Miracle of Love

Die Gemeinschaft «Miracle of Love» (MOL), zu deutsch «Wunder der Liebe», ist vom Tod ihrer Leiterin betroffen: Carol Seidman alias Kalindi La Gourasana, die zusammen mit ihrem Ehemann David Swanson alias Lord Gourasana die Gemeinschaft im Jahr 1987 ins Leben rief und sie nach Swansons Tod im Jahr 1995 leitete, ist am 18. April diesen Jahres gestorben. Nachfolgerin als Leiterin der Gemeinschaft ist Maha Swanson, Tochter von Carol Seidman und Adoptivtochter von David Swanson. Welche Auswirkungen der Tod Kalindis auf die Lehre der Gruppe haben wird, die sehr stark auf die Person Kalindis zentriert war, ist noch nicht abzusehen.

Miracle of Love ist eine radikale Gemeinschaft gleich in verschiedener Hinsicht. Zum ersten leistet sich kaum eine Organisation mit derart geringer Grösse – zu Miracle of Love zählen sich um die 100 Personen in der Schweiz, und vielleicht 1000 weltweit – einen so grossen Werbeaufwand wie Miracle of Love: Die Organisation ist in esoterischen Medien und auf spirituellen Kongressen und Messen omnipräsent und führt gleich einen ganzen Strauss verschiedener Websites (1). Zum zweiten fordert Miracle of Love von seinen Anhängern ein Mass an Unterordnung, das landläufige Sekten im Vergleich dazu gewissermassen wie ein Ferienheim erscheinen lässt, und zum dritten hat kaum eine Gemeinschaft die eigene Geschichte derart systematisch verschwiegen wie Miracle of Love.

So kennt man zwar seit langem die bürgerlichen Namen der beiden Gründer, David Swanson und Carol Seidman, über deren Werdegang war traditionell wenig offiziell bekannt. Zwar fanden sich in einschlägigen Internetforen einige erhellende Aussagen von Weggefährten, welche die Entstehung der Lehre von MOL gut erklären können. Erst in jüngster Zeit erweist sich aber schlüssig, dass diese Informationen nicht blosse Spekulationen sind, wie es von Sektenexperten manchmal befürchtet wurde, denn nach und nach geht Miracle of Love dazu über, diese Aussagen offiziell zu bestätigen.

David Swanson wurde 1950 geboren. Als junger Mann muss er sich der Internationalen Gesellschaft für Krishna-Bewusstsein, englisch abgekürzt ISKCON, besser bekannt als Hare Krishnas, angeschlossen haben. Dort soll er seine spätere Frau und Mitstreiterin, Carol Seidman, angetroffen haben.

Seidman ist in einer nichtpraktizierenden jüdischen Familie aufgewachsen, die aber offenbar dem Nudismus frönte. Im Alter von achtzehn Jahren oder kurz danach hat sich Seidman, wie sie neuerdings selbst einräumt, den Hare Krishnas angeschlossen.

Einige Lehrelemente von Miracle of Love verdanken sich der speziellen Form vishnuistischer Bhakti, wie sie die Hare-Krishna-Bewegung vertritt: So präsentieren ISKCON wie MOL ein theistisches Gottesbild, das beide nach der Schule des Acintya Bheda Abheda (=unfassbare Einheit und Differenz) verstehen: Letztlich existiert nur Gott, doch die Einzelseelen bleiben zu Gott in einer Position des Gegenübers, auf verstandesmässig nicht nachvollziehbare Art mit Gott vereint, und doch getrennt von ihm.

Von ISKCON übernimmt MOL die Reinkarnationsvorstellung. Die menschliche Seele ist gefangen im Kreislauf der Wiedergeburt, und das Verhalten des Menschen beeinflusst seine Wiedergeburt, so entscheidet z. B. der Gemütszustand zum Todeszeitpunkt ganz wesentlich mit, wie die nächste Inkarnation aussieht.

Ein Ausstieg aus dem Kreislauf der Wiedergeburt bedarf der göttlichen Unterweisung, die den Weg hinaus aus diesem Zirkel des Leidens zeigt hin zur Rückkehr zu Gott. Wesentlichstes aller Gebote ist die Liebe zu Gott, die sich aber darin zeigt, dass der Mensch, der

aus dem Kreislauf der Wiedergeburt aussteigen will, bis in kleinste Details der Lebenspraxis hinein bereit ist, den göttlichen Weisungen zu gehorchen.

Nach der Lehre von ISKCON ergibt sich der Wille Gottes für den Einzelnen einerseits aus den vedischen Schriften (zu welchen ISKCON nicht nur die Veden, sondern auch spätere Schriften des Hinduismus zählt), andererseits die Führung durch den jeweiligen einweihenden Guru, dem gegenüber strikter Gehorsam geschuldet ist. Swanson und Seidman behalten von diesen Offenbarungsquellen nur die zweite. Gehorsam gegenüber der Führung des Meisters ist für MOL der einzige Weg zur Erlösung.

Sowohl ISKCON als auch MOL präsentieren einen einschneidenden, einen radikalen Weg, auch wenn die Ausgestaltung dieses Weges sich im Einzelnen massiv unterscheidet. Dennoch sind die Anleihen von MOL bei ISKCON so zahlreich, dass MOL durchaus als Abspaltung von den Hare Krishnas gelten kann. Die unter Experten bisher übliche Wertung als esoterisch-synkretistische Gruppe ist demgegenüber weit weniger passend. Von der Esoterik trennt MOL im Gegenteil einiges, so etwa die unterschiedliche Reinkarnationsauffassung und das recht exklusive Verständnis des eigenen Erlösungswegs.

Ein Beitritt zu ISKCON als Teil des spirituellen Weges wird von Swanson auch später, als Leiter von MOL, sehr positiv gewertet: «Becoming a Hare Krishna . . . is one of the most powerful processes of moving toward God that one can practice» (Ein Hare Krishna zu werden ist einer der kraftvollsten Schritte auf dem Weg zu Gott hin, die ein Mensch gehen kann (2)).

Der Grund, warum diese Nähe von MOL und ISKCON von Expertenseite lange unentdeckt blieb, liegt darin, dass MOL sich in einem sehr auffälligen und öffentlichkeitsrelevanten Feld massiv von ISKCON unterscheidet: dem Bereich der Sexualität. Während bei ISKCON Sexualität sehr kritisch gewertet wird und eigentlich nur zur Zeugung von Kindern in Frage kommt – und auch dies nur in Absprache mit dem jeweiligen einweihenden Guru –, führen MOL-Mitglieder, und dem Vernehmen nach allen voran die Leitung, ein vielseitiges und abwechslungsreiches Sexualleben.

Wie kommt dieser Wandel zustande? Nach ihrem Ausstieg bei ISKCON sind Swanson und Seidman eine Zeitlang in regem Kontakt mit Sannyasin, mit Anhängern von Bhagwan Shree Rajneesh, später Osho, gestanden. Ob Swanson und Seidman selber Sannyas nahmen, indem sie sich von Bhagwan einweihen liessen, ist nicht bekannt. Sicher ist aber, dass viele der frühen Anhänger Sannyasin waren. Mindestens stand Swanson Bhagwan nahe, denn später, als Leiter von Miracle of Love, wertet Swanson zwei Meister anderer Gemeinschaften ausdrücklich positiv: Bhaktivedanta Srila Prabhupada, den Gründer der Hare Krishnas, und Bhagwan Shree Rajneesh. Andere Meister kommen demgegenüber schlecht weg, so etwa San Myung Mun von der Mun-Bewegung («obviously a fool», offensichtlich ein Narr (3)).

Die Anleihen von MOL bei der Bewegung um Bhagwan/Osho sind ebenfalls einige: So verzichtet MOL wie Osho auf eine verbindliche Bezugnahme auf eine bestimmte verschriftlichte Tradition, sondern pickt eklektizistisch aus allen Traditionen das jeweils Passende heraus. Während bei ISKCON der Guru Gott untergeordnet bleibt, kann sich Bhagwan recht unbefangen selber gottähnlichen Rang beimessen, Swanson wird auf diesem Weg gar noch einen Schritt weiter gehen. Die offensichtlichste Anleihe findet sich auf dem Bereich der Sexualität. Swanson und Seidman geben die Askese der ISKCON zwar nicht völlig auf – zeitweilige Askese können auch sie von ihren Anhängern fordern – aber sie ergänzen sie um die bei Bhagwan seinerzeit so werbewirksame Vorstellung, dass sexuelle Befreiung und spirituelle Erlösung einhergehen. So ist Sex mit wechselnden Partnern bei MOL keine Seltenheit. Wie bei Bhagwan bleibt aber die sexuelle Befreiung eigenartig gebrochen: Auch wildeste Sexualität geschieht immer quasi als Therapie, Letztziel bleibt nicht die körperliche Befriedigung, sondern die spirituelle Befreiung. So muss es sich der MOL-Anhänger wie der Sannyasin in den Siebzigerjahren in Poona gefallen lassen, dass ihm seine spirituellen Führer (bei MOL) resp. seine Therapeuten (in Poona) in die Frage dreinreden, was mit wem zu welchem Zeitpunkt ausgelebt wird. So bleibt die sexuelle Freiheit sowohl bei Bhagwan als auch bei MOL eine sehr vordergründige.

Weiters kann ein organisatorisches Element bei MOL auf die Bhagwan-Bewegung zurückgeführt werden: Während Frauen bei ISKCON in organisatorischen Fragen eine den Männern untergeordnete Rolle spielen, verfügte Bhagwan jeweils über Sekundantinnen weiblichen Geschlechts. Ebenso hielt es Swanson, indem seine Frau Seidman die Rolle der Nummer zwei spielte.

Ehemalige Mitstreiter von Swanson und Seidman behaupten, dass die beiden während oder nach ihrem Kontakt mit der Bhagwan-Bewegung bei einem der in Kalifornien damals boomenden Large Group Awareness Trainings (LGAT) mitgewirkt hätten. Large Group Awareness Trainings, bei uns bekannt wurden etwa Landmark, Quadrinity oder Avatar, sind mehrtägige Kurse in grösseren Gruppen, die bewusst psychomutativ und persönlichkeitsverändernd wirken sollen. Zu diesem Zweck kommen in LGATs typischerweise verschiedene Psychotricks zum Einsatz wie Übermüdung durch lange Sitzungen, Einschränkung der Privatsphäre, Gruppendruck.

Swanson und Seidman kommen nach dem Vorbild der LGATs zum Schluss, dass die Anwendung von psychomutativ wirkenden Verfahren legitim ist, und machen von derlei Methoden intensiven Gebrauch. Insbesondere die Veranstaltungen für Anfänger scheinen aus der Küche der kalifornischen LGATs zu stammen.

Im Jahr 1987 ist es dann soweit, dass David Swanson und Carol Seidman ihre eigene Gemeinschaft begründen. Um sie herum besteht damals schon ein innerer Kreis von sechs Menschen, die den Weg der Swansons durch ISKCON, Bhagwan-Bewegung und LGATs zum Teil mitgegangen sind. Aus diesem Sechserkreis rekrutieren sich auch heute noch die Führungspersonen von MOL.

Entscheidende Idee bei der Gestaltwerdung der Gemeinschaft «Miracle of Love» war das Selbstverständnis, das David Swanson in dieser Zeit gewann. Er trat mit dem Anspruch auf, dass Gott persönlich sich seines Körpers bemächtigt hätte und nunmehr durch diesen sprechen und handeln würde. Die Persönlichkeit David Swansons hätte demgegenüber ihr Leben abgeschlossen.

Als Verkörperung Gottes nannte sich Swanson Lord Gourasana (mit Betonung auf der zweiten Silbe) und stylte sich fürderhin so, wie weite Kreise es von einer göttlichen Figur erwarten, mit langem Haar, Bart und wallenden Gewändern.

Gourasanas Ankunft im Körper von David Swanson hat einen Zweck, die Menschen zur Erlösung zu führen: «I am Gourasana. I have come to take you home» (Ich bin Gourasana. Ich bin gekommen, um dich heimzuführen. (4)) «I am Gourasana, and I can take you Home because I know where Home is. What an opportunity you have! It is a gift being offered. Please take it. (Ich bin Gourasana, und ich kann dich heimführen, weil ich weiss, wo du zuhause bist. Was für eine Gelegenheit du hast! Es ist ein Geschenk, das dir angeboten wird. Bitte nimm es an. (5)) Gourasana lässt keine Zweifel aufkommen, dass er Gott ist: «I am the Source» (Ich bin die Quelle (6)),

«I am the Power» (Ich bin die Kraft (7)), «I am everything» (Ich bin alles (8)).

Lord Gourasana kommt aber nicht allein. Auf bildlichen Darstellungen erscheint Gourasana als gesichtslose Gestalt in wallenden, weissen Gewändern, der in einigem Abstand eine Schar identischer Gestalten folgt, deren Zahl so gross ist, dass sie sich im Horizont verliert. Es handelt sich hier um «the Heavenly Host», um die Himmlischen Heerscharen. Die Himmlischen Heerscharen bestehen aus den Seelen derjenigen Menschen, die bereits erlöst sind, die den Heimweg gefunden haben. Sie sind Gott gleichgestaltet, aber nicht gleichgestellt, sie wandeln mit Gott, sind aber nicht mit ihm vereinigt. Die Darstellung von Lord Gourasana und seinen Himmlischen Heerscharen verdeutlicht damit recht schlagend das oben diskutierte Faktum, dass das Gottesbild von MOL wie dasjenige von ISKCON nach der Acintya-Bheda-Abheda-Schulrichtung des Hinduismus gestaltet ist.

Im Jahr 1995 stirbt David Swanson im Alter von 45 Jahren. Miracle of Love deutet dieses Ereignis so, dass die Präsenz Lord Gourasanas den menschlichen Körper Swansons überfordert habe. Nachfolgerin als Leiterin der Gemeinschaft wird Carol Seidman, die den Namen Kalindi La Gourasana (mit Betonung auf dem «La») annimmt. Kalindi gilt fürderhin als «The Voice of God», die «Stimme Gottes». Durch sie spricht, so die Vorstellung, Gourasana weiterhin zur Menschheit.

Als «Voice of God» erfährt Kalindi massive Verehrung. So werden von den Anhängern etwa bekannte Kirchenlieder auf Kalindi umgedichtet. Statt «Kumbaya My Lord, Kumbaya» singen Miracle of Love-Mitglieder (9) :

«Kalindi La, My Lord, Kalindi La, Kalindi La, My Lord Gourasana, Kalindi La, My Lord, Kalindi La, Oh Lord Gourasana.»

Kalindi gilt die höchste Liebe, welche die Anhänger zur Verfügung haben. Dies bringen weitere Strophen der MOL-Umdichtung von Kumbaya zu Ausdruck:

«All I Want is You, Kalindi La, All I Want is You, Gourasana, All I Want is You, Kalindi La, Oh Lord Gourasana»

(Alles, was ich will, bist du, Kalindi La)

«You are my love of loves, Kalindi La, You are my love of loves, Gourasana, You are my love of loves, Kalindi La, Oh Lord Gourasana»

(Du bist meine grösse Liebe, Kalindi La)

Kalindi ist Vermittlerin des Weges zur Erlösung, und macht damit den MOL-Anhängern das grösste überhaupt denkbare Geschenk, das alles andere übertrifft:

«You’ve given me everything, Kalindi La, 
You’ve given me everything, Gourasana, You’ve given me everything, Kalindi La, 
Oh Lord Gourasana»

(Du hast mir alles gegeben, Kalindi La)

Die Reaktion der Anhängerschaft auf dieses Geschenk der Erlösung ist das, was ein wesentliches Spezifikum von MOL darstellt, eine Hingabe an die Meisterin, eine Übergabe des eigenen Willens in einem ganz extremen Ausmass. So singen MOL-Anhänger weiter zur Melodie von «Kumbaya»:

«My life is Yours now, Kalindi La, My life is Yours now, Gourasana, My life is Yours now, Kalindi La, Oh Lord Gourasana»

(Mein Leben gehört nun dir, Kalindi La)

«Do with me as You will, Kalindi La, Do with me as You will, Gourasana, Do with me as You will, Kalindi La, Oh Lord Gourasana»

(Mach mit mir, was du willst, Kalindi La)

Diese Radikalität der Unterordnung wird von MOL durchaus zugestanden, so nennt sich MOL programmatisch «The Radical Path Home to God» (der radikale Weg heim zu Gott). Ihren Grund findet die Notwenigkeit radikaler Hingabe an die Leitung in der Lehre von MOL, dass der Heimweg zu Gott, der Pfad zur Erlösung nicht für alle Menschen gleich aussieht, sondern je nach individuellen Bedürfnissen ganz unterschiedlich gestaltet ist: «What you need to do to get free, what each person needs to do to get free is highly individualized» (Was du brauchst, um frei zu werden, was jede Person tun muss, um frei zu werden, ist höchst individuell. (10)) Zwar teilt Gott den Menschen die richtigen Massnahmen auf dem Weg zur Erlösung direkt mit, aber in aller Regel sind die Menschen nicht dazu in der Lage, diese Stimme Gottes zu vernehmen: «God is always asking you to do something. Of course you can’t hear Him, which is why you need the guidance» (Gott teilt dir seinen Willen immer mit. Natürlich kannst du Ihn nicht hören, deshalb brauchst du Führung. (11)).

«Guidance», Führung durch die Leitung von MOL, ist deshalb heilsnotwendig: «So the thing is, is nobody can get free without guidance. Without guidance, it is not possible to get free» (Die Sache ist die: Niemand kann ohne Führung frei werden. Ohne Führung ist es nicht möglich, frei zu werden. (12)) Das Handeln des Mitglieds muss im Einklang mit der Führung stehen: «You cannot get free from this place of illusion without personal giudance from someone who can see your illusion. When to act and when not to act, you must have a master to tell you.» (Du kannst von diesem Ort der Illusion nicht frei werden ohne persönliche Führung durch jemanden, der deine Illusion sieht. Du brauchst einen Meister, der dir sagt, wann du handeln sollst und wann nicht. (13)) Religionen, die ohne persönlichen spirituellen Meister auskommen, können deshalb in aller Regel nicht zur Erlösung führen. So meint Gourasana: «How many people are getting free in Christianity? Practically none, because the teachings have to be accompanied by a master.» (Wie viele Menschen werden durch das Christentum frei? Praktisch keine, weil Lehren durch einen Meister begleitet werden müssen. (14))

Führung bedeutet, Gourasana zu vertrauen: «So trust. You have to trust what I am saying.» (So vertraue. Du musst dem, was ich sage, vertrauen). Dasselbe Vertrauen ist aber auch dem engeren Kreis um Gourasana geschuldet: «There’s others who are authorized to give instructions, to give specific help – you have to trust them» (Es gibt andere, die autorisiert sind, Anweisungen zu geben, spezifische Hilfe zu geben – du musst ihnen vertrauen. (15))

Konkrete Führungen, Guidances je nach Gusto nur selektiv anzunehmen, ist ausgeschlossen: «If you come and say: ‹Well, I take this guidance but I won’t take this guidance›, then you are just hurting yourself spiritually» (Wenn du nun kommst und sagst: ‹ Also, ich nehme diese Führung an, jene werde ich aber nicht annehmen›, dann fügst du dir spirituell Schaden zu (16)) So ist es besser, gegenüber diesen Führungen, diesen Guidances auf eigenes Nachdenken zu verzichten: «There comes a point in spiritual life where you just have to let go of the mind and quit thinking.» (Es kommt ein Punkt im spirituellen Leben, wo du deinen Verstand loslassen musst und mit dem Nachdenken aufhörst (17)).

Die Führungen beziehen sich ausdrücklich auch aufs Sexualleben des Mitglieds: «The desire for sex can be very great, but there’s a time to calm it and to control it. And then there is a time to abandon yourself to that desire. And for one, sex is the worst thing, and for another, it’s the best, so you must have the guidance» (Das Bedürfnis nach Sex kann sehr stark sein, aber manchmal ist es wichtig, dieses Verlangen zu beruhigen und zu kontrollieren. Zu einer anderen Zeit ist es richtig, dich diesem Bedürfnis völlig zu überlassen. Und für den einen ist Sex das Schlimmste, für den andern hingegen das beste, deshalb brauchst du Führung. (18))

Ähnliches gilt für den Bereich des Geldes, auch hier ist Hingabe gefordert, die sich nach und nach steigern soll: «That is a beginning, to give part of yourself, to give finances, some of your possessions, whatever. To give to God actually beginns to free you, and then you just take that principle to its ultimate level, and that is where you give your whole existence to god, and you hold nothing back.» (Es ist ein Anfang, einen Teil deiner selbst zu geben, Geld zu spenden, einen Teil deines Besitzes, was auch immer. Gott zu spenden beginnt dich zu befreien, und dann treibst du dieses Prinzip zu seiner höchsten Stufe voran, wo du deine ganze Existenz Gott übergibst, und nichts zurückhältst. (19))

Die richtige Haltung der Mitglieder der Führung gegenüber wird intern mit dem Motto zusammengefasst: «Listen, say yes and act!» (Hör zu, sag ja und handle entsprechend).

So hat Kalindi seit dem Tod von David Swanson das Leben der MOL-Mitglieder bis in Details hinein bestimmt, etwa den Tagesablauf in den Wohngemeinschaften von MOL. Hier verfügte Kalindi etwa, wer mit wem in welchem Haus zusammenlebte. Interne Dokumente zeigen aber, dass Kalindi auch in Beziehungen hinein redete. Dem Vernehmen nach wählte sich Kalindi unter den Männern der Gemeinschaft ihre Liebhaber aus. Wie dem auch sei, auf jeden Fall empfand sich Kalindi auch noch im reiferen Alter als ausgesprochen erotisch, so hat sie ihr Buch «Ultimate Freedom: Union with God» u.a. mit erotischen und Nacktaufnahmen ihrer eigenen Person bebildert.

Das Ausmass konkreter Anweisungen schlägt bei MOL alles, was von radikalen Gruppen sonst bekannt ist. So exisiteren etwa Listen, die vorgeben, von welcher Firma welche Zahnpflege-Produkte zu kaufen sind.

Dass Miracle of Love, wie eingangs erwähnt, eine ausgesprochen missionarische Gruppe ist, zeigt sich programmatisch etwa daran, dass die Gemeinschaft sich intern «The Mission» nennt. Die Botschaft Gourasanas und Kalindis zu verkünden, diesem Ziel dienen diverse Aktivitäten, so schaltet Miracle of Love regelmässig ein halbseitiges Inserat in der Esoterik-Zeitschrift «Spuren». Diese Annonce wird mit einem Portrait Kalindis illustriert, hier allerdings in ausgesprochen gesitteter Pose mit gefalteten Händen, und mit einem gegenüber ihrem sonstigen Anspruch recht zurückhaltenden Titel «Modern-Day Spiritual Master».

Diese Camouflage ist kein Zufall, sondern Programm: Als Miracle of Love vor ein paar Jahren seinen Schwerpunkt von San Diego nach Colorado Springs verlegte, wies Kalindi ihre Anhänger an, sich dort als Christen auszugeben und zu diesem Zweck Halsketten mit Kreuzanhängern zu tragen.

Natürlich war dies reine Tarnung. Ansonsten hält Miracle of Love von kirchlichem Christentum wenig. Schon Gourasana bezeichnet das kirchliche Christentum als «a total lie, total illusion» (eine grosse Lüge, totale Illusion (20)). In Kalindis Buch «Ultimate Freedom: Union with God» findet sich ein Foto, auf welchem Kalindi unbekleidet vor einer Marienstatue liegt, währenddem ein Kreuz auf ihrem nackten Hintern plaziert ist (21).

Mit anderen Religionen geht Kalindi nicht unbedingt pfleglicher um, so hält im selben Werk auf einem anderen Bild eine nur mit Blüten notdürftig bedeckte Kalindi eine Buddha-Statue vor sich her (22).

Rücksicht auf die Gefühle Aussenstehender ist nach Gourasanas Ansicht unnötig: «Do not let social etiquette get in your way. You may appear to be rude to some, but do not let it concern you» (Lasst euch nicht durch soziale Etikette behindern. Ihr mögt gewissen Menschen als unhöflich erscheinen, aber das soll euch nicht kümmern (23)).

Geworben wird auch durch Stände an esoterischen Kongressen und Messen, so beim Rainbow Spirit Festival in Baden-Baden, bei der Aura in Basel und, schon zum zweiten Mal, bei der Lebenskraft in Zürich. Hier trat im vergangenen März für einen werbenden Aussteller-Vortrag gar die Europa-Leiterin von MOL auf. Sie soll nach Angaben von ehemaligen Weggefährten mit bürgerlichem Namen Lynn Johnson oder Johnston heissen und vor ihrem Beitritt zu MOL als Primarlehrerassistentin gewirkt haben. Bei MOL erhielt sie den spirituellen Namen «Mazzarati» – offenbar nach der Automarke Maserati, weil Johnson so schnelle Fortschritte mache, wie dieser Wagentyp üblicherweise gefahren wird. Wie dem auch sei, inzwischen hat sie ihren spirituellen Namen nochmals geändert in Hana B. Mata. Mit einer Verlangsamung des Fortschrittstempos scheint dieser erneute Namenswechsel aber nicht einhergegangen zu sein, denn dass Johnson auf dem spirituellen Weg sehr rasch vorankomme, wurde im Rahmen des Aussteller-Vortrags einleitend eigens hervorgehoben.

Deutlich zu erleben war an dieser Veranstaltung eine der Werbetechniken von MOL, das auch von anderen radikalen Gruppen bekannte sog. «Love Bombing». Nicht nur haben sich die Anhänger von MOL heftigst umarmt und auch ansonsten körperliche Nähe gesucht, im Rahmen einer Meditation kamen auch Vortragsbesucher in den Genuss von körperlicher Zuwendung durch Lynn Johnson alias Mazzarati alias Hana B. Mata. Gruppenknuddeln ist denn auch auf den Bildern zu sehen, welche von den einleitenden Kursen von MOL im Internet greifbar sind. Ehemalige Mitglieder berichten immer wieder davon, wie sie zu Beginn intensiv geliebt und umworben wurden, wie die MOL-Anhänger sich als die besten Freunde andienten, die man je hatte. Sobald jedoch die mit Liebe bombardierte Person in die Gemeinschaft integriert ist, endet diese bedingungslose Liebe. Liebe muss nun verdient werden. Ehemalige Mitglieder erzählen, dass sie durch diese Struktur in eine psychische Abhängigkeit von der Gruppe gerieten. Sie sehnten sich nach der anfänglichen Zuneigung, und waren zu massiven Zugeständnissen bereit, um diese Liebe wenigstens zeitweise wieder erfahren zu können.

Auf «Love Bombing» reagieren vor allem Menschen mit Selbstwertproblematik und einem Defizit in ihren sozialen Möglichkeiten. Für diese Menschengruppe stellt «Love Bombing» eine ausgesprochen wirksame Führungsmethode dar. Wer hingegen über ein gesundes Selbstvertrauen und über hohe soziale Kompetenz verfügt, empfindet Love Bombing eher als unecht und aufgesetzt.

Eine Frage wird im Zusammenhang mit Miracle of Love immer wieder aufgeworfen: Glaubt die Führungscrew selbst an ihre Botschaft?

Ehemalige Mitglieder sind sich da nicht so sicher, so meint ein Ex-Mitglied «It’s possible that the leaders think of it as a scam» (Es ist möglich, dass die Führer die Sache selbst für einen Betrug halten (24))

So wird etwa angeführt, das Kalindi sich aus den Spenden der Mitglieder ein vergleichsweise luxuriöses Leben geleistet habe. Weiter wird berichtet, dass schon Gourasana mit Anhängerinnen sexuelle Beziehungen gepflegt habe, und dass Kalindi im selben Sinn mit Anhängern verfahren habe.

Klingt es angesichts dieser Beobachtungen nicht wie eine vorgezogene Entschuldigung, wenn Gourasana lehrt: «There’s no such thing as being cheated on a spiritual path. . . . Every bit of endeavor that you make toward God adds up like a spiritual bank account wich you carry with you from life to life.» (Es gibt keine Möglichkeit, auf dem spirituellen Weg betrogen zu werden, denn jede Bemühung, die du für Gott unternimmst, sammelt sich wie auf einem spirituellen Bankkonto an, das du von Leben zu Leben mitnimmst (25)).

1. www.miracle.org, www.miracleoflove.eu, www.gourasana.org, www.kalindi.org, www.theladyinprayer.org, www.dasseminar.ch, www.diemeditation.ch, www.das-wochenende.ch

2. Gourasana: Your True Home and the Illusion that Separates You, Miracle of Love 2002,
s. 57

3. Gourasana: Your True Home and the Illusion that Separates You s. 57

4. Gourasana: The Radical Path Home to God, Miracle of Love 2008, s. 74

5. Gourasana: The Radical Path Home to God s. VIII

6. Gourasana: The Radical Path Home to God s. 34

7 Gourasana: The Radical Path Home to God s. 73

8. Gourasana: The Radical Path Home to God s.74

9. Miracle of Love: Kalindi Speaks with the San Diego Ashram, 4. März 2005

10. Gourasana: Your True Home and the Illusion that Separates You s. 116

11. Gourasana: Your True Home and the Illusion that Separates You s. 67

12. Gourasana: Your True Home and the Illusion that Separates You s. 71

13. Gourasana: Your True Home and the Illusion that Separates You s. 7

14. Gourasana: Your True Home and the Illusion that Separates You, s. 118f.

15. Gourasana: Your True Home and the Illusion that Separates You s. 74

16. Gourasana: Your True Home and the Illusion that Separates You s. 71

17. Gourasana: Your True Home and the Illusion that Separates You s. 62

18. Gourasana: Your True Home and the Illusion that Separates You s. 7

19. Gourasana: Your True Home and the Illusion that Separates You s. 83

20. Gourasana: The Radical Path Home to God s. 58

21. Kalindi La Gourasana: Ultimate Freedom: Union with God s. 89

22. Kalindi La Gourasana: Ultimate Freedom: Union with God s. 19

23. Gourasana: The Radical Path Home to God s. 50

24. Jill Kramer: Kalindi’s Cult, http://www.rickross.com/ reference/miracleoflove/miracle9.html

25. Gourasana: Your True Home and the Illusion that Separates You s. 118

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