede sexuelle Betätigung. Die Zeiten der Askese werden abgelöst durch libertinistische Phasen intensiver sexueller Betätigung mit verschiedenen Partnern nach der Prämisse, dass das beliebige Ausleben jeglicher sexueller Wünsche den Sexualtrieb mit der Zeit zu dämpfen vermöge. Am Ende steht der Uebermensch, der von der sexuellen Leidenschaft frei ist. Nun lebt Makaja, bis dato einziger Uebermensch in den Reihen der Komaja, aber nicht, wie man nach obigem erwarten könnte, asexuell. Zwar hat Makaja nach eigenem Bekunden keine sexuellen Bedürfnisse mehr, übt aber Sexualität nach eigener Aussage "als Akt der Liebe für jemanden, der es braucht". Sex mit einem Uebermenschen scheint spirituell förderlich zu sein. Sollte Makaja diese spirituelle Förderung seinen Anhängerinnen vorenthalten?

Neben dem freien Ausleben der Sexualität mit beliebigen Partnern kennt die Komaja zwei ritualisierte resp. institutionalisierte Formen des Partnertausches: die Tantrischen Gruppen und die Zajedna.

Die Tantrischen Gruppen, die Komaja kennt im Moment deren drei, üben die Spiritualisation der Sexualität durch Sex en groupe in der strikt rituellen Form des linkshändigen Tantras (cakra-puja).

Die Zajedna (sprich sájedna mit stimmhaftem s) stellt die Komaja-Form der Mehrehe dar. Ausgegangen wird von einem "normalen" Ehepaar. Verliebt sich einer der Partner in einen Dritten, wird dieser "dazugeheiratet" usw. Zajednas tragen folglich die Tendenz in sich zu wachsen. Die Kindererziehung wird von allen Mitgliedern der Zajedna gemeinsam übernommen. Im Moment bestehen in der Komaja neun Zajednas, eine davon ist diejenige Makajas mit seinen mittlerweile drei Frauen (ohne weiteren Mann!).

4. Praxis
Neben dem auch in Gesprächen mit Komaja-Anhängern alles dominierenden Thema der Sexualität kennt die Komaja gewisse Enthaltungsregeln (Verzicht auf Drogen, Nikotin, Alkohol, Fleisch- und Fischkonsum), sowie manche ethischen Vorschriften, wie "Gewaltlosigkeit" (in Anführungszeichen, weil Selbstverteidigung und Gewalt zum Schutz von Unschuldigen erlaubt ist).

Die Schulung der Komaja-AnhängerInnen erfolgt in Kursen sowie in den vierzehntägigen Komaja Sommerschulen (zumeist an der kroatischen Adria-Küste). Ausserdem treffen sich KomajanerInnen zu gemeinsamer Lektüre der Werke des Gurus, in Zürich jeweils dienstag abends.

Die tägliche Praxis ist geprägt durch die Komaja-Meditation, die morgens und abends während je 30-40 Minuten auszuführen ist. Die Komaja-Meditation ist jeweils zweiteilig. Im ersten Teil, der Liebesmeditation, wird eine Person des anderen Geschlechts vorgestellt mit dem Ziel, das sexuelle Begehren nach dieser Person mit der Zeit zur Liebe zu allem Sein zu transzendieren. Der zweite Teil hat zum Zweck die Abwesenheit jeder gedanklichen Aktivität.

5. Mitglieder
Die Mitgliederschaft der Komaja besteht zu einem schönen Teil aus Intellektuellen, insbesondere aus VertreterInnen der Medizin, der Psychologie, der Philologie und der Pädagogik. Es erstaunt insofern nicht, dass auch vornehmlich in diesen Kreisen geworben wird. Die mir persönlich bekannten Komaja-Mitglieder haben eine konservativ kirchliche Erziehung durchlaufen und sind dann in eine Phase des Suchens eingetreten. Das Zielpublikum der Komaja kann mithin näherungsweise als "akademisch gebildete konservativ christlich sozialisierte Seeker" bestimmt werden. Dazu stösst eine wachsende Zahl von KomajanerInnen der zweiten Generation.

Die Mitgliederzahl beträgt im Moment um die 300 Menschen, mit zunehmender Tendenz.

6. Interpretation und Wertung
Komaja als Elite der Menschheit?
In eigener Interpretation sieht sich die Komaja als die Elite der gegenwärtigen Menschheitsentwicklung. Zwar wird anderen religiösen und weltanschaulichen Wegen nicht jeder Wert abgesprochen, aber angesichts der Wahrheit der Komaja kommt den anderen Wegen doch nur propädeutischer Charakter zu. Zudem sind die anderen Traditionen zumeist verfälscht, durch übelwollende Priester und Mönche und Konzilsverschwörungen. Was die Religionen der Welt wirklich sagen wollen, das ist bei Komaja zu erfahren. Aus dieser Haltung wird der elitäre Anspruch, der von Aussenstehenden an Komaja-Mitgliedern nicht selten beobachtet wird, verständlich. Ebenso ist klar, dass ein Gespräch mit Komaja-Mitgliedern und insbesondere mit dem Guru selbst nur eine Belehrung des unwissenden Aussenstehenden durch den wissenden Insider sein kann. In einer Diskussion mit Makaja ist es schwierig, auch nur zu Wort zu kommen.
Komaja als theosophische Gemeinschaft?
Das Weltbild der Komaja ist, wenn auch verkürzt und vereinfacht, der Theosophie entlehnt. Makaja stimmt jeder Grundlehre der Theosophie zu. Insofern kann die Komaja als neotheosophische Gemeinschaft gelten. Eigene Wege geht Makaja da, wo es sich um sexuelle Lehren und Praktiken handelt. Die Zurückhaltung der Theosophie diesem Thema gegenüber hat Makaja in ihr Gegenteil verkehrt.
Komaja als Neuauflage der Bhagwan-Bewegung?
Manches in Lehre und Praxis der Komaja gemahnt den Aussenstehenden an die Bhagwan-Bewegung der siebziger und achziger Jahre. Libertinismus ist hier wie dort ein Thema. Doch erscheint das "Anything goes"-Verhältnis der Sannyasin der Sexualität gegenüber in Komaja eigentümlich gebrochen. Der Libertinismus wechselt ab mit Askese, er wird teilweise ritualisiert und institutionalisiert. Manches wird, obschon nicht ausdrücklich verboten, nicht gelebt, etwa allfällige homosexuelle Bedürfnisse. Die Tendenz in Komaja läuft, wenn ich recht sehe, hin zu einem regulierten Libertinismus einer durchstrukturierten polygamen Gruppe. Während Bhagwan das Ende aller Regeln forderte, predigt Makaja neue, andere Regeln.
Komaja als utopische Gemeinschaft?
Makaja betont, dass ein Uebermensch an die Regeln und Moralvorschriften der Menschen nicht mehr gebunden ist. Er ersetzt sie durch eigene Anweisungen. Neue, alternative Regulationen des Zusammenlebens zu praktizieren ist denn auch ein Ziel der Komaja. Hier steht sie, und sie ist sich dessen durchaus bewusst, in der Tradition sogenannt "utopischer" polygamer Gemeinschaften wie der frühen Mormonen oder der Oneida-Family. Die Gebräuche dieser Gemeinschaften werden in der Komaja denn auch intensiv diskutiert. Das Schicksal der genannten Gruppierungen, eine zunehmende Abschottung vom Rest der Welt, könnte durchaus auch das Geschick der Komaja werden.
Der Mensch Makaja als Schlüssel der Interpretation?
Das Wagnis einer psychologischen Interpretation der Genese einer weltanschaulichen Gemeinschaft ist im Zusammenhang mit der Komaja besonders verlockend. Auffällig ist in diesem Zusammenhang die Bedeutung der sexuellen Problematik im Leben des Gründers in Verbindung mit der Tatsache, dass bei Anhängern der Komaja mitunter durchaus eine ganz ähnliche Konstellation beobachtet werden kann. Zieht hier ein spezifisch belasteter Guru ähnlich belastete Menschen an?
Komaja und Christentum
Obwohl sich Makaja befleissigt, christliche Terminologie reichlich in sein Werk einfliessen zu lassen, ist nach obigem nicht fraglich, dass die Komaja mit Christentum selbst in grosszügigster Interpretation nichts zu tun hat. Die Gemeinsamkeiten bestehen einzig auf der verbalen Ebene, die inhaltliche Fassung der Begriffe macht das Maskenspiel offenbar. Die theosophische Weltsicht der evolutiven Vergottung des Menschen kann aus christlicher Perspektive nur zurückgewiesen werden, ein Kommentar zu Makajas Sexualethik erübrigt sich.
Problematik der Komaja
Eine polygame Gemeinschaft wie die Komaja muss sich gewisse Fragen gefallen lassen, die insbesondere ihren Umgang mit Kindern und Jugendlichen betreffen. Die Frage nach dem Mindestalter, das gegeben sein muss, damit sich ein Komaja-Mitglied an der libertinistischen sexuellen Betätigung beteiligen kann, beantwortet Makaja so, dass sich die Komaja an die Vorschriften der jeweiligen Rechtsprechung halte. Diese Auskunft vermag den Aussenstehenden nicht wirklich zu beruhigen, da sie die Frage der persönlichen Haltung Makajas zum Thema im Grunde offenlässt.

Zum zweiten stellt sich im Zusammenhang mit der Anwerbung junger Erwachsener die Frage einer allfälligen sexuellen Abhängigkeit von der Gemeinschaft, oder im Falle einer jungen Frau vom Guru selbst. Berichte von Angehörigen belegen, dass diese Problematik zumindest in der Sicht von Aussenstehenden durchaus wahrgenommen wird.

Drittens erschwert die institutionelle Einbindung der Mitglieder ins polygame Gefüge einen späteren Austritt ganz erheblich.

7. Quellen

- Aba Aziz Makaja: Komaja Agenda, Zagreb/Konstanz 1994

- ders.: Grundlegende Merkmale des geistig-philosophischen Systems KOMAJA, o.O. o.J.

- Komaja (Hrsg.): Komaja (Broschüre), o.O. o.J. (nach 1994)

- dies.: Internet-Texte zur Komaja, Online im Internet, URL: http://www.access.ch/komaja

- Gespräch mit Franjo Milicevic/Aba Aziz Makaja am 2. Dezember 1997 im Hotel Zürichberg (Tonbandaufzeichnung)

Georg Otto Schmid, 1997
Letzte Aenderung 1997, © gos 1997, Infostelle 2000
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