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  Wiligut Karl Maria
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  Karl Maria Wiligut
Neogermane, "Rasputin Himmlers" und Vordenker moderner Satanisten
Karl Maria Wiligut (1), auch Rasputin Himmlers genannt, war der bevorzugte Berater des Reichsführers SS Heinrich Himmler in mythologischen Fragen. Er übte grossen Einfluss aus bei der Konzeption der Wewelsburg als Ordensburg der SS, bei der Ausgestaltung von Feiern und beim Design des Totenkopfringes der SS.
Wiligut wurde am 10. Dezember 1866 in Wien geboren. Schon in jungen Jahren trat er in die österreichische Armee ein und wurde nach einer langen militärischen Karriere als Oberst der österreichisch-ungarischen Armee 1919 aus dem Dienst entlassen und übersiedelte nach Salzburg.
Wiliguts nachfolgende Bedeutung für die völkisch-okkulten Gruppen und die SS beruhte auf seinem Ruf als Nachkomme einer langen Ahnenreihe germanischer Weiser, mit dem Namen Uiligotis, deren Ursprung bis zu einer vorgeschichtlichen Aera zurückreichte.
Wiligut behauptete, ein angestammtes hellseherisches Erinnerungsvermögen zu besitzen, das ihn befähige, sich an die Geschichte und Erfahrungen seiner Sippe über Tausende von Jahren zu erinnern. Er sei von seinem Grossvater Karl Wiligut (1794-1883) in die Runenkunde eingeführt und 1890 von seinem Vater in die Familiengeheimnisse eingeweiht worden.
Wiligut hatte Kontakte zu einem okkulten Zirkel in Wien, worauf sich in der völkischen Subkultur Oesterreichs Gerüchte über seine Fähigkeiten herumsprachen. Ab 1908 hatte Wiligut auch Beziehungen zum Ordo Novi Templi des Lanz von Liebenfels, die sich vor allem nach dem Krieg intensivierten.
Wiligut behauptete, dass die Bibel ursrpünglich in Germanisch geschrieben worden sei, und identifizierte sich mit einer Irminenreligion, die sich deutlich vom Wotanglauben unterscheiden solle. Er verehrte einen germanischen Gott "Krist", den das Christentum sich später als seinen eigenen Erlöser angeeignet haben soll. Inhaltlich lässt sich der Irminenglauben nicht genau fassen. Es muss sich aber um eine vollständige umwertung der gesamten christlichen Lehre und der aus dem Mittelalter überlieferten Tradition handeln (2).
Geschichte, Kultur und Religion der alten Germanen gehe, laut Wiligut, ins Jahr 228 000 vor Christus zurück. Damals waren drei Sonnen am Himmel, und auf der Erde lebten Riesen, Zwerge und andere mythische Wesen.
Um 12 500 v. Chr. wurde der Irminenglauben von Krist verkündet, dem alle Germanen von da an angehörten, bis er durch die schismatischen Wotan-Anhänger verdrängt wurde. Seither standen sich die Anhänger dieser beiden Religionen immer wieder in Kriegen gegenüber. Um 1200 v. Chr. gelang es den Wotanisten, das heilige Zentrum der Irminen-Gläubigen in Goslar zu zerstören, worauf diese einen neuen Tempel bei den Exsternsteinen (3) in der Nähe von Detmond gründeten. Dieser wurde jedoch von den Wotanisten im Jahr 460 erobert, bevor sie schliesslich von Karl dem Grossen im 9. Jahrhundert endgältig geschlagen worden seien.
Die Vorfahren Wiliguts spielten während der ganzen Geschichte eine grosse Rolle. Die Wiligptis waren Ueiskunings (Eiskönige), die aus der Vereinigung der Asen (Luftgötter) und der Wanen (Wassergötter) stammten, als die Erde noch mit mythischen Wesen belebt war. Die Wiligotis gründeten die Stadt Vilna als Hauptstadt eines grossen gotischen Reiches. Im Verlauf der geschichtlichen Ereignisse blieb die Familie Wiligut dem Irminenglauben immer treu.
Wiliguts prähistorische Spekulationen dienten in erster Linie als Hintergrund, vor dem er die Erfahrungen und die Wichtigkeit seiner eigenen Vorfahren hervorheben konnte.
In den Jahren nach 1920 war Wiligut immer mehr davon überzeugt, dass er ein Opfer der jahrelangen Verfolung seiner Sippe und der Irminenreligion sei. Er identifizierte diese neue Verschwörung gegen ihn mit der Katholischen Kirche, den Juden und den Freimaurern und gab diesen die Schuld für den verlorenen ersten Weltkrieg und den Untergang des Habsburgerreiches. Er gründete einen antisemitischen Bund in Salzburg und gab eine Zeitung mit dem Titel "Der eiserne Besen" heraus, wo er seine Ideen publizieren konnte.
Im Jahre 1924 wurde Wiligut zwangsweise in die Irrenanstalt von Salzburg eingeliefert. Sein Krankenbericht lautete: Gewalt zuhause, Morddrohungen an seine Frau, exzentrisches Benehmen, okkulte Interessen. Die Diagnose lautete auf Schizophrenie mit Grössen- und Verfolgungswahn, worauf ihn ein Salzburger Gericht entmündigte.
Während seiner Internierung korrespondierte Wiligut weiterhin mit einigen Leuten, die trotzdem an seine Fähigkeiten glaubten, darunter einige Mitglieder des Ordo Novi Templi und der Eddagemeinschaft, eine völkisch-okkulte Gruppierung. 1931 wurde er aus der Irrenanstalt entlassen, blieb aber "beschränkt entmündigt".
Im Jahr 1932 emigrierte Wiligut nach Deutschland und liess sich in München nieder. Dort lebte er als "Urgeschichts- und Gotenforscher", was ihn unter den Runenokkultisten Deutschlands berühmt werden liess (4).

Ein alter Freund und SS-Offizier führte Wiligut bei Himmler ein, da Wiligut mit der nationalsozialistischen Ideologie sympathisierte. Himmler war sehr beeindruckt von Wiliguts Fähigkeiten und entschied sich, diese einmalige Informationsquelle über alte germanische Traditionen und Religion so viel wie möglich zu benutzen. Im September 1933 trat Wiligut unter dem Pseudonym Karl Maria Weisthor in die SS ein und wurde zum Vorsteher des Departements für Vor- und Frühgeschichte innerhalb des Rasse- und Siedlungshauptamtes der SS ernannt. Seine Aufgaben bestanden darin, Beispiele seiner Ahnenerinnerungen zu Papier zu bringen, seine Familientraditionen mit Himmler zu besprechen und für Kommentare über prähistorische Themen zur Verfügung zu stehen.
So entstand zwischen Himmler und Wiligut eine enge Beziehung. Wiliguts Korrespondenz beinhaltete viele Notizen über die Tradition seine Familie, so z.B. gereimte Verse über Runen-Weisheiten, mythologische Dichtung, Aufsätze über Kosmologie und die Epochen der Weltprähistorie, eine Kopie seiner "neun heidnischen Gebote" von 1908 mit einer Transskription in Runenschrift und ein Irminen-Vaterunser in gotischer Sprache. Vieles war von Himmler abgezeichnet worden. Im April 1934 wurde Wiligut alias Weisthor zum SS-Standartenführer befördert, im November 1934 zum SS-Gruppenführer.
Der Impuls zur Gestaltung der Wewelsburg ging von Wiligut aus. Er machte Himmler mit einer alten westfälischen Sage von der "Schlacht am Birkenbaum" bekannt, die im 19. Jahrhundert in eine romantische Versform umgesetzt worden war. Diese SAge berichtete von einer künftigen "letzten Schlacht am Birkenbaum", in der ein "gewaltiges Heer aus dem Osten" endgültig vom "Westen" geschlagen würde. Wiligut sagte Himmler voraus, dass die Wewelsburg das "Bollwerk" sei, an dem sich der "Hunnensturm" bei der von Himmler erwarteten künftigen Rolle der SS in der "grossen Auseinandersetzung zwischen Asien und Europga" brechen werde. Wiliguts Interpretation der Legende und zahlreiche Diskussionen mit Himmler trugen 1935 wesentlich zur neuen Konzeption der Wewelsburg als Ordensburg bei.
Ebenfalls wichtigen Einfluss hatte Wiligut auf die Entwicklung der SS-Rituale. Er schloss bei seinen Besuchen auf der Wewelsburg einge Freundschaft mit dem Burghauptmann Manfred von Knobelsdorff. Der Austausch über Religion und Traditionen inspirierte Knobelsdorff dazu, den Irminenglauben wiederzubeleben, indem er verschiedene Rituale auf dem Schloss abhielt, zum Beispiel "germanische" Hochzeitszeremonien für SS-Führer und ihre Bräute sowie die jährlichen Sonnenwend- und Julfeiern für die SS und die Dorfleute von Wewelsburg. Knobelsdorff beendete seine Briefe an Wiligut jeweils mit dem Ausduck "In Irminstreue" als Zeichen seines Interesses für die alte Religion.
Daneben wurde Wiligut von Himmler mit dem Design des SS-Totenkopfringes beauftragt.
Im Frühling 1935 zog Wiligut von München nach Berlin, wo er seine Arbeit im Chefadjutanten-Büro des Persönlichen Reichsführer-SS-Stabes weiterführte.
1939 trat Wiligut offiziell aus ungeklärten Gründen, wahrscheinlich aber wegen geistiger Umnachtung, aus der SS aus (5). Himmler verlangte von ihm die Rückgabe seines Totenkopfringes, Dolches und Schwertes, die er in persönlichen Gewahrsam nahm.
Karl Maria Wiligut starb am 3. Januar 1946.
Anmerkungen
1. Siehe zum ganzen Text Nicholas Goodrick-Clarke, The Occult Roots of Nazism. The Ariosophs of Austria and Germany 1890-1935, Wellingborough 1985, s. 177-183
2. Karl Hüser, Wewelsburg 1933-1945. Kult- und Terrorstätte der SS. Eine Dokumentation, Paderborn 1982, s. 34
3. Die Exsternsteine im Teutoburger Wald bestehen aus vier hohen Felsen mit einer "Grotte". Himmler liess 1934 den gesamten Raum Detmond zur weltanschaulichen Interessensphäre der SS erklären und baute die Exsternsteine als neu-germanisches Heiligtum aus, um daraus eine Wallfahrtstätte werden zu lassen, s. Michael H. Kater, Das "Ahnenerbe" der SS 1935-1945. Ein Beitrag zur Kulturpolitik des Dritten Reiches, Stuttgart 1974, s. 55
4. Hüser, a.a.O. s. 24
5. Hüser, Ebd.
Daniela Palumbo, 1992
Letzte Aenderung 2001, © dp 1992, Infostelle 2000
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