Hexen-Bewegung

Die Herkunft des Begriffs «Hexe» ist bis heute nicht geklärt. Meist wird das althochdeutsche Wort hagzissa oder hagazussa mit dem althochdeutschen hag (Zaun, Hecke, Gehege) oder dem norwegischen tysja (Elbin), tusul (Gespenst), taus (Dienstmädchen) dem dänischen tøs und dem schwedischen tös für «Mädchen» in Verbindung gebracht. 

Im deutschsprachigen Raum tauchte der Begriff «Hexereye» zum ersten Mal im Jahre 1419 in Luzern, in einem Zaubereiprozess gegen einen Mann auf. In einem Rechnungsbuch aus Schaffhausen soll bereits 1402/03 von «hegsenbrand» (Hexenverbrennung) die Rede sein.

Im Deutschen kennt man für Hexe auch die Bezeichnungen Unholdin, Milchstehlerin, Bockreiterin, Gabelreiterin, Zaunreiterin, Weissagerin, Zeichendeuterin, Mantelfahrerin oder Kristallseherin. Bekannt sind auch die lateinischen Bezeichnungen lamia (Dämonin) saga (Wahrsagerin) striga (alte Hexe) venefica (Giftmischende) maga (Zaubernde) malefica (Schaden Zufügende) usw. 

Seit 890 ist im Altenglischen das Wort witch entstanden. Zunächst gab es nur das Maskuline wicca ([​ˈwɪka], Hexer), wobei später dann das Femininum wicce ([​ˈwɪtʃə], Hexe) entstand. Aus letzterem entwickelte sich das neuenglische Wort witch. Das im Niederdeutschen und Friesischen gebauchte Verb wikken ist mit wiccian verwandt. 

Wie über die Etymologie des Begriffs Hexe herrscht auch über deren genauen Herkunft Uneinigkeit. Der Glaube an Hexen gab es in verschiedenen Religionen und Völkern im Altertum. So kamen sie in antiken Mythen, bei den Germanen aber auch im Orient vor. Im Volksglauben und insbesondere in den Märchen der Gebrüder Grimm aus dem 19. Jahrhundert, werden Hexen als böse Frauen dargestellt. 

Hexen und Hexer haben ihren Ursprung in heidnischen Fruchtbarkeitskulten, welche in vorchristlicher Zeit in Europa verbreitet waren. Der Glaube an solche Magierinnen und Magier gibt es aber auch in anderen Kulturkreisen und Zeiten, wie beispielsweise in Ägypten, Babylonien oder Assyrien. Dabei wurde die schwarze Magie dort bereits gefürchtet und mit dem Tod bestraft. Der Göttin Hekate oder der Zauberin Kirke wurden zusammen mit Druiden und zauberkundigen Menschen Hexerei nachgesagt. Kirke und auch Medea aus der griechischen Mythologie wurden als Zauberinnen gesehen, die über Kräuterwissen und magische Fähigkeiten verfügten. Insbesondere Hekate war mit dem Hexenglauben verbunden und wurde ab dem 5. Jahrhundert v.Chr. zur Schirmherrin der magischen Künste. In Westeuropa ist die Hexe vorwiegend über Traktate und Prozessakten überliefert, wobei sie in den seltensten Fällen eine Person mit bestimmten magischen Fähigkeiten beschreibt. Vielmehr entstand die historische Hexe als Etikettierung in den Hexenprozessen des 15. bis 18. Jahrhunderts. In dieser Zeit wurden Männer und Frauen der Magie, bzw. der Ketzerei bezichtigt. Dies wird auch mit Hexenverfolgung, Hexenwesen oder Hexenwahn bezeichnet. Es herrschte die Vorstellung vor, dass diese «Hexen» Schandenszauber des Teufels anrichten konnten. Dazu zählten das Verursachen von Krankheiten, Tod, Impotenz, Unfruchtbarkeit beim Menschen, Das Sterben von Tieren, der Misserfolg bei der Milchverarbeitung und das Verursachen von Naturereignissen wie Hagelwetter oder Lawinen. All dies mündete in einer scheinbaren Mitgliedschaft in einer teuflischen Sekte. 1326 bestimmte Paps Johannes XXII., dass Hexerei gerichtlich geahndet werden sollte, wobei die systematische Hexenverfolgung mit einer Urkunde des Papstes Innozenz VII, der «Hexenbulle», im 15. Jahrhundert begann. Darin waren alle Verbrechen aufgeführt, die scheinbar von Hexen verübt werden konnten. Die Schweiz liegt zwischen Deutschland und Frankreich in einer Region, in der die Hexenverfolgung am intensivsten war, wobei die Zahl in Westeuropa auf 110’000 geschätzt wird und 10’000 davon in der Schweiz stattfanden. 

Das Buch „Aradia, or the Gospel of the Witches“, auch Hexenevangelium genannt, von Charles Godfrey Leland aus dem Jahre 1899, war für die Wicca-Bewegung und die Entwicklung des Neopaganismus allgemein einflussreich. Leland hat darin scheinbar religiöse Texte einer Hexen-Gruppe aus der Toskana niedergeschrieben. Während er davon ausging, dass seine Manuskripte Glauben und Riten dieser heidnischen Hexen dokumentierten, zweifelten viele Historiker an der Existenz solcher Gruppen. Leland berichtet, dass er ein Originalmanuskript, das sogenannte Angelo (Evangelium), von der florentinischen Hexe Magdalena (eigentlich Margherita) erhalten haben. Der Band enthält 15 Kapitel über Magie, Segnungen, Ritualen und Mythen. Das Hexenevangelium beinhaltet auch Anleitungen für Zauberkünste und kann als Initiative gegen die katholische Kirche gesehen werden. Der Text von Leland soll zeigen, dass das Hexenwesen aus der antiken heidnischen Glaubenslehre stammt. Einige Traditionen der Wicca-Bewegung bezeichnen die Göttin oder Königin der Hexen nach dem Vorbild dieses Buches als Aradia oder Diana. Auch die rituelle Nacktheit wird gemäss einiger Autoren auf das Hexenevangelium zurückgeführt, während andere diese in früheren Schriften begründet sehen. Luzifer wird in der Schrift als Gott der Hexen eingeführt, was von einigen Wicca-Anhänger abgelehnt wird. 

Der Hexensabbat bezeichnet ein Treffen von Hexen und Hexer einer Region mit dem Teufel. Der Begriff ist vom hebräischen „Schabbat“, dem jüdischen Ruhetag am Ende der Arbeitswoche, geprägt. Im Antijudaismus wurden Juden satanische Riten unterstellt, wobei diese Vorwürfe im 15. Jahrhundert auf die sogenannten Hexen übertragen wurden. Die Vorstellung einer geheimen, gefährlichen Gruppierung von Zauberinnen und Zauberer wurde immer konkreter und der Begriff des Sabbats löste sich immer mehr vom jüdischen Ursprung und bezeichnete vielmehr ein Geheimtreffen mit dem Teufel. Der Hexensabbat macht zusammen mit dem Hexenflug, dem Teufelspakt, der Teufelsbuhlschaft und dem Schadenszauber eines der fünf Hauptelemente der Hexenlehre aus, welche sich um ca. 1430 in der Schweiz zu etablieren begann.

Mit der Selbstbezeichnung „(religiöse) Heiden“ zeigen diese Hexen-Bewegungen den Bruch mit der christlich-abendländischen Kulturgeschichte auf. Der christlichen Religionstradition werden verschiedenen vorchristliche Traditionen gegenübergestellt, wie beispielsweise polytheistischen Stammeskulten mit keltischer, germanischer oder slawischer Prägung, die auch „Naturreligionen“ genannt werden ( da Gottheiten mit Naturphänomenen in Verbindung gebracht wurden). Das moderne Hexendem greift auf das angebliche Geheimwissen der Hexen während der Hexenverfolgung zurück. Diese Frauen werden in modernen Hexenkreisen als weise Frauen gesehen, die von Kirche und Staat verfolgt wurden, über besondere Kenntnisse verfügten und eine matriarchalische Hexenreligion vertraten. Es wird gesagt, dass während der Zeit der Hexenverfolgung viel Wissen verloren ging. Mit dieser Vorstellung legitimieren moderne Hexen ihre Praxis und meine gleichzeitig, dass sie in der Linie der Glaubensvorstellung dieser verfolgten Hexen stehen. Damit suggerieren sie, dass diese verfolgten Frauen einer spezifischen Glaubensvorstellung anhingen, wobei es dafür keine historischen Belege gibt.

Der Begriff Coven stammt aus dem lateinischen convenire (zusammenkommen) und bezeichnet eine Gemeinschaft, auch ein „Zirkel“, von Hexen.  Die Anhänger von Coven legen Wert auf Ritual- und Energiearbeit. Die britische Wicca-Bewegung entstand in der Mitte des 20. Jahrhunderts und gilt als Hexen-Bewegung mit okkult-magischer und neopaganer Orientierung. Die Bezeichnung geht auf das altenglische Wort „wicca“ zurück. Der Wicca-Kult umfasst heute verschiedene Richtungen. Ursprünglich war Wicca eine Okkult-Bewegung, die ihr Wissen, ihre Lehre und ihre Geheimnisse nur im Coven teilte und der Aussenwelt verschlossen blieb. Das hat sich im 21. Jahrhundert aber verändert, da nun Anleitungsbücher und Praxishilfen auf dem Markt sind und den Menschen helfen sollen, die Magie und das Hexen-Sein für sich zu entdecken. Die Wicca-Bewegung kann als organisierte magisch-rituelle Hexengruppe gesehen werden, die den individualisierten, modernen Hexen entgegensteht. 

Im 21. Jahrhundert treten viele sogenannte Hexen im Internet auf und sind nicht mehr in ihren kleinen Zirkeln verbunden. Gewisse Kreise existieren zwar noch immer im Geheimen, andere bilden auch lokale Gruppen und wieder andere gehen auch durch ihr Auftritt im Internet an die Öffentlichkeit. Im Internet gibt es auch eine grosse Zahl an Diskussionsforen, in denen sich gleichgesinnte Hexen austauschen können. Dabei ist oft die Rede davon, dass man sich für einen alten Pfad entschieden hat und über altes Hexenwissen verfügt. Dieses umfassende Wissen in eine scheinbar alte Spiritualität geht bei „modernen“ Hexen oft einher mit einem selbst gewählten Hexennamen.

Seit dem Ende des 20. Jahrhundert ist das Verständnis der Hexe positiv konnotiert. Meist handelt es sich dabei um eine Selbstbezeichnung für Frauen, die sich mit Heilkräutern auskennen. Durch feministische und esoterische Strömungen in diesem Feld, kam es im Verlaufe des 20. Jahrhundert zu einem starken Wandel im Hexenbild. Diese alternative Szene und die Frauenbewegungen setzten sich mit Hexenverfolgung auseinander und interpretieren Hexen als „weise Frauen“, die von den Herrschenden verfolgt wurden. Das Interesse an Hexen gründete in den 80er Jahren insbesondere in einem Protest gegen die als patriarchal empfundene Gesellschaft und die Rückbesinnung auf die Natur. Am Ende der 90er Jahren wurde die Hexe immer mehr zu einer Identifikationsfigur für selbstbewusste, selbstbestimmte und starke Frauen und zum Symbol für weibliche Macht und Spiritualität. Gleichzeitig vermitteln Hexen auch esoterische Vorstellungen und Praktiken und bieten Dienstleistungen wie Beratung durch Astrologie und Tarot an. Mit dem Beginn des 21. Jahrhunderts setzte auch eine starke Popularisierung und Kommerzialisierung der Hexerei ein. So überfluten heute Hexenbücher, Ratgeber für Rituale, Kristallkugeln, Pendel, Witchboard, Harze, Kräuter, Steine, Hexendolch, Hexenkelch und Räucherwerk den Markt. 

Lebenseinstellung der modernen Hexe können entweder neue spirituelle Wege vorsehen oder aber sogenannte „alte Pfade“, die sich insbesondere durch eine starke Naturverbundenheit ausdrücken. Diese naturbezogene Spiritualität weist eine eigene Ritualpraxis auf, welche sich in den Jahreskreisfesten, den keltischen Feuerfesten, den Solarfesten und den Mondfesten zeigt. Dem Mond wird dabei eine zentrale Rolle zugeschrieben. Er hat eine intensive magische Wirkung. Dabei vermischt sich Magie mit Okkultismus zusammen mit einer Abwendung der „christlichen Gesellschaft“. Für Hexen spielen Intuition, Symbole und Zeichen, aber auch die Verbundenheit mit Tieren und der Natur eine wichtige Rolle.

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