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  Mun Mun-Bewegung, ehemals: Vereinigungskirche
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  Interview mit einem ehemaligen Mitglied der Vereinigungskirche
Xenia (Name geändert) war bereit, uns ein Interview zu geben. Sie ist eine ehemalige Munie und ist vor einigen Jahren ausgestiegen. Heute spricht sie ganz locker und ungezwungen darüber.
Interviewerinnen: Wie und wo sind Sie in die Sekte hineingeraten?
Xenia: Ich stand kurz vor meinem Examen und wollte für drei Monate in die USA reisen, um die Sprache ein bisschen zu lernen.

Eigentlich hatten Xenia und ihre Freundin vor, einen gemeinsamen Sprachaufenthalt in den USA zu verbringen. Doch als ihre Freundin sie am Flughafen versetzte, stand sie enttäuscht da und irrte in der unbekannten Gegend herum. An diesem Abend begegnete sie zum ersten Mal den Munies.

Wie kamen Sie mit den Munies ins Gespräch?
Sie kamen ganz freundlich und aufgestellt auf mich zu. Sie erzählten, dass die Welt nicht so toll sei, und dass man sie doch verbessern könnte. Sie führten ein eigenes, freies Projekt durch und luden zum Wochenende Leute ein. Nach all dem Sch..., den ich hinter mir hatte, war das für mich ein Aufsteller.

Nach dem 2- und dem 7-Tage-Kurs besuchte Xenia den 21-Tage-Kurs. In diesen 3 Wochen machten sie hauptsächlich "Fundraising", was soviel wie Geldsammeln heisst. Nach dem 21-Tage-Kurs, den sie in einer Berghütte mit vielen anderen Neueinsteigern verbrachte, liess sie sich auch für den 40-Tage-Kurs überreden, weil sie sich in dieser neuen "geistigen Welt" wohl fühlte. In dieser Zeit war sie bereits ein halber Munie. Als sie Zuhause anrief, um ihre Studienprüfungen zu verschieben, merkten die Eltern, dass sie nicht mehr "die Alte" war und versuchten Sie zu überreden, nach Hause zu kommen. Doch die Munies redeten ihr ein, dass die "Satansseite" sie wegholen will. (Satansseite = normale Welt).

Konnten Sie die Satanswelt von der Munie-Welt unterscheiden?
Alles was gegen unser Projekt sprach, war für mich aus der Satanswelt, die mich zurückholen wollte.
Hatten Sie trotzdem Kontakt mit Ihrem Familien- und Freundeskreis?
Ja, es war sogar Pflicht ihnen regelmässig zu schreiben, um ihnen einzureden, wie toll und schön es hier ist, damit sie mir folgen.
Wie reagierten ihre Eltern auf ihre Briefe?
Sie merkten, dass ich in eine Sekte geriet und holten sich Hilfe bei einer Sektenberatungsstelle. Sie schickten sogar meinen Bruder, der mich überzeugen sollte, was das hier für ein Quatsch sei. Ich war dann so enttäuscht, weil er mich nicht verstehen konnte. Er fand einfach nicht gut, was ich tat.
Wie sah nun ihr Alltag in der Gruppe aus?
Offizielles Aufstehen war um 6.00 Uhr, obwohl die meisten um 4.00 Uhr aufgestanden sind. Als erstes gingen wir beten, hinterher räumten wir auf und konnten dann frühstücken. Schnell wurde es 10.00 Uhr, und wir machten uns auf den Weg um unsere Sachen zu verkaufen. Meistens reichte es nicht mal für ein Mittagessen, so waren wir praktisch den ganzen Tag beim Fundraising. Gegen 22.00 Uhr assen wir zu Abend und gingen nochmals für eine Stunde auf die Strasse, um noch einige Dollars zu verdienen. Bevor wir uns schlafen legten, dies war meistens um 24.00 Uhr, mussten wir noch das Abendgebet durchführen. Weil die Tage sehr streng waren, nahm ich extrem ab. Ich war in einer schlechten körperlichen Verfassung.
Unterscheidet man bei der Mun-Sekte die Rollen von Mann und Frau?
Nein, aber es wird eine strikte Trennung der Geschlechter eingehalten. Beim Beten und Essen sassen wir im gleichen Raum, waren aber durch einen grossen Abstand getrennt, damit man nicht in Berührung kam. Das war das Prinzip von San Myung Mun.
Haben Sie Mun jemals selbst gesehen?
Ja, zweimal. Das erste Mal war bei einer Konferenz. Er hielt uns eine Rede über die Religion. Ich wusste, da vorne stand unser "Wahrer Vater", war aber nicht so begeistert wie meine Kollegin nebenan, die in Tränen ausbrach. Ich selber machte mir Vorwürfe, weil ich ihn nicht schätzen konnte, ich war noch nicht soweit. Ich musste noch vieles lernen. Beim zweiten Mal sah ich ihn bei einer Geburtstagsfeier, an der er teilnahm.
Mun segnet Ehepaare. Wurden auch Sie gesegnet?
Nein, ich habe es verpasst. Nach einiger Zeit war eine Segnung geplant, sie wurde aber aus einem nicht bekannten Grund verschoben. Bis zum neuen Segnungsdatum kam ich raus.
Wie konnten Sie aus der Sekte aussteigen?
Aus einem Grund (den wir nicht preisgeben können) musste ich zurück in meine Heimat. Da mir etwas dazwischen kam, konnte ich nicht wie geplant in die USA zurückkehren. In der Zwischenzeit besuchte ich meine Familie. Da mein Bruder ein neues Auto gekauft hatte, wollten wir mit seiner Freundin eine Rundfahrt machen. Angeblich hatte die Mutter seiner Freundin die Lesebrille vergessen, also wollten wir sie beim Nachhauseweg holen. Als ich vor der geöffneten Türe stand, sah ich eine Ex-Munie und einen Deprogrammierer. Da wusste ich, dass ich in eine Falle getappt war. Ich wurde eine Woche in einem leeren Zimmer festgehalten, bei dem die Fenster zugenagelt waren. Ich versuchte krank zu werden, damit sie mich ins Spital bringen mussten. Doch es gelang mir nicht. Deshalb versuchte ich vorzutäuschen, dass ich nichts mehr mit der Mun-Sekte zu tun haben möchte. Auch das schlug fehl. In den ersten Tagen konnte ich die Fragen nur mit ja und nein beantworten. Doch nach ein paar Tagen musste ich in ganzen Sätzen antworten, und das war schwieriger, weil ich dadurch gezwungen war, wieder so zu denken wie in der Aussenwelt, nicht wie bei den Munies. So gewöhnte ich mich dann langsam an die reale Welt. Unterdessen klagten die Munies meine Eltern wegen Kidnapping an. Eine Richterin kam ins Ferienhaus und wollte sich überzeugen, ob ich freiwillig oder unter Zwang im Ferienhaus sei. Ich anwortete, ich sei aus freiem Willen hier und merkte langsam, dass ich in die reale Welt zurückkehrte.
Das Interview mit Xenia wurde durchgeführt von Schülerinnen aus Zürich 1997
Letzte Aenderung 1997, © Infostelle 2000
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