Evangelische Informationsstelle: Kirchen - Sekten - Religionen 

Jenseitige Antworten auf drängende Fragen

Bericht über ein Live-Channeling an der «Lebenskraft 1999»

 

 

Zahlreiche Menschen warten gespannt, bis die Türen des Kammermusiksaals im Kongresshaus Zürich endlich aufgehen und gute Plätze besetzt werden können: Der eine oder die andere wird es an diesem Freitagabend im vollen Saal wagen, ein drückendes Problem vorzubringen &endash; in der Hoffnung auf eine entscheidende Wegweisung «von oben». Gleich drei Kanäle wollen sich zu diesem Zweck öffnen, es sind Ursula Perniss, Ines Sophia Tanner und Bruno Würtenberger. Sie stellen sich zunächst mit einigen Angaben über ihre Biographie und Tätigkeit, dann aber vor allem mit ihren medialen Fähigkeiten vor.

 

Frau Tanner erzählt, dass sie Psychologie und Religionswissenschaft studiert habe und seit ihrer Kindheit hellsichtig sei. Seit 1992 betreibt sie Channeling &endash; bis dahin hatte sie den Wunsch dazu verdrängt, weil er ihr unheimlich war. Sie stehe nun in Kontakt mit der «Grossen Weissen Bruderschaft», die ihre Botschaften teilweise verschlüsselt wiedergebe, da sie keine Entscheidungen abnehmen wolle. Für heute abend habe sich das Lichtwesen Astella angemeldet, um Fragen aus dem Publikum zu beantworten, wozu Frau Tanner den Namen der Fragenden erfahren muss. Mit Verstorbenen will sie keinen Kontakt aufnehmen.

 

Die aus Schwaben stammende Ursula Perniss ist seit 20 Jahren auf dem esoterischen Weg. Eine schwere Erkrankung und eine Nahtoderfahrung brachten sie von ihrer bisherigen Liebe zu Karriere und Geld ab und in intensiven Kontakt mit Engeln, besonders mit dem Erzengel Gabriel. Für Beratungen nimmt sie mit dem Schutzengel der fragenden Personen Kontakt auf.

 

Durch Bruno Würtenberger sprechen die «Freunde des Lichts». Während die weiblichen Medien persönliche Ratschläge vermitteln, sind die «Freunde des Lichts» vor allem an philosophischen und globalen Fragen interessiert. Bruno Würtenberger legt wert darauf, dass die Zuhörenden selbst kritisch entscheiden, ob sie die Wesenheit, die sich meldet, und ihre Botschaft für gut befinden und akzeptieren wollen oder nicht.

 

Nachdem sich die Medien vorgestellt haben, versetzen sich Herr Würtenberger und Frau Tanner innerhalb von fünf Minuten in eine leichte Trance, wobei ihr Bewusstsein nicht ganz ausgeschaltet wird. Die beiden sprechen dann mit geschlossenen Augen, er wippt in diesem Zustand ununterbrochen mit dem Oberkörper hin und her. Nur Frau Perniss bleibt jedenfalls äusserlich «normal» wach; sie muss das Gesicht der Fragenden sehen.

 

Zunächst haben die fremden Wesenheiten das Wort. Astella lässt durch Frau Tanner in vielen raschen Worten aus der 9. Dimension Liebe und Harmonie wünschen, Astella, die selbst einmal als Mensch auf Erden weilte, freut sich, dass die Herzen aller Anwesenden weit und für Transformationen offen seien. Die Transformation sei nichts Dunkles, sondern eine grosse Chance. Bruno Würtenbergers «Freunde des Lichts» begrüssen uns beinah biblisch mit «Friede sei mit euch, Freunde», sie schätzen im Gegensatz zu Astella das Publikum nicht uneingeschränkt positiv ein: Einige seien kritisch und könnten nicht glauben, was sie sähen, andere aber suchten aufrichtig den Weg nach innen und den Sinn des Lebens. Dieser bestehe im Zurückgehen zum Ursprung und Ziel allen Seins, zur Liebe. Ursula Perniss bestellt uns Grüsse aus der Engelwelt, besonders von Gabriel. Im Engelreich herrsche Aufregung und grosse Freude.

 

Der Moderator Reto Huwyler sorgt dafür, dass die nun folgenden Fragen aus dem Publikum abwechslungsweise an eines der drei Medien gerichtet werden.

 

"Astella" durch Ines Sophia Tanner

Zuerst möchte Andres von Ines Tanner bzw. Astella erfahren, wie er sich beruflich orientieren soll. Sie attestiert ihm viele Talente, die es ihm erschwerten, sich zu entscheiden, und rät ihm, mutig etwas Neues zu gestalten und den Weg zu gehen, für den sein Herz offen sei. Der Beistand der Himmelswesen wird ihm zugesichert. Etwas später fragt Nora, ob sie schon eine Ausbildung als Medium beginnen soll. «Meine Liebe!» antwortet es durch Frau Tanner. «Ich sende dir viel Kraft. Du hast in deinem Leben schon vielen gedient.» Sie habe eine grosse Begabung, soll sich jetzt aber nicht schon wieder aufopfern, sondern «13 Mondmonate» verstreichen und ihr Herz heilen lassen. In die gleiche Richtung zielt auch die Antwort auf die Frage einer Frau, die nach ihrer wahren Lebensaufgabe sucht. Sie sei sehr begabt und sensitiv, müsse aber vor allen Dingen lernen, sich selbst und ihre Weiblichkeit zu akzeptieren und ihre Gefühle wahrzunehmen &endash; dies sei ihre wahre Aufgabe. Auch Beatrice, deren Leben nicht ausgefüllt ist und die Probleme mit Partnerschaft und Geld hat, hält Astella / Ines Tanner für eine sehr sensitive Seele. Astella sei oft bei ihr. Sie müsse sich als ein von weit her kommendes Sternenkind darum bemühen, ganz auf der Erde zu landen, indem sie sich selbst mehr liebt und ihre Kreativität und Spontaneität weckt. Weiter möchte Angelika wissen, ob ihr geplantes Projekt Zukunft habe. «Meine Liebe», beginnt Astella wieder und hält auch Angelika für sehr begabt und ihre Ideen für zukunftsträchtig. Sie soll sich nur gegenüber gewissen Personen vorsehen, sich aber nicht fürchten, denn alles werde gut. Viele werden sich laben können an dem, was sie erreicht hat. Sandra, die eine Trennung kaum verschmerzen kann, erfährt die wahre Ursache dafür: «Meine Liebe! Wir alle tragen Konditionierungen aus früheren Inkarnationen in uns.» Sandra kämpfe noch mit Schuldgefühlen aus dem 18. Jahrhundert, damals habe man ihr in Frankreich gleich nach der Geburt das Kind genommen, worüber sie dannzumal froh war. Das Kind sei ihr nun in dieser Inkarnation als Mann wieder begegnet, und da sie diesem Menschen heute alles geben möchte, was sie dem Kind verweigerte, kann sie ihn nicht loslassen. Doch Astella versichert Sandra, dass sie genug gegeben habe, um getrost gehen zu können. Sie brauche Zeit dafür und solle sich diese auch nehmen.

 

Engel und Erzengel durch Ursula Perniss

Eine ähnlich gelagerte Antwort erhielt kurz zuvor eine Frau von Ursula Perniss auf die Frage, ob ihr Schutzengel wisse, wie sie ihre gesundheitlichen Probleme angehen könnte. Der Ursprung für ihr Problem liege in einem früheren Leben, so die Angabe der Engel, sie habe einen Unfall verschuldet, bei dem ein Kind ums Leben kam. Der damalige Schock sei in ihrer Seele gespeichert wie auf einer Diskette und werde so lange schmerzhaft bleiben, bis die Erinnerung durch eine Rückführung gelöst werde. Perniss' Vermutung, dass die Frau eigene Kinder habe oder ihr wenigstens ein Kind in der Umgebung besonders wichtig sei, trifft allerdings nicht zu. Auch Rösli ist erstaunt zu erfahren, dass sie ein besonderes Problem haben soll und dass ihr Engel, dessen Namen sie vor einem Monat erfahren hat, verlangt, es müsse geistig vorwärts gehen. «Noch mehr?» ist ihre spontane Reaktion.

Die erste an Frau Perniss gerichtete Frage nach dem Namen des persönlichen Schutzengels hatte sie nicht beantwortet, da dies zu einem endlosen Fragen aller führen würde. Dafür sei der Wunsch, mit dem Schutzengel in Kontakt zu kommen, ganz einfach zu erfüllen &endash; einziges Problem sei die Kompliziertheit von uns Menschen. Der Engel teilt sich selbst mit, wir müssen nur glauben, dass er hinter uns steht und sich freut, mit uns zu reden. Wir müssen ihn fühlen &endash; das ist das ganze Geheimnis. Eine andere Frau fragt nach Stimmen und dem Namen Ismael, den sie höre. Es handelt sich bei diesem nach Auskunft von Frau Perniss nicht um ihren Schutzengel. Im Leben der Fragenden gebe es ein Problem, das geknackt werden müsse. Der Engel Gabriel lässt sie diesbezüglich, offenbar zu Recht, auf Liebe tippen, doch die gewünschte Entscheidung nehmen die Engel der Rat Suchenden nicht ab. Perniss rät zu mehr Vertrauen, alles werde gut. Gut werde auch die Operation der nächsten Fragenden verlaufen, die gehofft hatte, stattdessen eine Selbstheilung erfahren zu dürfen. Der Körper brauche mitunter eine stärkere Spritze, damit der Hintergrund der Krankheit erkannt und nicht weiter verdrängt werde. Hinterher aber solle sie flott ihre Selbstheilungskräfte einsetzen.

 

"Die Freunde des Lichts" durch Bruno Würtenberger

An Bruno Würtenberger bzw. die «Freunde des Lichts» wird die Frage gerichtet, ob die bevorstehende Sonnenfinsternis und spannungsgeladene Konjunktionen auf eine schwierige Zeit hindeuten. Die Antwort: «Ihr könnt euch getrost auf eine schwere Zeit vorbereiten. Jedoch frage ich euch: War es vorher weniger schwierig?» Es finde sich die genau gleiche Konstellation wieder wie zur Zeit Christi, und noch dieses Jahr gebe es eine Neugeburt, die Geburt des Geistes. Eine Fragerunde später möchte ein Schüler von Haidakhan Babaji wissen, wann dieser wiederkomme oder ob er bereits da sei. Bruno Würtenberger bestätigt ihm letztere Ahnung: Babaji sei längst inkarniert, aber nicht fleischlich, denn er brauche den irdischen Weg nicht. Babaji sei in allen, und man soll sich an seinen geistigen Leib klammern, nicht an den physischen.

Eine Frau verspürt grosse Sehnsucht nach der geistigen Welt und hat Schwierigkeiten mit dem Weltlichen. Was soll sie tun? Würtenbergers «Freunde des Lichts» halten ihre Probleme nicht für materieller, sondern psychischer Natur. Sie müsse versuchen, zur Ruhe zu kommen, Widerstände abzubauen und zu vertrauen. Materie wie Geist seien gut, wie sie sind. «Du bist ein wunderbares Kind Gottes. Liebe dich so, wie du bist.»

Eine andere Frau will erfahren, warum sie Schwingungen im Körper spürt und elektrische Geräte in ihrer Wohnung sich selbst ausschalten. Bruno Würtenberger erklärt ihr, sie ordne und lenke ihre Energie nicht genug. Die Prana- oder Odkraft, die immer fliesse, müsse kontrolliert werden, sobald sie in den Körper eintritt, und könne so zum Wohl des Nächsten eingesetzt werden. Dies aber soll unter kundiger Leitung erlernt werden.

Ein Mann fragt Herrn Würtenberger, ob es schade, sich nach dem Tod verbrennen zu lassen. Im Hintergrund sind Trommeln zu hören, Würtenberger nimmt darauf Bezug: «Dann, wenn du Indianer bist, kannst du dich getrost verbrennen lassen.» An sich sei Verbrennung die wirksamste Methode, sich vom Körper zu lösen. Doch wenn die Verbindung noch zu stark sei, schmerze es, als würde man bei lebendigem Leibe verbrannt. Die Freunde des Lichts empfehlen darum die Erdbestattung. «Wer sich reif und losgelöst fühlt, möge sich getrost kremieren lassen.» Leitend für den Entscheid sollen Herz und Gefühl, nicht der Verstand sein.

Die letzte an ihn gerichtete Frage hält Bruno Würtenberger für besonders einfach, nämlich wie man das Geistige besser verwirklichen könne. Die Frage sei gleichbedeutend mit der Frage nach dem Weg der Liebe, und diese solle man sich selbst stellen. Der beste Weg sei der Weg der guten Tat. Gleich hier und jetzt könne man gemeinsam beten für jene, die nicht hier sein können oder wollen, für jene, die hungern und dürsten. Einfach wie alles Grosse und wirkungsvoll wie alles Einfache sei der göttliche Klang Om. Die Wände der Häuser, in denen er gesungen wird, würden stark, und ihre Fundamente stürzten nie ein. Die Schwingung mache immun gegen jede Krankheit. Und so stimmt denn fast das ganze Publikum ins allgemeine Summen ein.

 

Kommentar

Im Ganzen gewinne ich als Zuhörerin den Eindruck inhaltlich eher dürftiger Botschaften, die zudem im Fall der «Freunde des Lichts» und «Astellas» in einem leicht gekünstelt-pathetischen Sprechstil vorgetragen werden. Die Einfachheit der Mitteilungen hat wohl auch einen werbetechnischen Zweck &endash; nicht wenige Rat Suchende werden mehr und Genaueres erfahren wollen, und Moderator und Medien haben nicht versäumt, darauf hinzuweisen, wo diese sonst ihre Beratungen und Kurse anbieten.

Nimmt man an, dass es sich bei den Botschaften um intuitiv gewonnene Meldungen aus dem Unbewussten des jeweiligen Mediums handelt, die das Bewusstsein aber wesentlich bearbeitet und gefiltert hat, so ist den dreien immerhin recht viel Geschick zugute zu halten: Meist kommen die Antworten prompt und flüssig, und die Fragenden können sich getröstet und gestärkt fühlen. Zwar bleiben die Antworten auf konkrete persönliche Fragen in der Regel vage, gelangen über einen allgemeinen Zuspruch nicht hinaus, und wo sie konkreter werden, treffen sie teilweise nicht zu. In einem gewissen Sinn ist dies billig, könnte doch wohl jeder Mensch Rat Suchenden solch wohlwollende Tips geben, auch ganz ohne Einflüsterungen aus dem Jenseits. Anderseits machen diese natürlich gerade den Reiz der Botschaft aus: Wenn mir jemand, der mich selbst nicht kennt, von Engeln oder andern weisen Wesenheiten ausrichten lässt, dass mir nicht nur deren Begleitung und Beistand gewiss, sondern auch, dass ich ein wertvoller, begabter Mensch sei, so hat eine solche Aussage vielleicht mehr Gewicht als die einer Kollegin, die mir trostreich zureden möchte. Dabei ist es positiv zu werten, dass die Ratschläge nicht direktiv sind und so den weiteren Entscheidungsmöglichkeiten der Rat Suchenden freien Raum lassen. Bruno Würtenberger empfiehlt zudem ausdrücklich, die Botschaften kritisch zu prüfen und nur das für unser Empfinden Gute zu akzeptieren, alles andere aber zu verwerfen. Doch so schätzenswert dieser Hinweis aus sektenkritischer Sicht ist, er torpediert gleichzeitig den Anspruch höherer Weisheit und produziert so einen Selbstwiderspruch: Wenn nicht gewiss ist, dass die «Freunde des Lichts» weiser und unfehlbarer sind als der irdische Mensch Bruno Würtenberger &endash; warum kann dieser Mensch dann nicht gleich in seinem eigenen Namen sprechen? An Sympathie jedenfalls würde er, so mein persönlicher Eindruck, nur gewinnen.

 

Therese Graf, 1999


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