Evangelische Informationsstelle: Kirchen - Sekten - Religionen 

Nostradamus und die Sonnenfinsternis 1999

 

Der französische Pestarzt und Seher Nostradamus, der im 16. Jahrhundert seine Sicht der Zukunft in verschlüsselten vierzeiligen Versen publiziert hat, beschäftigt seit der Erstherausgabe seines Werkes im Jahr 1555 prophetisch interessierte Menschen. Generationen von Nostradamus-Exegeten haben schon versucht, hinter Nostradamus' Verschlüsselungsprinzip zu kommen, das sich insbesondere in der offenbar absichtlich verwirrten Anordnung der einzelnen Vierzeiler zu Hundertereinheiten, den Centurien, und in einer symbolischen, oft sehr unklaren Sprache auswirkt. Bisher ist ein diesbezüglicher Erfolg versagt geblieben. Eine besondere, neue Aktualität erhält Nostradamus im Hinblick auf Juli/August 1999, weist doch auf diesen Zeitraum einer der wenigen Vierzeiler hin, welche Nostradamus mit einem konkreten Datum versehen hat. Im Gegensatz zu Nostradamus' sonstigen Aussagen, die undatiert bleiben und damit verschiedenen vergangenen und vermuteten zukünftigen Ereignissen zugeordnet werden können, liegt hier eine Vorhersage vor, die sich bestätigen muss - oder dann eben als nichtbestätigt feststellbar sein wird. Gewissermassen geht es im kommenden Sommer auch um einen Test für Nostradamus.

 

Das Leben des Nostradamus

Michel de Nostredame, latinisiert Nostradamus, wurde am 14. Dezember 1503 in St. Remy in der Provence geboren. Sein Vater Jacques, der beruflich als Jurist tätig war, hatte sich vom Judentum zum Katholizismus bekehrt und nahm den Namen de Nostredame an, weil er in einer Marienkirche die Taufe empfing. Michel wurde für eine Laufbahn als Mediziner bestimmt, da seine Mutter aus einer Familie stammte, der schon verschiedene Aerzte entsprossen waren. Michel empfing in Avignon eine humanistische Bildung, die ihn stark prägte. Sein Medizinstudium absolvierte er an der Universität von Montpellier. Schon während des Studiums stand der Kampf gegen die Pest im Vordergrund, Michel de Nostredame erwarb sich schnell einen Ruf als erfolgreicher Pestarzt. Eine tatsächliche Erkenntnis betreffs der Uebertragungswege der Pest scheint Michel allerdings nicht gehabt zu haben, seine Rezeptur bestand im Kauen aromatischer Kräuter. Im Jahr 1529 legt de Nostredame sein Doktorexamen ab und wird im folgenden Jahr Arzt in Agen. Hier heiratet Nostradamus zum ersten Mal, verliert aber Frau und Kinder an die damals zum ersten Mal auftretende Diphterie. 1546-48 wirkt de Nostredame als Pestarzt in Aix-en-Provence. Im Jahr 1548 ereilt ihn ein Ruf nach Salon de Provence, wo er sich in der Folge niederlässt und zum zweiten Mal heiratet. In dieser Lebensphase beginnt de Nostredame sich mit Astrologie zu beschäftigen und hat Visionen, die die Grundlage für seine Centurien abgeben. Das Erscheinen seiner Centurien in Buchform im Jahr 1555 hat schnell eine grosse Prominenz zur Folge. Sogar der französische König, Heinrich II., lässt sich von de Nostredame beraten. In diesem Zusammenhang soll de Nostredame konkrete und zutreffende Voraussagen über das Schicksal des Königshauses getroffen haben. Ueberprüfbar sind diese Berichte heute nicht mehr. Für den Ruf des Nostradamus spielen sie allerdings eine nicht zu unterschätzende Rolle. Nostradamus starb am 2. Juli 1566 als äusserst prominenter Mann und gefragter Wahrsager.

 

 

Das Problem der Uebersetzung

Nostradamus' Sprache ist ein Französisch des 16. Jahrhunderts mit manchen provenzalischen Einflüssen und reichlichem Gebrauch von Fremdwörtern und Wortneuschöpfungen durch Nostradamus selbst. Deshalb stellt zumeist schon die Uebersetzung von Nostradamus-Vierzeilern vor derartige Probleme, dass kaum zwei Uebersetzungen denselben Sinn ergeben. Ueber die Aussage eines Nostradamus-Vierzeilers entscheidet somit schon der Uebersetzer.

Als Beispiel seien ein paar Uebersetzungen des Vierzeilers Nr. 72 aus der X. Centurie, des 1999er textes, angeführt. Die Differenzen ziehen sich hierbei durch den ganzen Vierzeiler, sind aber in bezug auf den "Roy d'Angoulmois" und in der vierten Zeile jeweils am deutlichsten.

 

Nostradamus' Originalfassung lautet:

L'an mil neuf cens nonante neuf sept mois
Du ciel viendra un grand Roy d'effrayeur
Resusciter le grand Roy d'Angoulmois,
Avant apres Mars regner par bon heur.

 

In der deutschen Uebersetzung des Buches von Jean Charles de Fontbrune lesen wir unter dem Titel "Luftangriff auf Frankreich im Juli 1999" folgende Uebersetzung:

Im Juli (dem siebenten Monat des Jahres) 1999 wird ein mächtiger Schreckensherrscher über den Himmel (auf dem Luftweg) kommen, um den grossen Eroberer des Angoûmois wiedererstehen zu lassen. Davor und danach wird Krieg herrschen, zum Glück.
 

 

N. Alexander Centurio bringt unter dem Titel "11. August 1999 (nach dem Gregorianischen Kalender)" folgende, von obiger gänzlich verschiedene Fassung:

Im Jahre 1999 im siebenten Monat (julianischen Kalenders)
Wird am Himmel ein grosser Schreckenskönig (die grösste Sonnenfinsternis unseres Jahrhunderts) erscheinen:
Er wird auferstehen lassen den grossen König von Angoulême (französische Königsstadt).
Vor und nach einem Weltkrieg (Mars) wird er aufgrund seines guten Horoskopes regieren.

 

Ganz ähnlich, aber offensichtlich unter Weglassungen ("grand" in Vers 3) übersetzt Kurt Allgeier:

Im siebenten Monat im Jahre 1999 wird am Himmel ein grosser König des Schreckens erschienen. Er wird auferstehen lassen den König von Angoulême. Vor und nach einem Krieg wird er glücklich regieren.
 
 

Elizabeth Teissier zitiert in ihrem "Schreckens-Heft" eine andere Variante, die die Reihenfolge König-Mars/Krieg umkehrt und das "Regieren" wieder auf Mars bezieht:

Im Jahr 1999 und sieben Monate wird ein grosser Schreckenskönig vom Himmel herabsteigen, wird wieder auferstehen der grosse König von Angolmois. Mars regiert vorher und nachher durch Glück.

 

Damian Thompson bringt eine andere Variante, wobei das knifflige "par bon heur" einfach weggelassen und der "Roy d'Angoulmois" recht eigentümlich interpretiert wird:

Im Jahr 1999, im siebenten Monat, wird vom Himmel kommen ein grosser König des Schreckens, zurückzubringen den grossen Mogulkönig, bevor und nachdem Mars regiert.

 

A. Voldben hat zum "Roy d' Angoulmois" noch einen weiteren Vorschlag, und dreht die Reihenfolge Mars-König wieder um:

Im siebten Monat des Jahres 1999 wird vom Himmel ein grosser König des Schreckens kommen, um den grossen Hunnenkönig wiederauferstehen zu lassen, vor und nach seiner Ankunft wird Mars glücklich regieren.

 

Die einzige Uebersetzung, die die Unklarheiten z.T. zugesteht (mit Ausnahme des "avant apres" und des "par bon heur", die ohne Interpretation nicht übersetzt werden können), ist diejenige der deutschen Nostradamus-Web-Pages (www.alien.de/Nostradamus):

Jahr 1999, siebenter Monat
Vom Himmel kommt ein grosser Schreckenskönig,
wiedererweckt der grosse König von Angoulmois (?)
Vor, nach Mars, Regieren zu guter Zeit

 

Zusammenfassend kann festgehalten werden:

- Unklar ist die genaue Datierung: Juli oder August 1999. Die Frage ist hierbei, ob davon ausgegangen werden muss, dass der Seher den nach seinem Tod erfolgten Wechsel vom julianischen zum gregorianischen Kalender voraussah und miteinberechnete. Ist dies der Fall, kann sich die Prophezeiung nicht auf die Sonnenfinsternis beziehen.

- Die Deutung des "Roy d'Angoulmois" scheint schwierig zu sein. Die Experten sind sich nicht mal in der Frage einig, ob es sich um eine dezidiert gute Heilsgestalt oder um eine äusserst gefährliche Grösse handelt.

- Die Deutung des "Mars" als Krieg legt sich angesichts der Vorliebe Nostradamus' für antike Metaphorik nahe. Die Reihenfolge zwischen Krieg und Auftreten des "Roy d'Angoulmois" ist aber unklar. Das eine umfasst offenbar das andere. Welches Element das Umfassende ist und welches das Umfasste, kann nicht entschieden werden.

- Ebenfalls unklar bleibt das Subjekt des "Regierens" in der vierten Zeile. Ist es Mars/der Krieg oder der "Roy d'Angoulmois", der regiert?

- Die Deutung des "par bon heur", wo sie überhaupt gewagt wird, gerät zum Willkürakt (durch Glück, zum Glück, glücklich, zu guter Zeit, aufgrund eines guten Horoskopes). Die Interpretation des Krieges und des "Roy d'Angoulmois" wird durch die diesbezügliche Entscheidung des Exegeten natürlich stark beeinflusst.

- Der sprachlich eindeutige Teil, das Kommen des Schreckenskönigs vom Himmel, ist leider derjenige, der inhaltlich am unklarsten bleibt. Was könnte Nostradamus damit gemeint haben? Die Spekulationen reichen von der Sonnenfinsternis selbst über Luftangriffe, Atomschläge, verirrte Raumsonden und Meteoriten bis hin zu Ausserirdischen.

- Nostradamus' Text ist offensichtlich nicht aus sich selbst heraus verständlich. Ein klarer Sinn ergibt sich erst durch die verschiedenen Interpretationen, die bereits auf der Stufe der Uebersetzung massiv in den Text eingreifen.

- Summa summarum kann gesagt werden, dass sich auch bei Annahme einer unfehlbaren Sehergabe seitens von Nostradamus kein auch nur annähernd klares Bild der Ereignisse ergibt, die der Menschheit im Sommer 1999 dräuen. Deutlich ist nur folgendes: Wenn Nostradamus recht haben soll, dann muss irgendetwas geschehen, was im nachhinein auf den 72. Vierzeiler der X. Centurie passt.

 

Verschlüsselter Sinn?

Für Nostradamus-Experten ist die Frage der Verschlüsselung von dessen Texten eine drängende, ausgelöst durch Bemerkungen des Sehers selbst, dass er seine Centurien nur in verschlüsselter Form publiziere. Verschlüsselung wird nun auf zwei oder gar drei Ebenen gesehen:

- Zum einen verwendet Nostradamus symbolische Ausdrücke und formuliert oft bewusst unklar. Dieses Phänomen kann man als "verschlüsselte Ausdrucksweise" bezeichnen.

- Zum zweiten scheint die Reihenfolge der Vierzeiler in den Centurien bewusst verstellt zu sein.

- Manche Nostradamus-Experten gehen noch einen Schritt weiter, indem sie dem Text als solchen gar keine Bedeutung zuzumessen. Sie sehen Nostradamus' Centurien als Anreihung von Worten, die einen verschlüsselten Sinn tragen, welcher mit Hilfe von Buchstaben-Zählungen und -Neukombinationen zu gewinnen wäre.

Unter Anwendung solcher Entschlüsselungs-Methoden ergibt sich natürlich für den in Frage stehenden 72. Vierzeiler der X. Centurie ein gänzlich anderer Sinn. Die Entschlüsselung von Patrick Zumstein, publiziert auf der Nostradamus-Website unter alien.de lautet etwa:

Ein Leuchten und Geboren 10 Sterne
"DEO" nicht gefährdet
OST ALARM
Ein auserwählter König der Tiere

Dass damit ein klarerer Sinn gewonnen würde als durch Analyse des Textes als solchen kann allerdings nicht behauptet werden. Das Rätsel wird nicht entschlüsselt, sondern noch kryptischer. Irgendeinen Voraussagewert haben diese Sätze sicher nicht. (Damit kann aber die Entschlüsselung als gescheitert gelten. Sie entspricht nicht der Ankündigung des Nostradamus, dass eine Entschlüsselung zu klaren Voraussagen führen wird).

 

Nostradamus' Erfolg als Folge der verschlüsselten Ausdrucksweise

Kritiker sind der Ueberzeugung, dass es gerade die unklare, symbolische Ausdrucksweise von Nostradamus' Aussagen ist, die für den Erfolg des Propheten verantwortlich ist. Nostradamus' Texte sind so unklar und vieldeutig, dass sie vielfach auf verschiedenste denkbare Ereignisse passen, so dass ihre "Erfüllung" im Laufe von Hunderten von Jahren doch schlicht eine Frage der Wahrscheinlichkeit ist. Als Beispiel mag hierzu die angebliche Voraussage der Clinton-Lewinsky-Affäre durch Nostradamus gelten. Nostradamus-Experten sehen diese Affäre im 14. Vierzeiler der VIII. Centurie vorausgesagt, die lautet:

Le grand credit, d'or, d'argent, abundance
Aveuglera par libide l'honneur
Cogneu sera d'adultere l'offense
Qui parviendra a son grand deshonneur

Vorausgesagt wird hier nichts anderes, als dass ein reicher Mann durch einen Ehebruch an seiner Ehre Schaden leidet. Dies ist eine Konstellation, die sich seit Nostradamus hundert-, ja tausendfach ergeben hat (und schlicht einer allgemein menschlichen Erfahrung entspricht).

Mit Voraussagen dieser Art kann jeder Mensch erfolgreicher Prophet werden. Solche Voraussagen erfüllen sich sowieso. Ganz ähnlich verhält es sich mit Ankündigungen von Seuchen, Erdbeben, Ueberschwemmungen. Solche werden sich in den nächsten Hunderten von Jahren leider wohl des öftern ereignen.

Zusammenfassend kann gesagt werden, dass zahlreiche "Erfüllungen" von Nostradamus-Voraussagen schlicht aus deren allgemein formulierter und datumsloser Struktur folgen. Die Frage bleibt, ob dieser Effekt von Nostradamus mit Absicht in Anspruch genommen wurde.

Umgekehrt muss gefragt werden, ob Nostradamus als Prophet nicht schon längst erledigt wäre, hätte er seine Voraussagen klarer formuliert oder gar datiert. Jedenfalls wäre dann deren Anwendung auf beliebige Ereignisse aus fünfhundert Jahren Menschheitsgeschichte nicht so einfach möglich.

 

Auch Nostradamus kann sich irren

Es ist eine Gnade der unklaren und verschlüsselten Ausdrucksweise Nostradamus', dass dem Seher Irrtümer nur sehr schwer nachzuweisen sind. Mancherorts wird er aber ausreichend deutlich, so dass der unvoreingenommene Leser bemerken kann, dass Nostradamus eine historische Entwicklung falsch vorausgesagt hat. Ein Beispiel hierzu ist Nostradamus' Prognose für den Calvinismus. Hierüber schreibt er im 47. Vierzeiler der I. Centurie (Uebersetzung von Centurio):

Die Predigten vom Genfer See werden Widerspruch erregen,
Die Tage werden zu Wochen,
Dann zu Monaten und zu Jahren, schliesslich wird alles hinfällig.
Die Behörden verdammen selbst jene leeren Dogmen.

Hier wird durchaus klar, dass Nostradamus dem Calvinismus ein völliges Ende binnen ein paar Jahren vorausgesagt hat. Diese Sicht mag dem katholischen Wunschdenken des Sehers entsprochen haben, mit der weiteren Entwicklung der Geschichte hat sie nichts zu tun.

Anhand dieses Beispieles, das deutlich zeigt, dass Nostradamus' Prophezeiungen von seinen politischen Wünschen mindestens mitbeeinflusst wurden, könnte gefragt werden, ob nicht eine psychologische Interpretation der Prophezeiungen erfolgverheissend sein könnte. Nostradamus' Vierzeiler wären dann zu lesen als Utopien und Zukunftsängste des Propheten selbst.

 

Nostradamus-Experten irren sich regelmässig

Dass eine Zukunftsvorhersage anhand der Prophezeiungen des Nostradamus schlicht unmöglich ist, zeigt schlagend ein Blick in ältere Nostradamus-Literatur. Während dort der Geschichtslauf bis zum Erscheinungsdatum mit Nostradamus-Zitaten mehr oder weniger überzeugend und zwingend nachgezeichnet wird, gehen die Aussagen über die dem Erscheinen des Buches folgenden Jahre jeweils vollkommen in die Irre. Ein paar solcher Beispiele seien hier angeführt.

 

z.B. Kurt Allgeier

So sieht Kurt Allgeier 1982 bei Nostradamus u.a. folgendes vorausgesagt:

1987: Eine grosse Hungerkatastrophe sucht vor allem den Süden Europas heim. Die schlimmen Zustände lösen in Italien eine blutige Revolution aus. Anschlag auf den Papst, auf die Regierung. Im August bricht der Dritte Weltkrieg aus. Vielleicht noch im selben Jahr wird New York durch einen Atomangriff zerstört.
 
1988: Erdbebenkatastrophe im Mai bringt ein grosses Stadion oder Theater zum Einsturz. Das ist das Zeichen dafür, dass im Oktober die 3tägige Sonnenfinsternis stattfindet. 72 Stunden lang ist es völlig dunkel. Die Luft ist giftig, viele Menschen kommen ums Leben.
 
1989: Um diese Zeit mündet die Revolution in Italien in eine Diktatur. Das Christentum wird verboten, die Gläubigen blutig verfolgt...
 
1998: Die "kosmische Revolution" ist auf ihrem Höhepunkt. Die Erde beginnt zu torkeln und steht schliesslich schief. Die Erdachse ist gekippt, die Pole haben sich verlagert.

Kurt Allgeier hat mit seinem Buch bei seiner Leserschaft zweifellos massive Aengste ausgelöst. Möglich ist sogar, dass er mit seiner Auslegung für biographische Fehlentscheidungen verantwortlich ist.

 

z.B. N. Alexander Centurio

Z.T. ganz anderes schliesst N. Alexander Centurio fünf Jahre zuvor (1977) aus den Centurien des Nostradamus. Er sieht folgendes voraus:

Letztes Drittel des 20. Jahrhunders:
- Ein islamitischer Führer greift Spanien und Italien an.
- Anarchie im Mittelmeer.
- Frankreich von fünf Seiten überfallen.
- Die Vernichtung des Vatikans durch die arabische Aggression.
 
Gegen Ende dieses Jahrhunderts:
- Der atlantische Bruderkrieg beginnt.
- Eine anglikanische Aggressionsflotte naht sich la Rochelle. Letztes Friedensagebot.
- Die Aggressionsflotte läuft in die Girondemündung ein.
- Die Angelsachsen nehmen Südfrankreich in Besitz.
- Schwere Niederlagen Frankreichs durch das mit den anglikanischen Mächten verbündete Italien.
- Deutschland wird eine Monarchie.
- Krieg zwischen den USA und China.
- Der grosse Neptun (USA) vertreibt China aus dem Stillen Ozean.

Auch Centurio hat mit seinem Buch zweifellos Aengste geschürt, die sich inzwischen als gänzlich unbegründet herausgestellt haben.

 

z.B. Jean Charles de Fontbrune

Jean Charles de Fontbrune ist in seinen Voraussagen aus dem Jahr 1980 insofern vorsichtiger, als dass er kaum Daten nennt. Ein Fixdatum kennt aber auch er:

Der Dritte Weltkrieg 1999

U.a. folgende Ereignisse datiert de Fontbrune nun vor dem Dritten Weltkrieg, also vor 1999:

- Friedensbemühungen und Kriegsgefahr. Der Krieg in Frankreich.
- Der Krieg erreicht Barcelona
- Die Konfrontation zwischen Mittel- und Grossmächten.
- Grosse Seeschlachten zwischen dem Zweiten und dem Dritten Weltkrieg.
- Revolutionäre Bewegungen in den französischen Provinzen.
- Die wirtschaftliche Krise. Der Zusammenbruch des monetären Systems.
- Das Ende der Konsumgesellschaft. Inflation und Gewalt.
- Die Revolution in Italien.

Und als erstes Ereignis des 1999 stattfindenden Dritten Weltkrieges nennt de Fontbrune:

Johannes Paul II. flieht vor den einmarschierenden Russen.

De Fontbrune muss sich, wie Allgeier und Centurio, den Vorwurf gefallen lassen, unbegründete Aengste geschürt zu haben.

 

Zusammenfassend kann gesagt werden, dass Nostradamus-Exegeten üblicherweise für die dem Erscheinen ihrer Bücher folgenden Jahre ungewöhnliche Schrecknisse verheissen, die sich dann aber glücklicherweise nicht bestätigen. Insofern muss die Nostradamus-Exegese der letzten zwei Jahrzehnte als verhängnisvolle und grundlose Panikmache bezeichnet werden. Dass aus Nostradamus eine Erkenntnis der Zukunft nicht zu gewinnen ist, belegen diese Beispiele schlagend. Nostradamus' Auskunft, dass er seine Verse verschlüsselt habe, um Frauen und Kinder vor der grausamen Wahrheit zu schützen, mag nach seinem eigenen Empfinden richtig gewesen sein. Die Wirkung ist aber genau die umgekehrte: Die Leserschaft wird immer wieder grundlos in Panik versetzt. Dass Nostradamus diese Wirkung nicht vorausgesehen hat, stellt dem Seher kein gutes Zeugnis aus.

 

Zusammenfassung und persönliche Wertung

Die Nostradamus-Exegese ist eine unendliche Geschichte unerfüllter Schreckens-Prognosen. Immer neue Bücher versuchen die Angaben des Sehers in seinen Centurien für die Erhellung der Zukunft fruchtbar zu machen, und gelangen infolge der Tatsache, dass Nostradamus vor allem Schlimmes zu berichten hat, zu Horrorszenarien, die sich dann glücklicherweise nicht bestätigen. Dass anhand von Nostradamus-Texten eine Beschreibung der Zukunft nicht zu gewinnen ist, wird so offensichtlich.

Ob dies Phänomen daran liegen mag, dass der vieldiskutierte "Schlüssel" für die Texte des Nostradamus nicht gefunden wurde, scheint mir fraglich. An Nostradamus wurde bereits derart viel intellektuelle Kapazität verschwendet, dass mir fraglich scheint, ob dieser angebliche Schlüssel mehr ist als eine Frage der Reihenfolge der Vierzeiler. In diesem Falle wäre möglich, dass der "Schlüssel" deshalb nicht zu gewinnen ist, weil aus angeblich erfüllten Vierzeilern jeweils ein zeitliches Raster geschaffen wird, das gar nicht der Absicht des Nostradamus entspricht. Die von Nostradamus geplante Anordnung und die zeitliche Reihenfolge der "erfüllten" Texte stimmen ja nur unter der Voraussetzung überein, dass Nostradamus wirklich die Zukunft voraussah. Und diese Voraussetzung ist möglicherweise schlicht falsch. Die Tatsache, dass eine plausible Anordnung der Vierzeiler nicht gelingen mag, würde sich so glatt erklären. Gerade der Glaube daran, dass Nostradamus immer recht hat, würde so eine Einsicht darin verunmöglichen, was Nostradamus selbst wirklich meinte.

Tatsächlich zeigt sich, dass Nostradamus durchaus irren konnte. Gewissen zeitgenössischen Strömungen prognostiziert Nostradamus ihre Zukunft aus seinen Wunschvorstellungen heraus, nicht aus einer Kenntnis der weiteren Geschichte.

Dass Nostradamus trotzdem erfolgreich ist, liegt, hier sind die Kritiker bestimmt im Recht, an seiner äusserst unklaren Ausdrucksweise, die es ermöglicht, einen und denselben Vierzeiler auf dutzende, ja hunderte von Ereignissen zu beziehen, oder, auch das kommt vor, an einem schlicht banalen Inhalt im Sinne allgemein menschlicher Erfahrungen. So kommt Nostradamus auf eine rechte Zahl von "erfüllten Prophezeiungen". Alles "nicht Erfüllte" kann hingegen als seiner Verwirklichung noch harrend gesehen werden.

Der 1999er Vierzeiler macht hier gewissermassen eine Ausnahme. Er kann kaum auf Napoleon, Wallenstein, Hitler oder Stalin bezogen werden. Auch ein Bezug der Stelle auf Ereignisse im nächsten Jahrtausend ist nicht unbedingt plausibel. Hier kommt Nostradamus nun unter Erfüllungsdruck.

Was geschieht, wenn nichts Signifikantes passiert? Hat Nostradamus damit ausgedient? Wohl kaum. Zum einen werden sich im Sommer 1999, weltweit gesehen, einige lokale Ereignisse ergeben, die in Ermangelung globalen Geschehens allenfalls als Erfüllung von X,72 gelesen werden könnte (Z.B.: Der "Schreckenskönig" kann als die Sonnenfinsternis selbst gelesen werden, die sich ohnehin ereignen wird, der "Roy d'Angoulmois" ist der neue Maire einer Kleinstadt in der Gegend, und hat es nicht vor dessen Wahl einen hitzigen Wahlkampf gegeben, der als "Mars" interpretiert werden könnte?). Zum anderen könnten die Anhänger derjenigen Richtung unter den Nostradamus-Experten, die dem Text einen ganz anderen, kryptischen Sinn unterschieben, Aufwind erhalten. Mit Buchstabenzähl- und -tauschmethoden kann jede unerfüllte Prophezeiung gerettet werden.

Anlass, der Ereignisse im Sommer 1999 mit Besorgnis entgegenzusehen, besteht nicht. Dafür sind die Zweifel, die an der prognostischen Qualität von Nostradamus' Centurien angebracht sind, viel zu gross.

 

Quellen

Allgeier, Kurt: Die grossen Prophezeiungen des Nostradamus in moderner Deutung. Weissagungen bis ins Jahr 2050, Wilhelm Heyne Verlag München, 4. Aufl. 1982

Centurio, N. Alexander: Die grossen Weissagungen des Nostradamus, Prophetische Weltgeschichte bis zum Jahr 2050, Goldmann 1981

de Fontbrune, Jean Charles: Nostradamus. Historiker und Prophet, Paul Zsolnay Verlag, Wien 1982

Harder, Bernd: Weltuntergangspropheten haben Hochkonjunktur. Zum Beispiel Nostradamus, Materialdienst der EZW 10/96, Quell Verlag Stuttgart 1996, s. 305ff.

Mann, A. T.: Prophezeiungen zur Jahrtausendwende, Scherz Verlag Bern 1993

Teissier, Elizabeth: Schicksalsjahr 1999, Realis Verlag, München 1998

Thompson, Damian: Das Ende der Zeiten. Apokalyptik und Jahrtausendwende, Claassen Verlag Hildesheim 1997

Voldben, A.: Nostradamus und die grossen Weissagungen, Langen Müller Verlag, München 1982

Zumstein, Patrick: Entschlüsselungs-Hinweise von Patrix, online im Internet unter www.alien.de/Nostradamus

 

Georg Otto Schmid, Februar 1999 


zurück zum Text im Normalformat

zur Uebersicht Nostradamus

zur Relinfo-Grundseite

© 1999 gos / 2000 Infostelle