Die fünf ‚Tibeter‘ – Kommt der Inhalt des beliebten Büchleins wirklich aus Tibet?

Unweit von Zürich trifft man in einem Wald auf Europas grösstes Tibet-Zentrum mit angegliedertem Lama-Kloster. Geshe Khedup ist Tibeter ohne Anführungsstriche, Kenner und Deuter der Schriften, eine Art Doktor der Theologie. Der Geshe liegt gerade mit einem Walkman auf dem Bett und hört die Weissagungen seines Lehrers, als er hereinbittet. Er trägt eine rostrote Tunika, Birkenstöcke und Wollstrümpfe, hat ziemlich schütteres graues Haar, eine dicke Hornbrille und ein sehr freundliches, um nicht zu sagen: jugendliches Lachen.

Noch nie in den 68 Jahren seines Lebens hat Geshe Khedup von «Den Fünf ‚Tibetern’» gehört oder gelesen. Er betrachtet die Farbfotos mit den Turnübungen sichtlich vergnügt. «Wissen Sie, wir turnen nicht. Wir arbeiten und meditieren. Für das Turnen hätten wir keine Zeit. Ich habe solche Übungen bei uns noch nie gesehen. Vielleicht sind sie aus Indien.» Es stimme zwar, dass die tibetischen Mönche sich mit fünf grossen Themen beschäftigen, aber die nennen sie nicht Riten.

Auch sämtliche übrigen Fragen verneint der Geshe heiter und kurz: keine Vegetarier und Trennkostler («Wir essen alles»), kein Wunderglaube («Wunder hat nur Buddha gemacht, seither gibt es keine mehr»), keine Lebensenergie «Prana» und wie die pseudotibetischen Fachausdrücke alle heissen («Was ist das? Das ist nicht Tibetisch»), schon gar kein Streben nach ewiger Jugend («Daran liegt uns nichts, das ist eher ein westlicher Wunsch. Wir glauben an die Wiedergeburt»). Und kichernd macht der Geshe uns Schwarztee mit viel Zucker und Sahne.

Sagte doch schon Voltaire: «Der erste Prophet war der erste Schurke, der einem Dummkopf begegnete.»

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