Buddhismus des Reinen Landes

Nachdem der alte Buddhismus während Jahrhunderten den einzelnen Menschen vor die Aufgabe gestellt hatte, selber, nur vom Beispiel des Buddha inspiriert, den Weg der Erlösung zu gehen, und nachdem sich im chinesischen und japanischen Zen-Buddhismus das eigene Erlösungsstreben bis in die Paradoxie eines weglosen Weges hineingesteigert hatte, war im Mahayana erst die Ahnung, später die gläubige Erfahrung aufgebrochen, dass jener Mensch die grosse Freiheit findet, der sich diese Freiheit schenken lässt.

Denn alle eigene Bemühung um Erleuchtung ist, wie schon der alte Buddhismus wusste, auch noch ein letzter Ausdruck jener Gier, die den Menschen ewig in den Kreislauf des Leidens hineinbindet. Wer das Nirvana gierig sucht, wird es nie finden.

Die radikale Konsequenz aus dieser alten Erkenntnis zieht der Buddhismus des Reinen Landes mit seinem Vertrauen auf die den bedrängten und hoffnungslos verlorenen Menschen rettende göttliche Macht des Amida Buddha. Innerhalb der breiten Amida-Bewegung, ursprünglich wohl auf eine vorbuddhistische Lichtgottheit zurückgehend, wird jene göttliche Liebe zum Leitbild, die niemanden im Stich lässt, der sie anruft und ihr vertraut.

Amida führt alle, die ihn vertrauensvoll anrufen, nach diesem Leben in sein Reines Land, eine Art paradiesische Vorstufe zum letzten Erlöschen. Innerhalb der japanischen Amida-Frömmigkeit, meist Schulen des Reinen Landes genannt, sind, was das Wissen um die Erlösungsbedürftigkeit des Menschen und die Bedeutung der göttlichen Gnade betrifft, die Shin-Gruppen die radikalsten.

Die Lehre des Reinen Landes kommt ursprünglich von einem Chinesen namens Shan-tao. Laut Shan-tao gab zwei Wege in das Reine Land zu kommen, einerseits durch religiöse Ausübungen, vor allem der Askese, und andererseits durch das Vertrauen in den Amida-Buddha, dem Buddha des Mitgefühls.

Im 12. Jhdt. gründete Honen Shonin (1133– 1212) die Jodo-Schule (oder Schule des «Reinen Landes»). Nach dem Tod seines Nachfolgers Shinran (1173-1263) bildeten sich aus der neuen Bewegung verschiedene Jodo- (oder Jodoshu-) und Shinshu-Gruppen. Man trennte sich vor allem über der Frage, ob die einmalige blosse Anrufung Gottes genüge oder ob das sich Gott zuwendende Vertrauen sich noch durch andere Zeichen bestätigen müsse.

Im 20. Jahrhundert sind Vertreter der Shin-Gruppen über Amerika auch nach Europa gelangt. 1970 wurde die Société bouddhique suisse Jôdo-Shinshû gegründet.

Die Jodo-Shin-Gemeinschaften rufen Amida-Buddha (oder Amitabha-Buddha) an, den «unermesslichen Glanz Habenden». Im Glauben des Buddhismus des Reinen Landes spielt Amida-Buddha eine wichtige Rolle. Amida-Buddha ist der Buddha des Mitgefühls. Alle, die ihn anrufen und verehren, werden, das ist ihr Vertrauen, im «Paradies des Westens» d.h. «im reinen Land» wiedergeboren und in ununterbrochener Freude leben, bis sie schliesslich von dort das Nirwana erreichen.

 

Auf Bildung wird grosser Wert gelegt; die meisten buddhistischen Universitäten, Colleges und Mittelschulen Japans sind Gründungen von Buddhisten des reinen Landes. Das Wissen um die überragende Bedeutung der göttlichen Gnade führt, wie im calvinistischen Christentum, nicht zu moralischer Passivität, sondern zu einem überdurchschnittlich aktiven kulturellen, resp. wirtschaftlichen Engagement.

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