Zu Besuch bei den Zeugen Jehovas: Albanische Zusammenkunft

Aufgrund der andauernden Pandemie finden die Zusammenkünfte online auf Zoom statt. Bei der albanischen Versammlung war ich an einem Samstag für Relinfo mit dabei. 

Seit August 2020 in Planung 

Schon länger hatte ich mich für die albanischen Versammlungen der Zeugen Jehovas interessiert und bereits im Sommer 2020 vergeblich jemanden unter den angegebenen Telefonnummern versucht zu erreichen. Selbst als ich einmal zur angebenden Uhrzeit der Versammlungen bei der Adresse des Königsreichssaals der Zeugen Jehovas in Zürich-Wiedikon auftauchte, war niemand vor Ort.

Dieses Jahr hatte ich endlich mehr Glück und unter der neuen Telefonnummer meldete sich jemand. Der Herr sprach nur Albanisch und aufgrund seines Dialekts war zu erkennen, dass er aus Albanien stammt (Zeugen Jehovas und andere religiöse Institutionen haben mehr Erfolg dort als in anderen albanischsprachigen Regionen wie Kosovo). Ich erkundigte mich über die Versammlungen und, dass ich gerne teilnehmen würde. Man sagte mir, dass diese aufgrund der Pandemie auf Zoom stattfinden und bot mir an, dass mir seine Frau eine Zoom-Einführung geben könnte. Die Zugangsdaten für die Zoom-Versammlungen, die jeweils am Mittwoch und Samstag stattfinden, erhielt ich über WhatsApp. 

Zusammenkunft von albanischen Zeugen Jehovas 

Das Zoom-Meeting war geschlossen, sodass sich nicht jede und jeder einwählen konnte. Ich wurde jedoch schnell reingelassen. Die Anwesenden hatten alle ihr «Sonntagsgewandt» an und sassen alleine oder mit der Familie vor der Webcam. Insgesamt waren es 24 Zoom-Teilnehmer*innen. Während sich ein paar mit typisch Schweizer Namen zu erkennen gaben, schienen die meisten Teilnehmer*innen albanischer Herkunft zu sein. Auch hier war an den Namen sowie später wenn sie sich zu Wort meldeten, zu erkennen, dass sie aus Albanien stammten. Nur einem Paar hätte ich eine Abstammung aus dem Kosovo zugewiesen. 

Anzumerken ist hier, dass viele Teilnehmer*innen aus derselben Familie stammten. Zu einem späteren Zeitpunkt sank nämlich die Teilnehmerzahl und die Personen waren nun auf demselben Bildschirm zu sehen. Es haben etwa zwei Familien, zwei jüngere Paare und Menschen im höheren Alter an der Versammlung teilgenommen. Viele Teilnehmer*innen hatten ihre Kamera ausgeschaltet, sodass mir ihr Alter unbekannt blieb. Auch ich beschloss meine Kamera ausgeschaltet zu lassen.  

Wiederkunft Jesu und aller Zeugen Jehovas 

Die Versammlung wurde von A. Lurasi mit einem Lied eingeleitet. Der Text und die Melodie wurden eingeblendet und alle Teilnehmer*innen sangen für sich mit stummgeschaltetem Mikrofon mit. Das Wort wurde dann an einen E. Demçe weitergegeben. Gemäss Facebook lebt er in Griechenland. Da keine anderen Informationen zu seiner Person genannt wurden und ihn alle zu kennen schienen, denke ich nicht, dass er nur ein einmaliger Gastredner war. Er erzählte davon, wie schnell das Leben vergeht und zur Veranschaulichung seiner Botschaft wurden Bilder einer Frau in ihren verschiedenen Lebensphasen gezeigt.

Als nächstes sollten wir eine Bibelverse lesen. Ich dachte, dass Genesis 1:8 genannt wurde, bin mir im Nachhinein beim Nachlesen aber doch nicht mehr ganz so sicher. So wurde nämlich über Adam und Eva gesprochen und wie sie die Welt für Jehova füllen sollten. Sie seien für ein vollkommenes und unendliches Leben kreiert worden. Jehova habe nie das Wort «Tod» genannt. Er war so liebenswürdig und gab Adam und Eva den Garten Eden und damit alles was sie brauchen. Der Tod sei nur in Zusammenhang mit der Nichtgehorsamkeit gefallen. So starben Adam und Eva nach ihrer Verbannung aus Eden zuerst an einem seelischen und später einem physischen Tod. 

Das menschliche Leben ist so kurz und man teilt es nur mit wenigen Menschen. Ist das wirklich alles, was Jehova für uns geplant hat? Wenn wir an die Wiederkunft Jesu glauben, wie können wir nicht an die Wiederkunft anderer glauben? Wenn es keine Wiederkunft gäbe, so hätten wir nur das hier und jetzt.

Das menschliche Leben ist nicht alles und das Armageddon wird schon bald kommen und alle lebenden und verstorbener Zeugen werden die Möglichkeit auf ein unendliches Leben haben. Die Opfergabe im menschlichen Leben ist somit lohnenswert. Die christlichen Werte und Ziele müssen wir uns in all unseren täglichen Aufgaben vor Augen führen. Es wird das nächste Lied eingeblendet.

Wieso ist Jesus gestorben?

A Luarasi übernimmt wieder und macht uns darauf aufmerksam, dass nächste Woche die Jahreskonferenz der Zeugen Jehovas sei. Er übergibt wieder an einen Kollegen, der die nächste Predigt leiten wird. Es wird ein Artikel 16 behandelt, der unter anderem von Johannes 14:31 und 15:13 berichtet. Ein anderer Teilnehmer liest den ersten Paragraphen in sehr gutem Albanisch aber einem doch hörbarem Schweizer Akzent vor. Die Bedeutung wird gleich in der Gruppe behandelt. Es melden sich mehrere Personen, die den Paragraphen interpretieren wollen. Dies geht dann im gleichen Schema so weiter. Es scheinen sich alle sehr gut zu kennen und der Predigtleiter spricht die Menschen mit Bruder bzw. Schwester und dem jeweiligen Vornamen an. 

So wird fast über eine Stunde lang darüber gesprochen, dass Jesus uns das grösste Geschenk gemacht hat, als er für unsere Sünden gestorben ist und wieso Jehova seinen Sohn opferte. Zum Schluss gab es nochmals ein Lied und es verabschiedeten sich alle dankend. Ein paar fingen noch typisch albanischen Smalltalk an und erkundigten sich über das gegenseitige Wohlbefinden. Ich verliess das Zoom-Meeting ohne mich noch extra zu melden oder zu verabschieden.

Unerwartet unbeeindruckend

Alle Anwesenden schienen äusserst freundlich und ich fand es angenehmen, dass die Predigten mehrheitlich interaktiv gehalten wurden. Die Möglichkeit mich über Zoom, nur mit der Angabe meines Vornamens und abgestellter Kamera zuzuschalten, erlaubte mir eine gewisse Anonymität, die scheinbar niemanden störte. Ich erlebte eine sehr légère Atmosphäre, die eher ungewohnt für Zeugen Jehovas ist. Gleichzeitig war es mit Abstand eine der langweiligsten religiösen Veranstaltungen, die ich je besucht habe. Ausserdem wurde nicht gut erklärt, welche Artikel, Bibelverse oder sonstige Schriften gerade behandelt werden und ich kam so nicht immer ganz mit. Mir schien es, als würden immer dieselben Teilnehmer*innen zusammenkommen und alle wüssten über das aktuelle Programm bestens Bescheid. 

Dafina Gash, Juni 2021