Die Kinder Gottes

Führen Ungeheuerlichkeiten, Pannen und Schicksalsschläge die Familie nach über 40 Jahren zur Befreiung?

Debora Davis, die Tochter von David Berg, alias Mo, zitiert in ihrem Buch «Die ungeschminkte Wahrheit» eine Aussage von Oswald Chambers, 1874–1917. (Er war einer der einflussreichsten, englischen Baptistenprediger im letzten Jahrhundert.) «Wenn wir uns körperlich und seelisch in einem ungesunden Zustand befinden, dann verlangen wir immer irgendetwas Aufregendes. Im körperlichen Bereich führt dies dazu, dass wir den Heiligen Geist verfälschen, im seelischen Leben führt es zu wahlloser Zuneigung und der Zerstörung der Moral; und wenn wir auch im religiösen Bereich auf Aufregungen bestehen und uns möglichst mit grossen Schwingen über die Erde erheben wollen, dann wird das in der Zerstörung unseres Glaubens enden.» Diese Aussage erklärt nicht nur das Verhalten von David Berg, sondern auch das seiner Mutter Virginia Berg-Brand (1908–1968).

Von einer Predigerfamilie abstammend, wurde sie nach einem Unfall, mit Lähmungserscheinungen von einem Augenblick auf den anderen geheilt. Am nächsten Tag ging Virginia in die Kirche ihres Mannes Berg (ordinierter Prediger) und erzählte immer wieder von der wunderbaren Heilung. Weil sie in der Kirche ihres Mannes nicht akzeptiert wurde, begannen sie als umherreisende Evangelisten zu arbeiten. Mit der Zeit überliess Berg seiner Frau das Zepter. Sie war sehr erfolgreich und gründete eine eigene Gemeinde. Bis 7000 Menschen besuchten den Gottesdienst, doch aus irgendwelchen Gründen verlor sie ihre Aufgabe. Später zog sie umher und leitete wiederum Evangelisationen. Ihr Sohn David Berg (1917–1994) war mit dabei.

Berg erzählt später, dass er mit drei Jahren mit seiner Nanny oral Sex hatte. Seine Tochter Deborah schrieb in ihrem Buch: «Ich stellte fest, dass meine Grossmutter eine Lügnerin war. Ihr Leben ist anders verlaufen, als sie es beschrieb.» Über ihren Vater schrieb sie: «Als er noch ein kleiner Junge war, vergötterte ihn seine Mutter geradezu und behandelte ihn so, als ob er überhaupt nichts Böses tun könnte. Er musste sich nie einer Autorität beugen, man brach ihm nie Charakterstärke bei. Er musste keine Fehler zugeben, keine eigene Schuld anerkennen oder um Verzeihung bitten. Nie hat er erfahren, wie demütig es macht, die Wahrheit zu sagen. Mit der Zeit entwickelte mein Vater einen Verfolgungswahn.»

Ich bin der Meinung, dies ist eine gute Beschreibung. Mo, wie er sich nannte, verfiel während seinem Leben immer mehr dem Wahn, der Sexualität und dem Alkohol.

Nach der Verheiratung mit Jane (später Mutter Eve) reiste David weiter mit seiner Mutter. Sie arbeiteten im evangelistischen Dienst. Erst als er schon zwei Kinder hatte, liess er sich als Pfarrer in Arizona nieder, wo er aber nach kurzer Zeit (1949–1951) hinausgeworfen wurde. An der Universität in Phoenix studierte er Sozialismus und Kommunismus. Er empfand das Kirchensystem als heuchlerisch. Er lernte Fred Jordan kennen und arbeite während 15 Jahren für die Fernsehsendung «Die Kirche zu Hause». Wieder wurde er entlassen. Ohne Arbeitsstelle reiste er in ganz Amerika umher und evangelisierte mit drei seiner Kinder (Faithy, Aaron und Jonathan) . Unterdessen hatte Virginia Berg, die Mutter, am Strand der Huntington Beach, in Kalifornien, einen christlichen Dienst für die Hippies aufgebaut. Hier gab es für die Aussteiger zu Essen, erlaubt waren lange Haare, Drogen, Surfen, freizügige Liebe und Redefreiheit.

Virginia bat David, ihren Sohn, der nach Aussage der Tochter Deborah ein Versager auf der ganzen Linie war, in den Fesseln der Lust und Unzucht gefangen, ihr beizustehen. Alle vier Kinder machten in der Folge mit. David Berg wird nun Moses David, alias «Mo». Deborah, die älteste Tochter hatte bereits zwei Kinder.

Wir kennen diese erfolgreichste Phase in der Geschichte der Familie durch die Mo-Briefe, durch die Medien, durch Eltern und Aussteiger. Ich beschränke mich bei meiner Rückschau auf mir wichtig scheinende Begebenheiten, Prozesse und Personen.

1969 tritt Karen Zerby, genannt Maria, der Gemeinschaft bei. Sie wird bald die Geliebte von Mo und seine Sekretärin. Mo’s Gattin, Mutter Eve, verlässt ihre Familie und die Hippies. Mo’s Umgang mit dem Spiritismus wie mit der Sexualität gräbt sich in kurzer Zeit immer tiefer in das tägliche Leben und Lehren. Einige Hippies sind überzeugt, dass seine Lehren durch Gott inspiriert sind. Die Gruppe zählt in kurzer Zeit 150 Personen. Es entstehen Kolonien, d.h. sie teilten sich auf. Eltern begehren auf und führen Prozesse gegen ihn. Das veranlasst Mo und Maria 1970 die USA zu verlassen. Sie flüchteten nach London. Ihr Siegeszug ging auch da weiter.

Mo erhält das Geschenk des Zungenredens. Abrahim ist sein Geistführer. Mo hat sexuelle Erfahrungen mit Geistern und Göttinnen. Von nun an hatte Mo vier Frauen. 1971 zählt die Gemeinschaft bereits 2000 Leute. Auseinandersetzungen mit den Eltern dauern weiter an. Mo ist ständig auf der Flucht vor der Polizei. Bei einer Dokumentarsendung im Fernsehen, sagte Hosea, ein Sohn, es gebe keine Unzucht bei den Kindern Gottes.

1972 wird Deborah als Königin gekrönt (26 J.). Mo macht einen Inzestversuch, doch Deborah macht nicht mit, nachdem er es bereits vorher versucht hat, als sie 7 und 12 Jahre alt war. Ihre Schwester Faithy ist ihrem Vater gegenüber gefälliger. Die Absetzung der «Königin» erfolgt sogleich.

1972 setzt die Literaturrevolution ein. Der Verkauf von Literatur bringt Geldeinnahmen. Vorher lebte die Gemeinschaft von Geldern der Neueintretenden.

1972 wird bereits die Schweiz pioniert. Die Postfachadresse: PF 241, 8021 ZH, steht nun auf allen Postern. Dies deutete darauf hin, dass auch Mo die Schweiz als sicheren Hort auserwählt und vielleicht auch vom Bankgeheimnis profitiert hat.

1972 endet mit einem schlimmen Ereignis. Aaron, der jüngste Sohn macht Selbstmord. Er stürzt sich vom Salève bei Genf in die Tiefe.

1974 flüchtet Mo nach Teneriffa. Hier werden erste Versuche mit dem Flirty Fishing gemacht. Menschen werden durch Sex zu Gott geführt. Auf diese Weise werden neue Mitglieder angeworben. Abhängigkeiten werden geschaffen und zusätzlich werden diese «Fische», wie Mo sie nennt, finanziell ausgenutzt.

1975 besuchte Mo Gaddafi in Libyen. Gaddafi war damals schon Staatsoberhaupt. Die Libyer wollen sich aber nicht bekehren lassen, auch nicht mit Flirty Fishing.

1975 kommt Davidito, Sohn von Maria und eines Kellners auf die Welt. Davidito ist das erste Flirty-Fishing-Kind, Mo adoptiert ihn.

1976 schreibt Mo 23 Briefe über Flirty Fishing, Callgirl Ringe, Escort-Begleitservice und sichert sich so neue Einnahmequellen.

1977 erscheint ein Stern-Artikel mit Foto von Teneriffa, Die Mädchen werden verhaftet, Mo verschwindet.

Neue Schwierigkeiten mit Tochter Deborah bringen viel Unruhe in die Bewegung. 1978 schreibt Mo: «Ich bin der Meinung, wenn Deborah und Bill (sein Schwiegersohn Bill) die Wahrheit nicht ertragen können, dann sollten sie sterben und tot sein». Deborah verlässt die Gemeinschaft 1978. Sie sagt: «Papa ist hundertprozentig ‹Mose David› und ist zu Marias Marionette geworden.»

Diese ersten 10 Jahre der Kinder Gottes waren gekennzeichnet durch den Aufbau der Sekte, die Anfeindungen durch die Eltern und die Flucht von einem Ort zum andern. Es entstand eine echte Phobie. Auch die Mitglieder leben mit Campers im Untergrund.

Eine Umorganisation folgte der andern, viele verlassen das Schiff, viele bleiben. Tatsächlich zeigen die Mitgliederzahlen einen starken Einbruch. Die Kinder Gottes benötigen dringend neue Leiter.

1977 8000 Mitglieder

1978 5700 Mitglieder

Mo und Maria schreiben weiter frisch und froh an ihren Briefen. «We are trying to brainwash you and convert and we’re thanking God for your repentance.»

Die Themen: Flirty Fishing, Revolutionäry Sex, Love Bombing, The Law of love, Gruppensex, Kindersex, Adult/ Children Sex (1984–93), Mariage of the Generations (1996), Sharing, Inzest, alles Teilen, kein persönlicher Besitz, sind einige der Stichworte dieser Zeit. Themen ihres Glaubens sind auch: Endzeit, Wiederkunft Jesu während der Jetztzeit (1993), Antichrist, und immer wieder die Frage: Wie verhält man sich gegenüber dem System (d.h. gegenüber den Feinden der Gemeinschaft)? Die Schulung und Erziehung der Kinder wurde zur täglichen Aufgabe und in vielen Büchern thematisiert. Die Kinderbücher heissen «Kidz True Komix». Es haben viele in diesem Gruppensex und Sharing mitgemacht, andere kümmerte dies sexualisierte Leben nicht so sehr, sie erzogen ihre Kinder, wie es ihnen recht erschien und waren weit weg vom World Service, wie sich die Zentrale nannte.

Mo zeigte sich seinen Mitgliedern nicht mehr, auf Fotos wurde sein Gesicht mit einer Maske belegt, oft wurde er als Löwe dargestellt, als König der Tiere.

Seine Aufenthaltsorte wurden geheim gehalten, er hatte eine Art Sicherheitspolizei.

1979 wird Techi, die Halbschwester von Davidito geboren.

1982 erscheint das Book of Davidito. Dieses Buch beschreibt klar sexuelle Aktivitäten zwischen Davidito und seiner Kinderfrau Sara Smith. Die Geschichte von Davidito war das Erziehungsbuch für alle Mitlieder. Mo bekam die Prophezeiung, dass Davidito sein Nachfolger sein werde. Er wurde wie ein Prinz erzogen. Als er seinen 12. Geburtstag feierte, war er alt genug, um mit Teenage Girls sowie erwachsenen Frauen sexuellen Kontakt zu haben. Eine dieser Frauen war seine eigene Mutter, während seine Halbschwester Techi bei Mo lag, alle im gleichen Bett.

1982 schrieb Mo «My Confession! I was an Alcoholic»! Er blieb es sein Leben lang.

1983 kam Merry Berg, geb. 72, Tochter des verstorbenen Sohnes Aaron, auf Einladung des Grossvaters ins Haus von Mo. Sie war 11 Jahre alt. Sie freute sich, respektierte Mo als Endzeitpropheten und liebte ihn als Grossvater. Sie durchschaute ihn jedoch bald. Seine Alkoholsucht missfiel ihr. In Rapporten äusserte sie sich negativ und erlebte in der Folge brutal, dass man einem Propheten nie widersprechen darf. Eines Tages wurde sie an ihr Bett gefesselt. Mit Peitschenhieben versuchte man den Teufel auszutreiben (Exorzismus). All diese schrecklichen Tätlichkeiten wurden wortwörtlich protokolliert und können auch heute noch nachgelesen werden. (Die Mitglieder mussten viele dieser Briefe verbrennen). Schlussendlich kam sie nach Macao, in ein Victorycamp. Dies war eine Art Erziehungsanstalt für die schlimmsten Fälle. Nach drei Jahren drehte sie durch, war psychisch nicht mehr ansprechbar und kam 1990 in eine psychiatrische Klinik.

Nach 6 Wochen wurde sie entlassen und die Family beschloss, dass sie zu Grossmutter Eve Berg (Exfrau) gebracht werde. Dies bedeute ihr Ausschluss. Es war gleichzeitig der Beginn eines Lebens mit geschundener Seele ausserhalb der Sekte. Merry war nun 18 Jahre alt. Im Prozess in England 1994 war sie eine wichtige Zeugin.

1984 brach wiederum Ungemach über die Family herein:

Deborah Davis Berg schrieb das Buch: «Die ungeschminkte Wahrheit.» Auslöser war der Wiedereintritt ihrer ältesten Tochter in die Family.

Deborah hatte neun Kinder, wovon Joyanne, die Älteste, vier Jahre nach dem Austritt (1982) wieder zu den Kindern Gottes zurückkehrte. Sie war dort vorher die Prinzessin, Mo’s Enkelin. Langsam erwachte sie. Sie brauchte jedoch lange, sich zwischen den zwei Welten zurechtzufinden. Joyannes Eintritt veranlasste Deborah, ihr Buch zu schreiben.

Vor der ganzen Welt bezeugte sie: «Die Sekte, die mein Vater gegründet hat, begeht alle Formen von Ehebruch, Unzucht, Betrug, Homosexualität, Lesbentum, Kindersex und lehrt Inzest als Grundsatz». Das Buch ist auch in deutscher Sprache erschienen.

Die Kinder Gottes reagierten heftig. Es erschien ein Pamphlet mit dem Titel «Reign of Terror, What led to their excommunication in 1978». Viele Mitglieder kommentierten das Geschehen und bezeugten, dass alles anders war und ist. Sie nannten diese Berichte «Testimony».

1987 wurde das Flirty-Fishing wegen Aids gestoppt, gut bekannte Fishs und Geldgeber wurden aber weiterhin be- dient.

Die Mitgliederzahl betrug zu jenem Zeitpunkt 13 000, 6200 Erwachsene, 6800 Kinder, 89 Nationalitäten, tätig in 100 Ländern.

Obwohl nun alle Mitglieder weltweit im Untergrund lebten und sie sich nicht mehr zu erkennen gaben, kam die Sekte immer mehr in die Schlagzeilen. Auch der Kontakt zu den Eltern bestand kaum mehr.

Die Sekte musste unbedingt ihren Ruf verbessern.

1988 wurde die Öffentlichkeit darüber orientiert, dass in der Family kein Kindersex erlaubt ist und nie geduldet wurde.

Es folgten auf der ganzen Welt Polizeirazzien. 1987 Philippinen, 1988 Ausweisung aus Indien, Argentinien 89, London 91, Norwegen 91, Peru 91 und 93, Australien 91–93, Venezuela 92, Frankreich 93, Los Angeles 93, Argentinien, 94, Schweden 94. Die Kinder Gottes, die Familie der Liebe, war die meist verfolgte Sekte. 600 Kinder wurden einvernommen und untersucht. Die Prozesse verliefen alle im Sand. Trotzdem war der World Service, wie sich die Administration nennt, sehr beunruhigt. Es wurde viel gebetet. Die Polizeirazzien waren für die Family traumatisierend. Kinder wurden in Heime gesteckt, Eltern kamen in Gefängnisse. Oft standen am Morgen früh bewaffnete Polizisten vor den Heimen und verfrachteten alle. Die Aufarbeitung dieser Erlebnisse war für die Mitglieder nicht einfach. Die Gerichte fanden keine Handhabe gegen die Family.

Wie erklärt sich dieser Misserfolg der Gerichte?

Die Gerichte sind nicht imstande, mit dem Sektenphänomen umzugehen. Die Kinder Gottes präsentierten sich alle als liebe, freundliche Leute.

Die Kinder Gottes sind zum Lügen konditioniert.

Die Lüge ist ein automatischer, unbewusster Schutzmechanismus.

Die Lüge schützt vor Gefahren, die von aussen kommen.

Die Aussenwelt, die Gesellschaft ist dem Untergang geweiht, deshalb ist lügen notwendig.

Zwei wichtige Prophezeiungen Bergs dürfen nicht unerwähnt bleiben.

Mo hat seinen Tod für 1991 vorausgesagt. Er ist aber erst 1994 gestorben.

Er hat sogar seine Weltendprophezeiung für das Jahr 1993 überlebt.

Seine Literatur, ihre Musik und viele Poster waren auf dieses Ereignis ausgerichtet.

Weiter lautet die Devise: Wir leben in der Endzeit, es ist noch viel zu tun, um möglichst viele Menschen zu retten. Gemäss ihrer Statistik haben sie 1997 1 Million Personen zu Jesus geführt.

Nach all den Razzien kam 1987 der Befehl von Mo, in ihre Heimatländer zurückzukehren. Auch in der Schweiz waren sie neu als «Die Familie» (Zusammenschluss unabhängiger, christlicher Missionsgemeinschaften) anwesend. Sie lebten in grossen Kolonien bis zu 100 Personen. Plötzlich war es ihnen ein Anliegen, ihre Glaubensanschauungen und Praktiken der Öffentlichkeit darzulegen, weil sie sich ja nicht verstanden fühlten.

Sie gelangen immer wieder in die Medien, auch in der Schweiz, durch ihr Missionieren auf der Strasse mittels Traktaten und Postern und durch ihr «Fundraising» von Haus zu Haus. (Betteln)

Ein Family-Pressesprecher für die deutsch sprechenden Länder, mit Sitz in der Schweiz, versuchte jeweils Anschuldigungen ins rechte Licht zu rücken. Wir nehmen an, dass während dieser Zeit eine Vielzahl von Mitgliedern aus allen Ländern ohne Aufenthaltsbewilligungen die Schweiz während längerer oder kürzerer Zeit besuchten.

Der damalige Mitgliederbestand in der Schweiz variierte wahrscheinlich zwischen 300 und 500, ev. bis zu 1000 Personen. Im Herbst 1998 reisten sie mehrheitlich wieder ab, Ziel: Afrika, Südamerika, Neuseeland, Indonesien, China, Russland, usw.

1987/88/89 sind drei Schweizer Töchter in die Family eingetreten. Das gleiche Schicksal hat die Eltern sehr nahe gebracht.

Nach anfänglich ähnlichem Verlauf haben sich die Lebensläufe dieser drei Frauen anders entwickelt. Zwei Frauen sind an Krebs gestorben, Silvia (1 Kind, 18j.) ist wegen ihrer Krankheit, die ev. am Anfang hätte geheilt werden können, ausgetreten und später gestorben, Verena (2 Kinder, 32j. und 13j.) hat in Indien bis zu ihrer Sterbensstunde damit gerechnet, dass Jesus sie heile. Unsere drei Familien haben alle Enkel. Der Eintritt unserer drei Töchter hat uns sehr geprägt. Die Family gehört zu unserem Leben.

1992 regt uns auf, dass Family-Mitglieder bei Vater Bush im Weissen Haus zu einer Weihnachtsfeier eingeladen wurden, dies wiederholt sich.

1993 Die Endzeitprophezeiung von Mo erfüllt sich nicht, sie haben zu wenig oder zu viel gebetet.

Im November 1994 stirbt David Berg. Er wird irgendwo mit unbekanntem Namen begraben. Er kommt in den Himmel. Maria übernimmt sofort das Zepter mit ihrem Partner Peter Amsterdam.

1992–95 fand in London ein Prozess gegen die Family statt.

Am 10.1.92 hatte eine englische Grossmutter einen Antrag auf Vormundschaft für ihren neugeborenen Enkel gestellt. Die Abklärungen dauerten drei Jahre und bestätigen all das Schreckliche, das bereits durch Zeugenaussagen von Ex-Mitgliedern und durch die Medien raportiert wurde. Im Mai 1995 entschied der Richter vorläufig auf Grund von vielen Zeugenaussagen, das Kind unter die Vormundschaft der Grossmutter zu stellen. Alle Anklagepunkte hatten sich bestätigt. Auf Wunsch «Der Familie» erklärt sich der Richter bereit, die Sekte nochmals anzuhören. Er stellt seinen Entscheid auf Grund von Versprechungen auf den Kopf. Das Kind wurde im November mit einigen Auflagen der Mutter zugesprochen. (1995 Nov. The Judgment of Lordrichter Ward).

Warum diese Umkehr, warum wurde die Familie nicht verurteilt?

1994 erschien ein Buch mit dem Titel: Sex, Slander and Salvation von James R.Lewis, J.Gordon Melton usw.

Amerikanische Religionswissenschaftler untersuchten an Ort und Stelle die Family mit positivem Ergebnis. Ich nehme an, dass Richter Ward Gordon Melton, ordinierter Minister der vereinigten Methodisten Kirche, sowie Direktor des Institutes «Study of American Religion» in Santa Barbara, als glaubwürdig anschaute.

Zusätzlich erscheint von der Familie 1995 im Januar: «Die Charter» (Eine Art Regierungsverfassung mit Gesetzen und Regeln für das Zusammenleben, Charter of responsibilties and rights, Fundamental Family Rules). Die Verordnung regelt u.a.:

  • Pflichten und Rechte des Einzelnen 
(DO Mitglied = Disciples only = Voll
mitglied)
  • Pflichten und Rechte des DO Heims
  • Pflichten und Autorität des DO Leiters
  • Rechte und Pflichten der Supporter 
(Erlöste, die nicht Vollmitglieder sind 
und die Literatur nur zum Teil erhalten)
  • Demokratische Verwaltung mit genauen Bestimmungen, wer abstim
men darf.
  • Ein Heim benötigt mindestens vier
  • Bedingungen um Mitglied zu sein: 
Mitglieder müssen an Jesus Christus als ihren Erlöser glauben. – Sie müssen glauben, dass David Berg und Maria, seine Gattin und Nachfolgerin, Gottes Endzeitpropheten sind. – Bibellesung – Neue und alte Publikationen der Familie lesen und glauben – Missionieren – Nach den Regeln der Charter leben – In einem DO-Heim wohnen 
Die Charter hat Änderungen gebracht. Vieles ist nun klar geregelt und in eine liberalere, demokratische Form gegossen. Eine wesentliche Änderung brachte die Verkleinerung der Heime. Neu sollen höchstens 35 Personen zusammen leben. Um ein DO-Heim zu eröffne braucht es vier stimmberechtigte Personen. 
Die Family entschuldigt sich bei den Exmitgliedern (Apologies): «If we had known then, what we know now, we would not have published this material. – To any Family member or ex-Family member who feels he or she has suffered because of the effects of Dad’s and The Family exploration of the Law of Love, or for any mistreatment of any kind, by anyone, we say we are truly sorry and ask for your forgiveness.» 
«Law of love» ist aber auch heute noch gültig. 
Der Tod von David Berg erleichtert gewisse Zugeständnisse.

Die Aufforderung des Richters, «Die Familie» müsse David Berg abschwören, wurde nicht erfüllt.

Unsere drei Schweizer Familien durften während dieser Zeit unsere Töchter wieder sehen.

Die Annäherung an unsere Kinder, der Prozess, die Charter, die Entschuldigung, alles trug dazu bei, hoffnungsvoll in die Zukunft zu blicken. Vielleicht – so dachten wir – bringt die Nachfolgerin, die Prophetin Maria, frischen Wind in die Sekte. Ex-Mitglieder die die Situation anhand der neuen Literatur analysierten waren jedoch der Meinung: «They have not changed.» Die Indoktrination ging munter weiter. «Judge Ward was wrong.» Die Literatur brachte den Beweis. David Berg ist nach wie vor präsent. Der sexuell besessene Berg sendet seine Messages nun direkt vom Himmel.

Seit Bergs Tod wird die Gruppe nebst Prophezeiungen von Dad und anderen Verstorbenen wie Marilyn Monroe, Rasputin, Lady D usw. durch Prophezeiungen von «Jesus» instrumentalisiert. Psychologisch gesehen finde ich diesen Aufbau unerhört. Da stirbt der Guru und er kommt in den Himmel. Nun erklärt Jesus der Familie, wie gut es sei, dass Berg bei ihm weile, denn das Ende ist nahe und da ist es gut, einen direkten Draht zum Himmel zu besitzen. Da kann es ja nicht mehr schief gehen!

Juli 1995, drei Monate vor der Entscheidung des Lordrichters Ward, erscheinen intern die ersten «Loving Jesus Letters». Diese Briefe sind von Maria geschrieben. Wortmeldungen von Jesus und Dad (David Berg) zeigen eindeutig, dass die Sekte nicht beabsichtigt, sich im sexuellen Bereich zu ändern. Die Briefe laden ein, sich vorzustellen, man habe Sex mit Jesus. Männer sollen sich vorstellen, sie seien Frauen und so können sie Jesus körperlich lieben. Mitglieder, angesprochen auf diesen Unsinn sagen nur, man müsse dies ja nicht glauben. Da kann man sich den Worten von David Berg in seinem Mo-Brief 286 nur anschliessen:

«Wir haben einen sexy Gott, eine sexy Religion mit einem sexy Leiter und einer extrem jungen sexy Anhängerschaft.»

Die Mitglieder sind zwar unterdessen älter geworden.

In den Anfängen schrieb Mo in einem Mo-Brief 1398: They (the children) have been experimenting with sex ever since they were born.

Mit den neuen Loving Jesus Letters werden die 14-jährigen Kinder ermuntert, mit Jesus ein intimes, sexuelles Verhältnis zu pflegen.

Seit 1995 hat sich die Population der Family merklich verändert. Früher waren 1/3 Erwachsene, 2/3 Kinder und Jugendliche. Als Folge von Flirty Fishing und Sharing wurden sehr viele Kinder geboren, denen der Vater teilweise unbekannt ist. Die zweite Generation wurde gedrillt oder in Jumbos (Zusammenzug von Kindern) geschult und ausgebildet. So befand sich ein Jumbo in Elgg ZH.

Tausende dieser Jugendlichen stiegen aus und versuchten im bösen System ihr Leben aufzubauen. Viele verübten Selbstmord, weil sie sich nicht zu Recht fanden.

Seit dem Bestehen der Kinder Gottes gab es Aussteiger. Ihre Geschichten beschrieben und verarbeiteten sie in einer Broschüre «No longer Children». Unter den Aussteigern waren auch Kaderleute, die immer wieder versuchten, durch ihre Schriften der Sekte den Garaus zu machen. Oft wurden ihre Anschuldigungen in den Briefen der Family widerlegt und klar Stellung genommen, dass dies Versuchungen des Teufels seien.

Das Internet erleichterte beiden Seiten den Austausch untereinander und wurde von der Family sowie den Ex-Mitgliedern gefördert.

«My conclusion» ist die Seite der Family, «Moving on.org» die Seite der Aussteiger. Beide Seiten schrieben in Blog-Manier über ihre Sorgen, hie und da kam es auch zu einem direkten Dialog.

Natürlich betrieb nun auch die Family eine Homepage. Missioniert und angeworben, aber auch Spenden gesammelt, wird nun auch auf diese Weise. Die Gegenseite hat schon lange Zeit ihre Homepage, wo alle Artikel und alles Wissenswerte über die Family zu finden ist. Sie heisst «exfamily.org» und «xfamily». Heute kann jeder Mo-Brief in Kurzfassung und alle Statements der Family nachgelesen werden.

2000 verlässt Ricky Peter Rodriguez, vormals Davidito Berg, Sohn von Maria, Ziehsohn von Mo, designierter Nachfolger von Berg, die Family. (Alle Kaderleute sowie wichtigen Personen haben im Laufe der Zeit Namensänderungen vorgenommen).

2001 heiratet er Elixa, auch ein ehemaliges Mitglied.

2002 schreibt er im Internet einen Bericht über Merry Bergs Life with Grandpa – the Mene Story. Offen spricht er über alle Geschehnisse. Er pflegt Kontakt mit Aussteigern, hat sehr Mühe, sich eine Existenz aufzubauen, wird teilweise von Maria finanziell unterstützt.

2002 März schreibt er seiner Mutter: «I love you mom! I really didn’t mean to hit you.» Doch ihre Antwort ist nichtssagend.

2004 im August schreibt Ricky seinen letzten Brief «Still around». Er erzählt von den letzten Kontakten mit seiner Mutter und den Gefühlen ihr gegenüber. Ohne Hoffnung das Leben meistern zu können, hat er nur noch eines im Sinn, diese Kindsmissbraucher müssen gestoppt werden. Es wäre schön, jemanden zu finden, der gleich denkt. «Tausende von uns wurden methodisch missbraucht, geschunden, entführt und viele haben sie ermordet, indem sie sie in den Suizid getrieben haben.» Er habe nichts zu verlieren und glaubt, sie müssen beseitigt werden.

Er wünschte, seine Mutter wäre tot oder er wollte sie einem Gericht zuführen. Er wollte auch seine Schwester Davida befreien. (Auch sie ist seither ausgetreten.)

2005 ermordet Ricky stellvertretend für seine Mutter seine ehemalige Nanny und erschiesst sich am darauf folgenden Morgen.

Am Telefon sagte er am Vortag, dass er Angela Smith, seine ehemalige Nanny, treffen werde, um herauszufinden, wo sich seine Mutter aufhalte. Gleichentags besprach er ein Video, indem er seine Mordpläne bekannt gab und die Instrumente, ein Messer und eine Pistole zeigte.

Alle Zeitungen brachten diese Meldung. Die Family nahm sofort Stellung, sie bedauerte den Tod von Angela Smith und verurteilte Rickys Tat. Später meldete sich Ricky vom Himmel. Jesus hat ihn im Himmel aufgenommen, es wird ihm verziehen.

Diese Tragödie war für die Familie wie auch für die Aussteiger fast nicht ertragbar. Die Verarbeitung dauerte lange Zeit.

2006 berichtet Peter Amsterdam, der Partner der Maria, vom Larifari-Betrieb in vielen Heimen. Jeder glaube und mache, was ihm richtig scheine. Die getreuen Family-Mitglieder, die Fundis der Gruppe, hatten offfensichtlich Mühe mit den Abweichlern. Da musste Ordnung geschaffen werden. Neu wurden nun drei Mitgliederstufen gebildet. MM Missionary Members, FD Family Disciples, FM Fellow Members. MM sind Vollzeit- Mitglieder, die die Kinder nicht in die öffentliche Schule senden dürfen und keinen Beruf ausüben. Durch die strikte Einteilung entstand ein enormer Druck auf die Heime und Mitglieder.

2007 fällt erneut Ungemach auf die Family. Drei Schwestern schreiben gemeinsam ein Buch als ehemalige Second Generation Mitglieder. Schonungslos offenbart jede der drei Schwestern (die nicht miteinander aufgewachsen sind) ihre schmerzlichen Erinnerungen an eine verlorene Kindheit und Jugend, ihre Befreiung aus den Fängen der Sekte, ihren mutigen Weg in ein selbst bestimmtes Leben.

Im Buch schreibt die Tochter Celeste, wie sie einen Tag vor Rickys Tod noch mit ihm sprach. Sie lebte eine Weile als Sekretärin im World Service, und lernte Ricky dort kennen. Sie tauschten Erinnerungen aus, er erzählte immer wieder von seinen Erlebnissen im Hause Mo, von seiner Schwester Techi, seiner Cousine Merry. Seine Stimme war wütend, er weinte, er glaubte nicht, dass die amerikanischen Gerichte ihnen helfen werden, er hatte keine Kraft mehr und sagte: Ich kann nur noch Schluss machen.

Dieses Buch, das von den Medien kommentiert wurde, das TV-Talk-Shows auslöste, brachte die Family einmal mehr in Schwierigkeiten. Prompt schrieb der Vater der jungen Frauen eine öffentliche Stellungnahme: Es sei alles anders und viele Mitglieder bestätigten dies.

Im August 2009 äussert sich Peter Amsterdam erneut öffentlich zur Situation der Familiy, dieses Mal in Anwesenheit von Maria. Es gibt offenbar immer weniger Vollzeit-Mitglieder. Eine Reorganisation ist deshalb notwendig. Um neue Mitglieder zu erhalten, muss die Anwerbung modernisiert und professionalisiert werden. Die finanzielle Basis muss verbessert werden, damit mehr Zeit für die Evangelisation zur Verfügung steht. Die Wiederkunft Jesu sieht Peer Amsterdam nicht vor 30–50 Jahren kommen. Es sei für die Familie besser, eine Langzeit-Visionen zu haben, damit das Werk der Evangelisation expandieren könne.

Dies ist ein Wendepunkt in der Geschichte der Family und hat Folgen, die berücksichtigt werden müssen:

  • 
Ruhestand und Krankheiten müssen geregelt werden.
  • 
In Zukunft wird die Heimschulung nicht mehr vorgeschrieben. Der Besuch der öffentlichen Schulen wird erlaubt, auch höhere Schulbildung.
  • Die 2. und 3. Generations-Mitglieder, sowie die Neumitglieder, müssen mehr Verantwortung für die Organisation übernehmen, inkl. Management und Leitung. (upper-level management und leadership). Die Kategorisierung der Mitlieder wird aufgehoben. Es werden Kernwerte festgelegt, die sich nie ändern und die klar von allen Mitgliedern verstanden werden. Wie diese Kernwerte umgesetzt werden, wird weniger durch Regeln festgelegt werden, sondern jedem einzelnen in Selbstverantwortung überlassen. Dies verspricht mehr Erfolg und Erfüllung in der Mission. Peter Amsterdam erklärt wörtlich:
    «Wir wollen eine moderne Bewegung sein, die der heutigen Zeit angepasst ist. Wir riskieren Kompromisse einzugehen, wichtige Qualitäten unserer religiösen Bewegung zu verlieren, oder sogar unterzugehen. Maria und ich haben über die Risiken dieser umwälzenden Änderungen diskutiert. Auch mit den Leitern haben wir sie besprochen. Wir kennen diese Risiken.»
    Und Maria fügt bei: «Ich habe einen Prozess durchgemacht, der mir ermöglicht, einen Wechsel vorzunehmen. Durch einen schwierigen Weg haben wir durch Gespräche, Gebete usw. Gottes Willen für Veränderungen festgestellt. Dies macht es mir leichter, auch mein Leben zu ändern. Wie Peter sagte, wir sind bereit, alles über die Family auf den Tisch zu legen, damit es überprüft wird. Wir stellen alles zur Diskussion, zur Änderung oder zur Elimination, wenn nötig. Wir schauen alles an und fragen ‹Muss dies verändert werden, oder sogar entfernt, damit wir effizienter missionieren können›? Wenn wir müssen, werden wir nicht stoppen, auch wenn es eine komplette Veränderung bedeutet.»

Dies tönt revolutionär. Ich meine, dies könnte der Anfang vom Ende sein. Ich wiederhole deshalb meine anfangs gestellte Frage: Führen Ungeheuerlichkeiten, Pannen und Schicksalsschläge die Familie nach über 40 Jahren zur Befreiung?

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