Persönliche Erfahrungen mit Ivo Sasek

In meinem Lebenslauf findet sich folgender Eintrag

04.1987 – 03.1988 Berufliche Neuorientierung

Was war 1987 bei mir los? Ich war in einer tiefen psychischen Krise. Mein Arbeitgeber hatte mir aufgrund meiner Krankheit gekündigt. Ich war in psychiatrischer Behandlung, doch die Medikamente bewirkten bei mir nur das Gegenteil. Als ich völlig am Ende war, wurde ich zur Probe in die Therapiestätte „Obadja“ von Ivo Sasek in Walzenhausen gebracht.

Zu Beginn redete ich den ganzen Tag zusammenhangslos und wild durcheinander. Dies wirkte sich offenbar so negativ auf das ganze Haus aus, dass Ivo Sasek mit mir in einen düsteren Kellerraum ging und auf mich einredete. Er wisse genau, was ich habe, ich würde in der Hölle landen. Ivo sagte auch, dass ich das Haus wieder verlassen müsse. So organisierten wir meinen Vater, der mit dem Zug von meinem ca. 200 km entfernten Heimatort nach Walzenhausen fuhr, um mich abzuholen. Die Aussage Ivos schockierte mich so, dass ich plötzlich sehr ruhig wurde! Darauf sagte mir Ivo, dass ich nun doch im Hause Obadja bleiben dürfe. Da aber mein Vater schon fast auf dem Weg war, entschloss ich mich wieder nach Hause zurück zu kehren. Da ich grosse Angst vor der psychiatrischen Klinik hatte, beschwor ich auf dem Heimweg meinen Vater, mich nicht dorthin zu bringen. Er versprach mir, meinem Wunsch Folge zu leisten. Nachdem wir in zuhause angekommen waren, pflanzten wir zusammen einen Apfelbaum. Es war für mich ein Zeichen der Hoffnung und des Lichts nach einer dunklen Wegstrecke. Wir richteten im alten Bauerhaus ein Zimmer für mich ein. Die Medis hatte ich schon im Haus Obadja von einem Moment auf den andern abgesetzt. Nach drei Wochen im alten Haus fühlte ich mich wieder gesund. Nun war die Frage, wie weiter? Die Chance, mich nach dieser Zeit wieder im Arbeitsmarkt zu integrieren, war nach dieser Zeit gleich null. Also entschloss ich mich trotz allem, die Therapie im Haus Obadja aufzunehmen. Wenn mir Ivo schon sagte, dass ich in die Hölle komme, weiss er ja vielleicht auch einen Weg, wie ich nicht dorthin komme, dachte ich. Später fragte ich Ivo mal über diese Gespräch aus und ich musste leider feststellen, dass er seine damalige Aussage nicht zurücknahm, sondern sie eher noch bestätigte.

Die erste Zeit im Obadja war für mich sehr hart. Sowohl psychisch Kranke, wie Drogenabhängige wurden gleich behandelt. Am Anfang durfte ich das Haus nicht alleine verlassen. Nach einer gewissen Zeit durfte ich alleine einen Spaziergang zu einem nahegelegenen Weier machen. Und so weiter. Ich half bei den Umbauarbeiten mit. Erledigte Reinigungsarbeiten, putzte die WCs und leerte in den Zimmern die Papierkörbe. Persönliche Sachen wie Zeitschriften etc. mussten wir am Anfang abgeben. Nur die Bibel durften wir behalten. Alles wurde kontrolliert. Wir mussten Tagebuch schreiben und es Ivo abgeben, und er schrieb seine Kommentare hinein. Ich gab unter anderem Foto-Fachzeitschriften ab. Ich verbrannte jeweils im Hang unter dem Haus Papier. Dabei genoss ich die wunderschöne Aussicht auf den Bodensee und fühlte mich frei. Eines Tages waren auch meine Foto-Magazine dabei. Ich hatte sie Ivo zu Aufbewahrung anvertraut und er schmiss sie einfach weg! So musste ich meine eigenen geliebten Foto-Zeitschriften verbrennen.

Bei all den Therapie-Gesprächen mit dem Team hatte ich immer ein Blackout. Mir war überhaupt nicht klar, was die von mir wollten! Dafür hatte ich eine ganz persönliche Gotteserfahrung: Ich hatte ja im Sinn, die Bibelschule zu machen und wie mein Bruder Missionar oder Prediger zu werden. Diese Pläne musste ich nun beerdigen. Doch Gott sagte mir ganz persönlich, dass er mich liebte und ich ihm wichtig war. Ganz egal ob ich mein ganzes Leben hier im Obadja verbringen würde. Jeden Tag WC putzte und Papierkörbe leerte oder eine christliche Karriere machte, von Gott war ich genau gleich geliebt und als wertvoll betrachtet.

Im Herbst mussten wir Ziele fürs neue Jahr aufschreiben. Ich schrieb unter anderem, dass ich die Therapie beenden möchte. Mein Zimmerkollege, welcher schon 5 Jahre im Haus war und ich tauschten uns darüber aus. Er sagte, mir dass er nach 2 Jahren auch dieses Ziel aufschrieb und er dann einsehen musste, dass es noch viel zu früh war. So dachte ich, dass es bei mir auch noch viele Jahre dauern würde, bis ich so wiederhergestellt sein würde, um das Haus wieder zu verlassen.

Ich bekam ein Aufgebot für einen dreiwöchigen Militär-Wiederholungskurs (WK) im November. Sofort dachte ich, dass ich den absagen müsse, da ich ja momentan krank sei. Zu meinem grossen Erstaunen, sagte Ivo, dass ich für 3 Wochen die Therapie unterbrechen und den WK absolvieren dürfe. In der Radfahrer-Kompanie erlebten wir den härtesten WK aller Zeiten. Wir machten eine 14-tägige Überlebensübung (inkl. Wache am Wochenende) in den Schweizer Bergen auf 2‘500 Meter Höhe. Wir waren sehr starken physischen und psychischen Belastungen ausgesetzt. Zum Teil übernachteten wir im Schnee und hatten Non-Stop körperlich anspruchsvolle Gebirgsübungen mit keinem oder nur ganz wenig Schlaf. Diejenigen, die schon viele WK’s gemacht hatten, behaupteten, noch nie so etwas erlebt zu haben und auch ich erlebte seither nie mehr einen so harten WK. So musste ich mir sagen, wenn ich so etwas überlebe, müsse ich doch wohl gesund sein.

Im neuen Jahr sagte mir Ivo eines Tages, dass sie auf der nahegelegenen Bibelschule einen Buchhaltungs-Mitarbeiter suchen würden. Ich konnte mich dort vorstellen und im März nach 10-Monaten Therapie das Haus Obadja verlassen. Ich wohnte in der Männer-WG Hofstatt und begann meine 6 ½ jährige Tätigkeit an der Bibelschule Walzenhausen, wo ich mich persönlich und fachlich sehr stark weiterentwickelte.

Ich betrachtete das Haus Obadja weiterhin als meine Gemeinde und besuchte die Gottesdienste und andere Anlässe. Den Sonntag verbrachte ich oft dort. Anfangs machten wir am Sonntagnachmittag noch Spaziergänge. Da die Predigten Ivos aber immer extremer wurden, zog sich je länger je mehr jeder in sein Zimmer zurück um in sich hinein zu schauen und sich zu fragen, wo es in seinem Leben wohl noch Sünde gebe. So verbrachte ich die Sonntagnachmittage lieber mit den Bibelschülern für einen Spaziergang oder eine Velotour.

Als die Briefe und die Predigten Ivos immer extremer wurden und er in einem Rundbrief behauptete, dass die Mehrheit derer, die behaupten wiedergeboren zu sein, als törichte Jungfrauen zurückbleiben würden, bezichtigte ich ihn in einem Brief als „Irrlehrer“. Darauf bezeichnete er mich als Abgefallen. Das ganze Haus Obadja durfte mich auf der Strasse nicht mehr grüssen und überhaupt keinen Kontakt mehr mit mir haben.

Die 2 folgenden Jahre zweifelte ich oft und fragte mich, ob Ivo nicht doch Recht hätte. Nach dieser Zeit gab eine Frau, die auf der Bibelschule arbeitete, aber die Gottesdienste im Obadja besuchte und auch in einer WG des Obadjas lebte den Austritt. Ihre Geschichte und weitere negative Erfahrungen mit Ivo und Obadja, die wir in schriftlicher Form erhielten, gaben mir schliesslich die Gewissheit, richtig entschieden zu haben und es kehrte auch Ruhe über diesem Kapitel meines Lebens ein.

Wenn ich heute auf dem Internet über Ivo Sasek recherchiere, fällt mir einiges auf. Ein Video zeigt ein Bild von Therapieteilnehmer auf dem ich auch abgebildet bin. Es wird gesagt, dass die Teilnehmer alle im Haus Obadja geheilt und wiederhergestellt worden seien und nun einen wichtigen Platz in der Gesellschaft einnehme würde. Bei diesen Lügen läuft es mir kalt den Rücken herunter! Ich weiss von keinem auf diesem Bild, der im Sinne Ivo Saseks wiederhergestellt worden wäre. Einige gingen wieder zurück in die Drogen, andere sagten dem Glauben an Gott ab. Etliche brauchten eine neue Therapie oder viel Seelsorge oder Psychotherpie um ihre Erlebnisse im Obadia und mit Ivo zu verarbeiten. Nach Beendigung meiner Therapie wurde ich als Muster-Therapieteilnehmer bezeichnet. Tatsächlich wurde ich wiederhergestellt, aber nicht wegen Obadja und den misslungenen Therapie-Gesprächen, sondern wegen meiner geschilderten persönlichen Gotteserfahrung und meiner Gottesbeziehung, die mir heute immer noch grosse Kraft gibt. Als ich mich nicht mehr Ivo unterordnen wollte, war es auch vorbei mit der Muster-Therapie-Teilnehmer-Karriere.

Unter dem Namen „Gebrannte Kinder. Erfahrungen mit Obadia, OCG, AZK Etc…“ existiert neu eine Facebook-Gruppe für Menschen, welche von den von Ivo Sasek begründeten Gemeinschaften Obadja, Organische Christus-Generation OCG, Anti-Zensur-Koalition AZK und anderen betroffen sind. Zum Schutz der Privatsphäre der Beteiligten handelt es sich um eine geschlossene Gruppe, zu welcher eine Anmeldung bei der Administration erforderlich ist.

Die Facebook-Gruppe findet sich unter folgendem Link:

https://www.facebook.com/groups/GKinder

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