Besuch bei der Igreja Pentecostal Deus é Amor (IPDA) in Dietikon

Die Igreja Pentecostal Deus é Amor (IPDA), von David Martins Miranda im Jahr 1962 in São Paulo, Brasilien, gegründet, ist eine brasilianische Pfingstgemeinde. Früher standen viele Pfingstkirchen radikal gegen Politik, Scheidung, Fernsehen und andere Auswirkungen der modernen Gesellschaft. Doch im Laufe der Zeit wurden viele dieser Überzeugungen abgemildert und zeitgemässere Bräuche akzeptiert, was zur Gründung der IPDA führte. Der Name «Igreja Pentecostal Deus é Amor (IPDA)» [Deutsch: Pfingstkirche Gott ist Liebe] wurde laut Miranda von Gott selbst in einer morgendlichen Andacht offenbart. Heute zählt die Gemeinde etwa 900’000 Mitglieder und betreibt rund 18’000 Kirchen in Brasilien sowie weitere in 136 anderen Ländern.

Theologische Inbrunst und weltliche Kritik

Die neocharismatische Gemeinde vertritt eine konservative, fundamentalistische Theologie, die stark auf persönlicher Bekehrung, Heiligung, Gemeinschaft und missionarischem Engagement basiert. Aufgrund ihrer radikalen Ansichten wird sie zum Teil als Sekte betrachtet. Die katholische Kirche wirft der IPDA vor, dass Miranda fragwürdige Methoden angewendet hat, um Geld von den Anhängern und Anhängerinnen zu erhalten. Es wird behauptet, dass er fürs Jahr 1999 die Rückkehr von Jesus Christus vorausgesagt hatte, was sich jedoch nicht erfüllte. Danach soll er mit 3’000’000 brasilianischen Real (welche damals den Wert von etwas mehr als 1’000’000 britischen Pfund hatte) an Kirchengeldern nach England geflohen sein und seinen Rücktritt als Leiter der IPDA bekannt gegeben haben.

Von Verbrechern zu Verkündern: Fragwürdige Bekehrungen

Des Weiteren wird die IPDA kritisiert, weil sie angeblich ehemalige Schwerkriminelle als Laienprediger rekrutiert. Diese berichten während der Predigten von ihren grausamen Taten und behaupten, unter dem Einfluss von Dämonen gehandelt zu haben. Sie geben an, durch den Kontakt mit der IPDA von ihren Dämonen befreit worden zu sein und eine Verbindung zu Gott gefunden zu haben. Hierbei kann bemängelt werden, dass diese Laienprediger ihre dunkelsten Lebensmomente nutzen, um nicht nur Geld zu verdienen, sondern auch gesellschaftliche Anerkennung zu erlangen. Sie schieben Morde und andere Verbrechen dem Teufel zu, um ihre eigene Schuld und Verantwortung zu leugnen und sich als Opfer darzustellen.

Auf den Spuren der IPDA

Nachdem wir von Relinfo darauf aufmerksam gemacht wurden, dass die IPDA auch in der Schweiz aktiv ist und dadurch bereits teilweise negative Aufmerksamkeit erregt hat, wurde mir der Auftrag erteilt, diesbezüglich nach weiteren Informationen zu suchen. Es gestaltete sich jedoch als Herausforderung, im Internet die erforderlichen Informationen zu finden. Die Kirche verfügt lediglich über eine Hauptwebseite, die hauptsächlich über ihre Gemeinden in Brasilien berichtet und keine Hinweise oder Informationen zu IPDA-Gemeinden in der Schweiz liefert. Nach weiterer Recherche stiess ich auf einen Facebook- sowie einen Instagram-Account, die beide den Anschein erweckten, vor einiger Zeit erstellt, aber seitdem kaum aktualisiert oder gepflegt worden zu sein. Obwohl ich nicht vollständig überzeugt war, ob die von ihnen erhaltenen Informationen tatsächlich legitime Fakten waren, musste ich darauf vertrauen, dass ihr Hauptsitz in Dietikon ist und die Gottesdienste dort jeweils mittwochabends stattfinden. Also begab ich mich an einem solchen Abend zu einem ihrer Gottesdienste, gespannt darauf, was mich erwarten würde und worauf ich mich da eingelassen hatte.

Verloren auf der Suche

Die Gottesdienste der IPDA finden im Plaza Dietikon statt. Dort angekommen, musste ich feststellen, dass das Gebäude leer war. In ihrem Instagram-Account hatte ich gelesen, dass die Gottesdienste im Untergeschoss stattfinden, also ging ich die beiden Treppen hinunter, die an den entgegengesetzten Flügel des Gebäudes lagen, und suchte vergeblich nach dem Raum. Beide Treppen führten nur zu einer Tiefgarage. Zurück am Eingang gab es auch keinerlei geschriebene Information darüber, wohin ich lang musste, noch fand ich sonst irgendwelche Informationen über die IPDA. Ebenfalls stand niemand am Informationspult, den ich hätte fragen können, wie ich zum Gottesdienstraum komme. Ich wusste, dass der Gottesdienst um 19:00 Uhr beginnen würde, und weil ich etwas früher dort war, beschloss ich, am Eingang des Gebäudes zu warten und zu hoffen, jemandem zu begegnen, der mich dort hinführen könnte. Nach einiger Zeit tauchte eine Frau auf, die gerade telefonierte. Da sie sich auf Portugiesisch unterhielt, nutzte ich meine Chance und fragte sie, ob sie wisse, wo die Gottesdienste der IPDA stattfinden. Daraufhin meinte sie, dass sie ebenfalls auf dem Weg dorthin sei. Anschliessend führte sie mich zum Gottesdienstraum, der sich tatsächlich im Untergeschoss befand. Nur mussten wir vorerst tiefer ins Gebäude rein, um erst weiter hinten die Treppe runter nehmen zu können. Ich war froh, die Frau getroffen zu haben, denn ohne sie hätte ich die Mission wahrscheinlich aufgeben müssen.

Es war etwa 19:10 Uhr, als wir den Gottesdienstraum betraten. Ich erwartete, dass ich bereits einige Anwesende im Saal vorfinden würde, doch zu meiner Überraschung war er noch leer.

Ankunft im Reich der IPDA

Ein einzelner Mann kniete vorne auf dem Podest, leicht hinter einem Rednerpult verborgen, seine Hände fest auf einem Stuhl verschränkt. Sein Gebet erklang mit kraftvoller Stimme, begleitet von einer melodischen Hintergrundmusik. Der Raum war mit etwa 50 Stühlen gefüllt, in Reihen angeordnet mit einem Mittelgang, der sie in zwei Seiten trennte. Am vorderen Ende des Raumes stand das Podest, flankiert von einer Leinwand, einem Schlagzeug, einer Gitarre und vier verschiedenen Fahnen: Brasilien, Zürich, Schweiz, Portugal. Helles Licht und weisse Wände sorgten für Helligkeit im Raum. Ein Spruch auf portugiesisch prangte an der Wand. Übersetzt lautet er: «Die Herrlichkeit des zweiten Hauses wird grösser sein», eine Anspielung auf Haggai 2:9, wo Gott den Menschen beim Wiederaufbau des zweiten Tempels Mut macht, und ihnen verspricht, sie zu segnen, wenn sie ihm treu bleiben und seinen Geboten gehorchen.

Gebetspower

Als ich den Raum betrat, nahm ich in der dritten Reihe Platz, während die Frau, die mich begleitet hatte, sich in der letzten Reihe setzte. Der Pastor liess sich von meinem Eintreten nicht ablenken und fuhr mit seinem Gebet fort. Seine Worte erschienen mir oberflächlich, da er alles mehrmals wiederholte, hauptsächlich Gebete um Segen und Bestätigung der göttlichen Herrlichkeit. Ausserdem scheute er sich auch nicht, manchmal seine Stimme zu heben. Ich erwartete, dass das Gebet etwa zehn Minuten dauern würde, doch ich irrte mich, denn es erstreckte sich schliesslich bis 20:00 Uhr – eine Stunde des Knieens und Betens.

Im Laufe des Gebets betraten weitere Personen den Raum. Die Anwesenden waren hauptsächlich mittleren Alters. Zuerst kamen drei weitere Frauen, eine davon mit ihrem Kind. Dann gesellten sich drei Männer dazu. Sie nahmen Plätze hinter mir ein, sodass ich nur ihre Stimmen hörte. Später kamen zwei Frauen gemeinsam, die zwei Reihen vor mir Platz fanden und sofort in das Gebet einstimmten. Jeder betete jedoch sein eigenes Gebet, was zu einem Durcheinander von Worten führte, und ich wusste nicht, auf welches Gebet ich mich konzentrieren sollte. Einige beteten so laut, dass ich jedes einzelne Wort mithören konnte.

Pfingstharfe

Nachdem die Gebetszeit vorüber war, begannen wir zu singen. Ein Büchlein namens «Harpa Pentecostal» wurde mir gereicht, das 693 verschiedene Lieder und Hymnen enthielt. Diese wurden ausschliesslich ohne Instrumente gesungen, was die schiefen Töne noch deutlicher machte. Bei einigen Liedern wurde jedoch geklatscht, um einen gewissen Rhythmus vorzugeben. Das erste Lied hiess «Sê valente», übersetzt «Sei tapfer», eine Botschaft der Zuversicht und des Vertrauens in Gottes Führung und Fürsorge. Wir sangen ungefähr drei Lieder, bevor der eigentliche Gottesdienst begann.

Eine Predigt im Wiederholungstakt

Der Pastor eröffnete den Gottesdienst, indem er uns inhaltlich dasselbe predigte, was er bereits während seines einstündigen Gebets berichtet hatte. Diesmal nicht in Form eines Gebets, sondern als Bericht. Durch die Redundanz seiner Worte empfand ich diesen Teil als einfallslos und langweilig. Anschliessend begann er eine Geschichte von früheren Gemeindemitgliedern zu erzählen, die aus seiner früheren Kirchgemeinde in Brasilien stammten. Er schilderte die Geschichte eines jungen Kirchgängers namens Manuel, der bei den Frauen sehr beliebt war. Manuel suchte oft Rat beim Pastor und vertraute ihm seine Gedanken an, darunter auch seine Suche nach einer Partnerin. Als der Pastor darauf hinwies, dass Manuel erst 22 Jahre alt sei und daher noch genügend Zeit und Auswahl an Frauen habe, um eine richtige Entscheidung zu treffen, lernte Manuel eine junge Frau namens Larissa kennen. Auch sie besuchte regelmässig dieselbe Kirche. Innerhalb weniger Monate verlobten sich die beiden, und ein Jahr später waren sie bereits verheiratet.

Die Moral der Geschicht: Ehe, Tätowierungen und himmlische Führung

Wie das Schicksal es wollte, entstanden kurz darauf Spannungen zwischen dem Paar, und sie gerieten immer öfter in Streit. Während dieser Zeit suchte Manuel angeblich immer wieder den Pastor auf, um ihm von seinen Sorgen zu berichten. An diesem Punkt wies der Pastor uns darauf hin, dass eine Ehe etwas Wundervolles sein kann, wenn man die richtige Person geheiratet hat. Gleichzeitig könne es jedoch zur Hölle auf Erden werden, wenn man die falsche Person gewählt hat.

Manuel und Larissa entfernten sich daraufhin immer mehr von der Kirche, besuchten die Gottesdienste nicht mehr regelmässig und wurden insgesamt seltener gesehen. Nach einiger Zeit kam es sogar zur Trennung des Paares. Manuel fand daraufhin wieder den Weg zur Kirche, während Larissa weiterhin abwesend blieb. Der Pastor erzählte, dass er kürzlich neugierig auf Larissas Verbleib geworden sei und sie schliesslich auf Facebook gesucht habe. «Die Frau hat sich in eine Richtung verändert, die niemand für möglich gehalten hätte. Als ich aktuelle Bilder von ihr sah, tat es mir im Herzen weh. Sie hat ihren ganzen Körper tätowiert.» Daraufhin gab es aus dem Publikum verstört klingende Kommentare wie «Oh mein Gott!» oder «Wirklich?». Der Pastor schloss die Geschichte mit den Worten: «Gott hat Manuel beschützt. Er wusste, dass Manuel nicht weiterhin das Leid durch Larissa ertragen könnte. Deshalb hat er ihn gerettet.»

Ich konnte aus dieser ganzen Geschichte seine Kernbotschaft nicht erkennen, daher bin ich mir nicht sicher, was er uns mit dieser Geschichte lehren wollte. Ich hoffe nicht, dass er uns vermitteln wollte, dass Tattoos gotteslästerlich sind… Es schien mir, als würde er Larissa verteufeln, nur weil sie ihren Körper tätowiert hat. Jedoch konnte er keinen überzeugenden Grund nennen, warum sie sich in eine «falsche» Richtung entwickelt hat. Der Pastor nahm in seinen Äusserungen eine recht starre und moralisierende Haltung ein. Seine Darstellung von Larissa, die sich tätowiert hat, als eine «falsche» Entwicklung oder gar als Zeichen einer «falschen» Richtung, empfinde ich als problematisch und sie trägt zur Stigmatisierung von Menschen bei, die sich anders äussern oder ihren Körper auf andere Weise gestalten als die Norm. Darüber hinaus fand ich, dass der Pastor eine sehr deterministische Sichtweise auf die Ehe hat.  Diese lässt wenig Raum für individuelle Verantwortung und die Komplexität menschlicher Beziehungen. Beziehungen können ja schliesslich von vielen Faktoren beeinflusst werden und sowohl positive als auch negative Erfahrungen sind nun mal Teil des Lebenswegs.

Bibelstunde

Der Gottesdienst setzte sich fort, indem wir einige Bibelverse lasen und ihre Bedeutung vertieften. Einer dieser Verse war Lukas 18:35, der die Heilung eines Blinden durch Jesus Christus beschreibt. In diesem Abschnitt erfährt ein blinder Mann von der Anwesenheit Jesu in der Nähe und bittet um sein Erbarmen und seine Hilfe. Obwohl die Leute ihn zum Schweigen bringen wollten, möglicherweise weil sie dachten, er solle Jesus nicht belästigen oder weil sie nicht glaubten, dass Jesus Zeit für einen blinden Bettler haben würde, rief der Blinde noch lauter nach Jesus. Schliesslich bleibt Jesus stehen, fragt den Blinden, was er wolle, und heilt ihn dann aufgrund seines festen Glaubens.

Lautstarkes Lob: Glossolalie und frenetischer Gottesdienst

Hier betonte der Pastor noch einmal die Bedeutung des Vertrauens auf Gott und die Notwendigkeit, trotz möglicher Hindernisse fest an seinen Segen und seine Hilfe zu glauben. Er ermutigte uns Anwesende, uns nicht von Zweifeln oder negativen Stimmen abbringen zu lassen, sondern entschlossen und beharrlich nach Gottes Hilfe zu suchen. Während des Gottesdienstes begann der Pastor manchmal in normaler Lautstärke zu sprechen, doch um seine Punkte zu betonen und seine Aussagen zu bekräftigen, steigerte er seine Stimme in regelmässigen Abständen, bis er schliesslich schrie. Ausserdem wiederholte er oft bestimmte Äusserungen in seiner seiner Predigt mehrmals. Ein weiteres Merkmal, das mir auffiel, war die Glossolalie. Dabei äusserte der Pastor zuweilen unverständliche Laute, die für Charismatiker eine spirituelle Bedeutung haben, aber für mich als Zuhörerin nicht nachvollziehbar waren.

Dieses Verhalten ist für charismatische Gemeinden recht typisch, jedoch empfand ich es in dieser speziellen Gemeinde als besonders extrem im Vergleich zu anderen. Jedes Mal, wenn der Pastor lauter wurde, erwiderte das Publikum mit derselben Energie. Am Ende entstand oft ein Durcheinander von Ausrufen, Schreien und Klatschen.

Während des Gottesdienstes rief der Pastor irgendwann einen jungen Mann nach vorne. Der junge Mann, etwa 22 Jahre alt, schien auf dem Weg zum Pastorat zu sein oder war vielleicht schon Pastor. Er wirkte, als käme er gerade von der Arbeit in der Bank, denn er trug einen kompletten Anzug. Obwohl ich mich nicht mehr im Detail an den Inhalt seiner Predigt erinnern kann, bleibt mir besonders die Art und Weise seines Predigens in Erinnerung. Es schien fast, als wetteiferte er mit dem älteren Pastor darum, wer lauter sprechen konnte. Auch er steigerte in regelmässigen Abständen seine Lautstärke, um seine Botschaft zu betonen. Ich schätze, insgesamt predigte er vielleicht etwa zehn Minuten lang, bis der erste Pastor wieder das Wort übernahm.

Spenden im Namen des Herrn

Zum Schluss trat ein Mitglied der Gemeinde vor und richtete alles für die Spendenaktion her. Er verteilte an jeden von uns ein Couvert, in dem wir selbst entscheiden konnten, ob wir etwas spenden wollten oder nicht. Nach etwa einer Minute sammelte er die Umschläge wieder ein und bedankte sich bei allen, auch bei denen, die keine Spende abgegeben hatten. Der Pastor betonte an dieser Stelle, dass Gott alle segnen möge, die gespendet haben, aber auch diejenigen, die dazu nicht in der Lage waren.

Schlusswort

In Anbetracht meiner Erfahrungen während des Besuchs der IPDA bleibt eine gemischte Einschätzung zur Gemeinde bestehen. Die IPDA, als eine neocharismatische Pfingstkirche, pflegt eine konservative Theologie und betont stark die persönliche Bekehrung, Heiligung und missionarisches Engagement. Trotzdem wirft sie einige kritische Fragen auf. Ihre stark konservative Ausrichtung und ihre Neigung, bestimmte Lebensweisen und Entscheidungen zu moralisieren, könnten dazu führen, dass sich manche Menschen ausgeschlossen oder unwohl fühlen. Darüber hinaus hinterlassen die fragwürdigen Rekrutierungspraktiken von ehemaligen Kriminellen als Laienprediger einen bitteren Beigeschmack und werfen Zweifel an der Integrität der Gemeinde auf. Mein persönlicher Besuch des Gottesdienstes zeigte mir, dass die Gemeinde eine lebendige und laute Lobpreis- und Predigtkultur hat, die jedoch für manche als übertrieben empfunden werden könnte. Die Suche nach der IPDA-Gemeinde in der Schweiz gestaltete sich schwierig, was darauf hinweisen könnte, dass sie keine transparente Öffentlichkeitsarbeit betreibt. Insgesamt bleibt die IPDA eine interessante, aber auch kontroverse religiöse Bewegung, deren Einfluss und Praktiken weiterhin analysiert und diskutiert werden sollten.

Laura Meyer, März 2024