Evangelische Informationsstelle: Kirchen - Sekten - Religionen 

Uriella - das Sprachrohr des Herrn/Orden Fiat Lux

aus: Informationsblatt Nr. 3, August 1989

 

In kostbare weisse Stoffe gekleidet, mit tadellosem Make-up, das Gesicht umrahmt von dichtem schwarzem Haar - so empfängt mit einem Lächeln um den Mund Frau Erika Bertschinger, das Sprachrohr des Herrn, ihre Besucher im Eigenheim in Egg ZH; so tritt die Sechzigjährige, wenn sie referiert, vor ihre Zuhörer. Sie hat im Erdgeschoss ihres Hauses in Egg ZH ihr Heiligtum eingerichtet, wo sie vor versammelter Anhängerschar in "Volltrance" gut akzentuiert ihre Botschaften ausspricht.

Frau E. Bertschinger oder Uriella (d.i. der "Von Jesus Christus empfangene Geistname") ist in Zürich in katholischem Elternhaus aufgewachsen. Sie beschloss, nach ihren eigenen Angaben, ihre Mittelschulbildung mit der Matura und besuchte eine Dolmetscherschule. Bereits in den 50er Jahren hatte sie in Amerika Kontakt mit einem Medium und Sprachrohr des Heilandes. Später beteiligte sie sich kürzere Zeit an den Zusammenkünften der Geistigen Loge Zürich. 1972 erlebte sie ihre erste "Begegnung mit Jesus Christus" und in der Nacht vom 24./25. Dezember 1975 erlangte sie ihren ersten Volltrance-Zustand. Seither steht sie, wie sie sagt, in geistiger Form in Kontakt mit Jesus Christus und hat bis Ende April dieses Jahres 426 Kundgaben empfangen und der Menschheit übermittelt. Sie nannte ihr Unternehmen zunächst "Lichtquell Bethanien"; denn in Bethanien (Palästina) hatte Maria Magdalena seinerzeit Jesus empfangen (Johannesevg. Kap. 11). Frau Bertschinger aber war seinerzeit, so sieht sie es in ihren Reinkarnationsvorstellungen, selber Maria Magdalena.

Am 12. Januar 1980 ist "durch Jesus Christus über Sein Sprachrohr Uriella in Seinem Heiligtum in Egg" als innerer Kreis des Lichtquells Bethanien der "Orden Fiat Lux" gegründet worden. Anfangs der 80er Jahre wurde in Strittmatt/Görwihl (südl. Schwarzwald) eine weitere Niederlassung eröffnet, die bis heute im Laufe kurzer Jahre auf 16 Häuser angewachsen ist und unter der z.T. beunruhigten Einwohnerschaft des kleinen Weilers nicht nur Zustimmung gefunden hat. In Strittmatt leben rund 70 "Fiat Lux-Träger" (Ordensmitglieder) in Wohngemeinschaft. 1986 begann die Arbeit in Kärnten. 1988 ist dort in Sittersdorf ein Zentrum eingeweiht worden. Ergänzt werden die Zentren seit 1981 durch ein Haus in Schwellbrunn, im Kanton Appenzell, wo die Gesetzgebung die Führung von Naturheilpraxen erlaubt (s. u.). Tatkräftige Unterstützung beim Ausbau ihres Werkes fand Frau Bertschinger in den 80er Jahren nicht nur beim Heiland, sondern auch bei ihrem letzten Ehegatten, Kurt Warter. Kurt Warter war katholischer Priester in Burladingen-Hausen (Süddeutschland). Sein Abgang vom Pfarramt war von einer Untersuchung wegen finanzieller Unregelmässigkeiten begleitet (endete mit einem Vergleich). Die Ehe dauerte rund 4 Jahre; im April 1988 starb K. Warter bei einem Unfall.

Wie stellt sich Uriella zu weiteren Neuoffenbarern und Neuoffenbarerinnen? Sie billigt z.B. Frau M. Lämmle in Sigriswil die "innere Stimme" und Frau G. Wittek (Universelles Leben) Halbtrance zu. Beide Zustände böten jedoch, so ergänzt Frau Bertschinger, keine Gewähr, dass sich nicht auch andere Geister meldeten. Sie aber erreiche dank ihrer gänzlichen Hingabe und ihrem reinen Wesen die Volltrance, in der ausschliesslich Jesus Christus und hie und da noch Maria zu Worte kämen. Volltrance wird als Zustand geschildert, in dem das Medium ohne eigenes Wissen, was es sagt, einfach als Werkzeug, als Kanal, die Worte des Herrn weitergibt. Da heisst es dann etwa: "Als Lebendes Kreuz stehe Ich (d.h. Jesus Christus, sprechend durch Frau Bertschinger) nun vor euch, um euch zu sagen, dass Mein ganzes All erfüllt ist von diesem Heiligen Symbol ... Ich warte auf euch, um euch zurückzuführen, in eine wahre Heimat. Sie ist aus Geist, so wie auch ihr von Mir aus Meinem Heiligen Odem und Meinem Herzensstrahl erschaffen worden seid". Erdenbürger haben sich von ihrer Urexistenz entfernt. Der Herr schenkt jedoch durch Uriella Vergebung, nur müssen die Menschen, was sie zerbrochen, im Laufe verschiedener Leben selbst flicken und reparieren. Von Jesus als der Emanation Gottes ist die Rede und ebenso vom Meer der Liebe, das ununterbrochen (auch durch Uriella) "Athrumsgischt" über die Menschen ausgiesst.

Wie Uriella selber so tragen auch die Ordensmitglieder weisse Kleider, weiss als Zeichen der Reinheit und als Farbe Gottes. Sie verpflichten sich beim Eintritt schriftlich zur Einhaltung der zahlreichen Ordensregeln. In der ersten Ordensregel wird "Beugung unter den göttlichen Willen" verlangt; der göttliche Wille kommt in erster Linie durch sein Sprachrohr zum Ausdruck (Gibt diese erste Regel vielleicht Frau Bertschinger weitgehende Verfügungsgewalt über ihre Anhängerinnen und Anhänger?) Es gilt weiter u.a.: "Heiligkeit und Vollkommenheit anzustreben"; "Mitgefühl, Mitleid, Barmherzigkeit, Nachsicht zu pflegen"; "Zufriedenheit, Genügsamkeit und Gleichmut zu bewahren"; "Enthaltsamkeit und Entsagung in allen Belangen zu üben"; "Giftfreie Ernährungs- und Lebensweise einzuhalten, d.h. völlige Rohkost ohne Fleisch, Alkohol, Kaffee, Schwarztee, Nikotin, konservierte Lebensmittel und Farbstoffe sowie Pharmazeutika". Verlangt wird auch "Verzicht auf weltliche Lektüre und Vergnügungen jeglicher Art, wie fernsehen, Radio hören". Die Ordensmitglieder haben weiter "tägliche Lichtsendungen durchzuführen" und "sich intensiv in die Geistesschulung zu vertiefen und nach ihr zu leben".

Seit anfangs 1971 ist Frau E. Bertschinger auch als Geist- und Naturheilerin tätig. Sie vertreibt vor allem von Schwellbrunn AR aus div. Naturheilmittel, wobei allerdings auch schon berechtigte Zweifel laut geworden sind, ob ihre Diagnosen immer richtig seien und ihre Heilmittel sachgemäss eingesetzt würden. Sie beruft sich auf die Spagyrik, d.i. im ursprünglichen Sinn eine alte, mit feinstofflichen Arzneigaben arbeitende Methode. Auf unüberhörbare Kritik stösst auch ihr Athrums-Wasser, d.i. Leitungswasser, das Uriella in der steril gemachten Badewanne "umgepolt" und mit dem himmlischen Athrums-Strahl aufgeladen hat und so als Heilwasser weitergibt. Laut "Tages-Anzeiger" vom 16. Februar 1989 liefen gegen Erika Bertschinger bereits in mehreren Kantonen Verfahren wegen illegaler Abgabe von Heilmitteln. Die "Ätherampullen" mit gewöhnlicher Kochsalzlösung, die als Heilmittel selbst gegen Aids, Multiple Sklerose u.a. angepriesen wurden, sollen jetzt aus dem Verkehr gezogen werden.

Zusammenfassend ist zu sagen: Frau Bertschinger gibt sich als Sprachrohr Jesu Christi. Ihre Lehren liegen aber weitab vom Evangelium, von der frohen Botschaft von Jesus Christus. Die Seriosität ihrer Heiltätigkeit wird von verschiedenen Seiten in Frage gestellt. Es gelingt ihr indessen immer wieder, Anhängerinnen und Anhänger als Ordensmitglieder um sich zu scharen und bei öffentlichen Auftritten Zuhörer anzuziehen.

 

Oswald Eggenberger 1989


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