Rosenkreuzer Gemeinschaften

Unter dem Begriff Rosenkreuzer werden zum einen protestantische Reformbewegungen im 17. Jahrhundert und zum anderen neue Gruppierungen ab dem 19. Jahrhundert zusammengefasst.

Das Rosenkreuzertum (auch Societas Roseae Crucis, Rosar Crucis oder Rosaceae Crucis) basiert auf den Schriften des 1586 in Herrenberg geborenen evangelischen Theologen Johann Valentin Andrae, welcher diese einem Christian Rosenkreutz aus dem 14. Jahrhundert zuschreibt. Diese zentrale Figur der Geschichte soll einen Reisenden und Alchemisten beschreiben, welcher sich im 15. und 16. Jahrhundert in Europa auf die Suche nach spiritueller Erleuchtung machte. 1614 wurde die anonyme Schrift «Fama fraternitatis» (»Ruhm der Bruderschaft«) veröffentlicht, es folgte 1615 die «Confessio fraternitatis» (»Bekenntnis der Bruderschaft«) und 1616 die «Chymische Hochzeit Christiani Rosencreutz». In der Wissenschaft werden heute alle Schriften Andreae zugeschrieben. Diese Schriften, auch Manifeste genannt, welche kurz vor dem Dreissigjährigen Krieg erschienen, beschreiben die Läuterung des Menschen in einer alchemistischen Sprache und beschreiben die Existenz einer geheimen Bruderschaft.

Fama Fraternitatis oder auch “der Ruf der Bruderschaft», wurde 1614 in Kassel veröffentlicht. Die Schrift beschreibt die Geschichte der Figur Christian Rosenkreuz, seine Niederkunft in armen Verhältnissen, seine Kindheit in einem Kloster, seine Reisen nach Arabien und Afrika wo er scheinbar in uralte Mysterien eingeweiht wurde und die daraus erfolgenden Vorschläge zu einer Gründung einer Gelehrtenrepublik, sowie seine Suche nach Wissen und spiritueller Erkenntnis. In der Fama Fraternitatis wird die Idee einer geheimen Bruderschaft verbreitet, welche über alchemistisches und mystisches Wissen verfügt. Weiter wird darin die Reform von Wissenschaft, Religion, Kultur und Gesellschaft gefordert.

Confessio Fraternitatis oder auch das Bekenntis der Bruderschaft wurde 1615 veröffentlicht und erweitert die Ideen des Fama Fraternitatis, indem es die spirituellen Lehren und Ziele der Rosenkreuzer beschreibt und die Wichtigkeit der inneren Transformation betont. Die Confessio richtet sich nicht zuletzt durch die lateinische Sprache an ein gebildetes Publikum dieser Zeit. Die Confessio ist stark protestantisch beeinflusst und kann auch als Satire gelesen werden. In dieser Schrift werden zum ersten Mal die Lebensdaten des angeblichen Verfassers Christian Rosenkreutz genannt (1378-1484).

Die 1616 in Strassburg erschienene Schrift «die Chymische Hochzeit» soll von einem Initiationsritus berichten, den Christian Rosenkreutz selbst erlebt haben soll. In der Erzählung soll Rosenkreutz zu einer geheimnisvollen, königlichen Hochzeit eingeladen worden sein, bei der Prüfungen und spirituelle Transformationen vorgenommen worden seien (Enthauptung des Brautpaars und deren Wiederbelebung). «Die Chymische Hochzeit» ist eine der bekanntesten Erzählungen innerhalb der Bewegung und gilt als wichtigste Inspirationsquelle für die Rosenkreuzer-Tradition und esoterische Kreise. Insgesamt verdeutlicht sie symbolisch den spirituellen Aufstieg.

Historisch hat es diese mysteriösen Bruderschaften der Rosenkreuzer nie gegeben, sie waren vielmehr eine literarische Fiktion, auf die sich spätere Gruppierungen berufen. Die sogenannten Rosenkreuzer verbinden alte christliche Traditionen mit alchemistischen Theorien und treffen damit den Nerv der Zeit und einer Gesellschaft, in der das Christentum gespalten ist. Die Entstehung und Veröffentlichung der Schriften sind in einer Epoche zu verorten, die von religiösen Themen und Problemen geprägt war und in der Öffentlichkeit stark debattiert wurde. Der Hexenwahn fand seinen Höhepunkt, das heliozentrische Weltbild wurde von der römischen Kirche als ketzerisch erklärt und Weltuntergangsprophetie stand in der Blütezeit. Die Rosenkreuzer wollten dabei eine Synthese aus Glauben und Erkenntnis generieren. Zur Zeit der Manifeste sind historisch nur Einzelpersonen fassbar, während jegliche Anhaltspunkte für das Bestehen solcher Rosenkreuzer-Gemeinschaften fehlen, auch wenn von den Zeitgenossen angenommen wurde, dass sie existierten. Die Verfasser dieser Schriften und ihr Umfeld werden häufig als «ältere Rosenkreuzer» bezeichnet, in Abgrenzung zu den nachfolgenden Gruppierungen, welche teilweise als «Spätrosenkreuzer» bezeichnet werden.

Ausgehend von den Manifesten begannen sich ab der Mitte des 18. Jahrhunderts historisch fassbare Gruppen zu bilden, welche den Grundsätzen dieser Werke folgten und oft hierarchisch organisiert waren. Sie entwickelten sich zu öffentlichen alchemistischen, spirituellen und magisch-astrologischen Gemeinschaften. So wurde 1757 der «Orden der Gold- und Rosenkreuzer» in Frankfurt gegründet, der seinen Hauptsitz unter Kaiser Josef II in Wien fand. Im 19. Jahrhundert änderte sich die Tradition der Rosenkreuzer mit dem Aufkommen des Okkultismus und der modernen Esoterik. Insbesondere im 20. Jahrhundert erlebt das Rosenkreuzertum einen Höhepunkt, als sich bekannte Namen wie Rudolf Steiner oder Franz Hartmann mit der Philosophie der Bewegung auseinanderzusetzen beginnen. Hartmann gehört später der «Societas Rosicruciana in Anglia» an, die 1865 gegründet wird. Der Orden nimmt dabei nur Freimaurer auf und fusioniert Ende 1890 mit der Gesellschaft Golden Dawn, welche später im esoterischen Orden der Rosenkreuzer mündet. Weiter folgt 1909 die Gründung von „The Rosicrucian Fellowship“ in Oceanside und 1935 der „Lectorium Rosicrucianum“ in Haarlem.

Als Grundlage der Rosenkreuzer-Lehre kann eine Mischung aus Christentum (württembergisch-evangelisch), Magie, Alchemie, Kabbala, Astrologie und vielen verschiedenen religiösen Traditionen gesehen werden. Auch auf die Philosophie und Mathematik wird grossen Wert gelegt. In den zentralen Schriften der Rosenkreuzer-Tradition wird eine Bruderschaft von Gelehrten erwähnt, welche die Reformation weiterführen und eine Gelehrtenrepublik mit den Idealen der Aufklärung gründen will. In der Frühzeit war die christliche Mystik wichtig für die Rosenkreuzer, während im 19. Jahrhundert mit dem Einfluss der Theosophie esoterische Inhalte zentraler wurden. Mit der Zeit entwickelten sich verschiedene Gruppierungen innerhalb der Rosenkreuzer, die auch eigene Ideen vertraten.

Allegorien und Symbole spielen eine wichtige Rolle in den Schriften Andreaes. Das Rosenkreuz, bestehend aus einem goldenen Kreuz mit einer roten Rose in der Mitte, gilt als zentrales Symbol bei den Rosenkreuzern und soll das göttliche Licht und die Vereinigung von Geist und Materie symbolisieren. Die Zahl Sieben, welche in den Schriften immer wieder auftaucht, steht für die sieben alchemistische Stufen der Transformation, die ein Individuum auf dem spirituellen Weg durchläuft (Reinigung des Bewusstseins, Lösen von Begrenzungen, Vereinigung von Gegensätzen, Verehrung des Göttlichen, Auferstehung zu einem neuen Bewusstsein, Erleuchtung und die Vereinigung mit dem Göttlichen). In den Rosenkreuzer-Legenden spielt auch die Suchen nach dem Stein der Weisen eine zentrale Rolle. Dieses mystische Objekt (auch 5. Materie oder Quintessenz genannt) soll spirituelle Erleuchtung und Unsterblichkeit verleihen und symbolisiert damit auch die innere Transformation des Menschen, die die Rosenkreuzer anstreben.

Über die rituelle Praxis der Rosenkreuzer weiss man nur wenig. Bei den Gold- und Rosenkreuzer sind rites des passage, Initiationsriten, bekannt. Heute gibt es durch die Entstehung verschiedener Gruppierungen auch unterschiedliche Riten. Einige davon wurden aus anderen religiösen Traditionen, beispielsweise aus dem Buddhismus und Hinduismus, übernommen. Diese Riten werden meist mit esoterischen und magischen Symbolen verbunden und damit in einen neuen Kontext gesetzt. Zentral bei den Rosenkreuzern sind die Initiationsriten, welche ein Mitglied für den Aufstieg in einen höheren Grad durchlaufen muss.

Von 1700 bis 1900 gab es bei den rosenkreuzerischen Gemeinschaften eine strenge Hierarchie, welche eine Einteilung in verschiedene Grade vornahm, deren Anzahl und Aufgaben variieren. Die Hierarchie ist bei zeitgenössischen Gemeinschaften nicht mehr zentral.

Als «Neue Rosenkreuzer» werden insbesondere Gruppen bezeichnet, welche ab der Mitte des 19. Jahrhunderts auftraten. Heutige Rosenkreuzer-Gemeinschaften zählen Rosenkreutz und Andreae zu ihren Vorläufern, sind aber aus der theosophischen Tradition herausgewachsen und lehrmässig als theosophische Gemeinschaften anzusprechen. Im Rahmen der Theosophie meint die Selbstbezeichnung als Rosenkreuzer eine Betonung des sog. «westlichen Weges», d.h. der westlichen Esoterik, im Gegensatz zur hohen Bedeutung hinduistischer Lehrelemente innerhalb der Theosophischen Gesellschaften. Allerdings sind die Differenzen zunächst vor allem eine Frage der Terminologie: es geht darum, ob theosophische Lehrelemente mit Sanskrit-Begriffen oder mit westlichem Vokabular bezeichnet werden. (Verzicht auf indische Begrifflichkeit findet sich auch bei anderen theosophischen Gemeinschaften, so etwa der Anthroposophie.) Weiter geht das Lectorium Rosicrucianum, das sich vom theosophischen mehrstufigen Entwicklungsmodell ein Stück weit verabschiedet und – auf die Tradition der Gnosis und der Katharer zurückgreifend – bloss zwei Stufen betont.

In seiner Dissertation zu den «Neuen Rosenkreuzern» unterteilt der Theologe und Beauftragte für Weltanschauungs- und Sektenfragen Harald Lamprecht die Rosenkreuzer in ein initiatorisches Rosenkreuzertum (z.B. AMORC), ein theosophisches (z.B. Rosicrucian Fellowship) und ein gnostisches Rosenkreuzertum (z.B. Lectorium Rosicrucianum).

Da der Begriffswahl «theosophisch» oder «rosenkreuzerisch» insgesamt etwas Zufälliges innewohnt, wären die Rosenkreuzer-Gemeinschaften im Folgenden korrekterweise an ihrem entwicklungsgeschichtlichen Ort innerhalb der theosophischen Bewegung zu diskutieren. Ausser ihrem Namen teilen die Rosenkreuzer gegenüber dem Rest der theosophischen Bewegung keinerlei Gemeinsamkeit. Allerdings stellen sich die Angehörigen der verschiedenen Rosenkreuzer-Gemeinschaften gegenüber Aussenstehenden alle gleichermassen als «Rosenkreuzer» vor. Die sachlich ansonsten kaum gerechtfertigte gesonderte Behandlung der Rosenkreuzer soll hier die Zuordnung erleichtern.

Die Sonnentempler können als Abspaltung der Rosenkreuzer, genauer die AMORC gesehen werden, da der Gründer Joseph (genannt Jo) Di Mambro selbst mehrjähriges Mitglied des AMORC war, bevor er den Tempelorden neu gründete. https://www.relinfo.ch/lexikon/themen/archiv/sonnentempler/die-sonnentempler/

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