«Siegreich durch Jesus» – Besuch des Twenties-(Zwänzger)-Gottesdienstes beim ICF Zürich

Letzten Freitagabend, 24. September 2021, um 20:15 besuchte ich mit einigen Freundinnen den wöchentlich stattfindenden Abendgottesdienst des ICF Zürich. Ich hatte schon öfter vom ICF gehört und den vielen Besuchenden, die jeweils teilnehmen würden. Der Anlass fand im Untergeschoss in kleineren Räumlichkeiten der Samsung Hall in Stettbach statt. Da meine Freundinnen noch auf jemanden warteten, ging ich schon etwas früher zu den Mitarbeitenden am Eingang, welche alle ein T-Shirt mit der Aufschrift «Welcome Home» trugen und mich sehr freundlich begrüssten.

Gottesdiensträume für Menschen mit und ohne Zertifikat

Nachdem ich mein Zertifikat vorgewiesen hatte, durfte ich dem ca. 50m langen Flur folgen. Schon von weitem hörte ich die mitreissende Musik der Band, welche mich in eine gewisse Vorfreude versetzte. Im Raum angekommen wurde ich von weiteren Personen des Empfangskomitees begrüsst, welche mir auch gleich einen Platz im Raum zuwiesen. Auf ihre Nachfrage hin, mit wie vielen Personen ich gekommen sei, nannte ich die Zahl meiner Freundesgruppe. Leider blieb die Reihe kurz darauf leer, welche neben mir für meine Freundinnen reserviert worden war. Wie ich am Ende des Gottesdienstes erfahren sollte, hatten zwei meiner Freundinnen kein Zertifikat, und so wurden sie alle in einen Nebenraum geführt, von wo aus sie mit ca. 20 anderen Personen das Geschehen im Hauptsaal live über eine Leinwand mitverfolgen konnten. Insgesamt wurden für den Anlass drei Räume genutzt, für den Grossteil mit Zertifikat den «Club», und für die zwei Livestreams das «Galaxy» und den «Stettbacher».

Im Hauptraum befanden sich ca. 70 Personen, von welcher ich keine auf älter als 30 Jahre schätzen würde. Auch schien niemand jünger als 20 Jahre zu sein. Somit wurde das Publikum auch altersmässig der Bezeichnung des Anlasses gerecht, der ja «Twenties» lautete, und umgangssprachlich immer noch mit dem älteren Namen «Zwänzger» bezeichnet wird.

«Life to the full»

Zu Beginn hörte man zwei schweizerdeutsche Lieder des ICF, bei welchen schon viele Personen aus dem Publikum begeistert mitsangen. Auch ich genoss die ausgelassene Stimmung die herrschte, auch wenn sich meine Begeisterung auf ein Fusswippen beschränkte.

Nach der einstimmenden Musik folgte ein Gebet des Moderators Lukas Jungen, in welchem er die Botschaft des Liedes «Zufluchtsort» noch einmal aufgriff, und die Gottesdienstbesucher, die «Fründe», dazu aufforderte, die Botschaft «zu ihrem eigenen Herzenswunsch zu machen», also dass sie «ihr Leben und Herz selbst Gott hinlegen» sollten, und Gott dann damit tun könne, was er wolle. Diese Aufforderung und das die Anwesenden leitende Gebet wurde begleitet von ruhiger Musik der Band. Anschliessend dankte Lukas Jungen Gott noch dafür, dass «sein Heiliger Geist uns Menschen und unsere Herzen verändere», und er sprach davon, dass Gott an diesem Abend zu jeder Person im Raum persönlich reden will. Erst ca. 15min nach dem offiziellen Beginn um 20:15 folgte die Begrüssung und die Information, dass einige Personen nebenan den Livestream verfolgen würden. Passend zum Predigtthema trug er ein Sweatshirt mit der Aufschrift «Life to the full».

«The Vision is Jesus»

Die darauffolgende Predigt von Dominik «Dom» Haab war Teil der sogenannten Predigtserie «The Vision is Jesus». Dom startete gleich mit der Frage, ob die Kirche überhaupt noch relevant sei. Seine Antwort darauf lautete, dass Jesus Lebenssituationen belebe, was er auch selbst schon oft erlebt habe. Es folgte eine spontan wirkende Unterbrechung, da er seinen Stehtisch – sein Rednerpult – etwas nach rechts rücken musste. Er füllte die Pause mit dem Witz, dass er es «gerne etwas rechts habe», was auch ein paar Leute aus dem Publikum zum Lachen brachte. Anschliessend wiederholte er seine Aussage von zuvor, dass Jesus belebe, und belegte seine Aussage mit einer Bibelstelle aus Offenbarung 21,6, wo es heisst, dass «Jesus dem Durstigen umsonst zu trinken» gebe. Darauf räumte Dom zwar ein, dass es noch Schmerzen und Tränen auf Erden gäbe, doch Jesus mache aus jedem «hoffnungslosen Fall» – ihm und mir eingeschlossen – etwas. Er tue dies aus Gnade, doch müsse man sich dafür «konstant auf Gottes Wort, seine Wahrheit und seine Liebe ausrichten», um einen «veränderten Charakter» zu erhalten. Dafür dürfe man «sich selbst nicht limitieren», man dürfe keinem anderen Menschen «Schuld anhängen», und man soll sich dafür ebenso keine Selbstvorwürfe machen. Denn dies seien alles Ausreden, «sich nicht wirklich freimachen zu wollen», und man verharre in einer Opferrolle. Für die «wahre Freiheit» brauche es jedoch drei Dinge: Man solle wie Jesus «mit dem lebendigen Wort» kämpfen, und nicht auf «gut gemeinte Ratschläge» hören. Diese Absolutierung und Abwertung der gut gemeinten Ratschläge liess mich erst aufhorchen, jedoch erläuterte er gleich darauf, dass man glauben solle, dass man «gewollt sei, kein Zufallsprodukt sei, und Gott einen Plan mit einem habe». An dieser schönen Botschaft habe ich nichts auszusetzen, jedoch hätte ich gerne gehört, woran er denn mit den «gut gemeinten Ratschlägen» dachte.

Ding Nr. 2 zur «wahren Freiheit» sei, dass man denen, die schuld seien, vergeben solle. Denn das Behalten belastender Aussagen sei «Götzendienst». Ebenso solle man sich selbst vergeben und die «Liebe des Vaters» empfangen. Scham und Selbstanklage seien falsch, denn Jesus sagt ja, dass er einen «aus Barmherzigkeit gerecht» sehe. Zu hohe eigene Ansprüche würden dagegen sprechen. Diese zum Teil sehr persönliche Themen wurden dabei begleitet durch ruhige Musik, was eine geborgene und tröstende Atmosphäre schaffen soll. Ich fühlte mich an manchen Stellen etwas bedrängt durch die Thematisierung einiger ziemlich persönlicher Themen in einer solch öffentlichen Veranstaltung. Dom schien dies vielleicht sogar bewusst zu sein, denn er sprach die Hintergrundmusik an, indem er der Band für ihre Musik dankte und meinte, die Musik sei ein Tool dafür, dass die Worte wie Honig, wie Medizin «besser runter» gingen.

Flüche und Dämonen

Punkt Nr. 3 sei die Möglichkeit von Flüchen, welche einen von der «wahren Freiheit» abhalten würden. Dafür erläuterte er, dass die geistliche Welt (konkret: dämonische Mächte) «uns zerstören» wollen würden. Doch Jesus und sein Blut sei «in der Mehrheit», und man könne diese «durch Jesus» besiegen. Um dies zu belegen, sprach er von vier persönlichen Erlebnissen, an welcher eine «dämonische Macht» beteiligt gewesen sei. Er sprach zunächst von einer 18-jährigen Frau, aus welcher ein Dämon mit einer tiefen Männerstimme gesprochen habe. Er führte diese Begebenheit nicht weiter aus. Darauf sprach er von seinem Militärdienst, in welchem er in einer Gruppe von 10 Männern für seinen Kameraden gebetet habe, woraufhin dieser sich habe übergeben müssen und seine Kameraden gestaunt hätten. Die dritte Begegnung sei in seiner Familie geschehen, nachdem er umgezogen sei, und die Familie erst dann Schlaf gefunden habe, nachdem seine Kinder durch das ganze Haus gegangen seien, um dieses mit Öl zu besprengen. Die letzte Begegnung, welche einen Beleg für die Existenz dämonischer Mächte sei, geschah an einer seiner Kühe. Dom sei Bauer, und als eine seiner Kühe hohes Fieber hatte und er diese mit Antibiotika behandelte, hätten die Medikamente nichts genützt. Erst nachdem er der Kuh «die Hände aufgelegt» hätte, ging es dieser am nächsten Morgen wieder gut. Er betonte nach dieser Begebenheit, dass er keineswegs gegen Medikamente sei, jedoch seien in dieser Situation wirklich andere Dinge die Ursache gewesen.

Damit wir als Zuhörende selbst gegen dämonische Mächte vorgehen könnten, müssten wir einfach sagen «Use! Nöd bi mir!», denn durch den «Blutschutz von Jesus» seien wir mächtiger als Dämonen.

Zum Ende der Predigt kam er noch einmal auf Selbsthass und Selbstzweifel zu sprechen, hier würde ein Gebet helfen.

«Radikal sein für Jesus»

Im Anschluss an die Predigt wurden noch einmal drei Lieder gesungen. Das erste besass nur einen kurzen Text und wurde dafür sehr oft wiederholt und immer mehr gesteigert. Es wirkte wie eine Proklamation. Häufig vorkommende Zeilen waren «you’re the wonder-working God» und «you’re too good to not believe», wobei sich dies auf Gott bezieht. Es kam ein für das ICF typischer Liedübergang und es wurde «God of Revival» gespielt. Darauf folgte ein Lied, welches von einem Leben handelte, in dem Gott immer bei einem ist. Nach einem weiteren Gebet wurde noch um die Kollekte gebeten, während welcher Lukas Jungen erläuterte, was auf der Seite eines Fünffrankenstücks stehe: «Dominus providebit» bedeute so viel wie «der Herr wird versorgen». Während der Kollekte, die durch den Song «Arcade» von Duncan Laurence begleitet wurde, war durchgehend die Aussage «Deine Grosszügigkeit macht einen Unterschied» eingeblendet. Die Besucher wurden verabschiedet mit den Worten, dass «Radikal sein für Jesus cool» sei, und diese Welt Menschen brauche, die «frei und klar seien, und lieben könnten.» Weshalb säkulare Menschen dies nicht seien und könnten, fand ich fragwürdig.

Pommes und Getränke

Die Besucher wurden im Anschluss an den Gottesdienst eingeladen, noch draussen an der Feuerschale zu verweilen, und beinahe alle Besucher schienen das Angebot in Anspruch zu nehmen. Es waren viele Tische aufgebaut, eine bunte Lichterkette spendete gemütliches Licht, und es gab Pommes Frites und Getränke zu konsumieren.

Ich verliess den Anlass ziemlich vergnügt, und abgesehen von den vielen, für evangelikale Anlässe typisch vagen, teils wirren Formulierungen, bei welchen ich nicht immer verstehe, was genau gemeint ist, fühlte ich mich wohl im ICF. Ob ich gut gelaunt war, weil ich etwas Positives mitnehmen konnte, ob es die Musik war oder ob es einfach nur die leichte Erschöpfung nach diesen eineinhalb intensiven Stunden war, kann ich nicht genau sagen. Bis auf die Umsetzung der Corona-Massnahmen wurden keine konkreten Äusserungen zur aktuellen Situation gemacht.

Lilian Zwygart, 27. September 2021

Lexikoneintrag ICF Movement

Siegreich durch Jesus – ICF Twenties 24. September 2021