Bei den Zeugen Jehovas aufgewachsen

Ich bin heute 46 Jahre alt und schon (glücklicherweise) seit 31 Jahren nicht mehr bei den Zeugen. Als ich 6 Jahre alt war, wurde meine Mutter eine Zeugin und nahm uns 4 Kinder mit.
Mit 15 verließ ich weniger aus „Nichtglauben“, sondern mehr aus egoistischen Gründen die Zeugen Jehovas. Ich hatte einfach mehr Lust darauf tanzen zu gehen und meine rebellische Art in der Pubertät verhalf mir zum Ausstieg.

Allerdings verließ ich damals auch mein zu Hause, da meine Mutter mich raus geschmissen hatte. Trotzdem sage ich „zum Glück“, da ich mich so früh von den Zeugen Jehovas trennte.

Natürlich war ich dann zunächst auf der Straße (Drogen, Alkohol, Ängste). Als ich 17 war lernte ich ein Ehepaar kennen, die sich um mich kümmerten. (Mit ca. 20 keine Drogen mehr, etwas später mit dem Alkohol aufgehört, vor 7 Monaten das Rauchen aufgegeben – das Einzige was noch da ist, sind die Ängste…)

Herausragend bei den JZ ist die Angst vor Dämonen. Fast alle JZ haben Angst im Dunkeln, wenn sie alleine sind. Meine Brüder verließen auch die JZ, nur meine Schwester und meine Mutter blieben dabei. Meine Schwester wollte keinen Kontakt mehr mit mir und der Kontakt mit meiner Mutter beschränkte sich auf einige Telefonate oder einseitige Besuche meinerseits.

Heute ist auch meine Schwester nicht mehr bei den JZ, allerdings 3 ihrer 5 Kinder, die jetzt ihrerseits keinen Kontakt mehr mit ihr haben dürfen. So habe auch ich nur mit den beiden Kindern (mittlerweile erwachsen) zu tun, die nicht mehr dabei sind.

Ich finde, die JZ sehr zerstörerisch was das Familienleben und soziale Kontakte angeht. Man darf, wenn man JZ ist keine „weltlichen“ Kontakte haben und fürchtet daher den Ausstieg, da dieser mit sozialer Isolation einher geht.

Selbstverständlich habe ich bei den Zeugen auch keine gute Schulausbildung angestrebt (da die Welt ja bald in Harmagedon untergehen sollte). Aus dem Grund war auch keine berufliche Ausbildung erforderlich.

Ich bin glücklich darüber keine Zeuge Jehovas mehr zu sein, denn ich fühle mich frei.
Mittlerweile habe ich zwar verspätet (mit 32) eine Ausbildung gemacht. Nachdem ich meinen Beruf aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr ausführen konnte, habe ich noch eine Weiterbildung im EDV-Bereich gemacht.

Mit Ängsten habe ich immer noch zu kämpfen.

Da man bei den Zeugen immer eingeimpft bekommt, dass man „in der Wahrheit“ ist, vermisst man am Anfang die „Wahrheit“. Bei mir war das dann so, dass ich mich auf die Suche nach der „Wahrheit“ gemacht habe. Ich dachte, es müsse sie irgendwo geben. Ich dachte irgend eine Gruppe verfügt über die absolute Wahrheit.

Ich war bei den Mormonen, den Neuapostolen, den Scientologen und verschiedenen esoterischen Gruppen. Überall nur kurze Zeit.

Jetzt weiß ich, dass es uns Menschen nicht gegeben ist, die allumfassende Wahrheit zu wissen. Ich wäre ja ein Genie, wenn ich die Wahrheit über Alles wüsste. Jeder sieht nur einen kleinen Ausschnitt des gesamten Bildes.

Zuerst einmal werde ich mich vorstellen: Ich heisse Sabine. Ich bin heute 36 Jahre alt und Mutter von drei Kindern (10, 12 und 13). Seit vierzehn Jahren bin ich verheiratet. Ich wohne mit meinem Mann seit ebenfalls vierzehn Jahren in einem kleinen Hunsrück-Dörfchen. Wir haben dort vor acht Jahren ein Haus gebaut. Seit drei Jahren gehe ich Teilzeit als (ungelernte) Verkäuferin in einem Supermarkt arbeiten. Ein ganz normales Leben, wie es scheint…

Begonnen hat mein Leben jedoch alles andere als „normal“… Ich wurde geboren, als zweitjüngstes von sechs Kindern. Ich hatte einen Bruder. Er war der Älteste von uns. Die anderen waren Schwestern.
Ich möchte jetzt versuchen, meinen Start ins Leben aus der Sicht des Kindes zu beschreiben, welches ich damals war.

Die Zusammenkünfte

Meine ersten Erinnerungen sind noch recht verschwommen. Wir lebten im Westerwald (Kannebäckerstadt). Dort ging es mir eigentlich noch recht gut. Bis zu meinem achten Lebensjahr hatte ich dort alles, was ich brauchte. Unsere Hunde, die Katzen, Kanninchen und Tauben. Zwei Mal die Woche fuhren wir mit den Eltern an die Zusammenkünfte der Zeugen Jehovas. Für mich damals nur eine unangenehme Sache, die man halt „hinter sich brachte“. Es war sehr schwierig für uns Mädchen, zwei Stunden lang absolut still zu sitzen, ohne einzuschlafen. Mein Vater und meine Mutter verteilten uns vier Mädchen immer so, dass alle „gut erreichbar“ waren. Schliefen wir nämlich trotz aller Anstrengungen dennoch ein, wurden wir mit einem Schlag auf den Hinterkopf unsanft daran erinnert, wo wir uns aufhielten.

Als wir älter wurden, kam mein Vater schließlich auf die Idee, uns nach den Zusammenkünften „abzufragen“. So war es in unserem Interesse, wach zu bleiben, und unseren „Nutzen“ aus den Lehren der Bibel, wie sie die Zeugen Jehovas darstellten, zu ziehen. Und sei es auch nur der Nutzen, dass man anschließend Zuhause nicht unangenehm auffiel, wenn man nicht wusste, was der Vater von einem zu hören wünschte.

Abgeschottet

Aus dieser Zeit habe ich keinerlei Erinnerung an Menschen, die KEINE Zeugen Jehovas waren. Es gab für mich nur meine Familie und die Zeugen Jehovas. Da unsere Verwandtschaft sich den Zeugen Jehovas nicht anschloss, schlief der Kontakt zu ihnen im Laufe der Jahre vollständig ein. Keine Oma, keine Tanten, Onkels, Cousins etc. Familienfeiern, wie sie meine eigenen Kinder heute kennen, gab es für uns nicht. Es wurde kein Geburtstag gefeiert, es gab kein Weihnachtsfest.

Der einzige Höhepunkt im Jahr waren die Kreis- und Bezirgskongresse. Dort trafen sich tausende von Zeugen Jehovas. Dort war man endlich mal einer von vielen!! War es verwunderlich, dass ich mich bereits als Kind dort sehr wohl fühlte? Endlich war ich mal nicht der Aussenseiter. Die Stunden ruhigen Sitzens hinter mich zu bringen, war dort auch schwer, wurde ich doch schließlich belohnt mit den Pausen. Eine unter vielen. Wie ich das immer genossen habe! Die Abende und Nächte verbrachten wir in großen Hallen, wo wir mit Schlafsack und Luftmatratze auf dem Boden schliefen. Das war schön!

Warum aber empfand ich es damals als so „schön“?? Heute weiss ich die Antwort…
Ich fand das immer furchtbar, wenn wir nach drei Tagen „aufbauenden, geistigen Beisammenseins“ wieder nach Hause mussten. Ich musste wieder in die „böse Welt“, wo niemand war, der Gott so liebte und Jesus so ehrlich nachfolgte, wie ich es zu tun lernte bei den Zeugen Jehovas. Auf Schritt und Tritt, in dieser „Welt“, wurde ich verfolgt von „Weltmenschen“, die nichts anderes im Sinne hatten, als mich zu „verführen“ ihrem Gott, nämlich Satan, zu folgen. Ich musste mich ständig vor diesen „Weltmenschen“ schützen.
Kann überhaupt jemand begreifen, was es für mich, als damals achtjährige, bedeutete, ständig einem solchen Gedankengut ausgesetzt gewesen zu sein?? Die Welt und alles drum herum war für mich eine ständige Gefahr! Wie kann aus einem Kind, dass derart beeinflusst aufwächst, ein Mensch werden, der für unsere Zivilisation brauchbar ist?

«Heute ist alles ganz anders»

Jehovas Zeugen bemühen sich ja sehr um die Körperschaftsrechte. Sie möchte als „Religion“ anerkannt werden, um den Schimpf einer „Sekte“ loszuwerden. Viele meiner ehemaligen Brüder und Schwestern werden jetzt vielleicht meinen, HEUTE sei doch alles GANZ ANDERS… Ich bin schließlich schon vor 17 Jahren ausgestriegen.

Erst kürzlich habe ich mich mit einer 22 jährigen Aussteigerin unterhalten. Unserer beider Kindheit und Jugend haben viel zu viele Paralellen, als dass sich bei den Zeugen in den letzten 15 Jahren sonderlich viel verändert haben kann. Nach außen hin gibt man sich den Schein einer sehr sozialen Gemeinschaft. Hinter den Kulissen, dort wo man erst hineinschaut, wenn es für viele schon zu spät ist, da zeigt sich noch immer das wahre Gesicht der Wachtturmgesellschaft.

Als ich zwischen 12 und 17 Jahre alt war, schloss ich mich den Zeugen Jehovas schließlich mehr und mehr auch innerlich an. Ich übernahm deren Weltbild vollkommen. Ich strengte mich wirklich an, „das Leben im Paradies zu verdienen“! Hatte ich denn überhaupt eine Wahl? Von meinen Mitschülern hielt ich mich fern, an Klassenfahrten nahm ich nicht teil. Freunde hatte ich nur bei den Zeugen Jehovas. Ich suchte mir meine Musik die ich hörte und auch meine Bücher die ich las, mit Bedacht aus. Dank der „regelmäßigen Unterweisung“ in den Zusammenkünften der Zeugen Jehvas wusste ich ganz genau, was ich „gefahrlos“ hören und lesen durfte…

Ich machte keine Ausbildung (Zeitverschwendung!!) sondern suchte mir einen Job im Hotel, halbtags. Ich war damals 18 Jahre alt. In einer Phase „geistiger Schwäche“ hatte ich mich nach Abschluß der Hauptschule für die Berufsfachschule Wirtschaft entschieden. Ich wollte doch zumindest beweisen, dass ich den Realschulabschluss schaffen würde. Im zweiten Jahr jedoch, „geistig wieder voll genesen“, brach ich diese mit einem Notendurchschnitt von 2,1 ab. Es gab ja schließlich wichtigeres zu tun, so kurz vor dem „Ende der Welt“…

Andreas

Mein „geistiges Hoch“ hielt jedoch nur, bis ich mich das erste Mal so richtig verliebte. Ich war 19, als ich Andreas begegnete. Wir trafen uns anfänglich nur „unter Aufsicht“. Das heisst, wir gaben unseren Treffen einen „moralischen“ Anstrich. In Gruppen gingen wir in den „Predigtdienst“, wobei wir uns etwas näher kennenlernen durften. Schließlich wollten wir allerdings auch mal allein sein. Andreas lud mich zum Essen ein. Ganz allein fuhren wir in einen Nachbarort und kehrten in ein gemütliches Lokal ein.

Am nächsten Tag musste ich mich vor unseren „Ältesten“ der „Versammlung“ rechtfertigen. Man hatte uns gesehen! Solch ein Verhalten konnte nicht geduldet werden. Was hätte da nicht alles unmoralisches passieren können, während wir allein waren!! Man „unterwies“ mich und stellte klar, dass ich auch verstand, warum man „so etwas“ nicht tat. Ich hätte ja eine „Glaubensschwester“ bitten können, mit uns zu fahren…
Damit begann mein Ausstieg bei den Zeugen Jehovas.

Damals war ich einfach nur enttäuscht, dass man mir, die ich mich doch immer so angestrengt hatte, etwas „unmoralisches“ überhaupt nur zutrauen konnte. Schließlich begann ich an mir zu zweifeln. Ich war dem hohen moralischen Kodex der Zeugen Jehovas einfach nicht mehr gewachsen…So dachte ich damals tatsächlich. Einseitig indoktriniert, wie ich war, kam mir einfach nicht in den Sinn, dass eben NICHT nur ich Schuld war an meiner Missere. Aufgewachsen in einem System, welches Individualität bei Groß und Klein kontinuierlich auslöscht und in dem nur Leistung und Gehorsam einen wirklichen Stellenwert haben, war mir nichts anderes möglich, als mir selbst die Schuld zu geben. Ich bin quasi an den, für einen normal sterblichen Teenager, viel zu hohen, im Nachhinein auch völlig sinnlosen und in jeder Hinsicht ungerechtfertigten, Selbstansprüchen gescheitert.

Die Welt entdecken

Für ein Leben außerhalb dieser Gemeinschaft war ich allerdings noch viel weniger gemacht. Ich denke, ich bin auch heute noch, 17 Jahre danach, nicht „ganz fertig“, allerdings waren die ersten zwei Jahre ohne Zeugen Jehovas wohl die allerschlimmsten. Zwei Mal versuchte ich mir das Leben zu nehmen. Hätte ich damals schon alles über die Zeugen Jehovas gewusst, was ich heute weiss, es wäre mir viel Leid erspart geblieben. Aber ich habe mich ja immer schön brav „von der Welt abgesondert“, das heißt, ich wusste eigentlich überhaupt nicht, was „in der Welt“ so alles los war. „Meine Welt“ zerbrach damals und eine „neue“, in die ich mich vertrauensvoll hätte flüchten können, gab es nicht für mich. Für mich gab es damals nur die „gefährliche, böse Welt“, vor der man mich von Kindesbeinen an gewarnt hatte. Wenn man freiwillig, so wie ich damals, in diese „böse Welt“ hineingeht, so brauchte man sich doch nicht zu wundern, wenn es einem schlecht erging, oder?

Heute versuche ich mir diese „böse Welt“ Schritt für Schritt zu erobern. Ich versuche in ihr die Schönheit zu sehen, die man mir von klein auf vorenthalten hat. Eine Welt, die eigentlich zu LEBEN ermuntern will. Eine Welt, die mir schon heute ALLES gibt, was ich zu einem befriedigenden Leben brauche. Ich muss mir nur die Mühe machen, die vielen Kleinigkeiten zu entdecken, die unser Leben heute lebenswert machen. Ich möchte die Welt als GANZES sehen und nicht nur den Bruchteil, den mir die Lehre der Zeugen Jehovas erlaubte zu sehen.

Als ich sieben Jahre alt war trat meine (allein erziehende) Mutter den Zeugen Jehovas bei und lies sich auch bald taufen. Ich selber bin zwar nie ein Zeuge Jehovas gewesen, doch bin ich in dieser „Glaubensgemeinschaft“ aufgewachsen. Ich ging bis ich 16 war drei Mal die Woche in die Versammlung und wurde von meiner Mutter auch in diesem Glauben erzogen. Das heisst regelmässiges Bibelstudium, vor jedem Essen und vor dem Schlafengehen beten, von Haus zu Haus gehen, keine Würste essen mit Blut, keine Weihnachten, Ostern, Geburtstag, usw.

Es ging mir von Anfang an auf den Sack, dass meine Mutter jetzt auf einmal religiös werden wollte. Das fing damit an, dass ich am Samstag nicht mehr in die CEVJ durfte. Ich durfte dafür in den FC… allerdings nur einmal die Woche, da das andere mal Versammlung war. Es gab auch keinen Geburtstag mehr. Einladungen von anderen Kindern zu Geburtstagsparties musste ich stets ablehnen und sagen ich dürfe nicht, da Zeugen Jehovas dieses Ereignis nicht feiern. Als ich in die Pubertät kam wurde ab und zu ein „Fetz“ veranstaltet, der meistens an einem Samstagabend stattfand. Doch ich durfte nicht gehen, da ich am Samstagabend immer in den Königreichsaal musste. Heavy Metal, Hard Rock und HipHop wurde mir verboten, da es satanistische Musik sei. Der Umgang mit versch. Kollegen wurde mir Untersagt, da schlechte Gesellschaft nützliche Gewohnheiten verderbe. Meine Mutter wollte, dass ich mir meine Freunde unter den Zeugen aussuche, doch mit diesen Langweilern wollte ich nichts zu tun haben. Es wurde mir sehr viel vorenthalten und ich wusste, dass es nicht mehr lange so weiter gehen würde. Ich hatte lange genug ein Doppelleben geführt. Als ich 16 wurde hatte ich das Recht auf Religionsfreiheit und konnte nicht mehr gezwungen werden die Versammlung zu besuchen, noch sonst eine Regel der Zeugen einzuhalten. Meine Mutter wollte mich trotzdem biblisch erziehen, doch ich wollte alles nachholen was ich die Jahre zuvor verpasst hatte und tat alles was verboten war. Sogar die Bücher und Zeitschriften der Zeugen die ich besass hatte ich verbrannt. Meine Mutter musste ihr „Versagen“ eingestehen und kam zum Schluss, dass ich vom Teufel sein müsse. Die Jahre danach waren nicht einfach. Wir stritten uns oft. Nach der Lehre ging ich für 6 Monate ins Ausland und dann 3 Monate in die RS. Danach suchte ich mir eine Arbeit und zog aus.

Heute bin ich 22 und eigentlich darüber hinweg, doch das Verhältnis zu meiner Mutter ist nach wie vor schwierig. Den Kontakt zu mir oder unserer Verwandtschaft hat sie auf ein Minimum beschränkt. Sie ist leider immer noch felsenfest von ihrem Glauben überzeugt. Ich hoffe, dass sie eines Tages wieder selber anfängt zu denken und sich von den Fängen dieser Sekte zu befreien vermag.

Ich bin ein 1960 voll Lebenshunger geborenes Oeuvre unseres liberal-föderalistischen Staates. Als jüngerer Sohn einer schwarzgescheckten, biederen Romanze aus dem Freiburgischen (Mutter aus dem ehemaligen Armenhaus der Schweiz, dem deutschsprachigen Sensebezirk, der Vater als stolzer ‚Broyard‘ aus dem welschen Teil Fribourgs) wuchs ich bilingue und unbeschwert, vom Deutschfreiburger Dialekt mal abgesehen, im Berner Quartier Wankdorf inmitten einer Tschuppelen Kinder, die viel Blödsinn im Kopf hatte, auf. Die Kindheit war geprägt von Sandkastenspiel, Winnetou-Versteck-Dich, viel Fussball und einer ungeheurer Abneigung allem Gemüsigen gegenüber, das regelmässig den Weg über meine Hamsterbacken in die Kanalisation der Stadt Bern fand. Mein drei Jahre älterer big Bruder provozierte mit unsäglichem Talent und täglichen Sticheleien. Meine jähzornige Ader vergalts ihm mit fliegenden und faustgrossen Steinen, die ihn aber nicht die Scheiben verfehlten. Das Kriegsbeil ist längst begraben. Das Verhältnis heute ist zum Glück freundschaftlich.

Die Schulzeit begann ich mit offenem Sinn und Interesse. Der erste Schulbericht attestierte mir nicht nur auf diesen Gebieten Offenherzigkeit, das Schwatzen vor allem in den Schulstunden sollte ein erster Kritikpunkt sein. Der Uebertritt in die Sekundarschule war geprägt vom gleichzeitigen Eifer, dem runden Leder hinterherzurennen. Technisch und konditionell konnte ich durchaus mithalten, wurde sogar zum bezahlten (CHF 50.00) Probetraining der Schweizer Juniorennati eingeladen, mein spränzeliger Körperbau ward mir jedoch ein unüberwindbares Hindernis auf dem Weg zum sehnlichen Wunsch, als agiler Profifussballer in die Annalen einzugehen. Ich landete schliesslich in der SATUS-Meisterschaft, wo ich auf 5. Liga-Niveau gegen meine südländischen Kollegen des sonntagmorgendlichen Schlafs beraubt wurde und der blauen Flecke viele nach Hause brachte. Ein sexueller Uebergriff in der siebten Klasse war eine erste bizarre Erfahrung, die mein von der Mutter vererbtes, scheues und opportunes Wesen mehr und mehr mit dem Rücken zur Wand stehen liess. Meine spätpubertäre Entwicklung und die Unfähigkeit, Konflikte innerhalb der Familie auszutragen, hinderten mich daran, dieses und anderes, das mich beschäftigte, laut auszusprechen. Meinen Eltern kann ich keine Vorwürfe machen, sie selber wuchsen mitten im Zweiten Weltkrieg in ärmlich-bäurischen Verhältnissen auf. Diese wesenshafte Kargheit übertrug sich nicht notwendigerweise auf ihren Sinn, jedoch nicht auf die Abdeckung der materiellen Bedürfnisse. Das soll keine Entschuldigung, vielmehr eine versöhnliche Erklärung sein. Ich merke aber, wie alles wieder hochkommt und das beklemmende Gefühl in der Brustgegend mich zu einer Pause zwingt…

Um so mehr trösteten mich mit Siebzehn die ersten tapsigen und spannenden Erfahrungen mit meiner Jugendliebe und ihrem weiten Herzen, umrahmt vom italienischen Ambiente ihres gestrengen Padres und einer herzensguten, bernstämmigen und eleganten Mutter. Begleitet hat mich seit dem Schulabschluss das Engagement als Gruppenleiter der Jungwacht (kath. Pendant zur Pfadi) mit viel Lagerfeuerromantik, dem Ablegen der grünen Kluft und ersten Erfahrungen mit leichten Drogen. Ach ja, fast hätt ich’s vergessen, die trockene Kaufm. Lehre absolvierte ich bei den noch staubigeren Bernischen Kraftwerken AG, im Volksmund auch Brudale Kündenwürger genannt, so der Vermerk eines zu verbuchenden Giros der erbosten Kundschaft. Die Buchhaltung ‚faszinierte‘, entschuldigen Sie den Ausdruck, mich durch den sowohl einfachen wie genial-logischen Grundaufbau, begleitete mich durch jeden Lebensabschnitt, und macht eine knochentrockene Bilanz durch die Fähigkeit des ‚Lesens‘, nun ja, nicht gerade zu einem Hitchcock, aber doch zu ganz passabler Lektüre. Damit wäre das ökonomische Bestreiten meines Lebensunterhalt größtenteils dargelegt.

Der Rekrutenschule, die mich um meine blonde Lockenpracht brachte, will ich in diesem Lebenslauf genau siebzehn Worte (für jede Woche eines) einräumen: Das Schweizer Militär durchhechelte ich nach zweijähriger Rückstellung mit allergrösstem Mißmut und einem rebellischen, umstürzlerischen Geist sondergleichen.

Fortan sollte mein Leben bewegter werden. Der von Sweet und Gary Glitter-Glamour gänzlich unpolitische Lebensabschnitt wurde abgelöst durch das plötzliche Aufbegehren einer ‚unzufriedenen, autonomen Jugendbewegung‘, die aufgeschreckt durch einen gesprochenen Millionenkredit für das Zürcher Opernhaus vor selbigem zu unbewilligten Demonstrationen mit unzähligen Tränengaseinsätzen, zur uneingeschränkten Freude der Schweizer Glaserzunft, herausforderte. ‚Züri brännt‘ war der Ausgangspunkt einer eigenständigen Kultur und neuen Lebens(un)formen der Generation, die von den eigenen Eltern gewarnt wurde. Ich war stolz, die gewonnene Revolution vor Augen, abgegolten durch Stalins Scherflein, Teil einer Bewegung mit anarchistischem Gedankengut, die Vollversammlung als oberstes Organ anerkennend, zu sein und zu leben. Meine Affinität zum lieben Gott (Erklärung folgt) sprayte ich mit Sprüchen wie den folgenden an Berns graue Kirchenmauern: ‚Dr‘ Urbi het zum Orbi gseit, üse Papst isch düre gheit! Repression von seiten der Behörden mit fichierten Karteieinträgen, Verurteilung wegen Landfriedensbruch und ein Verrennen in ideologische Sackgassen führten bald in die Unform ‚Saufen bis zum Kotzen‘ (excusez l’expression) und eine kontraproduktive ‚No Future‘-Lebensbewältigung. Der tägliche Trott im Bermuda-Dreieck AJZ, Bärenplatzdemo und Arbeitgeber Genossenschaftsbeiz Brasserie Lorraine (Politbüro-Mensa in Bern) wird bald ermüdend und bemühend. Auch Einsatz als Drahtzieher-Schreiberling (Bewegungszeitung), Notschlafstellenbuchhalter, Flugblätter kreierender und verteilender Aktivist machten aus der anfänglich positiven ‚Unzufriedenheit‘ eine schleichende, latent lähmende Verdrossenheit im Superlativ, die mich gesundheitlich durch den exzessiven Konsum von Haschisch und Alkohol an den Rand des Erträglichen brachte. Der Absturz führte geradewegs ins orientierungslose Ghetto.

Der Ausstieg aus dem ‚linken Käfig‘ kanalisierte sich geradewegs in die nächste Abhängigkeit religiös dogmatischer Art. Die damalige Jugendfreundin hatte ein sowohl nerviges wie begeisterungsfähiges Talent, aus mir für die nächsten fünfzehn Jahre einen entrückten, den Genüssen des Lebens abschwörenden, vom Missionseifer beseelten Zeugen Jehovas zu schaffen. Das Arafattuch und die Jeansfetzen räumten ihren Platz Dutzenden von Krawatten und proper-adretten Anzügen. Meine Mutter meinte, die Kleider würden ihr schon gefallen, aber ob denn dies nicht auch ohne Religionsfanatismus zu bewerkstelligen sei. Die Verweigerung jeglichen Militärdienstes und die Leiden der Zeugen Jehovas unter den Nazis beeindruckten mich enorm. Ich hastete auf der recht(s)gläubigen Karriereleiter die verschiedenen Ebenen empor, war bald beliebter Versammlungsältester und Vollzeitprediger mit einem Aufgebot von mehreren tausend Stunden um Gottes Lohn und der Gewißheit, im kosmischen Kampf zwischen Gut und Böse auf der richtigen Seite zu trotzrechten. Das korsettierte Schubladendenken bedingt einen täglichen intellektuellen Verdrängungsmechanismus, Gehirnwäsche pur und ein permanent quälend-schlechtes Gewissen. Emotionen auf der Achterbahn lassen mich die religiöse Befreiung bald als indoktrinierte Selbstverleugnung und verlogene Abnabelung der politischen Vergangenheit und in vielen Bereichen als erschreckende Parallele erscheinen. Ich bin ungeheuer stolz auf meine Bibelkenntnisse, den unzähligen Wohnungsinhabern begegne ich freundlich und mit einem Schwall auswendig hergesagter Bibelzitate. In diese Zeit fällt auch die Bekanntschaft mit meiner jetzigen Frau und Freundin Monika, und größten Förderin meiner verkorksten Persönlichkeit. Die Begegnung oder der inspirierende (grch. ‚gottgehaucht‘) Kuss des Engels, der zwei schlaflose Monate und einen wachsenden Aktenberg provoziert, erfolgt unerwartet bei Raclette und an jenem Tag schmolz nebst dem Käse auch mein Herz. Sie schafft den Ausstieg als Erste aufgrund naheliegenden, nachvollziehbaren menschlichen Erwägungen und in Sorge um die Erziehung ihrer Tochter Simone, die gerade ihre erträgliche Pubertätsphase durchmacht. Die durchdachten Fragen, die das indoktrinäre Lehrgefüge der Zeugen Jehovas, die auf alles eine Antwort parat haben, entblößen, sind entwaffnend und lassen mich Chefideologen ratlos im schwarzen Loch schweben. Wie weiter? Im Gegensatz zu Adam habe ich im Sinn, mich mit Eva solidarisch zu erklären und vorwärtsgewandt doktrinären Ideen ein für allemal abzuschwören. Ein intensives Studium mit der leiden Blutfrage (Jehovas Zeugen verweigern aufgrund eines falsch interpretierten Dekrets medizinische Behandlungen mit Blut) führt nadisna aus dem heilsgewißen Elend. Die theologische Auseinandersetzung mit den Verantwortlichen führt trotz Attestierung einer ‚tiefgründigen geistigen Auseinandersetzung‘ vorderhand zu einem Redeverbot, der anschließende Gemeinschaftsentzug mit sozialer Ausgrenzung fügt sich nahtlos an. Dass ich diesen demütigenden Bannstrahl der christlichen Mullahs als hundsföttische Gemeinheit empfinde, wird der und die LeserIn verstehen. Das Verdikt des sprichwörtlich hoffärtigen Kirchentribunals ist das Ergebnis eines verzerrt-verklärten Weltbilds, dem das Stigma folgt. Heute gelte ich als von ‚satanischer Bosheit geimpfter Abtrünniger‘ und Ekel erregender ‚Handlanger Satans‘: Willkommen im Leben mit allen Lüsten und Früsten und im Club der gefallenen Engel! Wie sagte schon Mel Gibson im Film ‚Braveheart‘, allerdings unter anderen Vorzeichen: Freiheit!

Die bittere Erkenntnis und die langjährigen Erfahrungen bedingen heute bei mir ein ungeheures Bedürfnis nach Transparenz und sachlicher Aufklärung. Es ist mir schleierhaft, wie ich über die Jahre hinweg einen schwangere Frauen abstechenden Gott (siehe den Genozid der Israeliten an den Kanaanitern) anbeten und lieben konnte. Die Bibel betrachte ich als selektiv interpretierte Sammlung von Räubergeschichten. Die Details erspare ich Euch. Religion im Sinne von Lebenshilfe und Aufopferung im Vorbilde Mutter Teresas achte ich hoch. Die Frömmigkeit à la vereinnahmende Gruppierungen mit sektiererischen Bereichen mit Wahrheitsanspruch präsentiert sich als blockierende Lebensbehinderung, die scheinbar ‚Erlösten‘ machen auf mich keineswegs einen gelösten Eindruck. Einen Teil meiner nebenberuflichen Tätigkeit investiere ich in kostenlose Beratung. Der Aufbau einer Internet-Homepage macht Fortschritte, aufbauende Gespräche und eine exponentiell anwachsende Schreibtischtätigkeit mit hoffentlich nicht missionarischem Charakter ergänzen die befriedigende Arbeit. Ich darf mich heute als zufriedenen, ausgeglichenen Menschen, mit sich und der Umwelt im Reinen befindlichen Zeitgenossen bezeichnen. Wenn das Ganze auch über sieben Ecken zustande kam, bereue ich nichts, da ich mich immer voll und ganz für die aufrichtig verfolgten Projekte einsetzte: C’est pour çela que je ne regrette rien.

Der Drang zum aufklärenden Journalismus ist buchstäblich notgeboren und schier obsessiv. Meiner lieben Gefährtin ist das angeschlagene Tempo zu ‚zürcherisch‘, sie kennt bis dato nur den müssigen, behäbigen Berner. Um so mehr bemühe ich mich, diese wichtigen Bedürfnisse abzudecken um das Qualitätssiegel unserer mehrfach auf die Probe gestellten ‚italienischen‘ Ehe mit all ihren lebenswerten Höhen und ernüchternden Tiefen nicht zu gefährden. Amen.

Um es vorwegzunehmen, dies soll kein Rachefeldzug gegen die Zeugen Jehovas werden, sondern dem Leser einen Einblick in das System dieser „Wachtturmgesellschaft“ geben, einen Einblick in eine (nach aussen) gut funktionierende Organisation, deren schneeweisse Fassade geradezu unantastbar scheint.

Deren Prophezeiungen so ueberzeugend sind wie Ihre Prediger (Verkuender) und deren Behauptungen, die einzig wahre Religion auf Erden zu sein, so wahr und glaubwuerdig erscheint.

Solange alles „nach Plan“ läuft, kann man sich dieser schneeweissen Fassade auch weiterhin erfreuen.

Der Verputz beginnt jedoch sehr schnell abzubröckeln und Schmutz kommt zum Vorschein, wenn man an dieser Fassade zu kratzen beginnt.

Sara und Dieter machten ihre Erfahrungen, wie Menschen von dieser „Organisation“, manipuliert wurden, wie durch Indoktrinierung selbst das eigene Kind, als Hure betitelt, verstossen wurde.

Angefangen hat alles im Januar 99 als sich Sara und Dieter bei einem Plauderstuendchen im Chat kennenlernten. Sara (damals 18) war in der „Wahrheit“ geboren. Da ihr Vater vor sechs Jahren starb, wuchs sie, zusammen mit ihrem Bruder, bei der Mutter und im Schosse einer grossen Familie auf.

Mutter, Bruder, Tanten, Onkel, Neffen, Cousins und Cousinen, alle waren in der „Wahrheit“ und Sara kannte nur „diese“ Welt. Diese Welt war auch bis zu jenem Tag in Ordnung und heil, bis sich Sara zu ihrer Beziehung mit Dieter bekannte, gegenueber der Familie und der Organisation.

Dieter (damals 39) in Trennung lebend, war wohl kaum der Mann, den „SIE“ gerne an Sara`s Seite sahen. Dazu kam, das Saras Familie aus Kroatien stammte und Mentalität und Nationalstolz sehr von Bedeutung waren.

Mit anderen Worten: es stimmte ueberhaupt nichts an ihm. Er war weder Zeuge, noch Kroate, noch hatte er einigermassen das gleiche Alter und zu guter Letzt war er auch „noch“ verheiratet.

Zuerst informierte Sara nur ihren Bruder und ihren Cousin ueber diese „ungewöhnliche“ Beziehung, worauf ihr dringend geraten wurde, sofort alles abzubrechen. Angebote wie eine 3-monatige Karibikreise, Aufgabe der Arbeitsstelle und längerer Aufenthalt in Kroatien, natuerlich alles auf Kosten der „besorgten“ Familie, waren an der Tagesordnung. Von ihrem Bruder wurden nun 2 weitere Familienmitglieder informiert, und man gab Sara einen Monat zur Besinnung und erwartete daraufhin eine Entscheidung ihrerseits. Sollte sie nach dieser Zeit die Beziehung nicht beendet haben, war es die Pflicht aller Mitwissenden, die Aeltesten darueber zu informieren.

Dieser Monat verging ohne weitere Geschehnisse, ausser der absoluten Kontrolle ueber Sara`s Alltag. Sara und Dieter schafften es jedoch immer wieder, sei es auch nur fuer einige Minuten, einander zu sehen. Ein weiteres Gespräch folgte und Sara wurde nun aufgefordert, die Beziehung sofort zu beenden, ansonsten zu anderen Mittel gegriffen würde. Sara informierte in dieser Nacht noch ihre Mutter ueber ihre Beziehung und gab zu verstehen, dass sie diesen Mann nicht aufgeben wuerde. Danach nahm die Sache ihren (fuer Zeugen Jehovas) „gewöhnlichen“ Lauf. Stundenlange Gespräche mit Familienangehörigen und „umsorgten“ Freunden, die Sara darauf hinwiesen ihr Leben, ihre Familie, ihre Freunde und ihre Zukunft aufs Spiel zu setzen. Ein Aeltester aus dem engeren Freundeskreis der Familie wurde hinzugezogen und um Rat und Hilfe gebeten. Telefon, Computer und Handy wurden Sara weggenommen um jeglichen Kontakt mit Dieter zu unterbinden. Sie wuerde noch lernen, das sie hier nicht machen konnte was sie wollte, und dass auch gegen SIE noch ein Kraut gewachsen sei. Die „besorgten“ Helfer nahmen weder Ruecksicht auf den unguenstigen Zeitpunkt noch auf die bereits sehr angeschlagene Verfassung Sara`s. Sie bat um etwas Ruhe, was dazu fuehrte, dass Druck, einseitige Gespräche, Gehirnwäsche und nächtliche Telefonanrufe von Aeltesten nur noch mehr zunahmen. Der Zustand wurde fuer Sara bald unerträglich und sie war dem Nervenzusammenbruch nahe. Sara begann an der Beziehung mit Dieter Zweifel zu entwickeln. „vor unserer Beziehung hatte ich eine Familie, Freunde und ein Zuhause“ solche und ähnliche Gedanken breiteten sich durch den ständigen Druck immer mehr aus. Bald wusste sie nicht mehr, was Recht und was Unrecht ist und der Gedanke, ihr „ewiges Leben“ zu verlieren bohrte sich immer tiefer in ihren Kopf. Alpträume, Kopfschmerzen, Gewissensbisse, Muedigkeit und Konzentrationsschwächen waren Sara`s ständige Begleiter.

Nachdem Sara ihrer Familie gestand, auch sexuellen Kontakt mit Dieter gehabt zu haben, wurde auch ER vom langen Arm der Organisation eingeholt. Noch am selben Tag erhielt Dieter eine Kurznachricht auf sein Handy in der zu lesen war: „Das Spiel hat begonnen Du Arschloch, gnade Dir Gott“. Eine Woche später folgte die zweite Nachricht: „Es wird Zeit den ersten Zug im Spiel zu tätigen. Sei schlau sonst wirst du die nächsten nicht ueberleben“. Trotz intensiver Nachforschungen, selbst durch die Kriminalpolizei, konnte bis heute nicht bewiesen werden, woher diese Nachrichten stammten. Erstaunlicherweise hörten die Bedrohungen auf, als Sara bekannt gab, sich von Dieter zu trennen. Anlass zu diesem Entscheid war Sara`s ausgeprägter Glaube an Gott sowie auch an SATAN.

Warum an Satan werdet Ihr Euch fragen? Nun, als diese „ehrenwerte Gesellschaft“ weder mit Streicheln noch mit Bedrohungen, weder mit gut noch mit böse bei Sara zum Erfolg kam, begann man einen neuen Weg einzuschlagen. Man machte sich Sara`s bekannte Angst und ihr Respekt vor den dunklen Mächten zu Nutze. Man ersuchte sie, sämtliche Geschenke abzugeben, die sie von Dieter hatte, mit der Bemerkung, dass sie alles wieder zurueckbekommen wuerde. Sie packte alles wortlos in eine Tasche und uebergab es einem Aeltesten, der ihr fest versprach, die Sachen „nur in Obhut“ zu nehmen. Natuerlich schenkte sie dem Aeltesten ihren Glauben, war er doch so guetig und meinte es nur gut mit ihr. Am nächsten Tag begann Sara`s Bruder ihr gesamtes Zimmer auf den Kopf zu stellen. Kleider, CD`s, Schreibmaterial, ja sogar ihre Unterwäsche wurde untersucht um eventuell versteckte Sachen von Dieter zu finden. Abends wurde Sara von ihrer besten Freundin abgeholt und zu ihrem Bruder gebracht. Dort erwartete man sie bereits, und sie wurde gefragt, ob sie bereit wäre zu reden. Ihr wurde nahegelegt sich zu fragen warum sie in letzter Zeit immer so muede sei (vergass man den Psychoterror,die Gehirnwäsche und den Druck, den man ihr auferlegte??), warum sie sich gegen die ganze Familie stellte, warum sie Dieter so hörig war? Irgend etwas könne nicht mit rechten Dingen zu gehen, und das werde man ihr schon noch beweisen. Zuerst zeigte man ihr Dieter`s Website, auf dessen schwarzen Seiten „etliche kleine Mönsterchen“ ihr Unwesen trieben. Dieter ist in der Motorradbranche, besser gesagt in der Harleyszene tätig, und dass dort ein Totenköpfchen nicht sofort mit dem Leibhaftigen in Verbindung gebracht wird, versteht sich wohl von selbst. Sara`s Familie kam jedoch mit diesen Einschuechterungsmethoden ihrem Ziel wieder etwas näher, und sie fuhren daraufhin mit ihr an einem völlig entlegenen Ort. Wo einst ein Fabrikgebäude stand waren nur noch die Ruinen davon zu sehen, und da es bereits gegen Mitternacht zu ging war die „Stimmung“ natuerlich perfekt. Man erzählte ihr so mancherlei „Schauermärchen“ und Sara`s Nerven waren zum bersten gespannt. Danach wurde ein Feuer entfacht, und ihr wurde nahegelegt sämtliche Gegenstände mit denen Dieter „körperlichen“ Kontakt hatte, sofort zu verbrennen. nur so könne sie sich aus den „Fängen des Teufels“ retten.

Nach dem Gespräch in der Wohnung ihres Bruders gab sie freiwillig sämtliche Gegenstände ab, die Dieter jemals in den Händen gehalten hatte. All diese Gegenstände, plus “natuerlich“ auch diejenigen die der Aelteste „in Obhut“ hatte wurden in dieser Nacht „freiwillig“ verbrannt. Nach dieser „erfolgreichen Tat“ hatte man nun Sara genau dort wo man sie wollte. Sie flehte ihre Familie an sie mogens zur Arbeit zu bringen, sie ueber Mittag zu besuchen und sie Abends wieder abzuholen. Natuerlich wurde ihr „fuersorglich“ geholfen, und ihr wurde auch nahegelegt sämtlichen Kontakt zu Dieter abzubrechen. Sara befolgte den Rat ihrer Familie und beendete ihre Beziehung mit Dieter abermals. Dieter wusste von all dem nichts und wunderte sich nur ueber Sara`s Verhalten und ihren Entschluss, sich von ihm zu trennen. Sara konnte trotz den „Beweisen“ nicht ganz an Dieter`s satanischen Hintergrund glauben und nahm 3 Tage später wieder den Kontakt zu ihm auf. Nach einem 8-stuendigen Telefongespräch fand Sara das Vertrauen zu Dieter wieder,…..nur was jetzt? Die nächsten Tage und Wochen waren fuer beide ziemlich nervenzerrend. Obwohl das Vertrauen zu Dieter da war, konnte sie sich doch nicht von ihrer Familie lösen und fiel deshalb immer wieder in schwere psychische Tiefs. Noch immer hatte Dieter keine Ahnung ueber die Ereignisse der letzten Wochen, versuchte jedoch Sara den nötigen Halt zu geben so gut es ihm, über die Entfernung, möglich war. Am 24.Dezember 1999 reiste Sara nach Kroatien zu ihrer Familie. Während ihres einwöchigen Aufenthaltes hatte sie diverse Telefongespräche mit Dieter und sie versprach ihm „alles“ zu erzählen sobald sie wieder daheim sei. Sie trafen sich nach den Ferien, und sie erzählte ihm alles, was vorgefallen war. Dieter glaubte seinen Ohren nicht zu trauen und war erstaunt ueber die Handlungsweisen der ZJ. Das was er bis jetzt ueber die ZJ wusste, war alles andere, als er jetzt miterlebte. Dieter`s Vater ist selbst seit ca.25 Jahren begeisterter Zeuge, deshalb war ihm diese Organisation nichts unbekanntes. Was ihm jedoch immer verschwiegen wurde waren die Methoden wie die ZJ zu ihrem Ziel gelangen „wollten“. Ihm fiel es wie Schuppen von den Augen als er die ganze „Wahrheit““ von Sara vernahm. Während dieses Gespräches traute sie ihm aber auch ein seit Jahren gut behuetetes Geheimnis an. Sie wurde von einem „Bruder“ als 4-jährige sexuell missbraucht. Dieser Bruder war eng mit Sara`s Familie befreundet, und sitzt heute noch gutbehuetet in den Reihen dieser Gesellschaft. Lange Zeit schwieg Sara, und als sie es ihrer Mutter eines Tages erklären wollte, hiess es nur:„sag ihm, dass er damit aufhören soll“. Sara war damals noch ein kleines Kind und verspuerte nur das es etwas Unrechtes war, das ihr angetan wurde. Sie machte ihre Mutter auch nur darauf aufmerksam, dass sie der Mann immer „da unten“ anfasse, aber scheinbar wird Paedophilie gefördert, indem man schweigt, um das „saubere Image“ gegen aussen zu bewahren. Dieser „freundliche Bruder“ hat selbst eine (heute 13 jährige) Tochter, hoffentlich ist ihr und anderen nicht gleiches wiederfahren. Als Dieter dies alles hörte war fuer ihn klar: dem allen muss ein Ende gesetzt werden. Am folgenden Tag fasste er den Entschluss, Sara aus dem goldenen Käfig rauszuholen. Sara war an diesem Tag noch unschluessig. Sie wollte ihren goldenen Käfig noch so gerne verlassen, und doch plagten sie Schuldgefuehle gegenueber der Familie und der Organisation. Angstgefuehle alles zu verlieren inklusive ihr Leben, machten sich abermals breit. Sie gab Dieter zu verstehen das sie ihn liebe aber ihrer Familie dies alles nicht antun könne, und sich deshalb entgueltig von ihm trennen muesste. Als sie diesen Entschluss fasste, stand Dieter bereits vor ihrer Haustuere. Er rief sie an und bat sie noch ein letztes mal runter zu kommen um sich zu verabschieden. Sie kam, und als sie ins Auto einstieg sahen sie sich an, Dieter drehte den Zuendschluessel, und sie fuhren davon. Sie sahen einander nur an und spuerten das dies ein neuer Anfang sein wird. Es gab später noch einige „Aktionen“ um Sara wieder auf „den richtigen Weg“ zurueckzufuehren, doch sie scheiterten an der Liebe der beiden. 5 Monate vergingen, bis Sara zu ihren persönlichen Sachen wie Kleider, Papiere usw. kam, da das Schloss der Haustuere ausgewechselt wurde. Aus einer Vorsichtsmassnahme und aus Angst sie könne den „Teufel persönlich“ mit ins Haus bringen. Telefonterror an ihrem Arbeitsplatz und uebelste Beschimpfungen sie sei eine: (wörtlich) „verdammte Nutte, und fuer nichts anderes gut als die Beine breit zu machen“ waren Auesserungen die aus dem Munde ihrer eigenen Familie (Bruder und Mutter) kamen. Nur durch viel Geduld, Einfuehlungsvermögen, Akzeptanz, Toleranz und Liebe haben die beiden den Sprung ins „normale“ Leben geschafft, und leben heute unter einem Dach gluecklich zusammen. Die Wunden sind noch lange nicht verheilt, und auch der Scherbenhaufen ist noch nicht ganz beseitigt, jedoch ist jeder „neue“ Tag ein Geschenk Gottes.

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