Urig Stadt Luzern organisiert rassistischen Vortrag

Am 22. März 2024 bietet Urig Stadt Luzern einen Vortrag an unter dem Titel «Unser wedisches Erbe», der von Victoria Vesta gehalten wird und von einer rassistischen Weltsicht geprägt ist.

Die Referentin Victoria Vesta stammt aus der Ukraine und hat sich der Bewegung der Rodnover angeschlossen, einer Form des russischen Neuheidentums. Rodnover wollen die vorchristlichen Religionen der slawischen Völker wieder aufleben lassen. Da über die vorchristlichen slawischen Religionen kaum historische Quellen vorliegen, wird vieles aus Brauchtum, Erzählungen und traditionellen rural geprägten Vorstellungen rekonstruiert. Unterlegt wird diese Rekonstruktion mit nationalistischen und rassistischen Ideen, die in Russland im 19. Jahrhundert florierten und nach dem Zusammenbruch des Kommunismus wieder populär wurden.

Träger der urslawischen Religion sei, so der Glaube der Rodnover, eine slawische Urkultur gewesen. Diese hätte sich «wedische» Kultur genannt, abgeleitet vom Verb «wedat», wissen. Die gleichnamige vedische Phase der indischen Geschichte sei von Menschen aus der «wedischen» Kultur Russlands begründet worden, die südwärts auf den indischen Subkontinent gezogen seien.

Dass die Bewegung der Rodnover mindestens in Teilen nicht nur nationalistische, sondern auch rassistische Züge hat, erweist sich darin, dass sie sich nicht nur an Menschen slawischer Sprache richtet, sondern auch in West- und Mitteleuropa Werbung macht. Alle «weissen Menschen» würden, so wird behauptet, von Urahnen abstammen, die zur «wedischen» Kultur dazu gehört hätten, und an sie alle richte sich die Botschaft der Rodnover.

Für diese hochproblematische Weltanschauung macht Victoria Vesta Werbung im Rahmen einer Vortragstournee, die sie schon durch verschiedene Orte in Deutschland geführt hat, und die nun am 22. März auf Einladung von Urig Stadt Luzern hin erstmals in der Schweiz Station machen soll.

Schon die Ausschreibung des Vortrags legt den Verdacht nahe, dass da in braunen Gewässern gefischt werden könnte:

Unsere Ahnen in Europa richteten ihren Glauben und das alltägliche Leben nach den Weden aus. Das Wort «Weden» stammt vom russischen «wedat» auf Deutsch «wissen» ab.

Mit dem Siegeszug der abrahamitischen wurde unser wedisches Erbe verschüttet, totgeschwiegen, verzerrt und geriet für die Massen in Vergessenheit.

Wir streifen die Grundzüge der wedischen Weltanschauung unserer Ahnen, ihre Stammeskultur, die Geschlechterrollen und die Frage, wie wir heute in den dunklen technokratischen Zeiten von Kali Juga – oder im wedischen die «Nacht von Swarog» genannt – dieses Erbe wieder auferstehen lassen und in unseren Alltag integrieren können».

(Vortragsflyer, https://www.urig-stadtluzern.ch/kalender/unsere-veranstaltungen/)

Dieser Verdacht wird schnell bestätigt durch die Ausschnitte aus vergangenen Durchführungen ihres Vortrags, die Victoria Vesta bei YouTube und in ihrem Telegram-Kanal publiziert hat.

Ihre rassistische Haltung macht Victoria Vesta da überdeutlich, z.B. im Vortrag in Oberfranken am 16. September 2023.

Hier äussert Victoria Vesta ab Minute 12.35:

… Für uns weisse Menschen so absurd: Wie weit sind wir denn schon gekommen, dass jeder Afrikaner total stolz ist auf seinen Mumba-kumba-kumba-Grossvater, und jeder Indianer… ich war auch persönlich in Peru, in Bolivien, ich hab’s ja gesehen, wie stolz sie sind auf ihren Stamm, auf ihr Volk, ja, und los abuelos, los ancestros, ahaha, und all diese Lieder, und wie wir, wie weit sind wir jetzt schon gekommen, wie weit ist das fortgeschritten, das mehr, also ein Grossteil der Bevölkerung, der weissen Bevölkerung, sich eigentlich scheut, stolz darauf zu sein, dass man ein weisser Mensch ist, dass man weisse Vorfahren hat, dass man eine weisse Kultur hat.

Victoria Vesta ist durchaus bewusst, dass ihre Ausführungen rassistisch sind, wie die folgende Passage belegt (ab 17.12):

Und wenn man sich damit anfängt zu beschäftigen, und immer mehr gräbt, und immer mehr schaut, dann begreift man eigentlich, dass wir eine sehr reiche Stammeskultur und Ahnenkultur haben, und ja, würde das jetzt nicht überheblich und rassistisch klingen, dann würd ich sagen, um einiges auch in bestimmten Aspekten reicher als die Kultur, die wir jetzt in Mexiko finden, und in Peru, oder in Indien sowieso.

Nichteuropäische Hochkulturen sind, so die rassistische Lehre vieler Rodnover, von Vertretern der angeblichen «wedischen Kultur» begründet worden, was auch Victoria Vesta an ihrem Vortrag so vertritt (ab 22.25):

Es gibt sogar sehr kühne russische Wissenschaftler, die sagen, die ersten Pharaonen waren weiss, und die Pyramiden wurden auch von weissen Menschen erbaut.

Wie die Rodnover die Geschlechterrollen sehen, darüber berichtet Victoria Vesta in einem anderen Video, das bei Youtube zugänglich ist:
https://www.youtube.com/watch?v=QrgiJzrBpXA&ab_channel=VictoriaVesta

Hier äussert sich Victoria Vesta ausführlich über die Geschlechterrollen in der Sicht der Rodnover und über ihren Weg, diese anzunehmen (ab Minute 8.41):

Und eine grosse Katastrophe, grosse Tragödie für die Frau in unserer heutigen Gesellschaft ist, dass der Frau suggeriert wird, von den dunklen Mächten, das ist ein Teil dieses Agendas, dass die Frau Entscheidungen treffen muss, dass sie zielstrebig sein muss, dass sie ganz genau wissen muss, was sie im Leben zu tun hat, und dieser Agenda folgte ich auch lange Zeit, und mit verheerenden Folgen für meine psychische und hormonelle Gesundheit, sagen wir’s mal so, denn eigentlich ist es, wenn wir ehrlich sind, wir Frauen, ist es sehr schwer für uns, uns zu entscheiden, eine Entscheidung zu treffen. Es ist eine grosse Erleichterung für uns, diese Entscheidung nicht treffen zu müssen, weil für uns ist alles in Ordnung, wir sind ja, wie eine Gebärmutter es auch ist, Potenzial, es ist alles in Ordnung, es ist alles da, es ist Schatten und Licht ist da, eine Frau muss nicht strukturieren, der Mann… die Gebärmutter an sich, die Eizelle ist nicht strukturiert. Es muss erst das Sperma des Mannes kommen, und das Sperma strukturiert. Die Eizelle teilt sich in zwei, in vier, in sechzehn und so weiter und so fort, und der Mann ist dazu da, um zu strukturieren, die Frau ist dazu da, um zu fliessen, und der Mann ist auch derjenige, der die Richtung vorgibt und die Frau schwingt mit, und so, wenn man das bedenkt, dass Wasser… dass Frau Wasser ist, und Mann ist Feuer, und wenn man… und wenn man dem anderen seine Rolle gewährt, statt Krieg mit dem Mann zu führen, statt mit ihm zu diskutieren, im Wedischen sagt man, der Mann ist viel besser dafür ausgerichtet zu sagen, was gut und was falsch ist, er gibt den Ton an, er sagt der Frau und den Kindern, was ist gut und was ist böse, und das hat mich auch lange gekostet, um das zu akzeptieren, in meiner feminist… feminiss…äh… feministisch infizierten Denkweise, aber als ich das akzeptiert und eingesehen hatte, dass ich die Seele einer Beziehung sein kann und der Mann der Geist der Beziehung, es ist eine grosse Erleichterung.

Wie problematisch binär diese Geschlechterrollen im Verständnis der Rodnover formuliert sind, zeigt sich auch da, wo Victoria Vesta von der Körperbehaarung spricht. Diese sieht sie als Antennen zu höheren Ebenen, weshalb sie nicht entfernt werden sollte. Jedes Härchen sei an seinem Platz. Soweit wäre das ja ganz unproblematisch, wenn nicht die Einschränkung käme: Auf der Oberlippe sind Haare bei Frauen nicht an ihrem Platz. «Damenbart» sei Zeichen einer «Hormonstörung», ein «Umschwenken hin zum Männlichen». Wenn eine Frau anderswo Haare hat, als es bei Victoria Vesta vorgesehen ist, dann ist das gleich eine Störung im Hormonhaushalt und in der Geschlechtsidentität, und liegt damit auf der Linie der von Victoria Vesta öfters erwähnten Agenda der üblen Mächte, welche diese Welt beherrschen und eine «Rollenvertauschung zwischen Mann und Weib» durchführen wollen.

Dass Urig Stadt Luzern diesen rassistischen Vortrag, über dessen Inhalt sich jede Person online ohne Weiteres im Voraus informieren kann, seinem Publikum anbietet, weist erneut auf die Problematik um die Urig-Vereine hin. So treten sie oft als Veranstaltende von Vorträgen mit Staatsverweigerern auf, ein Beispiel ist der Verein Urig Stadt Luzern selbst, der am 26. Januar einen Abend mit dem bekannten Staats- und Rechtskritiker Roman Haudenschild alias Don Icon organisiert. Nun kommt noch die Verbreitung rassistischer Ideen dazu. Die Urig-Bewegung muss sich fragen, wo sie hinwill. Im Moment befinden sich manche Urig-Vereine auf einem höchst problematischen Weg.

Victoria Vesta selbst scheint eine wachsende Anzahl von Fans zu haben, jedenfalls berichtet sie davon. Auf ihrem Telegram-Kanal hat sie eben das 1000. Abonnement gefeiert. Es war dasjenige von Relinfo.

Georg Schmid, 19. Januar 2024