Freidenkerbewegung

Spuren freireligiöser und freigeistiger Anschauungen lassen sich schon in früheren Jahrhunderten nachweisen. Gründe, sich innerlich und, falls gefahrlos möglich, auch äusserlich von den Lehren der jeweils herrschenden Kirche zu distanzieren, fanden sich in den Zeiten obrigkeitlich gebotener Kirchenzugehörigkeit mehr als genug.

Erst nach den leidigen Erfahrungen mit konfessionellen Zänkereien und nach den sog. Konfessionskriegen und im Zuge der zunehmenden Individualisierung in der westlichen Welt, wurde die Autonomie des einzelnen Menschen in Glaubensfragen eine zuerst intuitiv antizipierte, dann nach dem Erringen der Religionsfreiheit eine in den Verfassungen festgeschriebene moderne «Selbstverständlichkeit».

Die eigentliche Bewegung der Freireligiösen und Freidenker begann im deutschsprachigen Europa im 19. Jh. Die frühesten Freireligiösen Gemeinden sind 1844/45 aus einer deutsch-katholischen Protestbewegung gegen die Ausstellung des «Heiligen Rockes» zu Trier entstanden. Sie erhielten Zuzug aus liberalen protestantischen Gemeinden der «Lichtfreunde». Die besagten katholischen wie die protestantischen Kreise liessen sich von den Gedanken der Aufklärung leiten. Als seitens der Kirchen Bedenken und Ablehnung geäussert wurden und es auch zu Entlassungen in der Pfarrerschaft kam, bildeten sich in wenigen Jahren etwa 380 freie Gemeinden. Mit ihnen entstand eine neue allgemein religiöse Religionsbewegung mit eigenen Grundsätze und Gebräuchen.

Während in der freireligiösen Bewegung eine allgemein religiöse Grundeinstellung durchaus ihren Platz hat, bekennt sich die Freidenkerbewegung in der Regel zum Atheismus. Das Freidenkertum entwickelte sich im 17. Jh., im 18. Jh. und auf breiterer Basis im 19. Jh. Der Anstoss dazu kam von Anhängern eines mechanistischen oder eines materialistischen Weltbildes. Im einen Fall hielt man durch die wissenschaftliche Welterklärung jede Religion für überholt. Im andern Fall baute man auf die von Karl Marx stammende Lehre des dialektischen Materialismus, in der Religion als «Opium für das Volk» galt.

Nach den beiden Weltkriegen hat die Freidenkerbewegung nicht mehr die gleiche Ausdehnung und Bedeutung behalten wie im 19. Jh. In letzter Zeit verbinden einzelne Organisationen freireligiöse und freidenkerische Anliegen zu einem gemeinsamen Plädoyer für möglichst vernunftgemässe Weltbetrachtung und für religiöse und weltanschauliche Toleranz.

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