Verstärkte Missionstätigkeit von Shincheonji in der Schweiz

Die aus Korea stammende umstrittene Neuoffenbarerbewegung Shincheonji wirbt in der Schweiz zurzeit verstärkt vor allem junge Menschen an.

Neuer Himmel und neue Erde

Der koreanische Name Shincheonji, in älterer Umschrift Shinchonji, bedeutet „Neuer Himmel und neue Erde“. In dieser Bezeichung spiegelt sich die immense Bedeutung, welche Shincheonji sich selbst gibt. Shincheonji ist die einzige Gemeinschaft, welche die Bibel richtig interpretiert, und gleichzeitig auch deren Erfüllung, das neue Israel, und die Verwirklichung der Erwartung eines neuen Himmels und einer neuen Erde in der Johannesoffenbarung.

Physische Unsterblichkeit

Der Shincheonji-Gründer Man-hee Lee versteht sich selbst als Träger des Geistes Jesu und Gottes selbst. Als solcher gilt er als körperlich unsterblich, eine Erwartung, die demnächst getestet werden könnte. Im Jahr 1931 geboren ist Man-hee Lee bereits 88 Jahre alt und dem Vernehmen nach nicht bei bester Gesundheit. Wie die Gemeinschaft auf sein Ableben reagieren könnte, bleibt offen. In der Vergangenheit wurde der Tod von vorgeblich unsterblichen Gemeinschaftsleitern gerne damit erklärt, dass der Verstorbene seinen Lebenskreis freiwillig abgeschlossen habe, um höhere Aufgaben in göttlichen Sphären übernehmen zu können.

Verdeckte Werbung

Shincheonji ist berüchtigt für die verdeckte Werbung, welche die Organisation pflegt. In diesem Zusammenhang kennt Shincheonji keine Hemmungen: Tricks, Vertuschung und auch direkte Lügen sind erlaubt, wenn es darum geht, Menschen für Shincheonji zu gewinnen. In der Schweiz ist Shincheonji bisher vor allem mit zwei Methoden der Missionierung aufgefallen: Der Unterwanderung von christlichen Bibelkreisen und Kleingruppen und der Anwerbung junger Menschen auf öffentlichem Grund.

Infiltration von christlichen Gruppen

Shincheonji-„Schnitter“, wie die Missionare intern genannt werden, schleichen sich in christliche Gruppen bevorzugt junger Menschen ein, etwa der VBG, und spähen die Besuchenden aus, ob sich unter ihnen potenzielle Shincheonji-Interessierte finden können. Die Zugehörigkeit zu Shincheonji wird nicht offengelegt, sondern es wird mit einer Legende gearbeitet, etwa dahingehend, dass der „Schnitter“ ein Bibelstudium absolviert habe und nun Freiwillige suche, welche mit ihm die Bibel studieren würden. Wer sich darauf einlässt, wird Schritt für Schritt ins Shincheonji-Bibelverständnis eingeführt.

Werbung auf öffentlichem Grund

Shincheonji-Werber sprechen unter einem Vorwand junge Leute auf öffentlichem Grund an und versuchen, an möglichst viele Informationen über den jungen Menschen heranzukommen: Telefonnummer, Wohnort, Arbeitsort, Hobbys, aber vor allem auch Persönliches wie Religiosität und Probleme in Privatleben und Beruf. Ziel ist die Vereinbarung eines Treffens. Wird den Werbern die Telefonnummer überlassen, folgt eine intensive Bearbeitung mittels Textnachrichten.

Strategisches Vorgehen

Wird eine Person so eingeschätzt, dass sie für Shincheonji gewonnen werden könnte, wird deren Anwerbung systematisch geplant, wobei mehrere Shincheonji-Werber unterschiedliche Aufgaben übernehmen. Zuerst wird versucht, über die anzuwerbende Person soviele Informationen wie möglich zu erhalten, um dann in einem weiteren Schritt durch zusätzliche, der Person bisher nicht bekannte Akteure, zufällig wirkende Begegnungen zu organisieren, die auf das Vorwissen Bezug nehmen und der anzuwerbenden Person das Gefühl geben, gewissermassen schicksalshaft zur Gemeinschaft geführt zu werden. Andere Mitglieder bieten sich als enge Freunde an, dem Vernehmen nach wird gelegentlich gar eine Partnerschaft vorgetäuscht. Ziel ist es, die anzuwerbende Person zu einem Shincheonji-Bibelstudium zu gewinnen, wo sie in die Lehren von Shincheonji eingeführt wird.

Verheimlichung der Mitgliedschaft

Wer sich für das Bibelstudium motivieren lässt, wird schnell angewiesen, Aussenstehende, auch nächste Vertraute, über die Hintergründe der  Gemeinschaft im Unklaren zu lassen und wenn nötig auch vor direkten Lügen nicht zurückzuschrecken. Aus diesem Grund erfahren Angehörige von der Anwerbung ihrer Nächsten durch Shincheonji mitunter erst sehr spät, zu einem Zeitpunkt, an welchem die Einbindung in die Gruppe bereits erfolgt ist. Ziel dieser Strategie ist es, eine frühzeitige Intervention zu verunmöglichen – z.B. mit kritischen Informationen und/oder unter Beizug einer Fachstelle -, welche in vielen Fällen Erfolg hat, wenn sie rechtzeitig an die Hand genommen wird.

Penetranz gegenüber Aussteigern

Ein grosser Teil der Menschen, welche ein Shincheonji-Bibelstudium beginnen, geben dieses nach einigen Lektionen wieder auf, sei es, dass sie mit kritischen Informationen zu Shincheonji versorgt wurden, sei es, dass sie das spezielle Bibelverständnis von Shincheonji nicht überzeugt. In dieser Situation reagiert Shincheonji typscherweise penetrant: Die ausstiegswillige Person wird mit Telefonaten, Mitteilungen und Besuchen überschüttet, mit dem Ziel, ihre Zweifel zu verdrängen und sie zur Wiederaufnahme des Bibelstudiums zu motivieren.

Mehr zum Thema

Lexikoneintrag Shincheonji