www.relinfo.ch

 
  Rhema Wort-des-Glaubens-Bewegung
  Uebersicht
  Wort-des-Glaubens-Bewegung
Andere Bezeichungen: Rhema- oder Glaubensbewegung.

Die Wort-des-Glaubens-Bewegung ist ein Seitenflügel der Pfingst- und der charismatischen Bewegung, welcher innerhalb der Charismatik eine eigene Theologie entwirft und insbesondere neocharismatische Gemeinschaften und deren Praxis z.T. stark beeinflusst hat. Die Lehre der Wort-des-Glaubens-Bewegung beruht in einer Aufnahme von Ansätzen der Neugeist- und Positives-Denken-Bewegung (siehe Kap. VIII) in das pfingstlich-charismatische Weltbild hinein. Historische Nahtstelle für diese Kombination ist der Amerikaner Essek William Kenyon (1867-1948), auf dessen Werken das Schrifttum von Kenneth E. Hagin (*1917), dem Vordenker der Wort-des-Glaubens-Bewegung, ganz wesentlich beruht. Zentrum der Bewegung ist Tulsa/Oklahoma, wo Hagin wirkt. Publizistische Vertreter der Bewegung sind etwa Kenneth Copeland und Charles Emmitt Capps, im deutschen Sprachraum vor allem Wolfhard Margies von der «Gemeinde auf dem Weg» in Berlin. Aus der Wort-des-Glaubens-Bewegung hervorgegangen ist die brasilianische Igreja Universal do Reino de Deus / Kirche Universal vom Reich Gottes. Manche Gedanken der Bewegung vertritt auch der Koreaner David (ehemals Paul) Yonggi Cho.

Die Wort-des-Glaubens-Bewegung geht wie die Neugeist-Bewegung von einer schöpferischen Kraft des gesprochenen Wortes aus. Diese Kraft, die im Schöpfungsbericht 1. Mose 1 zum Ausdruck kommt, ist nicht Gott allein vorbehalten, sondern steht im Grunde auch dem Christen zu (wie denn überhaupt der Mensch nach Ansicht mancher Wort-des-Glaubens-Lehrer an der Göttlichkeit Gottes Anteil hat oder sogar als «kleiner Gott» bezeichnet werden kann). Zum Ausdruck kommt das schöpferische Wort, das auch «Rhema» genannt wird, durch «Proklamation» oder durch «Bekennen»: Es wird nicht um das Gewünschte gebetet, sondern dessen schon geschehener, aber noch nicht sichtbarer Empfang proklamiert resp. bekannt. Durch die Proklamation, das Bekenntnis wird der Empfang realisiert. Dies sieht im Fall einer Heilung so aus, dass die schon geschehene Heilung proklamiert wird – im Gegensatz zum «main stream» der Pfingst- und Charismatischen Bewegung, welcher Gott um Heilung bittet. Voraussetzung für eine erfolgreiche Proklamation ist allerdings der Glaube – nur ein im Glauben gesprochenes Wort trägt schöpferische Kraft (deshalb der Name Wort-des-Glaubens-Bewegung). Glaube meint hier nicht in erster Linie Vertrauen auf Gott, sondern die unerschütterliche Gewissheit der Wirksamkeit des Wortes. Bleibt das Proklamierte aus, hat offensichtlich der nötige Glaube gefehlt. Im Falle der Proklamation einer Heilung können weiterlaufende Symptome im Extremfall als durchzustehende Versuchungen Satans gedeutet werden, denen nicht medizinisch begegnet werden darf (da die Inanspruchnahme ärztlicher Hilfe ja den fehlenden Glauben in die Faktizität der Heilung dokumentiert). Die schöpferische Kraft des Wortes darf und soll auch zur Gewinnung materiellen Wohlstands eingesetzt werden. Gläubige Christen im Sinne der Wort-des-Glaubens-Bewegung zeichnen sich deshalb auch durch wirtschaftlichen Erfolg aus. Aus diesem Grund wird für die Bewegung auch der Name «Wohlstandsevangelium» verwendet (welcher aber auch Pfingstler meint, die zwar den materiellen Wohlstand als Glaubenszeichen, nicht aber die Lehre von der schöpferischen Kraft des Wortes vertreten, wie es etwa der Heilungsevangelist Benny Hinn vor seinem diesbezüglichen Widerruf tat).

Die Wort-des-Glaubensbewegung stiess auf vielseitige Kritik, auch aus den Reihen von Pfingst- und charismatischer Bewegung selbst: Hier wird insbesondere darauf aufmerksam gemacht, dass die biblische Abstützung der Wort-des-Glaubens-Lehre schwach, deren Herkommen aus der Neugeist-Bewegung aber offensichtlich ist.

In aussenstehender Sicht besonders problematisch wirkt sich die Wort-des-Glaubens-Lehre im Zusammenhang mit dem Wunsch nach Heilung von Krankheiten aus. Hier kann die Lehre zu einem medizinisch gesehen problematischen Verzicht auf die Inanspruchnahme ärztlicher Hilfe führen, die zumindest in einem belegten Fall mit dem Tod des Betroffenen geendet hat. Jedenfalls ist aber der Mensch, bei welchem eine Heilung ausbleibt, in kritischer Sicht der doppelt Betrogene: Er bleibt nicht nur krank, sondern erhält zusätzlich Unglauben bescheinigt.

In theologischer Sicht ist die Parallelisierung von Gesundheit und Wohlstand mit Glauben und von Krankheit und Armut mit Unglauben unhaltbar.

In der Praxis erweist sich die Wort-des-Glaubens-Lehre als attraktiv für Menschen, die Heilung oder Behebung materieller Not wünschen, was den Wort-des-Glaubens-Gemeinden zahlreiches Publikum zuführt. Allerdings wenden sich viele Menschen nach Ausbleiben des Gewünschten wieder ab, so dass sich ein recht hoher Durchlauf ergibt, vergleichbar demjenigen esoterischer Angebote mit ähnlich hohen Versprechungen.

Georg Otto Schmid, 2000
Letzte Aenderung 2000, © gos 2000, Infostelle 2000
zurück zum Seitenanfang