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  Das Buch Mormon über Jesus Christus
aus: Informationsblatt Nr. 1/1990
Das Buch Mormon gehört zu den heiligen Büchern der Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage (Mormonen). Es umfasst über 500 Seiten und enthält wie die Bibel eine Reihe von Büchern (Erstes bis viertes Buch Nephi, Buch Alma usw.). Die wunderliche Entstehungsgeschichte des Buches Mormon, wie sie die Mormonen erzählen, beginnt im Jahre 1823 mit der Erscheinung eines göttlichen Boten mit Namen Moroni im Zimmer des AmerikanersJoseph Smith (1805-1844). Der Engel erzählte dem erstaunten jungen Mann von beschriebenen goldenen Platten, die am Hügel Cumorah bei New York vergraben seien. Vier Jahre später konnte Joseph Smith mit der Übersetzung beginnen und 1830 veröffentlichte er das Ergebnis als "Buch Mormon". Die Platten hatte er aber zu diesem Zeitpunkt, ohne dass jemand anders Einblicke bekommen hätte, bereits wieder zurückgegeben.

Bis heute konnten keine Einwände Aussenstehender den Glauben der Mormonen an diese recht seltsame Entstehungsgeschichte des Buches Mormon erschüttern. Geschichtsforscher machten darauf aufmerksam, dass die amerikanische Urgeschichte anders verlief, als sie im Buch Mormon dargestellt wird. Verschiedene Aussagen lassen zudem erkennen, dass dieses so alt doch nicht sein kann. Kritiker brachten gewisse Teile des Buches Mormon mit einem Roman-Manuskript von Solomon Spaulding in Verbindung. Vor ein paar Jahren sind sogar drei junge damals noch mormonische Graphologen aufgrund eingehender Textvergleiche zum Schluss gekommen, dass eine Reihe von Seiten nicht irgendwelchen goldenen Blättern, sondern dem Manuskript Spauldings entstammen (s. "Informationsblatt" Nov. 1977). Die Mormonenkirche hält jedoch an der ursprünglichen Entstehungsversion und an ihrer Wertung des Buches Mormon als Offenbarungsquelle fest.

Die Mormonen nennen die Bibel und das Buch Mormon im gleichen Atemzug. Lehren beide das gleiche? "Der Stern", das Monatsblatt der Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage, legte vom August bis zum Oktober 1989 in drei Folgen dar, "was wir über Jesus Christus nicht wüssten, wenn wir das Buch Mormon nicht hätten". Im ganzen werden 25 Punkte angeführt. Beginnt man zu lesen, so meint man zunächst Aussagen einer umfassenden Gnadenlehre vor sich zu haben. Es heisst: "Christi Tod am Kreuz brachte die Auferstehung für alle Menschen zustande, und zwar unabhängig von ihrem Glauben und ihrem Verhalten." Es handelt sich jedoch nur um eine Auferstehung, damit alle am grossen Tag des Gerichts vor dem Herrn stehen können. Zudem zeigt es sich bald, dass Jesu Tod gemäss dem Buch Mormon eigentlich nur den Rahmen geschaffen hat, innerhalb dessen sich der Mensch selber zum Guten und Schlechten entscheiden kann. Oder gemäss dem Buch Mormon: "Der Sündenfall brachte Gegensätze mit sich und damit die Möglichkeit, Entscheidungen zu treffen; das Sühnopfer des Erretters ermöglicht es uns, Entscheidungen zu treffen, die zum ewigen Leben führen."

Die mörmonischen Aussagen zum Tod und zur Auferstehung Jesu Christi erfassen den Reichtum der göttlichen Gnade nicht. Die Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage urteilt allerdings anders. Sie redet "vom unvollständigen Bericht in der Bibel". Und G. W. Scharffs, der Verfasser der erwähnten Artikelfolge, fügt hinzu: "Ich bin überzeugt, dass das Buch Mormon nicht nur von Christus Zeugnis gibt, sondern auch viele dieser klaren Lehren über ihn wiederherstellt, die verloren gegangen sind; Es bestätigt nicht nur die Lehren, die wir in der Bibel finden, sondern ergänzt sie auch."

Was an "Ergänzungen" angeführt wird, hätte bei den Verfassern der biblischen Bücher wahrscheinlich einiges Kopfschütteln hervorgerufen. So heisst es im Buch Mormon von Jesus Christus, er hätte Priester ordiniert, um das Volk zu belehren und um die Kirche mit Vollmacht zu regieren; er sei ferner die Quelle fortdauernder Offenbarung - "er ist es immer gewesen und wird es immer sein"; er werde in unserer Zeit seine Kirche wiederherstellen und er habe verkündet, die Kirche müsse seinen Namen tragen. Zu den Ergänzungen gehören auch Berichte vom Erscheinen des auferstandenen Herrn in Amerika und die Zeugnisse von drei "biblischen Propheten", die in der Bibel fehlen.

Ist die Bibel ergänzungsbedürftig? Wird durch das Buch Mormon "verlorene Wahrheit wiederhergestellt"? Der Vergleich der beiden Bücher zeigt, dass im Buch Mormon unter gleichzeitiger Umdeutung biblischer Aussagen neue, d. h. dem neutestamentlichen Evangelium von Jesus Christus nicht entsprechende Lehren verbreitet werden. Es sind Lehren, die bis heute der Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage in stärkerem Masse das Gepräge geben als die biblischen Aussagen. Die Bibel wird gelesen und zitiert, aber das Buch Mormon ist ihr übergeordnet.

Oswald Eggenberger, 1990
Letzte Aenderung 1990, © oe 1990, Infostelle 2000
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