Vor einem Jahr in der Ostschweiz, Weinfelden, dieses Jahr anfangs
November in Biel: die jährlichen Konferenzen, die Ellel
Ministries in Zusammenarbeit mit hiesigen Freikirchen unter dem Motto
'Der Sieg gehört unserem Gott' durchführt, scheinen sich
auch in der Schweiz zu institutionalisieren. 1986 wurde der
christliche Schulungsdienst Ellel Ministries in England
gegründet, zurzeit verfügt er über 150 vollzeitliche
und 350 ehrenamtliche HelferInnen. Es besteht eine eigene Homepage
(www.ellelministries.org, Kontakt für die Schweiz:
www.oasis-biel-seeland.ch). Das Thema der diesjährigen Konferenz
kann auch als Programmkürzel für Ellel Ministries
überhaupt aufgefasst werden: Seelsorge, Befreiung, Heilung.
Unverkennbar etabliert sich hier ein Werk, das sich den
charismatischen Heilungs- und Befreiungsdienst aufs Banner
geschrieben hat. Deren Inhalte sind bekannt, sie beruhen auf einer
fundamentalistischen, erlebnisorientierten Frömmigkeit (vgl.
Artikel Befreiungsdienst).
Vom Heilungsdienst werden Bedürfnisse wahrgenommen, die in
den Landeskirchen delegiert werden. Bei Bedürfnissen nach
körperlicher Heilung wird von diesen auf das medizinische
Fachpersonal verwiesen, bei Bedürfnissen nach seelischer Heilung
wird die Zusammenarbeit mit PsychologInnen gesucht. Die Landeskirchen
führen damit eine arbeitsteilige Entwicklung fort, die von der
Einsicht geprägt ist, dass Universaltätigkeit nicht mit
modernen Qualitätserfordernissen vereinbar ist. Solche
Selbstbescheidung scheint die charismatische Heilungsbewegung nicht
für notwendig zu erachten, da dies ihrer Meinung nach einer
Selbstbescheidung Gottes gleich käme. Es ist dies auch der
Versuch, das Rad der kulturgeschichtlichen Entwicklung
zurückzudrehen, die Arbeitsteiligkeit und die Wertevielfalt
wieder rückgängig zu machen.
In diesem Beitrag soll es darum gehen, einige psychologische
Faktoren zu benennen, die bei diesen Grossveranstaltungen mit
mehreren hundert Leuten zum Tragen kommen. Angebracht ist diese
Perspektive insbesondere deshalb, weil die Zielvorgabe der
Veranstaltung selbst eine therapeutische ist.
Ellel Ministries setzt sich an erster Stelle von der
Aufklärung ab und ist insofern eine 'romantische' Bewegung:
Gefühle und deren Handhabung stehen im Vordergrund,
traditionelle übersinnliche Figuren sind
selbstverständliche Erklärungshilfen, an erster Stelle
Satan, aber auch Engel in diversen Rollen. Gesamtgesellschaftlich
besehen wird darin eine Stossrichtung deutlich, die durchaus auch an
anderen Orten auftritt, beispielsweise mit der Esoterik
Vergleichbarkeiten aufweist. Auf dem Programm für 1998 wird denn
die Esoterik auch genannt, allerdings in einem Atemzug mit New Age
und dem Okkulten, die negative Wertung ist unschwer zu erkennen. Hier
bewahrheitet sich einmal mehr das Gesetz, das sich dasjenige als
Gegner auffasst, was von einem psychologischen Standpunkt aus
Verwandtschaften aufweist.
Es kann aber auch nicht vermutet werden, dass Ellel Ministries
unter Esoterikern Erfolge verbuchen könnte, denn unterscheidend
ist vor allem das klar biblizistische Weltverständnis. Da dieses
den meisten Zeitgenossen nicht mehr selbstverständlich ist, wird
in der ersten Konferenzphase eine gemeinsame
Verständnisgrundlage geschaffen. Zwar dürfte sich die
Grosszahl der Teilnehmer bereits aus freikirchlichen
Zusammenhängen rekrutieren, auch diese Klientel ist aber nicht
frei von zeitgeistlichen Einflüssen. Letztere legen es einem
Mitteleuropäer insbesondere nahe, sein Lebensgeschick als
selbstgewirkt und nicht als abhängig von höheren
Mächten aufzufassen.
In einem grossen Zug zeichnete P. Horrobin - der Begründer
und Leiter von Ellel - deshalb 1997 die Situation des Menschen als
eine, die vom kosmischen Kampf zwischen Gott und Lucifer bestimmt
ist. Nach dem Sündenfall ist Lucifer der Herr der Welt, auch
nach Christus und trotz Bekehrung. Die Bedeutung dieser geistigen
Gleichschaltung der Grossgruppe wird mit einem eindrücklichen
Bild markiert: die weltanschauliche 'Wahrheit' als schutzspendender
Rahmen vor teuflischen Angriffen. Der Absolutheitsanspruch
hinsichtlich Wahrheit wird dabei ganz simpel mit dem Monotheismus
begründet: ein Schöpfer - eine Wahrheit. Dass mit der
Betonung destruktiver Mächte eigentlich ein Dualismus errichtet
wird, bleibt dabei als Widerspruch unbedacht.
So werden die Konferenzteilnehemer gleich zu Beginn in eine
erzählerisch plausible Dramatik miteinbezogen, die den
erklärenden Hintergrund abgibt für alles folgende. Der
Verweis auf den schutzspendenden Rahmen der 'wahren' Weltsicht
enthält dabei den klaren Hinweis, dass alles Infragestellen
bereits 'des Teufels' ist, was eine argumentative Immunisierung
bedeutet. Kritik und eigentliche Diskussion ist nicht erwünscht,
denn die Ellel-MitarbeiterInnen beanspruchen eine
Interpretationsmacht, die sie als biblisch vorgegeben auffassen.
Der biblische Auftrag von Ellel Ministries wird nicht nur mit der
Erwähnung biblischer Stellen, sondern auch mit Wunderberichten
legitimiert. Wo noch Wunder und Zeichen geschehen, da wirkt Gott.
Nach dieser einfachen Logik funktioniert der Legitimationsbeweis. Die
Erzählung erfolgreicher Einsätze von Ellel-DienerInnen,
Anekdoten von hohem Unterhaltungswert, funktionieren nach dieser
Logik und geben gleichzeitig ein Verhaltensvorbild ab für all
jene, die ebenfalls von diesem Geist erfasst werden möchten.
Auch am Beginn der Tätigkeit von P.Horrobin stand eine Bekehrung
zum beschriebenen Weltbild, zur Wirksamkeit von Teufel und
Dämonen.
Das Problem von Drittvariablen bleibt dabei unbedacht,
Überlegungen zur Ursachen-Zuschreibung fehlen ganz. Hinter
gemeinsamen Zusammenhängen, vor allem hinter geheimnisvollen,
kann sich eine Drittvariable verbergen, die den Zusammenhang
unmittelbar plausibel macht. Beispielsweise ist es beeindruckend, wie
der Teufel mit Vorliebe in Pubertierende fährt. Dass dahinter
ein universal menschlicher Entwicklungsdruck in Richtung Autonomie
steht, der eine Umwertung aller Werte der Erwachsenenwelt, auch der
christlichen, mit sich im Schlepptau führt, kommt manchen
Heilungsdienern scheinbar nicht in den Sinn. Erneut ist es eigentlich
die Infragestellung, die 'des Teufels' ist.
An diesem Beispiel lässt sich auch das Problem der
Ursachenzuschreibung erläutern: wir Menschen brauchen
Ursachenerklärungen für Ereignisse, Ordnung im Kopf.
Erklärungen können ein Ereignis mehr oder weniger gut
einordnen, sie können ihren Gehalt auch ganz verlieren. Sie
können demnach auch mehr oder weniger überzeugen, keine
Erklärung parat zu haben, ist aber ein schwierig auszuhaltender
Zustand. Für ein Ereignis gibt es prinzipiell immer mehrere
mögliche Erklärungen, Junge und Alte, Laien und Fachleute,
Menschen aus verschiedenen Kulturen erklären sich gleiches
ungleich. Ellel Ministries gibt dahingegen ein uniformes
Erklärungsschema mit an die Hand: hinter Misslingen, schlechten
Gefühlen und unsittlichen Versuchungen stehen Teufel und
Dämonen.
Dieses Erklärungsmuster verlagert die Ursache aus dem
Individuum heraus in einen dunklen Hintergrund, der allerdings
personalisiert wird: Bocksfuss und Schwefelgeruch lassen
grüssen. Dieses Erklärungsmuster wählt zudem eine
umfassendere Ebene. Die kosmische Dimension des Geschehens
enthält eine gern gehörte Bedeutungsaufwertung des
Einzelnen: die höchsten Mächte kämpfen hier und jetzt
um Dich. Dieser umfassende Erklärungsansatz hat den Vorteil,
dass alles und jedes der Kategorie 'Teufel gegen Gott' unterworfen
werden kann, aber den Nachteil, dass damit
Erklärungsansätze verpasst werden, die mehr Einsicht
vermitteln dürften. Insbesondere wird damit die
Auseinandersetzung einer Person mit sich selbst mit psychologisch
unscharfen Begriffen geführt. Im schlimmsten Fall fällt der
Blick ganz vom Ich ab: hinter jedem Busch und in jeder Ecke wird nun
ein Dämon vermutet, der Weg zum Verfolgungswahn ist nicht mehr
weit.
Der im stark vereinfachenden Schwarz-weiss gezeichnete Ernst
dieses Erklärungsmusters könnte allerdings auch leicht
Abwehr erregen. Zur Abwendung dieser Gefahr hat vor allem Ken
Hepworth einen Sprachstil entwickelt, der einer peinlichen Note nicht
entbehrt. Die Personalisierung der höchsten polaren Mächte
wird hier auf die Spitze getrieben und gerät mitunter zum
komödiantischen Bühnenstück à la Nestroy. Mit
saloppen Sprüchen wird vor allem der Leibhaftige in menschlich -
allzumenschlichen Farben vorgezeichnet. Das hat Unterhaltungswert. Es
entlastet. Aber es wird auch ein bisschen überdeutlich, dass die
Transplantation antiker Mythen in die Moderne letztlich nicht
gelingt.
Die geistige Gleichschaltung durch die Vermittlung eines universal
anwendbaren Erklärungsansatzes wird von einer emotionalen
Gleichschaltung begleitet. Die Lobpreislieder sollen natürlich
in erster Linie der Verherrlichung Gottes dienen. Ihre
eingängigen, süss-weichen Melodien wirken für die
hingebungsvoll Singenden als zusammenschweissendes Band. Die
proklamierte Liebe zu Jesus ruft Gefühle hervor, die vor den
benachbarten SängerInnen nicht halt machen können. Die
Vorspielgruppe und besonders ihr Anleiter verstärken zudem die
Dynamik. Die sehr repetitiven Melodien werden sachte auslaufen
gelassen und führen unmerklich in ein Gebet des Bandleaders
über, das in seinem Gestus intim genannt werden darf. So wird
allen klar: es geht nicht nur in dramatischer Weise um mich, sondern
hier ist auch der Platz, mein Innerstes hervorzukehren, es vor Gott
und die Grossgruppe zu legen.
Diese Dynamik wird durch ein weiteres Vorgehen zugleich zugespitzt
und konkretisiert: die Geistlehre. Dabei wird betont, die
Formulierung 'Taufe durch den Heiligen Geist' sei falsch und durch
diejenige 'Taufe im Heiligen Geist' zu ersetzen. Sprechendes Bild
dafür ist der Teebeutel im Wasser. Klar ist dabei auch: ein
Christ ohne Geistestaufe gleicht einem unbrauchbaren trockenen
Teebeutel. Die Betonung in der Formulierung will vielleicht folgendes
verdeutlichen: es geht um Hingabe, vom Geist umgeben und durchflutet
sein, sich beinahe darin auflösen.
Abends ist die Selbstkontrolle generell gelockert. Aus dem
Alltagsleben ist die abendliche Entspannung tausendfach
eingeübt: nach harter, konzentrierter Arbeit lässt man sich
am 'Feierabend' gehen. Man wird beeinflussbarer. So stellt der Abend
strategisch die beste Zeit dafür dar, zu Bekenntnis und neuer
Hingabe aufzufordern. Bei P. Horrobin verbinden sich diese Kernphasen
der Konferenz mit einer entsprechenden Rhetorik. Seine Sätze
werden lauter, kürzer, betonter, kämpferischer. Das Drama
des kosmischen Kampfes wird jetzt inszeniert. Der Höhepunkt
besteht schliesslich im Befreiungsgebet: "Im Namen Jesu Christi
spreche ich Dir Satan die Macht los!" Entscheidend an dieser Formel
ist die Nennung des Namens Jesu Christi. Diese Entwicklung ist
konsequent, von den Ausführenden vermutlich gleichwohl nicht
durchschaut. Ellel Ministries kehrt nicht nur zu einem
voraufklärerischen, mythischen Weltbild zurück, Ellel
Ministries operiert auch mit rhetorischen Figuren und besitzt als
vermeintlich wirksamstes Mittel: eine magische Formel, die sich zwar
inhaltlich, nicht aber in ihrer Funktion vom 'Hokus pokus'
unterscheidet.
Das Magische verbindet sich dabei typischerweise mit
Reinlichkeitsvorstellungen. Befreit werden müssen auch
Räumlichkeiten, beispielsweise der Konferenzraum. 1997 fand in
Weinfelden zur gleichen Zeit eine parapsychologische Veranstaltung
statt, was für hinderlichen Einfluss verantwortlich gemacht
wurde. So wird Geistiges beinahe materialisiert gedacht, erneut
ergeben sich Berührungspunkte zur bekämpften Esoterik.
Es verwundert wenig, dass auf die direkte Anrede Satans hin einige
Anwesende zu schreien beginnen, verzweifelt, im Crescendo oder auch
wie in einem sexuellen Akt. All diese Äusserungen werden
natürlich als Zeichen der leibhaftigen Anwesenheit Lucifers
gedeutet. Der Erklärungsansatz bewahrheitet sich selber, der
Kreis hat sich geschlossen.
Zu den armen Opfern, an denen sich der kosmische Kampf akut
entzündet, begeben sich bereitstehende Hilfsbeter. Sie
hören sorgsam zu, man kommuniziert flüsternd, vor allem
geht es dann aber um das vollmächtige Gebet: die seelsorgerliche
Wirkung wird also dem Geist überlassen. Deshalb dürfen die
Seelsorger auch Laien sein, sie sind teilweise sogar erst knapp der
Pubertät entwachsen. Kriterien für die
Dienstbefähigung sind geistlicher Art: christliche
Lebensführung, Treue im Gebet, Geistesgaben. Das
Kompetenzproblem wird dabei aber nur verschoben. Zwar soll nur der
göttliche Geist wirken, er wirkt aber nicht durch alle gleich.
Unvergesslich bleibt mir eine Person in grosser Verzweiflung, die
geradezu die geistliche Hierarchiereihe hoch weitergereicht wurde,
weil das Gebet alleine momentan nicht weiterhalf.
Währenddem die Opfer betreut werden, beginnt auf der
Bühne P.Horrobin in Zungen zu reden, während der ganzen
Konferenz im gleichen Stil. Aus der Distanz besehen entsteht der
Eindruck, die in der vorangegangenen Dramatik aufgebaute Erregung
werde nun auf diese Weise abgebaut.
Was ereignet sich aus psychologischer Sicht in solchen Momenten
bei den zu Befreienden? An erster Stelle eine Dynamik, die die ganz
individuelle Problemlage eines Menschen auf einen Nenner reduzieren
will. Diese Uniformierung verletzt die Einzigartigkeit und die
Eigenmächtigkeit eines Individuums. Im Grunde wird der
individuelle Wille zu brechen versucht. Das individuelle Erleben soll
durch ein von der Gruppe vorgegebenes ersetzt werden. Deshalb weht
auch ein unverkennbar moralisch-gesetzlicher Wind. Das grösste
Problem scheint für die Befreiungsbewegung in der menschlichen
Autonomie und der gesellschaftlichen Wertevielfalt zu liegen. Man
möchte nicht unkontrollierbare Einzelwesen, sondern
kontrollierbare Vervielfältiger des Eigenen, Automaten. Die
Befreiungsbewegung 'befreit' von der mit der Autonomie gegebenen
Selbstverantwortung. Sie belohnt mit persönlicher Zuwendung und
Gemeinschaft.
Es ist bestimmt kein Zufall, dass die Konferenzen jeweils um die
drei Tage dauern. Gruppenpsychologisch ist bekannt, dass nach drei
Tagen ein eigentliches Zusammengehörigkeitsgefühl entsteht.
Man fühlt sich wie in einer Familie, betont das Gemeinsame und
Schöne. Allerdings werden ab diesem Punkt nun auch immer
stärker die Reibungsflächen spürbar und so ist es zur
Harmonieerhaltung nicht empfehlenswert, das Zusammensein noch
längere Zeit fortzuführen.
Aus psychologischer Perspektive muss dem allenfalls einkehrenden
Seelenfrieden misstraut werden. Solange ein Individuum lebendig ist,
wird sich seine Autonomie wieder melden. Konflikte sind programmiert.
Es ist deshalb auch kein Zufall, dass sich der Heilungs- und
Befreiungsdienst zunehmend an bereits erweckte Christen wendet.
'Erneuerung' wird angestrebt und das dürfte heissen: das
gleiche, meist nur kurzfristig wirksame Programm erneut, diesmal
forcierter zu versuchen. Es kann sich eine eigentliche Suchtdynamik
entwickeln: durch eine gewisse Gewöhnung hilft nur noch mehr
desselben. Gegen dieses christliche Leiden tritt der Heilungsdienst
an: sich formal erlöst zu wissen und doch so oft wenig davon zu
verspüren. Der angestrebte Zustand einer
gefühlsmässigen Totalharmonie ist aus psychologischer
Perspektive als irreal zu kennzeichnen, weswegen dem Heilungs- und
Befreiungsdienst ein Sysiphus-Schicksal beschieden sein dürfte.
Es kann nach diesen Bemerkungen wenig verwundern, dass sich die
Befreiungsbewegung mit der Psychologie besonders schwer tut. Dieser
wird zwar (Ken Hepworth) zugestanden, dass sie sich beispielsweise
vor den befreiten Christen in liebevoller Weise den Opfern von
sexuellem Missbrauch angenommen habe. Unmissverständlich wird
aber dennoch ausgedrückt, dass Psychologie eigentlich nicht mit
dem Glauben vereinbar sei.
Christliche HeilungsdienerInnen lassen sich kaum auf die
Auseinandersetzung mit der akademischen Psychologie ein. Die
esoterische transpersonale Psychologie ist erst recht des Teufels.
Währenddem die Landeskirchen viel eher den Weg gehen,
psychologisches Fachwissen und Können zu übernehmen, will
sich der Heilungs- und Befreiungsdienst davon abgrenzen und das
Eigene entgegensetzen. Das Eigene heisst dabei insbesondere: Jesus
ist der beste Arzt bzw. eben Psychologe. Diese Denkfigur ist
natürlich nicht neu, sie wurde schon mehrfach (Bsp. H. Wolff),
jüngst am deutlichsten von Drewermann, detailliert
ausgeführt. Währenddem man die Unternehmungen dieser
AutorInnen aber auch so auffassen kann, dass sie Psychologie am
Beispiel Jesus abhandeln und vermitteln, geht es dem Heilungsdienst
gerade nicht darum: Heilung und Befreiung kann sich da mangels einer
anderen Sprache nur im fundamentalistischen Rückgang ins
mythische Weltbild vollziehen. Natürlich wird der Heilungs- und
Befreiungsdienst dadurch aber nicht frei von Psychologie.
Der Heilungs- und Befreiungsdienst kann so als der Versuch
aufgefasst werden, die Felle, die in Richtung Psychologie und
Psychotherapie davonzuschwimmen drohen, wieder einzuholen. Das Motto
'der Sieg gehört unserem Gott' wäre nicht nur als
Kampfansage an Lucifer zu verstehen, sondern auch als solche an alle
'unbefugt' Therapierenden. Es geht den Veranstaltenden nicht nur um
Heilung. Wird Heilung durch einen säkularen Therapeuten erwirkt,
ist ihr aus Prinzip zu misstrauen. Echte Heilung heisst für
Ellel Ministries primär Etablierung eines
konservativ-christlichen Weltbildes. Auf die allenfalls
anderslautende, individuelle Wahrheit eines Patienten kann keine
Rücksicht genommen werden. Das eigentlichste Anliegen bleibt
dasjenige der Mission.
Dieser Zug verdient auch Respekt: Durch Ellel Ministries weht ein
Aufbruchswind, ein Unternehmergeist, Gott soll hier und jetzt seine
Wirksamkeit erweisen. Eine Bewertung muss sich allerdings gerade
dabei mit dem Verhältnis von göttlichem und menschlichem
Beitrag auseinandersetzen. Am fatalistischen Pol wirkt Gott allein,
der Mensch ist passives Material. Ellel Ministries weist in seinem
Weltbild solche Züge auf. Der reformatorische Zugang ist da
gemässigter, beschreibt ein Ineinander und durchaus auch
Gegeneinander von göttlichem Willen und menschlicher Tat. Am
anderen Extrempol steht der Zwang zum sofortigen Erweis
göttlicher Wundertat, dem mit allerlei menschlichen Tricks
nachgeholfen werden muss. Dieser Artikel ist vom Verdacht durchzogen,
dass Ellel Ministries im handlungsmässigen Vorgehen dieser
Dynamik unterliegt und damit eigentlich im Widerspruch zum
fatalistisch vorgezeichneten Weltbild liegt. Eine kritische
Auseinandersetzung muss es sich deshalb zum Vorsatz nehmen, diese
Tricks als menschliche zu entlarven, nicht zuletzt, um Gott als dem
ganz anderen den gebührenden Raum offen zu halten. Wenigstens
Gott sollte die Autonomie nicht genommen werden.