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Eileen Caddy und die Findhorn-Foundation

 

 

Eileen Caddy (1917-2006), die zusammen mit ihrem zweiten Gatten Peter Caddy und mit Dorothy MacLean die Findhorn Foundation gründete, erzählt in einer ihrer Meditationen, wie sie in einer Zeit grosser persönlicher Ratlosigkeit in sich eine Stimme vernahm die sich ich als „Gott" vorstellte und sie als „Kind", später als „liebes Kind" und dann als „meine Liebe" ansprach. Sie deutete diese Stimme als die Stimme Gottes, verborgen in jedem Menschen und Wesen, aber nur zu hören, wenn Menschen in meditative Stille finden. Von nun an liess sie sich durch diese Stimme durch ihr wechselvolles Leben leiten. Sie verliess ihren ersten Gatten und ihre vier Kinder und fand in den Fünfziger Jahren Anschluss in einem kleinen Kreis spiritueller Lehrer, zu dem auch Peter Caddy, der ihr zweiter Gatte wurde, und Dorothy MacLean gehörten. Die Gruppe versuchte, durch Meditation und Channeling, d.h. durch Kontakte mit der geistigen Welt, Spiritualität mit dem irdischen Alltag zu verbinden. 1957 übernahm Eileen Caddy zusammen mit ihrem Gatten Peter und mit Dorothy MacLean ein Hotel im Norden Schottlands, das Cluny Hill Hotel bei Forres. Wesentliche Impulse für die Führung des Betriebs gingen von nun an von jener göttlichen Stimme aus, die Eileen in ihrem Innern vernahm.

Diese Stimme führte das Gründertrio zur Erkenntnis, dass nicht nur Menschen in ihrem Grunde göttlich sind, sondern dass auch alle Dinge und Wesen von Göttlichkeit erfüllt sind. Nur unser Unwissen und unsere Unachtsamkeit hindern uns daran, diese verborgene Göttlichkeit in allen Dingen und Wesen zu erkennen. Wer sich aber meditativ auf diesen Urgrund alles Seienden einstimmt, der findet zur Quelle aller Kreativität. Er wird zum Mitarbeiter im Schöpfungsprozess. Er führt zusammen mit den göttlichen Kräften die ihn umgebende Welt in neue, dem Ahnungslosen unerreichbare Dimensionen. Und er hilft in letzter Konsequenz auch der seelenlosen, gottfernen und naturfeindlichen Zivilisationen der Gegenwart in die Ganzheit zurückzufinden, die sie zum eigenen Überleben dringend braucht.

Nachdem 1962 dem spirituell gesinnten Hotelmanagement der Arbeitsvertrag gekündigt worden war, lebten sie in einem Wohnwagen auf einem sandigen Campingplatz bei Findhorn. 1963 bauten sie neben dem Wohnwagen eine Unterkunft für Dorothy MacLean. Mit Gartenarbeit - auf sandigem Strand - versuchten sie ihren Lebensunterhalt zu verdienen. Die spirituellen Weisungen, die jetzt auch von Dorothy ausgingen, veranlassten die drei, mit den geheimnisvollen Kräften und Wesen, die jede Pflanze in sich birgt, mit den so genannten "Devas", das Gespräch aufzunehmen (Devas sind in der altindischen Terminologie Gottheiten. In der Theosophie von H.P.Blavatsky werden sie zu Engelwesen. In der Esoterik der Gegenwart sind Devas Naturgeister). Als trotz sandiger Erde zumal die Kohlköpfe unwahrscheinlich gediehen, schrieben die drei diesen Erfolg diesen Devas zu, die sie rechtzeitig und liebevoll kontaktiert hatten. Peter Caddy war neben seinem Engagement für die entstehende kleine spirituelle Gemeinschaft auch Mitglied in der Rosicrucian Fellowship und stand dem sog. positiven Denken nahe.

Der Versuch, sein eigenes Leben und das Leben der vorerst kleinen Gruppe im Einklang mit den göttlichen Kräften in allen Dingen und Wesen zu gestalten, zog mit den Jahren nicht nur Scharen von Besuchern nach Findhorn. Einige blieben für kürzere oder längere Zeit und bildeten den Kern der Findhorn-Gemeinschaft. Selbstverständlich verstand man sich nun nicht nur als Experiment in spirituellem Gartenbau. Was für die Gartenarbeit galt, wurde auf alle Tätigkeiten und Lebensbereiche übertragen. Der Einklang mit der verborgenen Göttlichkeit ist überall das Geheimnis des guten Gelingens. Vor allem die Erziehung, die Kunst, die Ökologie und der Tanz gewannen in dieser spirituellen Vertiefung neue Aktualität.

1970 kam David Spangler nach Findhorn. Allmählich wandelte sich die kleine Gemeinschaft nun zum grossen Zentrum für spirituelle Erziehung mit mehr als 100 Mitarbeitern. Zwischen 1974 und 1984 wurde die "Universal Hall", eine Theater- und Konzerthalle, errichtet. Verschiedene Projekte mit ähnlicher Zielrichtung siedelten sich in der Umgebung von Findhorn an und bildeten nun zusammen mit der Findhorn Stiftung das "Findhorn Ecovillage," das im Jahr 2005 450 Bewohner (die oft über 200 Gäste nicht mitberechnet) zählte. Vier Windkraftwerke wurden gebaut und viele Sonnenkollektoren montiert. Mit Stroh wurden Häuser isoliert. Im kahlen schottischen Hochland wird noch immer mit Unterstützung von Findhorn aufgeforstet. Töpfer-, Weber- und Schreinerwerkstätten wurden eingerichtet. Desorientierte Jugendliche können sich in Findhorn neu orientieren. Ein breites Kursangebot offeriert den vielen Besuchern aus aller Welt die Chance, ihr eigenes Leben und ihre Welt spiritueller und ganzheitlicher wahrzunehmen.

In den letzten Jahren hat sich die Findhorn Stiftung - zum Teil im Rahmen von Uno-Programmen - mit verschiedenen anderen Organisationen verbunden, um ihre zugleich spirituellen, als auch pädagogischen, sozialen und ökologischen Anliegen besser vertreten zu können.

Lässt sich aber die Welt und das eigene Leben so einfach anders wahrnehmen und neu gestalten? Lassen sich spirituelle Dimensionen so direkt meditativ kontaktieren und für die eigene kleinere oder grössere Gemeinschaft einsetzen? Spiritualität ist nicht einfach "machbar" und "Göttlichkeit" ist nicht einfach abrufbar. Das weiss auch die Findhorn Gemeinschaft. Sie musste viele Krisen durchstehen. Peter und Eileen Caddy trennten sich. Dorothy verliess die Gemeinschaft 1973, Peter 1979. Eileen blieb bis zu ihrem Tod am 13. Dezember 2006.

Das Verhältnis zu den Nachbarn des expandierenden spirituellen Zentrums war oft alles andere als harmonisch. Finanzielle Schwierigkeiten zwingen heute die Gemeinschaft, ihre spirituellen Angebote hie und da fast marktschreierisch zu verkaufen. So wird auf der Eileen Caddy Homepage, die sich als "einzigartig auf der Welt" anpreist, die fast grenzenlose Bedeutung der göttlichen Vibrationen geschildert, die jeder spirituell Interessierte durch die von Eileen Caddy für jeden Tag vorgegebenen Meditationen in sich einfliessen lassen kann. Diese göttlichen Vibrationen lassen sich "geniessen", wenn man sich nach Osten gerichtet hinsetzt und die Caddy-Meditationen achtsam im Bildschirm betrachtet (http://www.skyenergyportal.com/eileen%2Dcaddy/deutsch/Index.htm; http://www.eileen-caddy.net).

Auch in der Auswahl der Kursangebote ging und geht Findhorn oft eigenartige Wege: So wird für den Frühling 2007 ein Kurs mit Gary Renard angeboten, dem zwei Meister aus der geistigen Welt erschienen sind, Arten und Pursah, alias Sankt Thomas und Sankt Thaddaeus, und der in mehreren längeren Gesprächen mit ihnen erkannte, wie man aus dem Zyklus von Geborenwerden und Sterben aussteigen kann. Nun hilft Gary dank dieses Wissens anderen, in die Unsterblichkeit zu finden (http://www.findhorn.org/programmes/programme208.php).

Esoterische Gemeinschaften - Findhorn ist unter ihnen vielleicht die prominenteste - neigen dazu, die ganze Welt in eine Göttlichkeit zu tauchen und eine universale Harmonie zu erspüren, die keine kritische Instanz mehr gelten lassen können. Überall wird begeistert Wahrheit entdecket und neues Menschsein gefeiert. (Der an biblischen Bildern geschulte Beobachter lässt diese ungebrochene „Unmittelbarkeit" zu Gott und diese umfassende Wahrheitsfülle an paradiesische Zustände denken). Der Rekurs auf die innere göttliche Stimme, die sich offenbar problemlos kontaktieren lässt, oder das Auftreten von Gestalten aus geistigen Welten lassen die Findhorn-Spiritualität durch Räume gleiten, die der nüchterne Alltagsverstand und der oft kaum weniger nüchterne christliche Gaube lieber nicht betreten. Dass Menschen in Lebenskrisen, nach traumatisch erlebter Sinnferne, sich gerne in Himmelskontakte und direkte Gespräche mit Gott und in die ihnen entsprechenden paradiesischen Perspektiven hineinträumen und hineinspüren, ist mehr als nur begreiflich. Eileen Caddys Perspektiven und die Findhorn-Angebote sind nicht selten Balsam auf die Wunden der vielen arg verletzten, aber grenzenlos harmoniebedürftigen Seelen. Aber heilt dieser Balsam in jedem Fall auch die schmerzenden Wunden? Das Eintauchen in die alles umfassende göttliche Harmonie hilft den einen, nach einer gewissen Zeit regeneriert in den Alltag zurückzukehren. Andere aber lassen sich gerne dazu verführen, die erlittenen Disharmonien auszublenden, sich irgendwelchen inneren „Stimmen" anzuvertrauen, sich mit Boten aus der geistigen Welt zu unterhalten und mit Findhorn in spirituelle Traumwelten zu fliehen.

 

 

Georg Schmid, 2007


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