Evangelische Informationsstelle: Kirchen - Sekten - Religionen 

Reinkarnation und die Bibel

aus: Leben & Glauben Nr. 36, 3. September 1998

 

Warum lehnen die heutigen Kirchen im allgemeinen den Glauben an Reinkarnation oder an Wiedergeburt ab? Die biblischen Zeugnisse waren doch, wie man weiss, zuerst von A bis Z auch Zeugnisse für den Reinkarnationsglauben. Erst viel später hat ein christliches Konzil den Glauben an Reinkarnation verworfen und alle dem Reinkarnationsglauben verpflichteten biblischen Texte umgeschrieben oder eliminiert.

M.W. in Z.

 

Die Bibel war nie ein Zeugnis für den Reinkarnationsglauben und musste deshalb auch nie antireinkarnatorisch überarbeitet werden. In der Tat hat ein ein späteres Konzil den Glauben des Origenes an eine vorgeburtliche Existenz der menschlichen Seele verurteilt. Aber mit einer Ueberarbeitung biblischer Texte war dieser Entscheid nie verbunden. Die biblischen Texte hätten im sechsten Jahrundert nach Christus auch gar nicht mehr in ihrer Gesamtheit korrigiert und überarbeitet werden können. In jener Zeit existierten alle biblischen Bücher schon in Tausenden von Abschriften verstreut über den ganzen Raum der damaligen christlichen Welt. Wer hätte alle diese Schriften an einem Ort zusammentragen und dann dort umschreiben können. Es wären bei dieser Aktion sicher reihenweise Abschriften übersehen worden und als unkorrigierte alte Zeugnisse eines biblischen Reinkarnationsglaubens uns erhalten geblieben. Solche alten Zeugnisse eines biblischen Reinkarnationsglaubens lassen sich aber nirgends finden. Mit anderen Worten: Die ganze Ueberarbeitsaktion hat nie stattgefunden, weil sie nie nötig war.

Die Bibel war und ist dem Reinkarnationsglauben gegenüber immer sehr skeptisch eingestellt. Denn nach biblischem Glauben verdient der momentane Augenblick und das jetzige Leben immer einzigartige Aufmerksamkeit. Was einmal in einem eventuellen früheren Leben war und was in einem möglichen späteren Leben eventuell sein wird, ist für den biblischen Menschen höchst irrelevant. Ueber früheren oder spätere Leben zu spekulieren, bringt dem biblischen Glauben nicht nur nichts. Solche Erwägungen oder Ahnungen erschweren die ungeteilte Aufmerksamkeit fürs Hier und Heute. Heute will uns Gott begegnen. Heute stellt er uns Menschen zur Seite, die uns brauchen. Heute soll Liebe Welt verändern. Heute soll sich Nacht in Licht verwandeln und Schuld in Vergebung und neues Leben.

Die vielen früheren Leben bestimmen, sagen die Anhänger des Reinkarnationsglaubens, unser jetziges Leben positiv und negativ, durch Karmawirkungen, Verdienst und Verschulden in längst vergangenen Zeiten. Weil wir - so nimmt jedenfalls der indische Reinkarnationsglaube an - schon unendlich viele Vorleben hatten, kann in diesem jetzigen Leben an positiven und negativen Karma nur noch der Bruchteil eines Promills neues Karma zum Karmareservoir aus frühren Existenzen beigesteuert werden. Das heisst: ein völliger Neuanfang wäre reine Illusion. Unser Schicksal ist durch uns selber vorgespurt seit Jahrmillionen. Ich kann in diesem Leben diese Spur grundsätzlich auch nicht verlassen. Gerade diese fatalistische Sicht des jetzigen Lebens widerspricht dem biblischen Glauben. Zum biblischen Glauben gehört die Erfahrung der Vergebung, des völligen Neuanfangs hier und heute, wo immer der göttliche Geist mich berührt. Kurz - die grossen christlichen Kirchen haben allen Grund, der Reinkarnationslehre gegenüber weise und deutliche Zurückhaltung zu üben.

 

Georg Schmid 1998


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