Evangelische Informationsstelle: Kirchen - Sekten - Religionen

Geht die Jugend zum Teufel?

Jugendsatanismus - Mythos und Realität

Kurzfassung, siehe auch den ausführlichen Text

 

1 Zahlen

Erfahrung mit satanistischen Ritualen haben rund 5% der Jugendlichen, mehr Männer als Frauen, mit Ueberhang bei Vertretern niedrigerer Ausbildungsniveaus. Ein signifikanter Zusammenhang zwischen Satanismus und religiöser Sozialisation zeigt sich nicht.

 

2 Jugendsatanismus heute

Der Jugendsatanismus tritt heute, religionswissenschaftlich gesehen, unter den folgenden Formen auf:

 

2.1 Experimenteller (hypothetischer) Satanismus

Der experimentelle Satanismus geht nicht von der Existenz Satans aus, sondern will diese Hypothese erst überprüfen; oder aber setzt die Hypothese Satan ohne Glauben im engeren Sinne für ganz andere Zwecke ein.

 

2.1.1 Satanismus als Freizeitbeschäftigung

Die häufigste Form des Jugendsatanismus ist diejenige der Freizeitbeschäftigung. Bei Versuchen zu satanistischen Ritualen wird einerseits der Unterhaltungswert gesucht, andererseits spielt experimentelle Neugier eine Rolle. Meist bleibt dies ohne Folgen, manche Beiteiligte können im Anschluss an solche Versuche aber von Aengsten geplagt werden.

 

2.1.2 Satanismus als Verkaufsschlager

Satanismus in der Musik dient eher der Verkaufsförderung als einem Ausdruck religiöser Ueberzeugungen. Von den meisten Fans wird dieses auch so wahrgenommen.

 

2.1.3 Satanismus als Protest

Als Form des Protestes eignet sich der Satanismus sowohl gegenüber christlichen als auch gegenüber atheistischen Eltern. Es handelt sich um eine apolitische, individualistische Form des Protestes. Gruppenbildung ist Nebensache. Gegen aussen tritt der Protest-Satanismus mit destruktiven Aktionen in Erscheinung. Biographisch bleibt er meist Episode.

 

2.1.4 Satanismus als Gruppenidentität

Manche Gruppen Jugendlicher machen vom Satanismus Gebrauch, um ihre Gruppenidentität zu stiften. Diese Form des Satanismus macht sich durch plakatives Auftreten gegen aussen bemerkbar. Der Umgang mit dem Satanismus im innern der Gemeinschaft ist meist ein experimenteller. Wichtig bei diesen Gemeinschaften sind die vielzitierten "satanistischen Mutproben".

 

2.2 Weltanschaulich-religiöser Satanismus

2.2.1 Satan als Symbol

Satan kann als Symbol stehen für eine Weltanschauung, die sich für einen schrankenlosen Egoismus stark macht. Satan wird dabei nicht als existente Macht gedacht. Diese Form des weltanschaulichen Satanismus findet sich insbesondere bei satanistischen Autodidakten. Rituale sind unnötig. Das Verhältnis zur Gesellschaft ist zwiespältig.

 

2.2.2 Satanismus als Lebenshilfe

Religiöser Satanismus verehrt Satan als existierende Macht und erhofft sich von ihm Hilfe und Macht im täglichen Leben. Diese Form des Satanismus ist attraktiv für Jugendliche, die nicht in der Lage sind, ihr Leben aktiv zu gestalten.

Hier wird Liturgik wichtig, Satan als metaphysische Macht wird liturgisch verehrt, damit er hilft. Dieser religiöse Satanismus begegnet in Gruppen, aber häufiger auch bei Einzelpersonen.

 

2.3 Der pathologische Satanismus

Eine grosse Zahl von Berichten angeblich Betroffener sind nicht Beschreibungen tatsächlicher Widerfahrnisse, sondern Symptom einer Erkrankung zumeist paranoid-schizophrenen Typs. Zum pathologischen Satanismus gehören auch Verbrechen, die infolge psychischer Erkrankung der Täterschaft begangen und (sekundär) mit Satanismus motiviert wurden. Der pathologische Satanismus zeigt manifeste psychische Problematik in Verbindung mit spärlichem oder gar bloss behauptetem Satanismus.

 

3 Vom Umgang mit dem Jugendsatanismus

Zwei Grundsätze erweisen sich für den Umgang mit dem Jugendsatanismus als fruchtbar:

1. Der Jugendsatanismus darf weder überbewertet noch verharmlost werden.

2. Jeder einzelne Fall ist infolge der Vielseitigkeit des Jugendsatanismus gesondert zu betrachten.

Bei Aengsten im Gefolge von satanistischer Beschäftigung experimentellen Zuschnitts empfiehlt sich folgendes Vorgehen:

1. Erhebung des tatsächlich Geschehenen durch systematisches Rückfragen.

2. Diskussion von Alternativerklärungen im Fall von Wahrnehmungen, die als Wirkung Satans oder von Dämonen gedeutet wurden.

3. Erst nach dieser Gewinnung von Realität kann über die mit den Ereignissen verbundenen Gefühle sinnvoll diskutiert werden.

4. Allenfalls Gestaltung eines Rituals zum Abschluss der Ereignisse.

Im weit gravierenderen Falle eines Involviertseins in eine satanistische Gruppe kommen die Massnahmen, die auch Sektenaussteigern gegenüber gelten, zum Tragen.

 

4 Gibt es Möglichkeiten der Prävention?

Im Sinne einer Prävention vor satanistischer Betätigung kommen folgende Massnahmen in Betracht:

- Sorge für die soziale Einbindung der Jugendlichen

- Hilfe in Zeiten der Lebenskrise

- Aufweis von Möglichkeiten, das Leben aktiv zu gestalten

- Vermittlung einer vernunftgestützten Ethik

- Auseinandersetzung mit der Frage des Bösen

- Aufklärerischer, aber nicht apodiktisch-ablehnender Umgang mit paranormalen Phänomenen

 

5 Von der Zukunft des Jugendsatanismus

Da der Jugendsatanismus die zeitliche Erstreckung einer Modewelle längst überschritten hat und gewisse der ihn begründenden Ursachen (schwierige berufliche Situation, Wertewandel) sich in Zukunft eher verstärken werden, ist nicht davon auszugehen, dass das Phänomen in den nächsten Jahren verschwindet. Allerdings nimmt das Protestpotential des Jugendsatanismus ab.

 

Georg Otto Schmid, 1998


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