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Share International/Benjamin Creme

 

Unter den Namen Share International, Partage International, Tara-Center und Transmissionsgruppen tritt eine in der theosophischen Tradition Alice Baileys stehende Gemeinschaft auf, die auf die Wirksamkeit des britischen Kunstmalers Benjamin Creme zurückgeht und sich dadurch auszeichnet, dass sie die Ankunft einer als Maitreya respektive als wiedergekommenen Christus bezeichneten Erlösergestalt auf diese Erde verkündigte und seit 1977 die Gegenwart dieser Gestalt hienieden behauptet. In diesem Zusammenhang lancierte die Gemeinschaft 1982 eine weltweite Anzeigenkampagne, in welcher die baldige Selbstoffenbarung dieses Maitreya vor der Weltöffentlichkeit versprochen wurde. Evangelikale Autoren, etwa die in den achziger Jahren intensiv gelesene Constance Cumbey, reagierten auf diese Ankündigung mit der Vermutung, dass damit das Auftreten des Antichristen vorbereitet werde. Beide Voraussagen können aus heutiger Sicht als zumindest voreilig bezeichnet werden. Seit seiner nichterfüllten Prophezeiung von 1982 zieht Benjamin Creme auf Vortragstournees durch die Lande, formuliert immer neue Bedingungen, die vor der Selbstoffenbarung Maitreyas gegeben sein müssten, und organisiert Transmissionsgruppen, die in seinem Sinne wirksam werden.

 

Der Gründer: Benjamin Creme

Benjamin Creme (sprich: kräm) wird 1922 in Schottland geboren. Als Kind ist Creme der Naturbeobachtung zugewandt. Nach seiner Schulzeit, während welcher er sich unter anderem mit tibetischem Buddhismus befasst haben will, ergreift Creme den Beruf des Kunstmalers, nach Aussagen seiner Anhänger mit einigem Erfolg. In den vierziger Jahren beschäftigt sich Creme mit Wilhelm Reich und seinem Orgon-Akkumulator und will in der Folge Veränderungen in den "ätherischen Strömungen" der Erde zu spüren in der Lage gewesen sein. Anfang der 50er Jahre vertieft sich Creme in Rolf Alexanders Buch "The Power of Mind" und dessen angebliche Fähigkeiten, durch Gedankenkraft Wolken zu spalten. Als Voraussetzung der Entwicklung dieser Gedankenkraft gilt Alexander die Meditation, Creme beginnt deshalb regelmässig zu meditieren. In der Folge wendet Creme sein Interesse den Werken der Theosophen Blavatsky, Leadbeater und vor allem Alice Bailey zu, wo Creme eine Vorstellung kennenlernt, die sein weiteres Schaffen stark prägen wird: Die Theosophie rechnet mit der Existenz höherer Meister, grosser Gestalten aus der Vergangenheit, die nunmehr im Jenseits für diese Erde wirksam sind und mit ausgewählten Menschen in telepathischen Kontakt treten, um diese zu belehren.

Im Jahre 1953 führt Cremes Suche weiter zu Adamski und seiner Botschaft von der Landung fliegender Untertassen. Mitte 1957 schliesst sich Creme einer der Gruppen der werdenden Ashtar Command-Bewegung an, die auf telepathischem Wege mit angeblich um die Erde kreisenden Ufonen Kontakt aufzunehmen sucht. Creme entdeckt bei sich die Befähigung zum Heilen und sieht sich ein Jahr später selbst als einen der engsten Mitarbeiter der Ufonen. Von der Ufonen-Gruppe zieht er sich zurück.

Seit Anfang 1959 nimmt Creme selbst Botschaften wahr, die ihm auf telepathischem Wege zukommen. Die Persönlichkeit, von welcher Creme die Botschaften zu erhalten meint, stellt sich als einer der theosophischen Meister vor, dessen Namen Creme bis heute nicht enthüllt. Er sagt nur soviel, dass es sich um einen der bekannten Meister handle. Der Meister gibt Creme "Ratschläge, Führung und geistige Unterweisung". In einer der Botschaften ist angeblich die Rede davon, dass Creme fürderhin in den Dienst der "Wiederkehr von Maitreya" zu treten hätte.

Während der nächsten dreizehn Jahre klafft eine Lücke in der offiziellen Biographie Cremes. Es scheint, dass er sich in dieser Zeit für spirituelle und theosophische Themen nicht mehr interessiert hat.

Erst gegen Ende 1972, Creme erlebte damals ein "Burnout", tritt der Meister wieder in Erscheinung. Nun kommt es zu intensivem telepathischem Kontakt, bisweilen während 20 Stunden pro Tag, wobei dem Meister sämtliche Wahrnehmungen Cremes zugänglich seien. Der Meister gewöhnt Creme das Zigarillo-Rauchen ab und veranlasst Creme im März 1974, eine Gruppe von 14 Gästen einzuladen und mit diesen eine Meditationsgruppe zu begründen. Ziel dieser Meditationsgruppe wäre es, positive Energien von den theosophischen Meistern auf die Erde zu übermitteln (zu "transmittieren") und eine Brücke zwischen den Meistern und ihren Jüngern auf der Erde zu bilden. Die Gruppe trifft sich zu diesem Zwecke in der Folge zweimal wöchentlich. Die erste "Transmissionsgruppe" ist entstanden. Einen offiziellen Namen anzunehmen und eine Organisationsstruktur aufzubauen, dieses wird Creme vom Meister allerdings verboten. Eine offizielle Leitung hat die Bewegung um Creme deshalb bis heute nicht. De facto ist Creme aber der Leiter, sein Wort ist Gesetz.

Ab Juni 1974 will Creme nicht nur von seinem Meister, sondern nun auch von Maitreya Botschaften erhalten haben. Inhalt dieser Botschaften ist, dass Maitreya in Bälde auf diese Erde kommen würde.

 

Maitreya

Den Begriff Maitreya übernimmt die Theosophie aus buddhistischer Spekulation, die mit verschiedenen Buddhas für verschiedene Zeitalter rechnet und mit Maitreya den Buddha einer kommenden Zeit bezeichnet. Die verschiedenen Berechnungen dieser Zeitalter sind aber auf längere Perioden ausgerichtet, so dass die buddhistische Spekulation den Maitreya erst in Tausenden von Jahren erwartet.

Die Theosophie hat den Namen Maitreya aufgegriffen und bezeichnet mit ihm einen der Meister, dieser Gestalten, die den Menschen in der Evolution vorangegangen sind, sich geistig weit entwickelt haben und sich deshalb nicht mehr in dieser Welt inkarnieren müssen. Diese Meister wirken jetzt aus dem Jenseits resp. aus höheren, immateriellen Seinsebenen auf diese physische Wirklichkeit hinein. Diese Meister haben nun nicht alle dieselbe Entwicklungsstufe (auch Meister entwickeln sich weiter) und verschiedene Aufgaben, so dass sich unter den Meistern eine Hierarchie ergibt. Nach Ansicht mancher theosophischer Systeme ist nun Maitreya eine sehr hohe Gestalt der Hierarchie der Meister, bei Creme gilt er (im Anschluss an Alice Bailey) als das "Haupt unserer planetaren Hierarchie", damit als der oberste der Meister, die auf diesem Planeten wirken, untergeordnet nur noch dem "planetaren Logos" Sanat Kumara (welchletzterer dem solaren Logos unterstellt ist, und dieser dem Logos des Sirius, des "eigentlichen Ursprungs unserer planetaren Hierarchie"). Als das Haupt unserer planetaren Hierarchie ist Maitreya "der Christus", wobei "der Christus" für die Theosophie keine Persönlichkeit, sondern ein Amt, eben dasjenige des Hauptes der planetaren Hierarchie, bezeichnet, das verschiedene Meister innehatten.

Dieser "Christus" Maitreya gibt nun ab Juni 1974 an Benjamin Creme telepathische Botschaften durch. Inhalt dieser Botschaften ist sein baldiges Kommen auf diese Erde, zu welchem Zwecke Maitreya sich einen Körper erschaffen müsse, ein Mayavirupa, ein "Manifestationskörper", welcher als physischer Körper erscheinen kann, aber übernatürliche Eigenschaften erhält, so diejenige einer beliebigen Veränderung, des Erscheinens und Verschwindens, der Mulitlokation. Die Gestaltung eines solcherart wunderbaren Körpers stellt auch für das Haupt der planetaren Hierarchie eine langwierige Angelegenheit dar, weshalb sie sich über Jahre hinzieht.

Am 7.7.1977 teilt Maitreya Benjamin Creme mit, dass das Werk vollbracht sei, und dass Maitreya nun seinen Manifestationskörper "angezogen" habe. Ort dieses Geschehens war der für theosophische Meister-Geschichten schon immer äusserst faszinierende weil sehr abgelegene Himalaya. Gleich am 8. Juli beginnt Maitreya mit dem Abstieg aus dem Himalaya.

Am 19. Juli erhält Creme die Botschaft, dass Maitreya nun in einem sehr bekannten Land angekommen sei. Am 22. Juli will Maitreya mit seiner Wirksamkeit begonnen haben. Seine Selbstoffenbarung vor der Weltöffentlichkeit, der "Day of Declaration", würde kurz bevor stehen.

 

Das Neue Zeitalter

Dieses Auftreten Maitreyas wird, so Creme, ein Neues Zeitalter beginnen lassen. Die Idee eines kurz bevorstehenden Neuen Zeitalters hat Creme von Alice Bailey übernommen. Verbunden wird dieser Gedanke mit dem astrologischen Wassermann-Zeitalter. Die Erwartungen, die Creme an die bevorstehende neue Epoche richtet, hören sich recht phantastisch an: weltweiter Friede, gerechte Verteilung der Ressourcen, keine Klassenunterschiede mehr, Inanspruchnahme bisher unerahnter Techniken, die eine Reduktion der Arbeitszeit auf zwei Stunden ermöglichen, was ein Leben in Musse ermöglicht, freie Energie für jedermann, Heilung aller Leiden etc.

 

Verzögertes Erscheinen

Die weitere Geschichte Maitreyas resp. Cremes liest sich als Chronologie unerfüllter Prophezeiungen. Immer wieder verkündet Creme das baldige Bevorstehen des ersten öffentlichen Auftretens Maitreyas, um nach Verstreichen einiger Zeit festzustellen, dass ein paar Bedingungen für diese Selbstoffenbarung noch nicht gegeben seien.

Am 24. April 1982 starten Creme und seine Mitstreiter eine weltweite Anzeigenkampagne, in welcher folgendes angekündigt wird: "Bis jetzt hat er (Maitreya, gos) sich noch nicht zu erkennen gegeben. Jedoch innerhalb der kommenden zwei Monate wird er überall auf der Welt im Radio gehört und auf den Bildschirmen unserer Fernsehgeräte gesehen werden können" (s. dazu den Text des Inserates in der Neuen Zürcher Zeitung). Als sich abzeichnet, dass sich in dieser Sache nichts tut, erklärt Creme, schuld an der Verzögerung des Day of Declaration seien die Medien, die sich bloss um den damaligen Falkland-Krieg und nicht um Maitreyas Ankündigung gekümmert hätten. Diese Ereignisse, Anzeigenkampagne und folgende Nichterfüllung der Prophetie, werden in den Annalen von Cremes Gemeinschaft heute einfach unterschlagen.

Inzwischen teilt Creme am 14. Mai 1982 mit, dass Maitreya in der asiatischen Gemeinde in London lebe. Maitreya trage einen gebräuchlichen muslimischen Namen und trete unter den Pakistani in London als Sprecher auf. Creme fordert die Journalisten auf, Maitreya zu suchen.

In den folgenden Jahren versuchen verschiedene Journalisten, Maitreya zu finden, was, wenn dieser ein Sprecher einer Volksgemeinschaft wäre, eine lösbare Aufgabe sein sollte. Die Journalisten haben keinerlei Erfolg. Creme bringt als Entschuldigung vor, dass den Journalisten der wirkliche Wille zum Auffinden Maitreyas gefehlt habe.

Ab dem Jahr 1988 stellt Creme seine Verkündigung um: Im Zentrum steht nun nicht mehr der Day of Declaration, der weiter auf sich warten lässt, sondern einzelne wunderbare Erscheinungen Maitreyas vor Einzelpersonen und Gruppen von Menschen.

Nach 1991 verschiebt sich das Schwergewicht von Cremes Erwartung erneut. Nun sind es Wundererscheinungen, die weltweit gesammelt werden und auf ein baldiges Eintreten des Day of Declaration hinweisen sollen. Hierbei spielen insbesondere Lichtkreuze und Quellen mit angeblich "energetisch aufgeladenem" Wasser eine Rolle.

Im Jahr 1997 bietet eine amerikanische Fernsehanstalt Maitreya ein Interview an. Maitreya meldet sich nicht.

Bei seinem 1998er Vortrag in Zürich wirkt Creme bereits sehr alt. Die Naherwartung des Day of Declaration scheint sich stark abgeschwächt zu haben. Creme meint jetzt, dass die Welt sich zuerst im Sinne Maitreyas verändern müsse, damit Maitreya auftreten wird. Damit wird aber fraglich, wofür das öffentliche Auftreten Maitreyas dann noch nötig ist. Bisher sollte dieses dazu dienen, genau die Veränderungen zu veranlassen, die jetzt als Voraussetzung des Auftretens erscheinen. Möglicherweise ist diese neueste Wende ein Rückzugsgefecht, welches zu einer Erklärung in dem Sinne führen wird, dass Maitreya sich wegen der offensichtlichen Unreife der Welt wieder zurückgezogen habe.

 

Maitreya erscheint in Nairobi: Beispiel einer "Erscheinungsgeschichte"

Als Beispiel für Cremes Berichte von Erscheinungen Maitreyas sollen hier die Ereignisse dargestellt werden, die sich am 11. Juni 1988 in Nairobi abgespielt haben. Die hier gesehene "Erscheinung" ist diejenige Selbstoffenbarung "Maitreyas", die im Schrifttum von Creme am häufigsten und breitesten zitiert wird, was sich unter anderem daraus begründet, dass die Nairobier Erscheinung das einzige Offenbarungsereignis war, das fotographisch festgehalten wurde. Die in Nairobi entstandenen Aufnahmen "Maitreyas" zieren denn auch zahllose Artikel Cremes und der Seinen.

Ort der Handlung war die "Church of Bethlehem" in einem Nairobier Armenviertel, welche von Mary Akatsa, einer Predigerin und Heilerin, in einem eigenwilligen charismatischen Stil geführt wird. Akatsas Gemeinde ist insbesondere berühmt für Heilungswunder, was ihr mitunter grössere Menschenmengen zuführt.

Im Juni 1988 fand nun in Nairobi eine Grossevangelisation des Missionswerkes Christus für alle Nationen mit dem pfingstlichen Heilungsprediger Reinhard Bonnke statt. Bonnke bedient genau dasselbe Segment wie Akatsa, heilungssuchende Menschen, und verspricht dieselbe Leistung, übernatürliche Heilung im Rahmen von Massenveranstaltungen. Mary Akatsa sah sich so im Juni 1988 mit der Situation konfrontiert, zwischenzeitlich Konkurrenz von einem Heiler erhalten zu haben, dessen Ruf ihm in Schwarzafrika im allgemeinen vorauseilt und ihm Publikum in den Zehntausenden, ja Hunderttausenden heranbringt.

Bonnke hat nun im Rahmen dieser Evangelisationskampagne, wie üblich für seinen Stil, zwecks Steigerung der Erwartungen und zum Erhalt der Treue des Publikums auf spätere Abende hin ganz besondere Erlebnisse angekündigt. So hob Bonnke das Datum des 11. Juni gesondert hervor, an welchem sich Christus auf besondere Weise zeigen würde. In Bonnkes Sprache meint diese Ankündigung ein Sich-Zeigen von Christus durch aussergewöhnlich zahlreiche Wunder während des Gottesdienstes.

Am 11. Juni hat aber auch Mary Akatsa Wunderbares anzukünden. Sie erklärt während des Gottesdienstes ihrem Publikum, dass es ein Wunder erwarten solle, weil ein sehr wichtiger Gast kommen und ihr eine lebenswichtige Botschaft geben würde.

Da tritt ein weissgekleideter Mann südarabischer Physiognomie auf der Bühne auf, der für das einfache Publikum in Nairobi wie ein Palästinenser erscheinen mag. Und die Menschen erkennen, was gemeint ist, begrüssen den Unbekannten als Jesus von Nazareth und verehren ihn.

Die "lebenswichtige Botschaft" dieses "Jesus" besteht in folgendem: "Ich flehe euch an, in eurem Glauben standhaft zu bleiben, weil die Welt nicht mehr sein wird. Wir nähern uns der Zeit des Königreichs der Himmel. Aber vorher werde ich zurückkommen und euch Segnungen bringen. Bitte respektiert Mary, weil sie eine wahre Vertreterin des Höchsten ist". Ausserdem weist "Jesus" darauf hin, nach den Lehren der Bibel zu leben. Nach dieser Ansprache verlässt "Jesus" das Gelände, besteigt einen Bus und verschwindet.

Diese Geschichte ist Benjamin Creme zur Kenntnis gekommen, worauf er den in Nairobi erschienenen "Jesus" mit seinem "Maitreya" identifizierte. Diese Identifikation wurde Creme von seinem Meister telepathisch bestätigt.

Allerdings passt Akatsas "Jesus" recht schlecht zu Cremes Maitreya:

- Die Gestalt wird als Jesus angesprochen, nicht als Christus. In der Theosophie bezeichnen diese beiden Namen aber völlig verschiedenes: "Christus" das Amt, das der Meister Maitreya gegenwärtig innehat, "Jesus" den Namen eines anderen Meisters, der eine untergeordnete Funktion in der Hierarchie der Meister hat. Und um diesen, den Meister "Jesus", hat es sich bei der Erscheinung in Nairobi nach Meinung Cremes eben gerade nicht gehandelt.

- Die Gestalt weist auf die christliche Eschatologie, die christliche Endzeitlehre hin, wenn sie davon spricht, dass diese Welt nicht mehr sein wird. Creme lehrt das Weiterbestehen dieser Welt, allerdings in paradiesischem Zustand.

- Die Gestalt weist das Publikum an, nach den Lehren der Bibel zu leben. Dies macht ihre Herkunft aus dem evangelikal-charismatischen Milieu wahrscheinlich, in welchem Mary Akatsa tätig ist. Creme kann mit den Lehren der Bibel nicht viel anfangen, er greift aus der Bibel weniges heraus, das ihm passt, und erklärt den grössten Teil für unerheblich. Creme fordert folgerichtigerweise nie dazu auf, nach den Lehren der Bibel zu leben.

- Die Gestalt legitimiert Mary Akatsa als "wahre Vertreterin des Höchsten", was Akatsa in ihrem Konkurrenzkampf mit Bonnke sehr nützlich sein wird, für Creme aber keinen Sinn macht. Akatsa lehrt ganz anderes als Creme.

- Die Gestalt erwähnt nichts, was irgendwie theosophisch wäre.

- Insbesondere fehlt jeder Aufruf zu den Inhalten, die Creme besonders wichtig sind, zum Teilen und zur Transmissions-Meditation.

Zusammenfassend kann die Erscheinung von "Jesus" in der Church of Bethlehem in Nairobi am 11. Juni 1988 mit hoher Wahrscheinlichkeit als Werbeaktion der Predigerin Mary Akatsa in ihrem Konkurrenzkampf mit

Bonnke interpretiert werden. Dabei greift sie geschickt Bonnkes Ankündigung auf und nimmt eine "göttliche" Legitimation ihres Anspruchs dankbar mit.

 

Die Transmissionsmeditation

Während sie des Day of Declaration harren, sind die Anhänger Cremes allerdings nicht untätig. Sie sind gehalten, sich einer Transmissionsgruppe anzuschliessen und im Rahmen derselben an der Transmissionsmeditation teilzunehmen.

Die Transmissionsmeditation dient nach Angaben Cremes dazu, die positiven Energien, die die Meister zur Verfügung stellen möchten, auf die Erde zu übertragen. Die Transmissionsgruppe wirkt so quasi als Transformator für die Meisterenergie. Damit ist auch klar, dass die Zielsetzung der Transmissionsgruppen keinesfalls nur die Selbsterbauung ist. Ihr Werk ist vielmehr ein weltbewegendes, die Gruppen ermöglichen die Veränderung dieser Erde.

Bedingungen einer erfolgreichen Wirksamkeit einer Transmissionsgruppe sind Regelmässigkeit und Dauer. Die Gruppen sind gehalten, sich jeweils am selben Wochentag um dieselbe Zeit am selben Ort zu versammeln, damit die Meister jeweils wissen, wann und wo die Gruppe zusammenkommt. Im allgemeinen finden die Treffen abends statt und können Stunden dauern.

Während der Transmissionsmeditation wird die "Grosse Invokation" gesprochen, eine Anrufung, welche Licht, Liebe und Kraft aus Gott auf die Erde herabruft zwecks Verbesserung derselben.

Daneben liest man einige der 140 "Christus-Botschaften", der Texte, die Benjamin Creme zwischen dem 6. Dezember 1977 und dem 27. Mai 1982 während öffentlicher Veranstaltungen telepathisch von Maitreya empfangen haben will. Diese 140 kurzen Mitteilungen haben für Creme und die Transmissionsgruppen den Rang einer Heiligen Schrift. Die Texte werden laut vorgelesen, um deren mantrische Qualität wahrzunehmen, oder, noch wirksamer, es wird ein Tonband mit dem Originalvortrag der Texte durch Benjamin Creme vorgespielt. Die Christus-Energie ist in der Tonbandaufnahme besonders wirksam.

 

Das Teilen

Benjamin Creme vertritt, für die Esoterik-Szene eher untypisch, eine sehr politische Botschaft: Maitreya wird eine neue Weltordnung schaffen, die von einem neuen Wirtschaftssystem gezeichnet ist. Dieses Wirtschaftssystem stellt einen Dritten Weg zwischen Kapitalismus und Kommunismus dar und ist vom Begriff des "Teilens" geprägt. Die Ressourcen sollen gerecht aufgeteilt werden, so dass jeder Mensch genug hat. Dies bedingt natürlich, dass die reichen Schichten und Länder abgeben und zu einem einfacheren Lebensstil finden müssen. Da solches aber freiwillig geschehen soll, kann dieser Prozess nur unter der Bedingung einer globalen Veränderung des Bewusstseins stattfinden. Diese Bewusstseinsveränderung zu bewirken ist die Aufgabe Maitreyas und vorgreifend schon der Transmissionsgruppen und der Vorträge Cremes.

In diesem Zusammenhang wird für Creme die Tatsache zum Problem, dass sich unsere Welt in den neunziger Jahren keinesfalls auf das Ideal einer gerechten Verteilung der Ressourcen hin entwickelt hat. Im Gegenteil wurde der Unterschied zwischen Arm und Reich nicht nur immer grösser, sondern dieser Prozess wird auf ideologischer Ebene durch die rasante Verbreitung sozialdarwinistischer Thesen immer weniger als Problem wahrgenommen. Angesichts dieses Befundes zu behaupten, Maitreya habe seit den ausgehenden Siebziger Jahren einen kontinuierlichen Einfluss auf die Bewusstseinsentwicklung der Erde, stellt eine massive Verkennung der Realität dar. Creme hat, als Gefangener seiner These vom Einfluss Maitreyas auf das Bewusstsein der Erde, die Oekonomisierung und die Renaissance des Sozialdarwinismus lange als nur kurzes Zwischenproblem verniedlicht. Bei seinen gegenwärtigen Vorträgen ist Cremes Verunsicherung in dieser Sache aber spürbar.

 

Weitere Lehren

Elitarismus

Als Theosoph lehrt Creme die permanente Fortentwicklung der Seele von Inkarnation zu Inkarnation, wobei der Weg vom Mineral über die Pflanze zum Tier, dann zum Menschen und weiter zum Meister führt. Nun gibt es aber auch auf derselben Stufe erhebliche Entwicklungsunterschiede, so sind manche Menschenseelen im Moment in ihrer ersten menschlichen Inkarnation, andere haben sich schon zigtausendmal als Menschen inkarniert und werden den Schritt zum Meister bald schaffen.

Als Kriterium des Entwicklungsstandes einer Menschenseele mag nun die Transmissionsmeditation dienen. Menschen, die bereit sind, sich in dieser Arbeit zu engagieren und mehrere Stunden pro Woche für dieses Werk aufzuwenden, beweisen damit, dass sie über eine hochentwickelte Seele verfügen. Die (zahlreichen) Menschen, die sich nach ein paar Meditationstreffen von der Transmissionsgruppe gelangweilt wieder abwenden, haben diesen Stand offensichtlich noch nicht erreicht.

Aufgrund dieses Verständnisses können sich die Teilnehmer an den Transmissionsgruppen als die Elite der Menschheit verstehen, ganz unbesehen davon, ob dieser Auffassung eine entsprechende Bedeutung im Berufsleben entspricht. Hier ist bestimmt eine der Motivationen zur Teilnahme an den Gruppen zu sehen.

 

Einweihungen

Die Entwicklung vom Menschen zum Meister ist nach der Lehre Cremes durch fünf Einweihungen, Initiationen gezeichnet, die absolviert sein wollen, bevor ein Mensch zum Meister werden kann. Jede Initiation bedingt die "Herrschaft über eine bestimmte Bewusstseinsebene".

- Die Erste Inititiation setzt die Herrschaft über die physische Ebene voraus und bedingt unzählige Inkarnationen.

- Auf der zweiten Stufe erlangt der Mensch die Herrschaft über die Astralebene, was mehrere Inkarnationen voraussetzt.

- Die dritte Initiation kann erfolgen, wenn der Mensch seine Gedanken beherrschen kann.

- Für die Bezwingung der vierten Initiation ist der "grosse Verzicht" notwendig. Irdisches hat für den Initiierten diesen Grades keinerlei Bedeutung mehr.

- Die fünfte Einweihung macht aus dem Menschen einen Meister, er braucht sich dann nicht mehr zu inkarnieren.

 

Vorschriften und Empfehlungen

Menschen, die auf ihrem Entwicklungsweg vorankommen wollen, sind von Creme gehalten, bestimmte Weisungen zu beachten:

- Auf das Rauchen ist zu verzichten.

- Fleischgenuss ist für das spirituelle Fortkommen hinderlich, eine Feststellung, die einem Verbot gleichkommt.

- Fisch darf hingegen verzehrt werden, Fisch ist "neutral".

- Der Genuss von Geflügel ist weniger schädlich als der Genuss von Fleisch von Säugetieren.

- Im Gegensatz zu den meisten theosophischen Gemeinschaften gestattet Creme moderaten Alkoholkonsum.

- Die Einnahme von Aspirin ist strikte verboten, es gilt als "Gift". An Medikamenten sollen nur homöopathische Mittel eingenommen werden.

- Erdbestattung wird abgelehnt mit einer medizinisch gesehen absurden Begründung: "Durch die Erdbestattung werden diese Krankheiten, wie beispielsweise Krebs, Syphilis und Tuberkulose, aus dem Körper in die Erde hineingefiltert und gelangen in die Nahrungskette und werden dann wieder von Menschen und Tieren absorbiert. Seit tausenden von Jahren ist das die gängige Praxis, folglich sind diese Krankheiten endemisch geworden..."

 

Ausschliesslichkeit

Für Creme ist nicht fraglich, dass er die einzige Person ist, die öffentliche Botschaften von Christus/Maitreya übermittelt: "Dies hier ist der einzige Ort, an dem Christus öffentliche Botschaften wie diese von sich gibt". Die auf der Esoterik-Szene konkurrierenden Kanäle sind durch "niederen Psychismus" gezeichnet und/oder übermitteln Botschaften allein von der "Astralebene", aber nicht von den Meistern selbst (der Hinweis auf die "Astralebene" ist eine Auskunft, die man von fast jedem Channeling-Medium bekommt, wenn man sich nach der Bedeutung der Botschaften anderer Medien erkundigt).

Die Traditionen aller Weltreligionen wertet Creme dadurch ab, dass er behauptet, alle diese Traditionen, die Veden, der Pali-Kanon, der Tao Te King, das Avesta, die Bibel, der Koran, seien verfälscht worden. Was die Veden, das Alte Testament, Zarathustra, Buddha, Lao Tse, Jesus und Muhammad wirklich lehrten, das wissen nicht deren Anhänger, das weiss nur einer: Benjamin Creme. Creme wird so zum universalen Besserwisser, eine Selbstwahrnehmung, die bei seinen Vorträgen denn auch sehr deutlich wird, wenn er sich im Rahmen der Fragenbeantwortung als Schiedsrichter und Verbesserer der spirituellen Traditionen der Menschheit aufspielt.

Sogar die Theosophie, die Strömung, der Creme selbst entstammt und der er seine Lehre zu grossen Teilen verdankt, wird von Creme abgewertet. H.P. Blavatsky ist in Cremes Augen blosse "Vorläuferin", Alice Bailey wird zur "Zwischenphase". Die Wahrheit in ihrer Fülle wird für die Menschheit erst bei Creme greifbar.

 

Finanzen

Die einzelnen Organisationen der Bewegung um Creme, etwa Share International und die Tara-Centers, finanzieren sich durch den Verkauf der Bücher Cremes und der Zeitschrift "Share International". Daneben spielen Spenden der TeilnehmerInnen der Transmissionsgruppen, die dem Vernehmen nach unter Umständen beträchtlich hoch ausfallen können, eine grosse Rolle. Creme nimmt für seine Vortragstätigkeit kein Honorar. Spenden wird er aber, nach dem Vorbild seiner Vordenkerin Alice Bailey, kaum zurücksenden.

 

Mitgliederzahl in der Schweiz

In der Schweiz sind rund 30 Transmissionsgruppen bekannt, was eine Anhängerschaft von ein paar hundert Menschen bedeutet.

 

Persönliche Wertung

Benjamin Creme ist zweifellos ein Mensch mit hohen Idealen, der am gegenwärtigen Zustand der Welt leidet und von einer besseren, ja perfekten Welt träumt. Diese Träume, die auf Aussenstehende zum Teil phantastisch, ja kindlich-naiv wirken, personalisiert Creme in der Gestalt seines Maitreya, an dessen Existenz er bestimmt glaubt.

Als einziger öffentlicher Vertreter Maitreyas erhält Creme eine ungeheure heilsgeschichtliche Position, das in der Theosophie ohnehin verbreitete Besserwissertum steigert sich bei Creme zum Exzess: In seinem Schrifttum bewertet Creme alle halbwegs bekannten Menschen bezüglich ihres Einweihungsgrades. Creme ist der grosse Schiedsrichter der Wahrheit, die Prüfungsbehörde der Spiritualität der Menschheit. Diese Funktion würde Creme sogleich verlieren, wenn Maitreya nun wirklich auftreten würde. Insofern muss das Ausbleiben des Day of Declaration für Creme ambivalent sein: Einerseits führt jede Verzögerung zu einer Abnahme von Cremes Plausibilität, andererseits ermöglicht sie Creme, sein Amt als einziger öffentlicher Vertreter der Wahrheit länger auszuüben.

Cremes Vorstellungswelt bietet den Teilnehmern der Transmissionsgruppen die Gelegenheit, sich als Elite der Menschheit zu empfinden. Mit ihrer Teilnahme und ihrem Engagement beweisen sie, dass sie hohe Eingeweihte sind. Durch ihre meditative Tätigkeit arbeiten sie konkret an der Verbesserung der Welt. Ihre Bedeutung ist deshalb unermesslich, und diese Theorie damit geeignet, Minderwertigkeitsgefühle zu kompensieren.

Hier schliessen sich Anfragen an:

Zum einen fragt es sich, ob Creme seinen Idealismus und sein Engagement mit der Idee der Transmissionsmeditation nicht selbst korrumpiert. Würde er seine Anhänger nicht besser in konkrete Tätigkeit zugunsten einer besseren Welt führen, statt ihnen stundenlangens Meditieren als probatesten Weg der Veränderung zu predigen?

Zum zweiten scheint der grassierende Elitarismus im Widerspruch zum ethischen Anliegen Cremes zu stehen.

Zum dritten kann ein friedliches Zusammenleben der Menschen wohl nicht so zustande kommen, dass ein Oberlehrer in Religionssachen den spirituellen Traditionen Zensuren austeilt und mit dem Rotstift Fehler markiert, auf dass die betreffenden Richtungen geflissentlich ihre Verbesserungen schreiben mögen. Dies wäre, wirklich durchgedacht, religiöser und weltanschaulicher Totalitarismus, welcher in der Geschichte schon genügend Schaden angerichtet hat. Der Weg zum friedlichen Zusammenleben der Weltanschauungen, Traditionen und Kulturen kann nur dieser sein, dass sich die verschiedenen Gemeinschaften gerade in ihrer Verschiedenheit zu akzeptieren und zu verstehen lernen.

 

Die Zukunft von Benjamin Cremes Bewegung

Es kann nach allem geruhsam davon ausgegangen werden, dass der Day of Declaration noch weiter auf sich warten lässt. Falls Creme gesundheitlich in der Lage ist, noch ein paar Jahre wirksam zu bleiben, ist nicht unwahrscheinlich, dass er irgendwann von einem Rückzug Maitreyas angesichts der Unreife der Welt berichten wird. Cremes Bewegung würde damit aber ihr Unterscheidungsmerkmal gegenüber anderen theosophischen Traditionen, die Naherwartung, verlieren. Sie würde sich so, wohl stark verkleinert, im immer breiter werdenden Angebot theosophischer und neotheosophischer Gemeinschaften einordnen und wäre von anderen Meisterkräfte herabmeditierenden Gruppierungen, etwa den Lightwork-Gruppen, kaum mehr zu unterscheiden.

Ein baldiges gesundheitlich bedingtes Ausscheiden Cremes aus dem aktiven Dienst hätte für die Bewegung wohl finale Folgen.

 

Quellen

Creme, Benjamin: Maitreya - Christus und die Meister der Weisheit, Edition Tetraeder, München, 3. Aufl. 1991

ders.: Transmission. Eine Meditation für das Neue Zeitalter, Edition Tetraeder, München 3. Aufl. 1988

ders.: Maitreyas Mission, Edition Tetraeder, München, 2. Aufl. 1993

ders.: Maitreyas Mission. Band Zwei, Edition Tetraeder, München 1994

ders.: Lehren der zeitlosen Weisheit. Eine Einführung in das geistige Vermächtnis der Menschheit, Edition Tetraeder, München 1997

ders. (Hrsg.): Botschaften von Maitreya - dem Christus, Edition Tetraeder, München 1997

Information Center Amsterdam (Hrsg.): Unsere Welt hat genug Hunger... Christus weilt jetzt unter uns, Inserat, Neue Zürcher Zeitung, 24. April 1982

Mutungi, Job: About 6000 Worshippers at Muslim Village, Kawangware, Nairobi, believe they saw Jesus Christ, in broad daylight last week, Kenya Times, 22. Juni 1988

Share International (Hrsg.): Share International, Periodikum, diverse Ausgaben

 

Georg Otto Schmid, 1998


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