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Satanismus |
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Uebersicht |
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Ramonas Geschichten
"The black Omen (T.B.O.)" - ein schwarzes Omen für die Berichterstattung über den Jugendsatanismus
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Von einem echten Problem und falschen Zeugnissen |
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Der Jugendsatanismus ist ein schwieriges Feld. Während die
okkulten Orden erwachsener Satanisten zumeist gut bekannt sind und
sich oft auf eigenen Websites ausgesprochen symbol- und wortreich
präsentieren, sind die Gruppierungen jugendlicher Satanisten
weit schlechter fassbar. Die relative Kurzlebigkeit der meisten
Gruppen, deren geringe Mitgliederzahl, die beschränkten
Ressourcen jugendlicher Menschen und die z.T. strafrechtlich
relevanten Aktivitäten führen dazu, dass
Oeffentlichkeitsarbeit kaum ein Thema ist. Die Berichterstattung
über den Jugendsatanismus ist deshalb auf die Zeugnisse
Ehemaliger und - gegebenenfalls - die Erkenntnisse ermittelnder
Behörden angewiesen. Auf diesen Wegen sind in den letzten Jahren
mehrere Gruppen jugendlicher Satanisten bekannt geworden, in der
Schweiz der Zirkel aus Horgen und derjenige in Widnau/Balgach.
Zu diesen authentischen Berichten, die sich u.A. dadurch
auszeichneten, dass die Aussagen der Beteiligten und die
Ermittlungsergebnisse der Polizei übereinstimmten, treten bei
allen Beratungsstellen auf dem Feld der Sekten und des Okkultismus
Zeugnisse junger Menschen hinzu, die von angeblichen Erfahrungen in
okkulten Organisationen erzählen, ohne dass äussere Beweise
für das Berichtete beigebracht werden könnten. Manche
dieser Geschichten erweisen sich schon bei oberflächlicher
Sichtung aus Ausflüsse psychopathologischer Zustände oder
als Resultat von Aufschneiderei und Geltungsdrang, andere Zeugnisse
benötigen ausführlichere Prüfung. Da alle ExpertInnen
mit dieser Aufgabe der Prüfung von Okkult-"Erlebnisberichten" in
ihrer Arbeit konfrontiert sind, haben sich auch alle eine gewisse
Routine in diesem Bereich zulegen können. Meist gelingt die
Triage.
Manchmal aber versagt die Kontrolle. So liess eine sich "Marlies"
nennende und sich bis heute unter dem Deckmantel der Anonymität
versteckende Expertin den Bericht eines gewissen Lukas unter dem
Titel "Vier Jahre Hölle und zurück" im Bastei-Verlag
publizieren, obwohl schon eine summarische Lektüre des Textes
zeigt, dass der Inhalt über weite Strecken kaum möglich
ist, der Zeuge hingegen offensichtlich an Wahnvorstellungen leidet.
Kaum ein anderer Experte hat vom Zeugnis des Lukas in der
Zwischenzeit Verwendung machen wollen - sehr zu Recht, wie ich meine
(siehe dazu unsere ausführliche
Analyse). |
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Der Fall T.B.O. |
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Im Gegensatz zur Lukas-Geschichte wurde der Fall, um den es im
Folgenden gehen soll, reichlich zitiert. Der Bericht der Ramona K. zu
einer Gemeinschaft namens "The black Omen", abgekürzt T.B.O.,
wurde zweimal in voller Länge und verschiedentlich in
Ausschnitten publiziert. Diverse namhafte Experten nahmen in den
letzten Jahren auf die Geschichte Bezug, so dass die Angelegenheit
T.B.O. die Wahrnehmung des Jugendsatanismus im deutschen Sprachraum
nicht unwesentlich mitprägte. Jedenfalls handelt es sich um eine
der meistzitierten Berichte aus dem Bereich Jugendsatanismus - und
dennoch zeigt sich, dass die Geschichte faul ist.
Im Folgenden soll der Fall T.B.O dargestellt und - soweit wie
möglich - aufgeklärt werden. Daneben wird der Frage
nachzugehen sein, wie es geschehen kann, dass renommierte und
erfahrene Okkultismus-Experten im deutschen Sprachraum einer
Geschichte, die von einer vierzehnjährigen Schülerin
erfunden wurde, "auf den Leim kriechen". Dabei wird sich, soviel sei
hier schon gesagt, zeigen, dass es eine Verkettung unglücklicher
Umstände war, die zu diesem unbefriedigenden Resultat
führte. Diese Umstände sollen im Folgenden nachgezeichnet
werden.
Möglich wurde die Aufklärung der Geschichte um den
T.B.O. durch die Mithilfe mehrerer Experten: Ingolf Christiansen
beantwortete einen äusserst umfänglichen Fragenkatalog von
unserer Seite, stellte uns Kopien der Originaldokumente zur
Verfügung und gab zahlreiche weiterführende Hinweise.
Heide-Marie Cammans, Karin Paetow-Froese, Guido Grandt und Wilhelm
Knackstedt waren zu ausführlichen und umfassenden telefonischen
Auskünften bereit. Ihnen allen sei hiermit ganz herzlich
gedankt. Ohne ihre Mitwirkung wäre eine Lösung des Falls
nicht denkbar gewesen. |
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Die Zeugin: Ramona K. |
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Die Ereignisse um die angebliche Gemeinschaft namens "The black
Omen" (T.B.O.) datieren ins Jahr 1992. Damals trat Ramona K., eine
14jährige Schülerin aus einer Kleinstadt in der Nähe
von Osnabrück, an ihre Freundinnen mit der Geschichte heran, sie
habe mit einem geheimnisvollen "Cult" zu tun. Zwei Briefe dieses
"Cults" resp. eines Vertreters desselben namens "Thomas B. Ohlsen" an
die Freundin Ramonas tauchen auf. Ramona schreibt einen
Abschiedsbrief an ihre Freundin. Diese schaltet die Lehrkräfte
ein, welche später Experten beiziehen. Auf Rat eines Experten
verfasst Ramona einen Bericht über den "Cult", den sie jetzt
"The black Omen (T.B.O.)" nennt. Ein Drohbrief des T.B.O. an Ramona
taucht auf. Die suizidalen Züge und befürchtete
Anschläge des T.B.O. machen eine Einweisung in eine
psychiatrische Klinik nötig. Nach dem Klinikaufenthalt kehrt
Ramona in ihr gewohntes Umfeld zurück. Die sozialen
Verhältnisse Ramona K.s werden als äusserst bescheiden
beschrieben, der Bildungsstand Ramonas ist, wie die zahlreichen
Rechtschreibefehler in ihren Texten belegen, eher gering. |
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Die Texte |
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Die erwähnten schriftlichen Zeugnisse bilden die Grundlage
aller Darstellungen des T.B.O. in der Literatur. Alle Texte sind
handschriftlich geschrieben, die vier Briefe auf einzelnen
Blättern, der Bericht in ein Heft eingetragen. Unserer Stelle
liegen die Texte als Fotokopien vor, verdankenswerterweise zur
Verfügung gestellt von Ingolf Christansen. Im einzelnen handelt
es sich um folgende Texte (aufgeführt in der durch Nummerierung
angegebenen Reihenfolge):
- Brief 1: Ein Brief eines Thomas B. Ohlsen an eine nicht
namentlich genannte Freundin von Ramona K. (Brief
1 als jpg)
- Brief 2: Ein Brief eines Thomas B. Ohlsen an Ivonne, eine
Freundin von Ramona K. (Brief 2 als jpg)
- Brief 3: Ein Abschiedsbrief von Ramona K. an ihre
Freundin Ivonne (Brief 3 als jpgs: Seite
1, Seite 2)
- Das sog. "Tagebuch": Ein längerer Bericht,
eingetragen in ein Heft, welchen Ramona K. auf Anregung Wilhelm
Knackstedts über den T.B.O. angelegt hat. Der Bericht ist nicht
als Tagebuch angeordnet, sondern thematisch gegliedert, wobei ein
Buch imitiert wird: Es finden sich ein auf dem Deckblatt angebrachter
Titel ("T.BO. The black Omen. Das schwarze Omen! und seine Sitten."),
Inhaltsverzeichnis, Vorwort, Seitennummerierung und am Schluss das
Wort "Ende." Der Text ist mit Skizzen illustriert. Aus mir
unbekannten Gründen wird der Bericht in den Publikationen
jeweils als "Tagebuch" zitiert. (Das "Tagebuch" als jpgs: Titelblatt,
Inhaltsverzeichnis und Seite 1,
Seiten 2 und 3, Seiten
4 und 5, Seiten 6 und 7,
Seiten 8 und 9, Seiten
10 und 11, Seiten 12 und 13,
Seiten 13bis und 13ter,
Seiten 14 und 15, Seite
16)
- Brief 4: Ein Brief eines TBO an Ramona K. (Brief
4 als jpg)
- Daneben hat Ramona K. auf einem einzelnen Skizzenblatt diverse
Symbole (vor allem umgekehrte Kreuze) und den "Opferstein" des T.B.O.
gezeichnet - versehen mit einer handschriftlichen Erklärung der
Methode, mit welcher die Opfertiere auf diesem Stein geschlachtet
worden sein sollen. Das Skizzenblatt wurde nirgendwo publiziert
(seine Abbildung soll hier unterbleiben, weil sein Inhalt es Ramona
K. ermöglichen würde, im Falle einer Rückmeldung an
uns ihre Identität zu belegen). |
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Die Publikationen der TBO-Story |
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Gestützt auf oben erwähnte Texte wurde die Geschichte um
den T.B.O. verschiedentlich publiziert:
- Die erste Veröffentlichung findet sich im "Materialdienst",
der renommierten Zeitschrift der Evangelischen Zentralstelle für
Weltanschauungsfragen (EZW), damals in Stuttgart, heute in Berlin
ansässig. Der Materialdienst gibt die Geschichte um den TBO in
der Juli-Nummer des Jahres 1992 in seiner Rubrik "Dokumentation"
wieder unter dem Titel: "Ein Fall von Satanismus. Bericht einer
Schülerin" auf den Seiten 203ff. Nach einer kurzen Einleitung
werden das "Tagebuch" (ohne Illustrationen), Brief 4 und der
Abschiedsbrief (Brief 3) wörtlich wiedergegeben. Ein Autor der
Einleitung wird nicht genannt, verantwortlicher Redaktor des
Materialdienstes war 1992 der Okkultismus-Experte Hans-Jürgen
Ruppert.
- Ebenfalls noch im Jahr 1992 nimmt auf die T.B.O.-Geschichte
Bezug ein Artikel von Ulrich Skambraks in idea spektrum 49/92. Der
von Skambraks gewählte Titel "Wir erwarten dich im Zirkel!" ist
ein Zitat aus Brief 4. Untertitel: "Satans-Sekten in Deutschland und
ihr Einfluss auf Jugendliche". Skambraks zitiert einiges aus dem
"Tagebuch" und den Brief 4 fast vollständig.
- Massimo Introvigne und Eckhard Türk gebrauchen den T.B.O.
in ihrem 1995 erschienenen und inzwischen vergriffenen Buch
"Satanismus - Zwischen Sensation und Wirklichkeit" als Beispiel
für die Anwerbung jugendsatanistischer Gemeinschaften und
für die Problematik des Ausstiegs aus einer satanistischen
Gemeinschaft. In diesem Zusammenhang zitieren sie grosse Teile des
Briefes 4.
- Während Skambraks und Introvigne/Türk sich bei ihrer
Zitation wohl auf die Publikation der Geschichte durch die EZW
abstützen, führen Guido und Michael Grandt in der
T.B.O.-Sache eigene Recherchen durch und besuchen die mittlerweile
16jährige Ramona K. 1994 oder 1995. In ihrem Buch "Schwarzbuch
Satanismus. Innenansichten eines religiösen Wahnsystems" findet
sich die T.B.O.-Geschichte auf den Seiten 30-37, wobei die
Gemeinschaft aus Diskretionsgründen in "Beophis" umbenannt wird.
Die Grandts berichten von ihrem Besuch, führen Abschnitte aus
dem "Tagebuch" und aus den Briefen an und berichten, was Ramona K.
nun zwei Jahre später über das "Tagebuch" hinaus vom T.B.O.
zu berichten weiss (siehe dazu unten). Bildlich ergänzt wird der
Bericht durch ein Faksimile des Anfangs des "Tagebuchs", wobei der
Name T.B.O. konsequenterweise geschwärzt wurde.
- Ingolf Christiansen führt den T.B.O. in seinem Buch
"Satanismus. Faszination des Bösen" aus dem Jahr 1998 auf den
Seiten 59-65 an. Nach einer kurzen Einleitung gibt er das "Tagebuch"
(ohne Illustrationen), Brief 4, Brief 2 und den Abschiedsbrief (Brief
3) wörtlich wieder.
- Hans-Jürgen Ruppert weist noch 1999 im Band
"Jugendsatanismus" der Werkmappe "Sekten, religiöse
Sondergemeinschaften, Weltanschauungen" auf die T.B.O.-Geschichte als
Beispiel für die Probleme beim Ausstieg aus satanistischen
Gemeinschaften hin. Ruppert bezieht sich hierbei auf die Publikation
der Geschichte im Materialdienst der EZW, für die er selbst
damals als Redaktor verantwortlich zeichnete.
Offenkundig handelt es sich bei der T.B.O.-Geschichte um einen der
meistzitierten Berichte im Bereich Jugendsatanismus. |
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Die Prüfung der Geschichte |
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Die Geschichte über den T.B.O. ruht auf drei Säulen:
1. die von Ramona K. verfassten und unterschriebenen Texte - das
"Tagebuch" und Ramonas Abschiedsbrief (Brief 3)
2. die mündlichen Aussagen Ramonas zu den Brüdern Grandt
(mündliche Aussagen von Ramona K. aus dem Jahr 1992 liegen kaum
vor, da sie damals - wie unten dargestellt wird - kaum direkten
Kontakt zu ExpertInnen hatte) und
3. die von der Person Ramona K.s scheinbar unabhängigen
Texte, die beiden Briefe von Thomas B. Ohlsen (Briefe 1 und 2) und
der mit "TBO" signierte Brief 4.
Andere Zeugnisse zur Existenz eines T.B.O. im Raum Osnabrück
liegen keiner der von mir befragten Beratungsstellen und ExpertInnen
vor. Es hat sich also in den seit 1992 vergangenen mittlerweile neun
Jahren kein weiterer Zeuge bei einer Beratungsstelle gemeldet, der in
irgendeiner Form mit einem Orden namens "The black Omen" oder mit
einer sonstigen Gemeinschaft, auf welche Ramona K.s Beschreibung
zutrifft, im Raum Osnabrück zu tun bekommen hätte.
Die erste und die zweite Säule der Argumentation um den
T.B.O. basieren natürlich auf der persönlichen
Glaubwürdigkeit der Ramona K. Diese kann nicht vorausgesetzt
werden, sie ist erst zu prüfen.
Dazu eignen sich die scheinbar von der Person Ramona K.s
unabhängigen Briefe. Falls Ramona K. die T.B.O.-Geschichte
erfunden hat, ist davon auszugehen, dass sie die beiden Briefe von
Ohlsen und den Brief vom TBO selbst geschrieben hat.
Es wird also die Handschrift der Briefe 1, 2 und 4 mit dem
unbestrittenermassen von Ramona K. selbst stammenden und von ihr
unterschriebenen Brief 3 und dem ebenfalls von ihr geschriebenen und
signierten "Tagebuch" zu vergleichen sein. |
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Die Schrift der Briefe |
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Im Folgenden soll nun die Schrift der Briefe 1 und 2, die von
einem Thomas B. Ohlsen unterschrieben sind, sowie des Briefes 4, der
mit "TBO" signiert wurde, mit Ramona K.s eigener Schrift in Brief 3
verglichen werden. Dabei soll sich zeigen, ob Ramona K. als
Verfasserin aller Schreiben in Betracht kommt oder ausgeschlossen
werden kann.
Dabei ist zuerst zu bemerken, dass Ramona K. Brief 3 und das
"Tagebuch" in ihrer Handschrift verfasst, wogegen die Briefe 1, 2 und
4 in Druckschrift gehalten sind. Der Vergleich wird dadurch
natürlich schwieriger, dennoch zeigen sich zwischen der
Handschrift einer Person und einer von derselben Person
ausgeführten Druckschrift üblicherweise genügend
Gemeinsamkeiten, dass eine Identität wahrscheinlich gemacht
werden kann. Nicht möglich sind in diesem Fall hingegen
prima-vista-Urteile aufgrund des Schriftbildes als ganzem. Dieses
wirkt selbstredend auf den ersten Blick recht unterschiedlich.
Dazu kommt als Erschwernis, dass die Briefe 1, 2 und 4 offenkundig
in einer verstellten Schrift geschrieben wurden, d.h. der/die
VerfasserIn hat sich bemüht, seine eigene Schrift zu
verändern. Dies zeigt sich an den reichlich und in ihrer
Verteilung recht willkürlich angebrachten Verlängerungen
und Haken an einzelnen Buchstaben. Z.T. sind diese deutlich als
nachträglich angesetzt erkennbar, so bei den folgenden
Beispielen aus Brief 2 (man beachte jeweils den Kleinbuchstaben "h":)
Zahlreiche Buchstaben sind nachgezeichnet, so im folgenden
Beispiel aus Brief 2:
Beide Phänomene zeigen deutlich, dass der/die VerfasserIn
bemüht war, seine Handschrift zu verändern. |
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Brief 2 |
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Brief 2 ist mit Thomas B. Ohlsen gezeichnet und an Ivonne, die
Freundin Ramonas adressiert.
Bei Brief 2 zeigt schon das Layout des Briefkopfes
überraschende Parallelen zum Layout von Brief 3, den Ramona K.
ebenfalls an Ivonne adressiert hat.
Kopf von Brief 2:
Zum Vergleich: Kopf von Brief 3:
Insbesondere die Anreden zeigen deutliche Parallelen, siehe die
Vergrösserung der Anrede des Briefes 2:
und derjenigen des Briefes 3:
Deutlich wird auf den ersten Blick, dass das Layout der Anrede
identisch ist. Die Grossbuchstaben "I" sind praktisch deckungsgleich
(und zwar in einer recht individuellen Form), sehr ähnlich auch
die Grossbuchstaben "H". Vergleichbar sind ferner die Ausrufezeichen,
insbesondere in ihrer Ausrichtung. Von den Kleinbuchstaben ist
zumindest das "a" identisch. Bei den anderen Kleinbuchstaben wird in
Brief 2, wie ganz generell in den Briefen, die mit Ohlsen oder TBO
gezeichnet sind, die Handschrift unterbrochen oder durch Druckschrift
ersetzt. Immerhin erkennbar bleibt die von den Verbindungen in Brief
3 abgesehen gleiche Grundform des kleinen "n".
Auffällig ist ferner, dass die aufwändig und mit Bedacht
gestalteten Buchstaben (fetter und z.T. nachgezeichnet) in der Anrede
von Brief 2 zu den gegenüber der Handschrift von Ramona K.
veränderten Zeichen gehören. Dies deutet stark auf eine
Verfasserschaft durch Ramona K. hin. (Wenn hier jemand anderes
bewusst Ramona K.s Handschrift imitieren wollte, wäre das
umgekehrt. Dann wären die identischen Buchstaben diejenigen, auf
welche besondere Sorgfalt verwendet worden wäre).
Eine weitere Gemeinsamkeit der Schriften der Briefe 2 und 3 zeigt
sich in der Gestaltung des Kleinbuchstabens "m", die auf eine
spezielle Weise erfolgt, welche sich in allen Schriftstücken (in
allen vier Briefen und im Tagebuch) wiederfindet. Das kleine "m" wird
oft, aber nicht immer, mit drei Bogen und folglich vier Abstrichen
ausgeführt:
Zwei Beispiele aus Brief 2 (man beachte das kleine "m" in "muss",
in "Ramona" und in "immer"):
Zwei Beispiele aus Brief 3 (zu beachten wiederum der
Kleinbuchstabe "m"):
Diese Eigenart dürfte recht individuell sein.
In die gleiche Richtung weist eine Analyse der Unterlängen
des kleinen "g". Auch hierzu Beispiele:
Brief 2 (man beachte die Unterlängen des kleinen "g"):
Brief 3:
Zusammenfassung:
Brief 2 und 3 teilen derart viele z.T. recht individuelle Merkmale
in Layout und Schrift, dass die Verfasserschaft durch ein und
dieselbe Person äusserst wahrscheinlich ist.
Die Chance, dass sich in einer Gemeinschaft von ein paar Dutzend
Mitgliedern gleich zwei Menschen finden, die derart zahlreiche und
individuelle Merkmale in ihrer Schrift teilen, darf als so gering
angesehen werden, dass diese Variante kaum plausibel vertreten werden
kann.
Brief 2 stammt folglich mit an Sicherheit grenzender
Wahrscheinlichkeit von Ramona K. |
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Brief 1 |
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Brief 1 ist nicht unterschrieben, als Absender wird aber in der
Mitte des Schreibens der Name Thomas B. Ohlsen genannt. Adressatin
ist eine nicht genannte Freundin von Ramona K.
In Brief 1 findet sich ebenso wie in den bereits erwähnten
Briefen 2 und 3 das spezielle kleine "m" mit den drei Bogen:
(Vergleiche aus Brief 2 und 3 siehe oben)
Besonders verräterisch ist die folgende Passage. Während
die Ohlsen- und TBO-Briefe den Kleinbuchstaben "h" üblicherweise
in einer Druckschrift-Variante bringen, allf., s.o., durch einen
Haken ergänzt, findet sich im Brief 1 an einer Stelle das
handschriftliche "h" der Ramona K.
Brief 1. Man beachte das kleine "h". Im Wort "ich" finden wir die
für die Ohlsen- und TBO-Briefe typische Druckschrift-Variante,
im Wort "dich" steht das handschriftliche "h" der Ramona K.:
Als Beleg für das handschriftliche "h" der Ramona K. ein
Abschnitt aus Brief 3:
Da sich das handschriftliche "h" der Ramona K. in Brief 1 nur an
dieser einen Stelle findet, wird recht deutlich, dass es sich hier um
ein Versehen gehandelt hat. Die Person, die versucht hat, ihre
Schrift zu verändern, ist hier offensichtlich in ihre
Handschrift "abgeglitten".
Eine Anrede fehlt in Brief 1. Dennoch findet sich in Brief 1 eine
gestalterische Parallele zu Brief 3, und zwar bezüglich des
"PS."
Brief 1:
Brief 3:
Abstand des PS. zum Haupttext, Anordnung und Ausrichtung der
Buchstaben "PS" sowie Einrückung des Postskript-Textes sind
identisch. Das grosse "P" wurde in Brief 2 mit einem
verändernden Zusatzstrich versehen.
Zusammenfassung:
Auch Brief 1 zeigt mit dem Brief 3 aus der Feder von Ramona K.
genügend Gemeinsamkeiten (wobei insbesondere der Verschreiber
bezüglich des kleinen "h" äusserst verräterisch ist),
die eine Verfasserschaft durch Ramona K. doch höchst
wahrscheinlich machen. |
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Brief 4 |
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Brief 4 ist mit TBO gezeichnet, und ist an Ramona K. selbst
gerichtet. Eine Anrede fehlt jedoch.
Brief 4 ist von den drei Ohlsen- resp. TBO-Briefen der am
stärksten stilisierte. Der Text ist am aufwändigsten
gestaltet, eine grosse Zahl von Buchstaben wurde nachgezeichnet. Ein
Verschreiber wie in Brief 1 findet sich nicht.
Auch in Brief 4 finden wir Gemeinsamkeiten mit dem von Ramona K.
gezeichneten Brief 3, so zeigt Brief 4 ebenfalls das typische kleine
"m" mit den drei Bogen.
Beispiele aus Brief 4:
(Vergleiche aus Brief 1, 2 und 3 siehe oben).
Deutliche Parallelen mit der Schrift von Brief 3 zeigen sich
ferner bei den Grossbuchstaben "F" und "M".
Das folgende Bild zeigt die Grossbuchstaben "F" aus Brief 4:
Als Vergleich die grossen "F" aus Brief 3:
Der Grossbuchstaben "M" wird in Brief 4 stark nachgezeichnet:
Im Brief 3 taucht ein grosses "M" zwemal im Wort "Mut" auf:
Weiters zu vergleichen wäre etwa der Grossbuchstabe "N" in
Brief 4 und im "Tagebuch" (in Brief 3 fehlt ein solcher), sowie der
Grossbuchstabe "D" aus Brief 4 mit den druckschriftlichen grossen
"D"s aus Brief 3 (zweimal im Wort "Donnerstag") und aus Brief 1.
Im Bereich des Layouts sind als Analogie zu erwähnen die
doppelten und dreifachen Unterstreichungen einzelner Worte sowohl in
Brief 3 als auch in Brief 4.
Zusammenfassung:
Auch Brief 4 teilt genügend Gemeinsamkeiten mit Brief 3 und
den anderen Briefen, um eine Verfasserschaft durch Ramona K. trotz
seiner starken Stilisierung höchst wahrscheinlich zu machen. |
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Ergebnis |
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Zusammenfassend kann an folgenden Schlussfolgerungen kein
begründeter Zweifel bestehen:
- Die Briefe 1, 2, 3 und 4 stammen alle aus derselben Hand - es
ist nach Ausweis von Brief 3 (und nach Ausweis des "Tagebuchs", das
dieselbe Handschrift zeigt wie Brief 3) diejenige von Ramona K.
- Ramona K. hat folglich die mit "Thomas B. Ohlsen" und "TBO"
signierten Briefe selbst geschrieben.
- Dabei hat Ramona K. mit unterschiedlichem Erfolg versucht, ihre
eigene Handschrift zu verbergen.
- Eine Täuschungsabsicht ist folglich klar. |
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Schlussfolgerung zur Glaubwürdigkeit von Ramona K. und der
T.B.O.-Geschichte |
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Wir konnten feststellen, dass an der Schlussfolgerung, dass Ramona
K. alle Texte zum T.B.O. selbst geschrieben hat, kaum ein
begründeter Zweifel bestehen kann. Im Fall der Briefe von Ohlsen
und von TBO hat sie versucht, ihre Handschrift zu verändern.
Ramona K. wollte den Eindruck erwecken, diese Briefe würden von
anderen stammen. Sie hat ihre Freundinnen hier bewusst
irregeführt.
Da Ramona K. ihren Lehrern und den Experten, die mit ihr in
Kontakt traten, die Echtheit der Briefe von Ohlsen resp. TBO
verschiedentlich bestätigte, hat sie die Irreführung auf
diese Personen ausgedehnt.
Fälschung von Beweisen und fortgesetzte Falschaussage muss
sich Ramona K. auf jeden Fall vorwerfen lassen, ihre
Glaubwürdigkeit als Zeugin ist damit selbstredend ganz gering
geworden. Von dieser deutlichen Schlussfolgerung unbenommen bleibt
die Tatsache, dass der Weg, auf welchem Ramona K. in diese sicher
ungewollte Rolle der Fälscherin und Lügnerin geriet,
durchaus mit Verständnis nachgezeichnet werden kann.
Für die Plausibilität der Existenz eines Ordens namens
T.B.O. ist unser Resultat natürlich fatal:
- Zum einen erweist sich die "Kronzeugin" als unglaubwürdig, ja
gar als bewusst trügerisch.
- Zum anderen sind die vermeintlich vorhandenen, von Ramona K.
unabhängigen äusseren Beweise für die Existenz des
T.B.O., die Briefe von Ohlsen und TBO, als Fälschung enttarnt
und damit hinfällig.
Zusammenfassend spricht für die Existenz einer Gemeinschaft
namens "The black Omen" eigentlich nichts mehr. |
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Der Weg zur "Kronzeugin" - Versuch einer Interpretation |
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m Folgenden soll versucht werden, den Weg Ramona K.s zur
vermeintlichen Kronzeugin in Sachen Jugendsatanismus anhand der mir
zur Verfügung stehenden Informationen nachzuzeichnen. Das
Handeln der beteiligten Experten ist so dargestellt, wie sie selbst
es mir in den letzten Tagen telefonisch geschildert haben.
Bezüglich der Person Ramona K.s wird sich aber bloss ein
denkbares Bild ergeben, das angesichts meines recht dürftigen
Informationsstandes nicht mehr als eine gewisse Wahrscheinlichkeit
für sich in Anspruch nehmen kann.
Vielleicht hilft uns Ramona K. selbst in dieser Sache gelegentlich
weiter (ihr geschätztes Mail erreicht uns über unsere
Mail-Adresse, als Beleg ihrer
Identität möchte sie den Namen der Kleinstadt und die
Methode angeben, mit welcher nach ihrer damaligen Darstellung auf dem
Skizzenblatt die Opfertiere bei T.B.O. getötet worden sein
sollen - diese Informationen wurden nirgendwo publiziert). |
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- Ramona K. und ihre Freundinnen |
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Um den Jahreswechsel 1991/1992 muss Ramona K. gerade 14 Jahre alt
geworden sein. Wer mit Mädchen dieses Alters zu tun hat, weiss,
dass in dieser Lebensphase Freundinnen das Allerwichtigste sind.
Ramona K. hat eine beste Freundin, Ivonne, und zwei weitere
Freundinnen, Janine und Jeannette. Wie die Konstellation der vier
genau ist, lässt sich nicht erheben, aber auf jeden Fall ist sie
für Ramona krisenhaft. Es scheint, dass sich Ivonne etwas von
Ramona ab- und Janine und Jeannette zuwendet. |
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- Brief 1 |
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In dieser Zeit schreibt Ramona Brief 1. Er wird sich wohl an
Ivonne richten. Erwähnt wird darin ein Thomas B. Ohlsen, der auf
Probleme hinweist ("Es gibt viele Gründe, warum ich dich vor
dieser Freundschaft abrate"). Weder ist von einer Gruppe die Rede,
noch zeigt sich irgendwas Weltanschauliches oder gar Okkultes. Klar
ist nur: Es gibt diesen Ohlsen, und der macht Probleme.
Wahrscheinlich hofft Ramona, dass Ivonne das Gegenteil dessen tut,
was der böse Ohlsen rät (er rät im Brief gleich
dreimal von der Freundschaft ab), und ihrer Freundin in diesem
Problem umso mehr beisteht. |
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- Brief 2 |
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Offenbar hatte Brief 1 keinen Erfolg. Brief 2 zeigt uns, dass sich
Ivonne zwischenzeitlich von Ramona abgewendet hat. Sie verkehrt bloss
noch mit Janine und Jeannette. In dieser verzweifelten Situation
greift Ramona wiederum zur Phantasiefigur Ohlsen. Die Geschichte hat
sie aber inzwischen ausgebaut. Jetzt gehts klar um eine Sekte, die
Ramona gepackt haben soll und einer "(neu) Taufe" zuführt.
Davon, dass Ramona schon länger dabei wäre, ist keine Rede.
Im Gegenteil, der Brief geht davon aus, dass Ramona zwar schon
länger angeworben wurde, aber bisher nicht Mitglied war.
Okkultes oder Satanistisches zeigt sich nicht. Es geht um irgend 'ne
Sekte.
Der Zweck des Briefes ist deutlich. Ramona will den
(Ex-)Freundinnen ein schlechtes Gewissen machen - ihr habt mich
verlassen, drum hat mich jetzt eine Sekte gepackt. So schreibt sie
als Ohlsen: "Ich muss euch beglückwünschen, dass ihr euch
endlich von Ramona gelöst habt und ihr eingesehen habt, das
diese Frundschaft keinen Wert hat. Endlich steht uns nichts mehr im
Wege, um sie ganz zu uns zu holen... Dank euch ist sie uns endlich
gefüge geworden, die gehört zu uns. Ich danke euch...."
Selbstredend würde keine Sekte einen solchen Brief an
Freundinnen schreiben, die sich (endlich) vom Sektenmitglied
abgewendet haben. Die Sekte hätte ihr Ziel ja erreicht. Der
Brief könnte so, wenn überhaupt, bloss eine nachteilige
Wirkung haben, in dem Sinne, dass die Freundinnen ihre Entscheidung
nochmals überdenken - und das genau war es wohl, was Ramona
beabsichtigte. |
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- Brief 3 - der Abschiedsbrief |
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Zwischenzeitlich muss die Freundschaft wieder teilweise ins Lot
gekommen sein, möglicherweise, weil Brief 2 erfolgreich war.
Ramona quält sich nun aber mit Suizid-Gedanken und schreibt den
Brief 3, ihren Abschiedsbrief. Dabei schreibt sie davon, wie schwer
es ihr fällt, die drei so fröhlich zu sehen, und wie sie an
gemeinsame fröhliche Zeiten zurückdenkt. Dass sie einem
"Cult" angehöre, schildert sie nun als bekanntes Faktum.
Okkultes oder Satanistisches fehlt weiterhin. |
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- Eine Okkultismus-Schulstunde und deren Folgen |
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Es muss in der Zeit nach Brief 3 gewesen sein, dass die
Religionslehrerin der Klasse von Ramona K. eine Schulstunde zum Thema
Okkultismus durchführte. Vielleicht wird Ramona K. durch diese
Aufklärung auf die Idee gebracht, den "Cult" um "Thomas B.
Ohlsen" als satanistische Gemeinschaft zu fassen. Jedenfalls lernt
sie hier einige Begriffe aus dem Bereich des Okkultismus, die sie
später in z.T. abenteuerlicher Schreibung in ihrem "Tagebuch"
verwenden wird: "TARO", "Wudu", Gläserrücken, Schwarze
Messen, Pentagramm (an dessen Form sie sich allerdings, s.u., nicht
mehr genau wird erinnern können).
Noch einschneidender ist die zweite Folge der Schulstunde: Eine
der Freundinnen von Ramona K. meldet sich im Anschluss an die Stunde
bei der Lehrerin und berichtet von Ramona K.s "Cult". Darauf werden
die Religionslehrerin und der Klassenlehrer von Ramona K. aktiv.
Beide nehmen die Geschichte aber leider nicht als Symptom
gravierender Probleme wahr, sondern auf der inhaltlichen Ebene ernst
und versuchen, Ramona K. in ihrem "Cult"-Problem zu helfen. |
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- Das "Tagebuch" |
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Um Ramona K. fachkundig beistehen zu können, wollen sich die
Religionslehrerin und der Klassenlehrer von Ramona K. informieren. Zu
diesem Zweck besuchen sie einen Vortrag des inzwischen pensionierten
Hannoveraner Sektenexperten Wilhelm Knackstedt in Herford und
sprechen Knackstedt nach dessen Referat auf den Fall Ramona K. an.
Dieser rät dazu, dass Ramona ihre Erlebnisse in ihrem okkulten
"Cult" aufschreiben solle. Die Lehrer leiten die Idee an Ramona
weiter.
Nun sitzt Ramona K. in der Bredouille. Was soll sie tun? Wenn sie
nun kneift und zugibt, dass da nichts war, verliert sie die
Freundinnen bestimmt. Die wären sich ja auch veräppelt
vorgekommen.
Also bleibt nur eines: Hinsitzen und schreiben. Sich was aus den
Fingern saugen.
Jetzt rächt sich, dass Ramona K. erst ganz kurzfristig auf
die Idee kam, ihr "Cult" könnte satanistisch zu deuten sein. Sie
weiss fast nichts über den Satanismus. Das Wort Pentagramm kennt
sie zwar wohl noch aus der Schulstunde über den Okkultismus, an
die Form mag sie sich aber nicht mehr genau erinnern und zeichnet
deshalb als Illustration ein Hexagramm, einen Davidstern.
Dann kennt sie das Wort "Teufelskreis", und verwendet es für
die Anordnung der T.B.O.-Anhänger im Penta- oder eben Hexagramm
- ohne zu bedenken, dass der Begriff sonst bloss in übertragenem
Sinn gebraucht wird.
Dass ein Kelch sein muss, ist ihr - vielleicht von einer
Abbildung, die in der Schulstunde gezeigt wurde - auch bekannt.
Allerdings nicht das Wort. Drum schreibt sie von "Pokal" und sogar
von einer "Beschwörungstasse" (die sie dann allerdings
kelchartig zeichnet).
Natürlich muss die Gruppe eine Hierarchie haben, einzelne
Chargen. Da ist Ramona aber ganz unwissend. So greift sie - was soll
sie anderes tun? - auf Begriffe aus dem christlichen Umfeld
zurück. So heisst der Chef "Messias", die Anhänger sind
"Jünger", gestuft - hier ist Ramona ganz originell - in
"Oberjünger", "mittlere Jünger" und "niedere Jünger".
Die Gruppe als ganzes bezeichnet sie als "Gemeinde".
Auch ein Name der Gemeinschaft muss wohl her. So kommt Ramona auf
die Idee, die Initialen T.B.O., die in Brief 3 wohl für Thomas
B. Ohlsen steht, nun als The black Omen zu deuten. Dafür
verschwindet Ohlsen in der Versenkung. Er wird nicht mehr
erwähnt.
Beim Einweihungsritual beschreibt sie tanzende und sich
peitschende Menschen, vielleicht hat sie das mal in einem
ethnologischen Film gesehen.
Grosse Feste müssen ebenfalls sein - man weiss das ja von den
Kirchen her. Aber Ramona kennt Walpurgis und derartiges nicht. So
konstruiert sie in ihrer Not, inspiriert vielleicht durch die
Einweihung des Vereinslokals um die Ecke, ein Fest namens "die grosse
Einweihe." Dabei wird bei diesem Fest (genau der Einweihung des
Vereinslokals entsprechend: was gefeiert wird, ist das, was
eingeweiht wird) angeblich der Satan selbst geweiht. Eine absurde und
im Satanismus undenkbare Idee. Wer weiht schon seine Gottheit?
Ein weiteres Fest gewinnt Ramona, wie schon den "Teufelskreis",
durch die Suche nach gängigen deutschen Begriffen, die das Wort
"Teufel" enthalten. So kommt sie auf den "Teufelsritt" und verbindet
ihn mit dem aus demselben sprachlichen Umfeld - der Welt schneller
Autos - stammenden Wort "Höllenwagen". Beim "Teufelsritt"
würde der Satan mit seinen Ziegenböcken und seinem
"Höllenwagen" den Himmel überqueren. Die Ziegenböcke
benennt Ramona als Delos (nach der griechischen Insel?) und als Zodar
(wohl ein Missverständnis des Begriffes Zodiak für den
Tierkreis - dieser kam vielleicht ebenfalls in der Schulstunde
über den Okkultismus vor).
Und natürlich wird reichlich geopfert. Hähne,
Hühner, Hasen, Katzen, Hunde müssen dran glauben.
Angesichts der dargebrachten Hekatomben müssten die Tierheime im
weiteren geographischen Umfeld weitgehend arbeitslos sein.
Daneben bringt Ramona alle Vorurteile, die bei Schülern
über Sekten so rumgeistern. Da lässt sie nun - mit einer
Ausnahme - wirklich keines aus. Die Anwerbung geschieht so, dass die
Leute so lange bequatscht werden, bis sie halt ja sagen. Und die
Mitglieder möchten natürlich eigentlich aussteigen, sie
können aber nicht, weil die Sekte sie bedroht. Auch die
Vorurteile von den hypnotisierten oder mit Medikamenten
abgefüllten Sekten-Zombies bringt sie - beide zugleich.
T.B.O.-Mitglieder werden sowohl hypnotisiert als auch mit
Medikamenten (Ramona spricht von einem Serum) abgefüllt.
Nur den vom Geld bringt sie nicht. Wäre ja auch unplausibel
gewesen, angesichts der eigenen finanziellen Verhältnisse. Wie
aber die Gruppe sich (und vor allem all die Kultobjekte wie
"Beschwörungstassen" und dergleichen) finanziert, bleibt
völlig offen.
Offen bleibt auch, was der Satan für seine Anhänger tut.
Er reist zwar über den Himmel und lässt sich einmal
jährlich weihen, und gelegentlich straft er auch, aber
irgendeinen Nutzen scheint seine Verehrung nicht zu bringen. So fehlt
denn auch jede Angabe zur Motivation der AnhängerInnen. Die
dargestellte Gemeinschaft lebt nicht (allerdings ist die Erfindung
einer religiösen Gemeinschaft, die so plausibel wirkt, dass die
Motivation der Anhängerschaft glaubhaft wirkt, eine knifflige
Geschichte, an welcher auch manche Experten schon gescheitert sind).
Zusammen ergibt sich ein Bericht, der reichlich Ungereimtheiten
aufweist und mit tatsächlich existierendem Satanismus abgesehen
von ein paar Wörtern nicht viel zu tun hat. Der Text ist aber
Ausweis für eine ausgeprägte Phantasie seitens von Ramona
K. - wobei natürlich zu bemerken ist, dass ein Mensch ohne
ausreichende Phantasie mit dem Geschichten-Erzählen und
Briefeschreiben wohl gar nicht erst begonnen hätte.
Jedenfalls aber wird Ramona K. durch ihre Arbeit am "Tagebuch"
veranlasst, sich weiter in ihr Konstrukt hineinzubegeben.
Offensichtlich war die Idee, Ramona zu einem Bericht zu veranlassen,
keine sehr hilfreiche.
Zwar ist der Vorschlag Wilhelm Knackstedts zum Verfassen eines
Berichts über die Zeit der Mitgliedschaft ein sehr
nützlicher für den Fall eines tatsächlichen Mittuns in
einer okkulten Organisation. Durch die Abfassung können Gedanken
geordnet und beängstigende Erlebnisse verbalisiert werden, und
die Verschriftlichung des Geschehenen schafft eine gewisse Distanz.
Was aufgeschrieben ist, ist irgendwo auch abgelegt.
Der Fall von Ramona K. zeigt aber deutlich, wie fatal sich der
Vorschlag zum Abfassen eines Berichts dann auswirkt, wenn eine
Sektengeschichte bloss erfunden wurde. Die Massnahme treibt den
Geschichtenerfinder erst recht in die Ecke. Er muss sein Konstrukt
nun massiv ausbauen, will er sein Gesicht nicht verlieren. |
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- Brief 4 |
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Als Folge des Berichts ist der satanistische Hintergrund des
"Cult"-Problems Ramonas für ihren Lehrer nicht fraglich. Er
zieht die Konsequenz, dass Ramona K. vor befürchteten
Anschlägen des T.B.O. beschützt werden muss und
kümmert sich gleich selbst darum.
In diese Zeit fällt wohl die Abfassung von Brief 4. Formal
handelt es sich um einen Drohbrief des T.B.O. an Ramona K., des
Inhalts, dass sie wieder zur Gemeinschaft stossen müsse. Ziel
des Schreibens war es wohl, der im Umfeld von Ramona K. allgemeinen
Erwartung einer Bedrohung zu entsprechen. Der Brief belegt den Ernst
der Situation ("Für diesen Fehler wirst du noch schwer bezahlen,
und wie du dafür bezahlen wirst") und legitimiert damit die
Schutzmassnahmen.
Da der Brief 4 nun nicht mehr nur Ramonas Freundin Ivonne
überzeugen muss, sondern auch den Lehrer und die
Religionslehrerin, verwendet Ramona K. weit mehr Mühe auf seine
Gestaltung: Die Mehrzahl der Buchstaben wird nachgezeichnet.
Inhaltlich nimmt der Brief nun deutlich auf den Satanismus Bezug.
Ein umgekehrtes Kreuz findet sich ebenso wie das Wort "Mehp-isto".
Gegenüber dem "Tagebuch" hat Ramona K. bereits dazugelernt.
T.B.O. wird nun nicht mehr als "Gemeinde", sondern weit passender als
"Zirkel" bezeichnet. |
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- Einweisung in eine psychiatrische Klinik |
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Der Lehrer, der Ramona K. vor der vermeintlichen Bedrohung durch
den T.B.O. beschützt, wird in dieser Zeit betreut von der AG
Sekten in Herford. Er sucht die Leiterin der AG Sekten, Karin
Paetow-Froese zu diversen Gesprächen auf. Ein direkter Kontakt
zwischen Paetow-Froese und Ramona K. ergibt sich aber nicht, so dass
für eine Abklärung der Glaubwürdigkeit des
Mädchens kein Raum ist.
Schliesslich wird Ramona K. in eine psychiatrische Klinik
eingewiesen. Dort erhält sie auf Wunsch der behandelnden
Therapeuten Besuch von Heide-Marie Cammans von der Sekten-Info Essen.
Heide-Marie Cammans führt ein Gespräch mit Ramona K., die
Frage der Glaubwürdigkeit von Ramona K.s Geschichte bleibt
für Cammans offen, weil sie in bloss einem Gespräch nicht
seriös abgeklärt werden kann.
Die behandelnden Therapeuten kommen im Verlauf von Ramona K.s
Klinikaufenthalt zum Schluss, dass an der Geschichte nichts dran ist.
Nach ihrem Klinikaufenthalt kehrt Ramona K. in ihr gewohntes
Lebensumfeld zurück. Irgendeine Form der Nachbetreuung durch
einen Okkultismus-Experten ergibt sich nicht, vermutlich auch
deshalb, weil eine solche Begleitung den Therapeuten in der Klinik
aufgrund ihres negativen Urteils bezüglich der
Glaubwürdigkeit der T.B.O.-Geschichte selbstverständlich
gänzlich unnötig schien. |
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- Die Geschichte nimmt ihren Lauf |
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Ramona befindet sich noch in der Klinik, als ihr "Tagebuch" schon
seine Laufbahn durch die Publikationen von Okkultismus-Experten
deutscher Sprache antritt.
Das "Tagebuch" und die vier Briefe werden Wilhelm Knackstedt zur
Verfügung gestellt - zusammen mit einer Art "Universalvollmacht"
zur weiteren Verwendung. Knackstedt versendet das ganze Dossier in
Kopie an diverse Beratungsstellen im deutschen Sprachraum, in der
Meinung natürlich, mit Ramonas Texten endlich einen Fall von
Jugendsatanismus in einem detaillierten Erfahrungsbericht belegt zu
haben. Und Knackstedt ist soweit zuzustimmen: Wäre die
Geschichte echt, wäre sie brisant und für die
Beratungsarbeit äusserst wichtig.
Warum klärt Wilhelm Knackstedt vor seinem Versand die
Glaubwürdigkeit der Geschichte nicht ab? Der Grund ist ein
Missverständnis. Knackstedt meint, das wäre längst
geschehen, weil er davon ausgeht, dass sowohl die AG Sekten in
Herford als auch die Sekten-Info Essen in persönlichem Kontakt
zu Ramona K. stehen würden.
Die Empfängerschaft von Knackstedts Zusendung kann wiederum
davon ausgehen, dass Wilhelm Knackstedt die Glaubwürdigkeit der
Geschichte abgeklärt hat.
Diese Verkettung unzutreffender Annahmen ergibt die Situation,
dass ein Zeugnis, das nie auf seine Glaubwürdigkeit geprüft
wurde, allgemein als verifiziert wahrgenommen wird.
Weil im Anschluss an Ramonas Klinikaufenthalt keiner der
beteiligten Experten mehr mit dem Mädchen in Kontakt steht,
erfährt niemand von der Tatsache, dass Ramonas Therapeuten den
Schwindel erkannten.
Wie Hans-Jürgen Ruppert von der EZW die Kopie des Dossiers
erhält, muss er annehmen, einen in seiner Authentizität
abgeklärten Fall vor sich zu haben. Er erkennt offensichtlich
die Brisanz des Falles - es wäre der erste Erfahrungsbericht aus
einer jugendsatanistischen Organisation im deutschen Sprachraum - und
entschliesst sich zur Publikation. Leider kommt er nicht auf die
Idee, die Handschriften zu vergleichen.
Durch die Publikation der T.B.O.-Story im "Materialdienst" der
EZW, der im deutschen Sprachraum renommiertesten Zeitschrift zu
religiösen und weltanschaulichen Strömungen der Gegenwart,
erhält der Bericht Ramona K.s sozusagen die höheren Weihen.
Dass er authentisch und glaubwürdig ist, davon kann nun jeder
geruhsam ausgehen. Dass die EZW einen Bericht vor dessen Publikation
auf Herz und Nieren prüft, dafür würde jeder Experte
im Bereich Sekten und Okkultismus die Hand ins Feuer legen.
Deshalb können sich die Autoren, die sich in der Folge auf
die T.B.O.-Geschichte beziehen, von der Pflicht, deren
Glaubwürdigkeit zu prüfen, befreit sehen. Die Prüfung
kann mit der Publikation durch die EZW als geschehen betrachtet
werden. So beginnt der Fall, die Wahrnehmung des Phänomens
Jugendsatanismus mitzuprägen. Hätten nicht ein Jahr
später die tragischen Geschehnisse in Sondershausen die
T.B.O.-Geschichte als bestbekannter Jugendsatanismus-Fall
abgelöst, wären Ramonas Erfindungen vielleicht noch weit
wirkmächtiger geworden. |
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- Der Besuch der Brüder Grandt |
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Im Jahr 1994 oder 1995 suchten die Brüder Guido und Michael
Grandt, die damals mit Recherchen zu ihrem "Schwarzbuch Satanismus"
beschäftigt waren, Ramona K. auf, vermittelt wohl über
Wilhelm Knackstedt, welcher die Grandts an den Lehrer der Ramona
weiterwies. Dieser führt die Grandts ins Heim der Ramona.
Ramona, inzwischen 16jährig, ist bei ihrer Geschichte
geblieben. Die Tatsache, dass der Lehrer und die Eltern der
Geschichte Glauben schenken, lässt ihr auch kaum eine Wahl. Ein
Rückzieher ist längst nicht mehr möglich.
Das Zusammentreffen mit Experten macht Ramona aber sichtlich
nervös. Schliesslich ist ihre Geschichte schon in der Klinik
aufgeflogen, und mit Okkultismus-Experten hat sie ja nur wenig
Erfahrung. Die Grandts stellen diese Nervosität auch fest: "Die
16jährige wirkt schüchtern. Aus grünen, traurigen
Augen mustert sie uns scheu... K. möchte eine Pause einlegen.
Hastig, mit fahrigen Fingern, raucht sie eine Zigarette...". Die
Grandts, die nach der Publikation der Geschichte durch die EZW davon
ausgehen können, hier einen mit Sicherheit echten Fall vor sich
zu haben, interpretieren die Nervosität als Folge der
belastenden Erinnerungen.
Vielleicht findet Ramona K. aber auch Gefallen an der Tatsache,
dass sie Lehrer, Eltern, Kollegen und gar Experten mit ihrer
Geschichte an der Nase rumführen kann. Jedenfalls hat sie ihre
Geschichte gegenüber dem Tagebuch ganz erheblich ausgebaut -
allerdings nicht unbedingt durch Elemente, die der
Glaubwürdigkeit der Geschichte besonders gut tun.
So berichtet sie von einem Buch namens "Testament Satans", das
verkehrt herrum gedruckt sei und auch so gelesen werden müsse.
Ein Exemplar dieser bibliophilen Rarität kann sie natürlich
nicht vorweisen.
Ebensowenig hat sie irgendein anderes Requisit aus ihrer
T.B.O.-Zeit, etwa eine "Beschwörungstasse", zur Hand.
Besonders absurd wirkt die Geschichte vom "allsehenden Auge": "Es
gibt dort" - in der Liegenschaft der Satanisten - "das allsehende
Auge. Es ist mit roter Farbe auf ein Tuch gezeichnet und von einem
Dreieck umgeben. Es könne alles sehen, hat man uns gesagt. Und
wir haben das geglaubt." Will Ramona K. hier den IQ der
T.B.O.-Anhänger als besonders tief ausweisen?
Bezüglich der Dauer ihrer angeblichen Mitgliedschaft hat
Ramona K. offensichtlich den Ueberblick über die verschiedenen
Varianten ihrer Geschichte verloren. Bei der Abfassung des Tagebuchs,
Ramona K. muss da eben 14 geworden sein, spricht sie von "Jahren",
die sie bei T.B.O. mitgetan hätte. Wilhelm Knackstedt erinnert
sich, dass von seiten der Lehrkräfte Ramonas von vier Jahren der
Mitgliedschaft die Rede gewesen war. Dies würde bedeuten, dass
Ramona K. im zarten Alter von 10 Jahren Mitglied des T.B.O. geworden
wäre. Den Grandts gegenüber meint Ramona nun, dass sie erst
mit 13 dem T.B.O. beigetreten sei, was den Ausdruck "Jahre" im
Tagebuch unmöglich macht (es kann sich so ja
äusserstenfalls um ein Jahr gehandelt haben). Und Ramona K.
führt den Grandts gegenüber weiter aus, dass die
jüngsten Teilnehmer an T.B.O.-Veranstaltungen 12jährig
gewesen seien, was eine eigene Mitgliedschaft der Ramona K. schon mit
10 verunmöglicht.
Und schliesslich wird die Story - alterskonform - um einen
Ego-Trip bereichert. Ramona sei besser behandelt worden als die
anderen, weil sie etwas Besonderes sei. Wegen ihrer grünen Augen
und Feuermalen sei sie als Opfer auserkoren gewesen. Dies habe sie
mitgekriegt, als sie ein Gespräch belauscht habe. Da sei sie
ausgestiegen.
Warum sie von alledem im "Tagebuch" nichts erwähnt hat,
erklärt Ramona nicht.
Nach dem Besuch der Brüder Grandt hatte keine der von mir
kontaktierten Personen mehr von Ramona K. gehört. Wie sie heute
zu ihrer Geschichte steht, ist damit offen. |
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Wendepunkte |
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Ramonas Weg zur vermeintlichen "Kronzeugin" in Sachen Satanismus
begann als Geschichten-Produktion eines pubertierenden Mädchens,
wie sie häufig vorkommt und meist harmlos verläuft. Eine
Konfliktsituation im sozialen Umfeld wird einerseits durch eine
erfundene Geschichte zu lösen versucht, andererseits dient der
Inhalt der Geschichte zur Illustration der negativen Gefühle,
die der Konflikt auslöst, und kann so auch eine gewisse
Ventil-Funktion wahrnehmen. Ramonas Fälschungen stehen in diesem
Zusammenhang und dürfen deshalb nicht überbewertet werden.
Leider ergab sich für die Lehrerschaft nicht die
Möglichkeit, Ramona K. gleich zu Beginn von einem Sektenexperten
intensiv abklären zu lassen. Dadurch wäre es denkbar
gewesen, Ramona K. einen Weg aus dem Lügenkonstrukt heraus
anzubieten, bei welchem sie ihr Gesicht vor ihren Freundinnen
hätte wahren können.
Vielleicht hat sich Ramona K. geweigert, mit einer Fachperson zu
sprechen. Grund für eine solche Zurückhaltung hätte
sie ja gehabt.
Die Umstände führen jedenfalls dazu, dass Ramona K.
immer stärker in ihre Story hineingedrängt wird
Zur Zeit ihres Klinik-Aufenthalts ist das Umfeld von Ramona
bereits so stark in die Geschichte involviert, dass das negative
Urteil der Klinik nur ins Leere stossen kann.
In Bezug auf die Verbreitung von Ramonas Geschichte zeigen sich
zwei Wendepunkte, einerseits der Versand durch Wilhelm Knackstedt und
andererseits die Publikation durch die EZW:
- Wilhelm Knackstedt musste, wie oben dargestellt, infolge seines
Missverständnisses der Rolle der AG Sekten Herford und der
Sekten-Info Essen davon ausgehen, dass die Glaubwürdigkeit
Ramona K.s abgeklärt ist. Den Hinweis, dass zwei Telefonate mehr
der Sache gut getan hätten, kann man im Nachhinein
natürlich leicht geben.
- Die EZW ging offensichtlich davon aus, mit dem Dossier T.B.O.
einen in seiner Authentizität überprüften Fall
vorliegen zu haben - Wilhelm Knackstedt wird die Sache auch in diesem
Sinne übermittelt haben. Die Idee zu einem Schriftvergleich kam
deshalb gar nicht auf.
Natürlich muss hier mitbedacht werden, dass im Jahr 1992 der
Jugendsatanismus weit weniger bekannt war als heute. Wenn der
Schreibende im Jahr 2001 bei der Lektüre der T.B.O.-Texte in
Ingolf Christiansens Buch unüberwindliche Zweifel an deren
Authentizität empfand und deshalb mit seinen Nachforschungen
begann, heisst das noch lange nicht, dass es ihm 1992 ähnlich
ergangen wäre. Damals lag praktisch kein Vergleichsmaterial vor,
an welchem die T.B.O.-Geschichte hätte gemessen werden
können.
Zusammenfassend macht die T.B.O.-Geschichte aber eines erneut
deutlich: Die Wichtigkeit intensiver und vorurteilsfreier
Prüfung der Glaubwürdigkeit von Berichten aus dem Bereich
des Satanismus. |
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Se non è vero, è ben trovato? |
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Wie bei jedem erfundenen Bericht ist auch im Falle der
T.B.O.-Geschichte zu fragen, ob die Story nicht doch gute Dienste
für die Aufklärungsarbeit leisten könnte.
Die Antwort muss im Falle der T.B.O.-Story ein klares Nein sein.
Ueber den Satanismus ist aus der Geschichte nichts zu lernen, weil
Ramona K. über diesen fast nichts weiss.
Besonders problematisch ist der T.B.O.-Bericht aber für die
Sektenarbeit. Die T.B.O.-Geschichte bestätigt hier all die
gegenstandslosen Vorurteile, die gerade bei Jugendlichen gehäuft
anzutreffen sind und denen nicht genug widersprochen werden kann,
wenn das Phänomen Sekte wirklich verstanden werden soll:
Sektenmitglieder sind alle irgendwie doof, sie wurden hypnotisiert
und/oder mit Medikamenten vollgedröhnt, Mitglied wird man, indem
man solange bequatscht wird, bis man nachgibt, und eigentlich
möchte jeder aus der Sekte aussteigen, kann das aber nicht, weil
die Sekte ihn bedroht. Alle diese Fehleinschätzungen werden in
der T.B.O.-Geschichte, mehr oder minder deutlich, bestätigt.
Hier erweist sich die T.B.O.-Story gewissermassen als Super-GAU
für eine seriöse Sektenarbeit, und es ist zu hoffen, dass
die Geschichte alsbald in der Versenkung verschwindet. |
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Georg Otto Schmid, 2001 |
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Letzte Aenderung 2001, © gos 2001, Infostelle 2000 |
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