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  Ufoglaube
  Uebersicht
  Woher gewinnt der Mensch seine Bedeutung?
Ueberlegungen zum zeitgenössischen Ufoglauben.
aus: Informationsblatt Nr. 3/1996
Kontakte mit Ausserirdischen?
Vielleicht sind wir in diesem riesigen Universum nicht allein. Unter Milliarden von Sonnen werden sich unzählbare finden, die auch von Planeten umgeben sind unter den unzähligen möglichen Planeten werden sich einige finden, auf denen Leben sich entwickeln konnte. Aber muss sich Leben entwickeln, wenn es sich entwickeln kann? Setzt die Möglichkeit schon das Faktum? Und wenn sich Leben entwickelt, muss es sich in Richtung geistbegabte Lebewesen entwickeln, wie wir Menschen es sind oder es sein möchten? Und wenn sich irgendwo intelligentes Leben entwickelt hat, wie kann dieses Leben mit uns in Kontakt treten? Die Distanzen zu den nächsten Sonnensystemen - von den Distanzen zu den anderen Galaxien gar nicht zu reden - sind derart, dass nach menschlichem Ermessen ein Besuch von anderen Wesen auf unserem Globus ins Reich der blossen Phantasie fällt, es sei denn, wir seien gewillt, diesen anderen Wesen eine weitüberlegene Fortbewegungstechnik zuzugestehen, eine Technik, die auch die Lichtgeschwindigkeit überbietet. Nach heutigem Erkenntnisstand ist eine solche Technik unmöglich. Wer mit Fortbewegung jenseits der Lichtgeschwindigkeit rechnet, ist bereit, auf die überzeugendsten Erkenntnisse moderner Physik zu verzichten. Diese Bereitschaft ist bei einer immer grösseren Zahl von Zeitgenossen zu finden. Die Ueberzeugung, dass wir von Ausserirdischen besucht wurden und besucht werden, bedeutet für viele Zeitgenossen so viel wie die Mythen für die Menschen der Vorzeit und die Geschichte Christi für die engagierten Christen. Der Ufoglaube entwickelt sich zu einem säkularreligiösen Glaubenssystem und Erfahrungsweg, mit allen Aspekten eines lebendigen sinnstiftenden Mythos. Ein kurzer Vergleich zwischen den Mythen der Alten, dem Christusglauben der engagiert Christusgläubigen und dem Ufoglauben der Gegenwart zeigt sofort die prägnant religiöse Bedeutung des zeitgenössischen Ufoglaubens.
Der Himmel schenkt der Erde Bedeutung
Lebendige Religion schenkt dem einzelnen Menschen und der menschlichen Welt ewige Bedeutung. Der Mythos der Vorfahren erklärt, dass Gott oder irgendwelche Götter diese ganze Welt entstehen liessen mit einer wesentlichen Zielsetzung. Am Schluss der alten Schöpfungsmythen wird erklärt wie die ersten Menschen entstanden und wie die Ureltern des eigenen Stammes ins Dasein fanden..Die Welt ist, damit wir sein können. Auch die biblische Schöpfungsgeschichte setzt die Erschaffung des Menschen an die entscheidende Stelle des Schöpfungsprozesses und die Texte des Buches der Bibel ziehen nachher sofort die Linien weiter aus - von den ersten Menschen bis zu den Stammvätern des eigenen Volkes. Welt wurde, damit wir sind. Der moderne kritische Betrachter mag diese religiöse Perspektive überheblich finden. Wie kann dieses Nichts, genannt Mensch, angesichts der Grösse des Alls, behaupten, der Kosmos sei seinetwegen erschaffen worden? Und wie kann das Christentum behaupten, Gott habe unter den Millionen von Himmelskörpern ausgerechnet diese winzige Erde erwählt, um auf sie und nur auf sie seinen Sohn zu senden? Der religiöse Grössenwahn hätte, das lässt sich leicht erahnen, verherende Folgen, wenn nicht jeder Glaube dem Menschen gleichzeitig zeigen würde, dass der Mensch diese seine unvergleichliche Bedeutung nicht sich selber zuzuschreiben hat, dass sie ihm zukommt, dass der Himmel der Erde und Gott dem Menschen diese einzigartige Stellung schenkt. Weil Gott sich für diese Erde nicht nur interessiert, weil er sie und die Menschen auf ihr über alles liebt, schickt er seinen Sohn. Wir sind gleichzeitig einzigartig, weil die geheimnisvollste Wesenheit, die Macht, die alles werden liess, sich für uns interessiert.
Menschsein zwischen Depression und Grössenwahn
Weil alle Religionen auf irgendeinem Himmel oder irgendeiner Vorzeit dem Menschen einzigartige Bedeutung schenken und ihm gleichzeitig zeigen, dass er diese Bedeutung nicht sich selbst, sondern einem anderen verdankt, steht zu vermuten, dass zu einer sinnvollen menschlichen Existenz beides gehört: Das Wissen um meinen und aller Menschen wert und das Wissen, dass wir diese Bedeutung nicht uns selbst verdanken. Fehlt das erste Wissen, so verfällt der Mensch der Sinnlosigkeit. Unser Leben wird zum leeren Spiel, das ebenso gut nicht stattfinden könnte. Fehlt das zweite, so verfallen wir dem Grössenwahn: . Dieser Globus und das ihn umgebende All haben nur einen Zweck: uns zu dienen. Die Welt wird zum Tummelplatz aller menschlichen Allüren. Beides, die Sinnlosigkeit und der Grössenwahn belasten zuerst und zerstören zuletzt das menschliche Leben. Nur in der Mitte, im Wissen um eine einzigartige dem Menschen geschenkte Bedeutung lässt sich tapfer und fröhlich, engagiert und selbstkritisch menschliches Leben gestalten.
Zuwendung um jeden Preis
Welcher Himmel kann heute der Erde die bedeutung schenken, die sie braucht, wenn sich Gott in die kirchlichen Räume, in die christlichen Gemeischaftslokale zurückgezogen hat? Der Himmel der Astronomen und Kosmoten wird immer grösser und geheimnisvoller. Die mythenhungrige Phantasie verwandelt diesen immensen Raum ohne Mühe in den Himmel der Sternenwesen, der grünen hilfreichen Männchen, der schrecklichen Tyrannen auf fremden Galaxien, in den Himmel der Supertechnik und der archaischen Ungetümen. Im Himmel der neuen Mythen findet sich genügend Raum für alle Träume und Albträume des Menschen. Dabei spielt es nur eine untergeordnete Rolle, wie wir diesen neo-mythischen Himmel erleben. Im Film E.T.interessierten sich noch geniale hilfreiche und irgendwie doch noch kindliche Wesen für uns. Der Himmel war damals der Raum der neuen superintelligenten Zwerge. Nur das Schneewittchen fehlte noch in den kontaktfreudigen kosmischen Sphären. In neueren Filmen und wahnhaften persönlichen Kontakten zeigt der Himmel immer deutlicher sein brutales Gesicht. Die Sternenwesen wandeln sich vom lustigen Zwergen zum sadistischen Tyrannen. Sie beginnen, Kontaktler, d.h. Menschen, mit denen sie in Verbindung traten, in ihren Labors zu sezieren, oder siegreifen in den neuen Sciencefictionfilmen mit supermoderenen Waffen die Erde an. Irgendwie haben wir in den letzten Jahren in den ferneren Sphären als irdische Wesen sehr viel Goodwill verloren. Oder die Psyche des Menschen, die im Ufoglauben ihre Aengste an den Himmel wirft, ist heute im Durchschnitt viel angstbesetzter als sie es vor einigen Jahren war. Das würde uns nicht wundern angesichts der schwierigen Wirtschaftslage in weiten Teilen der Welt und der damit verbundenen allgemeinen Unsicherheit. Aber ob hilfreiche Zwerge oder sadistische Generale, Hauptsache bleibt, dass Ausserirdische sich für uns interessieren. Auch Angriffe sind eine Form der Beachtung. Und auch derjenige, der uns seziert, wendet sich uns zu. Und diese Zuwendung ist alles. Wir brauchen diese diese Zuwendung des Himmels, damit wir einsseits nicht in Bedeutungslosigkeit stürzen und damit wir andererseits uns nicht überheben. Es gibt, sagt uns auch der moderne Ufoglaube, Wesen über uns.
Die Dynamik der Einsamkeit
Die Vorstellungswelt des Ufoglaubens zeigt wahrscheinlich mehr von der psychischen Befindlichkeit vieler Zeitgenossen als manche sog. wissenschaftliche Untersuchung. Die konkreten Erfahrungen, d.h. die Berichte von persönlichen und kollektiven Begegnungen mit Ausserirdischen zeugen von einer noch spezielleren Dynamik. Begegnung - wenn es wirkliche Begegnung sein soll - durchbricht Einsamkeit. Die Begegnung mit Ausserirdischen dokumentiert unausgesprochen, wie selten es Menschen unter normalen Menschen gelingt, wirkliche, ihre Einsamkeit sprengende Begegnungen zu erleben. In der Begegnungen mit den Sternenwesen bricht sich die in ihrer Einsamkeit von aller Begegnung entwöhnte und vielleicht auch zu wirklicher Begegnung nicht mehr fähige Seele ihre eigene Bresche in die Mauer ihrer Isolation. Sternenwesen sprechen sie an, Wesen, die all das Verkörpern, was echte Begegnung möglich werden liesse: Die Sternenwesen zeigen l. ein geheimnisvolles Interesse an uns. Menschen erleben unter Menschen soviel kaum versteckte Interesselosigkeit, dass Begegnung überhaupt nicht möglich wird. Die Sternenwesen zeigen 2. ein Wissen und einen Erkenntnisstand, der weit über das hinausreicht was wir im Moment wissen. Eine Begegnung mit ihnen wird zu einem grossartigen Lernprozess für uns. Auf rein zwischenmenschlicher Ebene begegnen wir selten echter Autorität. Die Sternenwesen verkörpern 3. immer irgendwie unser alter ego, unser anderes, verdrängtes Ich, das im Alltag sich nicht entfalten kann oder darf. Im Sternenwesen begegne ich meiner eigenen verkappten Ueberlegenheit, meiner eigenen verdrängten Aggressivität, meiner eigenen Kindlichkeit, meinem geheimnisvollen Wesen oder Unwesen. In der sog. zwischenmenschlichen Ebene wird soviel an eigenen Möglichkeiten verdrängt, dass Begegnung, wirkliche Begegnung, sich verbietet. Kurz - in den Begegnungen mit Ausseridridschen bricht die einsame Seele eine Bresche in ihre eigene Begegnungsnot und findet wahnhaft in Erfahrungen, die ihr im zwischenmenschlichen Bereich nie möglich wurden. Kein Wunder, dass diese Begegnungen mit Ausserirdischen für die Betroffenen mehr Realität haben als die sog. Begegnungen im zwischenmenschlichen Bereich. Verglichen mit dem, was viele Menschen heute unter Menschen erleben, sind die Begegnungen mit Ausseriridischen zwar wahnhafte, aber doch einzigartig bewegende, intensive Erfahrungen.
Christlicher Glaube und Ufoglaube
Je intensiver wir Christen über den modernen Ufoglauben nachdenken, desto schwerer fällt es uns, diesen Glauben zu belächeln oder gar einzelne Erfahrungen zu verspotten und desto eindringlicher sehen wir uns in unserem eigenen Glauben herausgefordert. Christlicher Glaube lebt aus der Erfahrung, dass Gott sich so grenzenlos für uns interessiert, dass er in einem Menschen in diese Welt einging und dass er mit uns unser Leben teilen will. Immanuel - Gott mit uns - dies ist in einem Wort vielleicht die Mitte der christlichen Botschaft. Wie kann diese Botschaft persönliche Erfahrung werden? Der Ufoglaube zeigt, dass diese christliche Botschaft im besten Fall nur noch wie eine ferne Deklaration an einem Glaubenshimmel schwebt. Eigene Erfahrung ist diese Botschaft für viele nicht mehr. Wo sie aber eigene Erfahrung wird, da hat sich für uns das Phänomen Ufoglauben zwar nicht aufgelöst, aber wir haben das Anliegen des Ufoglaubens verstanden und wir haben die neo-myth sichen Theorien, die der Ufoglaube entfaltet, druch christlichen Erfahrungen ersetzt. Der Ufoglaube ist nicht falsch. Träume sind nie falsch, auch die Träume nicht, die wir an den Himmel werfen. Aber es gibt Träume, die Träume bleiben, Begegnungen, die nie zu wirklichen Begegnungen werden, und es gibt Glaube der uns hilft, begegnungsfähig und begegnunsfroh Mensch unter Menschen zu sein.
Georg Schmid, 1996
Letzte Aenderung 1996, © gs 1996, Infostelle 2000
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