Konfuzianismus

Der Konfuzianismus ist eine Philosophische Richtung, die Verhaltensregeln, Aufgaben eines jeden Menschen sowie die Ordnung der Welt regelt. Durch das richtige Verhalten, das Einhalten aller Höflichkeiten sowie den Respekt vor Älteren und Höhergestellten kann ein jeder Mensch sein Leben im vollsten Masse verbringen.

Die ideale Persönlichkeit des Konfuzius, der Edle junzi 君子 «strebt nach dem dao und nicht dem Wohlstand.» Dao, das allgemein mit «Weg» übersetzt wird, ist das Grundprinzip des Daoismus/Taoismus. Es ist ein Ideal der Persönlichkeitsbildung, dessen Zweck das den Menschen verpflichtete Denken und Handeln ist. Wenn alle Menschen junzi sind, dann ist die Welt harmonisch und vollendet. Vor allem der Kaiser und seine Berater sollen junzi sein, um gut und gerecht regieren zu können. Durch ihr Beispiel sollen sich alle Männer nach und nach zu junzi entwickeln. Der Regierungsapparat sollte wie eine Familie funktionieren und durch die (Kindes-)Pietät geregelt sein.

Konfuzius oder Kong-zi孔子 wurde zwischen dem 28.9. und dem 3.10. 551 v.Chr. als zweiter Sohn des Kong He 孔紇 in Lu geboren. Normalerweise wäre er nicht der Nachfolger seines Vaters geworden, aber sein Vater war sehr alt und hatte bis daher nur Töchter und einen Sohn einer Konkubine, der auch eine Fuss-Missbildung besass und deswegen nicht die Nachfolge antreten konnte. Deshalb heiratete der bald 70 Jahre alte Kong He eine junge Frau, die ihm einen weiteren Sohn gebären sollte. Yan Zhengzai 顏徵在 soll an einem Berg für eine schnelle Schwangerschaft gebetet haben, da sie um das Ableben des Kong He fürchtete. Ein Einhorn sollte seine Geburt vorausgesagt haben. Als Konfuzius drei Jahre alt war, starb sein Vater worauf er und seine Mutter in Armut aufwuchsen.

Die Lebenszeit des Konfuzius fiel unter die Östliche Zhou-Dynastie (770-221 v.Chr) in die sog. Frühlings- und Herbstzeit. Diese Zeit wurde von Kriegen geprägt und von der Zeit der Streitenden Reiche abgelöst, eine Periode von Zerfall des einheitlichen chinesischen Reiches. Der Wunsch eines festen und gesicherten Reiches war deshalb gross. Der Kaiser (und dessen moralische Stärke) war deshalb ausschlaggebend, denn nur ein starker und gerechter Kaiser kann das Reich zusammenhalten. Konfuzius unterrichtete seine Schüler in den Grundlagen der Moral, sodass sie tugendhaft und dem Kaiser auch beistehen können.

Konfuzius studierte in seiner Kindheit und Jugend in der Hauptstadt des damaligen Reiches Zhou die Sitten, Tugenden und Riten und wurde so zum Gelehrten. Das Zeichen zi子 in seinem Namen wurde den Meistern der sechs Künste, den liu yi六艺, zugesprochen. Diese sechs Künste beinhalten: die Beherrschung der Riten, die Musik, das Bogenschiessen, das Wagenlenken, die Kalligraphie und Mathematik.

Konfuzius heiratete eine junge Frau, Qiguan 亓官 mit 19 Jahren und bekam einen Sohn (Kong Li 孔鲤) und mindestens eine Tochter. Kong Li führte seine Linie weiter, aber beschäftigte sich nicht mit der Philosophie. Die Ehefrau wurde jedoch aus unbekanntem Grund verstossen, was theoretisch gegen seine Lehre geht und deshalb auch oft verschwiegen wird.

Als er 23 Jahre alt war, starb seine Mutter, die er sehr schätzte. Sie lebten in Armut und Konfuzius musste das Grab seines Vaters suchen, um seine Mutter neben ihm zu beerdigen, denn niemand hatte ihn über den Ort informiert. Nach Tradition trauerte er drei Jahre um sie. Zu dieser Zeit öffnete er auch eine eigene Schule, die alle besuchen konnten, die Interesse und Können zeigten. Sie kostete nur, was sich die jeweiligen Familien leisten konnten, Konfuzius verlangte lediglich die volle Konzentration seiner Schüler. In der Schule wurden die sechs Künste mit Ausnahme des Bogenschiessens und Wagenlenkens unterrichtet.

Die politische Umgebung war wie oft in der Frühlings- und Herbstperiode, rau. Konfuzius erlange einen Beamtenposten und arbeitete sich durch die Ränge. Als er durch seine Beteiligung an der Politik mächtige Feinde (unter anderem die lokalen Herrscher) machte, ging er ins selbstgewählte Exil. Er hatte sehr idealisierte Ziele, Frieden und die Wiedererstellung einer zentralen Regierung. Diese schlugen aber in Lu fehl, was ihn belastete. Die chinesische Geschichtsschreibung erzählt vom Nachbarstaat Qi, der, aus Angst dass Lu zu mächtig werden würde, dem Herrscher von Lu Pferde und schöne Tänzerinnen schickte und Konfuzius darauf diesen vor die Wahl stellte: entweder bleibt Konfuzius am Hof oder die Tänzerinnen bleiben am Hof. Der Herrscher wählte die Tänzerinnen.

Im Exil reiste Konfuzius durch fast alle wichtigen Staaten des damaligen Chinas. Er wollte seine Philosophien an deren Höfen einsetzen lassen, doch er scheiterte trotz vieler Versuche. Trotzdem unterrichtete er viele Schüler.

Er kehrte mit 68 Jahren nach Lu zurück auf Einladung des neuen Herrschers. Seinen Lebensabend verbrachte er mit dem Unterrichten seiner Schüler und gab dem Herrscher Rat. Die Entdeckung eines toten Einhorns sollte ihm seinen Tod vorausgesagt haben, worauf er sich auf die Weitergabe seines Wissens konzentrierte. Er starb eines natürlichen Todes.

Seine Schüler kanonisierten seine Gespräche nach seinem Tod im Jahre 479.

Es wird ihm oft eine Verbindung zu Laozi zugeschrieben, doch ob diese wirklich existierte ist unbekannt (da auch die Existenz des Laozi angezweifelt wird). Jedoch orientierte Konfuzius sich zumindest Teilweise an der Philosophie des Laozi.

Konfuzius hatte in seiner Laufbahn mehrere tausend Schüler, unter ihnen sein Enkel Zisi 子思. Etwa 70 bis 77 davon werden als ausgezeichnet betrachtet. Yan Hui 顏回 war sein Lieblingsschüler, von dem er auch in seinen erhaltenen Gesprächen oft lobend sprach. Als dieser starb, trauerte Konfuzius sehr. Yan Hui wird als einer der Vier Weisen verehrt. Die anderen Weisen sind Zisi, ein weiterer Schüler namens Zengzi曾子 und Menzius 孟子. Seine Schüler praktizierten die sechs Künste nach seinem Vorbild und schrieben auch die überlieferten Gespräche in deren Urfassung.

„Schüler“ hatte damals nicht nur die Teilnehmer am Unterricht einbezogen, sondern auch Gesprächspartner und Leute, die mit Fragen zu ihm kamen. Konfuzius hatte Schüler, die ihm für eine Zeit folgten, aber auch Schüler, die nicht so viel Kontakt zu ihm hatten.

Der Begriff Konfuzianismus ist ein westlicher, denn in China wird ruijia 儒家 (Schule der Gelehrten) verwendet. Rujia wurde in China bald nach dem Tod des Konfuzius verbreitet und wurde zur Grundlage chinesischer Philosophen und Beamten. Die Zeit der Kriegerischen Staaten (457-221 v.Chr.) war besonders geeignet für die Verbreitung, denn die Unruhen der stetigen Kriege liessen die Bevölkerung nach Einheit und Frieden sehnen. Konfuzius lehnte die Kampfkünste mehrheitlich ab (ausser das Bogenschiessen), was seine Lehre besonders schmackhaft machte.

Der Konfuzianismus beschreibt den Menschen als fundamental gut. Der Menschhandelt nach dem, was für gut empfunden wird, lernt dabei immer mehr dazu. Nur durch Selbstdisziplin und Lernfähigkeit kann er tugendhaft werden und seinen Charakter zum Besten wenden.

Die Lehre fand zu Konfuzius‘ Lebzeiten Anklang, aber der wirkliche Erfolg gelang erst nach dessen Tod. Die Kriegszeiten und folgende Einigung des Reiches unter dem Herrscher brachte mehr Anhänger, aber Qin Shi Huang Di 秦始皇帝(259-210 v. Chr.), der erste Kaiser Chinas (221-210 v. Chr), verbot die Schriften und Bücher. Eine Massenverbrennung wurde eingeleitet, sowie 460 Gelehrte hingerichtet. Die Schriften des Konfuzius überlebten durch das Auswendiglernen. Auch wurden einer Sage nach Bücher gefunden, die in der Wand eines Hauses versteckt, sodass diese die Verbrennungen überlebten. Qin Shi Huang Di vereinte die diversen Schriften der damaligen Zeit zur Kanzlerschrift, in der auch die verbleibenden Werke niedergeschrieben wurden.

Der Konfuzianismus ist eine philosophische Lehre, weswegen sich im Verlaufe der Zeit diverse Strömungen gebildet haben, die sich zum Teil auch wiedersprechen. Auch sind die Gespräche des Konfuzius nicht von ihm selbst, sondern von seinen Schülern niedergeschrieben worden, zum grossen Teil auch posthum. Die Grundtexte wurden zudem von anderen Gelehrten kommentiert, die weitere Strömungen erschufen. Der bekannte Spruch „Was man mir nicht antun soll, will ich auch nicht anderen Menschen zufügen.“ stammt aus dem Mund des Konfuzius.

Ob der Konfuzianismus eine Religion ist oder nicht ist Ansichtssache. Jesuitische Missionare in China im 17. Jh. unter der Leitung von Matteo Ricci waren der Meinung das Christentum und Konfuzianismus ohne Probleme nebeneinander existieren können, da sie den Konfuzianismus als ein „unreligiöses Brauchtum“ ansahen. Franziskaner- und Dominikanermönche hingegen waren anderer Meinung. Der Papst gab darauf ein Verbot für Christen, den Konfuzianismus zu praktizieren, dies wurde mehrmals aufgehoben und wieder eingesetzt. Die letzte Änderung gab es unter Papst Pius XII, der das Verbot aufhob.

Auch Wissenschaftler sind sich uneinig, da der Konfuzianismus kein Nachdenken über einen Gott fordert, sondern mehr eine Ansammlung von Regeln für den Alltag beinhaltet. Der chinesische Begriff für Religion, zongjiao 宗教, war früher vermehrt für Buddhistische Strömungen verwendet und ist heute ein Allgemeinbegriff. Jedoch ist immer noch nicht geklärt, ob der Konfuzianismus dazu gezählt wird.

Auch bringt der Konfuzianismus keine „weltverändernden Ideen“ hervor, weshalb sich viele westliche Philosophen zuerst nicht dafür interessierten.

Die chinesischen Kaiser legitimierten sich wie so viele Herrscher mit dem sogenannten „Himmelsmandat“. Der Herrscher hat hierbei den Auftrag von einer höheren Macht erhalten, das Land zu führen und die Menschen zu leiten. Im chinesischen Glauben ist diese höhere Macht der Himmel, Tian 天. Dieses Mandat wird durch den kontinuierlichen Wohlstand des Landes und der Bevölkerung gesichert, sollte das Volk aber rebellieren oder Naturkatastrophen auftreten so seien dies Zeichen der himmlischen Missgunst. Das Mandat kann dabei entzogen und einem besseren Herrscher und dessen Dynastie zugestanden werden. Hierbei folgen in den meisten Fällen Wohlstandsperioden nach einem Dynastiewechsel.

Der Konfuzianismus hält sich an diese Vorstellung, das Volk ist dem Herrscher dank dessen himmlischer Legitimität die Pietät schuldig und muss sich auch so verhalten. Die religiöse Vorstellung ist somit eng mit dem philosophischen Aspekt verbunden. Doch wie auch in der Familie ist es dem Untergesetzen erlaubt, legitime Kritik auszuüben, sofern es diese gut erläutern kann. Menzius zog diesen Gedanken noch weiter, denn seiner Vorstellung nach hat das Volk sogar das Recht, zu rebellieren sofern ein unfähiger Herrscher den Thron wärmt. Auch muss der Herrscher dem Volk und Land nicht nur ein Vorbild sondern auch Versorger sein. Die Zhou-Dynastie 周 (1050-771 v. Chr.) war die erste chinesische Dynastie, die das Himmelsmandat als Legitimierung für die Machtübernahme benutzte.

Konfuzius war ein grosser Vertreter von Tian als absolute Macht. Er glaubte auch, dass er vom Himmel ermächtigt wurde, die Tugend und Moral weiterzugeben. Dabei sei er nur einer von vielen, die einen Auftrag vom Himmel bekommen haben.

Der Himmel ist der Wohnsitz der Jade-Kaiser und vergangener Könige und Kaiser, die dort weiterhin herrschen. Hierbei ist der Jade-Kaiser der Herrscher des Himmels und die verstorbenen Kaiser und Könige dienen ihm abwechselnd, denn nach deren Tod kommen sie an den Hof des Himmels, wo sie weiterhin offizielle Aufgaben erledigen müssen. Heute wird der Jade-Kaiser hauptsächlich im Daoismus verehrt, aber er hat auch in buddhistischen und konfuzianistischen Geschichten eine Rolle (z.B. in „Die Reise in den Westen“).

Konfuzius legte in seiner Lehre einen besonderen Fokus auf die sogenannte „Kindespietät“, xiao 孝. Unter diesem Begriff wird eine Unmenge an Bedeutungen untergeordnet, die sich auf das Verhältnis zwischen den Vorfahren und den Nachkommen konzentrieren, aber auch zwischen dem Herrscher und den Untertanen, dem Mann und seiner Ehefrau, den (symbolischen) Brüdern untereinander und schlussendlich auch dem Verhältnis von Freunden untereinander. Dabei wird eine klare hierarchische Stellung beschrieben, es gilt grundsätzlich immer der Mann über der Frau und Ältere über Jüngere. Der Herrscher behandelt das Reich wie seine Kinder und somit muss das Reich und die Untertanen ihm Gefolgschaft leisten, genauso wie ein Kind seinem Vater folgen muss.

Xiao孝 als Begriff zeigt den Alten老 über dem Sohn子, der Sohn trägt den Alten.

Die Pietät (der Gehorsam, die Achtung und die Ehrung der Eltern) spielt eine wichtige Rolle in den Riten und dem alltäglichen Leben. Das Kind ist nie von der Pietät gelöst, auch nach dem Tod eines Elternteils oder eines Grosselternteils wird verlangt, dass immer noch nach den Worten und Taten der Verstorbenen gehandelt wird. So werden die Vorfahren mit Opfern und Riten besänftigt und deren Gunst erlangt.

Dies heisst jedoch nicht, dass das Kind dem Vater nie widersprechen kann, es muss dies jedoch äusserst höflich und auch gut begründet tun, denn dies zählt als eine Eigenschaft des verantwortungsvollen Menschen. Durch Widerspruch wird der Mensch erst gut handeln können, weshalb man auch verpflichtet ist, diesen anzuhören. Es ist ein Zeichen von gegenseitigem Respekt.

Man zeigt die Pietät auch mit der Sorge um den eigenen Körper. Haare und Haut sollen nicht geschadet werden. Dies ist in der Gegenwart eher eine veraltete Ansicht.

Der Aspekt der Fürsorge ist ebenfalls sehr wichtig, denn die Sorge um die Eltern im Alter ist die Sache des Sohnes (da die Töchter zum Haushalt des Ehemannes zählen, werden sie nicht zur Sorge um die eigenen Eltern sondern um die Sorge der Schwiegereltern erzogen). So sollte man das Wohl des Vaters und der Mutter immer vor das eigene stellen. Die Eltern pflegen die Kinder, damit die Kinder die Eltern pflegen können.

Der Respekt der Pietät zeigt man auch vor anderen älteren Menschen. Ausserdem wird erwartet, dass man sich in der Öffentlichkeit tadellos benimmt, um die Eltern nicht zu schämen.

Die Fünf Klassiker oder wujing 五经 wurden von Konfuzius als Grundlage seiner Lehre verwendet. Sie enthalten Verhaltensregeln, Anleitungen für Weissagungen, Gedichtschreibung, Musik, Rituale sowie die Geschichte vom Frühen China des 8. – 5. Jhd. V. Chr. Sie wurden nicht von Konfuzius selbst verfasst, aber ihm war deren Inhalt sehr wichtig, sodass er fast ausschliesslich daraus unterrichtete. Der Rest seines Unterrichts war der Inhalt der sog. «Gespräche», die aber zu den Vier Büchern gehören.

Die sishu四書 oder Vier Bücher werden als Kanon des Neokonfuzianismus angesehen. Dazu gehören die «Gespräche» des Konfuzius, die nach dessen Tod von seinen Schülern erfasst wurden. Sie sind auf Lehrgesprächen vom Meister mit und über seine Schüler basiert. Neben den Gesprächen zählen auch das Buch des Menzius zu den Vier Büchern.

Die Jenseitsvorstellung spielt im Konfuzianismus eine Rolle, denn der Kaiser ist vom Himmel Tian 天 das Himmelsmandat gegeben. Dementsprechend ist er für das Wohl des Reiches verantwortlich. Der Himmel selbst bestraft Kaiser, die nicht dem Volk sorgen mit Naturkatastrophen und belohnt diejenigen, die dem Himmel die gebührenden Riten bringen.

Sollte der Kaiser versterben, so wird er in das Himmelsreich aufgenommen und dient dort mit seinen Vorkaisern dem himmlischen Hof. Dies ist eine Ehre, denn wie im irdischen Hof selbst werden nur die Besten befördert.

Das Studium der Ordnung von Himmel und Erde ist zentral und bildet die Grundlage für das Verständnis der Welt. Zudem sollte ein guter Konfuzianer stets selbst denken und seine Gedanken festhalten und stets weiterentwickeln. Man sollte nicht nur auswendig lernen, sondern auch selbstständig neue Ideen bringen.

Die Beherrschung der Riten ist ein Aspekt der liu yi六艺 (sechs Künste: Riten, Musik, Bogenschiessen, Wagenlenken, Kalligraphie und Mathematik), die schon vor Konfuzius‘ Lebenszeiten existierten, aber zu einem zentralen Teil der konfuzianischen Philosophie wurden. Dabei sollte der Gelehrte eine ausgeglichene Bildung erhalten. Die Riten sind nicht nur eine (religiöse) Verbindung zu den Ahnen durch deren Ehrung, sondern auch eine soziale Struktur. Kennt man die Riten, so weiss man genau, welche Umgangsformen gelten (je nach Stand, Geschlecht und Anlass unterschiedlich). Das richtige Verhalten ergibt die gesellschaftliche Ordnung. So gibt es genaue Regeln beim Trauern, Teetrinken, sogar das Regieren wird durch das Einhalten der Riten gesteuert.

Der chinesische Begriff für „Riten“, li禮/礼, bedeutet ursprünglich „trommeln“, „Hingabe zu Jade und Wein“, „Verehrung von Ahnengöttern“. Die Verbindung zur Musik ist deshalb auch gegeben.

Die Kunst der Musik gilt als eine der sechs Künste und ergänzt die Riten mit einer Harmonie. Ein gebildeter Mann muss nicht nur die Riten beherrschen, sondern auch ein Instrument spielen können, wobei es auch hier Rangunterschiede gibt. Gewisse Instrumente wie die Guqin (Grundbrettzither) gelten als besonders gebildet (Konfuzius selbst soll die Guqin gespielt haben). China unterteilte als eine der ersten Kulturen Instrumente in Kategorien (Seide, Bambus, Holz, Stein, Metall, Lehm, Kalebasse, Haut und Andere)ein.

Die Musik ist insofern für Riten wichtig, da die frühesten Überlieferungen der Riten stets auch von Liedern begleitet aufgefunden wurden. Töne und begleitender ritueller Gesang sind genauso wichtig wie die korrekte Abfolge der einzelnen Schritte.

Die Verehrung der Ahnen zählt als eine der ältesten religiösen Praktiken in China. Neben Tian 天, dem Himmel, sind die Vorfahren eine spirituelle Kraft die den Praktizierenden den richtigen Weg zeigen sollen. Durch Opfer und Riten sollen sie geehrt und auch besänftigt werden.

In sehr frühen Zeiten wurde dies sogar durch Menschenopfer erreicht, seit der Antike aber reicht es, wenn Speisen, Alkohol und Räucherstäbchen zum Opfer aufgetischt werden. Oft werden diese Opfer selbst von den Darbringenden verspeist, denn die Geste des Opferns ist wichtiger als das Opfer selbst. Dies kann im Haus, bei den Gräbern selbst oder in einem Tempel geschehen. Bei Tempeln gibt es regelrechte Märkte, wo man Speisen, Alkohol sowie ganze Bündel Räucherstäbchen zu oft etwas höheren Preisen kaufen kann.

Durch die Ahnenverehrung erhofft man sich Glück, Erfolg und Sicherheit im Leben. Auch bei wichtigen Entscheidungen können die Ahnen befragt werden. Es gibt diverse Arten von Orakel, die den Willen der Ahnen zeigen sollen, zum Beispiel das Orakel des Schwarzen Drachenkönigs, das durch eine Auswahl aus acht vorgegebenen Antworten eventuell eine Lösung bringen kann.

Der Status der Frau im konfuzianistischen Gedankengut war niedrig. So muss sie zuerst dem Vater, dann dem Ehemann und nach dessen Tod dem Sohn gehorchen. Auch waren Mädchen als Nachwuchs eher unbeliebt, denn nur die Söhne bleiben bei der Familie und können so die Eltern im Alter unterstützen, während weibliche Nachkommen später dem Haushalt ihrer Ehemänner angehören und kaum mehr Kontakt zur leiblichen Familie haben.

Durch die Geschichte Chinas ändert sich der Status der Frauen mehrfach, in der Tang Dynastie (618-907 mit Interregnum 690-705) erreichte sie einen Höhepunkt, da Frauen sich frei bewegen konnten, Land besitzen und sogar den Thron bestiegen. Doch kann die ansteigende Beliebtheit des Konfuzianismus oft mit einem Statusverlust der Frau in Verbindung gebracht werden. So durften (vor allem im Neo-Konfuzianischen Denken) die Frauen gar nicht aus dem Haus, mussten so keusch wie möglich bleiben und in Extremfällen nur mit den Männern der Familie in Kontakt kommen. Dies war jedoch ein Zeichen von Reichtum, denn arme Frauen mussten weiterhin auf den Feldern der Familie helfen.

Der Neokonfuzianismus entstand in der Song-Dynastie 宋 (960-1279 n. Chr.) und verbindet den Buddhismus mit dem Konfuzianismus. Dessen Ziel ist es, den Zustand vollkommener Ruhe zu erreichen. Das existierende Sein (was die meisten Menschen sind) und das formlose Nichts (was das Ziel ist) stehen im Gegensatz zueinander.

Mengzi 孟子 (370 – 290 v. Chr.) war ein Nachfolger des Konfuzius und als solcher der berühmteste. Seine Kindheit als Halbwaise wurde durch die bedingungslose Liebe seiner Mutter gezeichnet, die für den jungen Menzius nur das Beste wollte und somit mehrmals den Wohnsitz wechselte, dass der Junge in einer geeigneten Umgebung aufwachsen konnte (eine Schule).

Als Erwachsener bereiste Menzius China und bot seine Philosophischen Dienste mehreren Fürsten an, wobei er im Unterschied zu Konfuzius den Fokus mehr auf die praktische Anwendung legte. Ganz der treue Sohn liess er dies für drei Jahre sein, um den Tod seiner Mutter zu betrauern. Sein Einfluss zu seinen Lebzeiten war gering und so trat er aus der Beamtenlaufbahn zurück.

Menzius ist der Meinung, dass jeder Mensch von Anfang aus gut sei und nur durch schlechte Einflüsse schlechte Taten erbringt. Jeder Mensch hat die Fähigkeit zu Mitleid, Scham, Ehrerbietung und der Weisheit. Um diese zu erhalten brauchen sie jedoch Training, wie Sport für die Seele. Dabei sollte man selbstlos handeln und die eigenen Wünsche zurückstellen. Man sollte lernen, helfen und eigene Leidenschaften zurückziehen um einen Gleichmut zu erreichen, der das Ideal darstellt. Wenn die Menschen rechtschaffen handeln, werden sie nur profitieren können.

Der Konfuzianismus ist heute immer noch verbreitet, vor allem in der Kindespietät. Dabei ist die Auffassung der Gehorsamkeit ein wichtiger Aspekt. Auch das Lernen wird als wichtig angesehen, die Bereitschaft zur Wissensaufnahme und der Respekt gegenüber Lehrern selbstverständlich. Der Geburtstag des Konfuzius (oder auch dessen Todestag) wird noch heute gefeiert. Die Werte des Konfuzianismus sind in der chinesischen Gesellschaft tief verwurzelt.

China hat keine Staatsreligion, trotzdem versuchen die Mitglieder der Konfuzianischen Kirche den Konfuzianismus als solche einzufügen. Die sog. Kongshenghui 孔圣会(Heilige Konfuzianische Kirche) entstand 2015, ihr spiritueller Anführer ist Jiang Qing 蒋慶. Es gibt daneben diverse weitere Kirchen, die den Konfuzianismus in die Bildung einbeziehen, die Riten staatlich obligatorisch durchzusetzen wollen und die Besinnung auf das Ausleben der Konfuzianischen Werte als das höchste Ziel sehen. Die Kongshenghui hat u.A. das Ziel, die verschiedenen Organisationen zu vereinen.

In Korea ist vor allem der Neokonfuzianismus verbreitet. Seit 1995 ist es dort eine staatlich anerkannte Religion. Dies ist auch in Indonesien der Fall. Japan hat ebenfalls eine grosse Anhängerschaft.

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