«Gottes Plan erfüllt sich in allen Details» – Gottesdienstbesuch bei der Christ International Church in Baden

Das erste Geschenk in Corona-Zeiten

Es war der zweite Weihnachtstag, ein verregneter, kalter Dezembermorgen. Das grösste Geschenk erhielt ich schon in den ersten Minuten bei der Christ International Church. Nachdem ein freundlicher Mann mir die Tür aufgehalten hatte, konnte ich erfreut feststellen, dass alle Menschen vorschriftsmässig ihre Masken trugen und auf Abstand achteten. Das war auch nicht besonders schwer, da der Raum relativ gross war für die 14 Personen, die am Gottesdienst teilnahmen.

Der Altarbereich war stimmungsvoll mit Lichterketten geschmückt und mit Krippenfiguren dekoriert. Neben Leinwand und Beamer stand in der Ecke ein grosses Holzkreuz mit einem Banner. Darauf stand «God is Love». Passend dazu liefen christliche Indie-Rock- und Pop-Songs im Hintergrund.

“You raise me up, so I can stand on mountains, You raise me up, to walk on stormy seas, …” trällerte es aus den Lautsprechern während sich die wenigen Gemeindemitglieder herzlich begrüssten. Fast alle von ihnen sprachen hauptsächlich Englisch.
Da die Leinwand für die hinteren Stuhlreihen doch etwas weit weg war, gab es einen weiteren Bildschirm in der Mitte des Raumes. Darauf waren Psalmen aus der King James Bibel zu lesen.

“O come let us adore him”

Der Gottesdienst begann, wie könnte es auch anders sein, mit fetzigen Weihnachtsliedern. «Hark, now hear the angels sing, a king was born today. And man will live for evermore, because of Christmas Day” – “O come, all ye faithful, joyful and triumphant. O come ye, o come ye to Bethlehem” – “Mary, did you know that your baby boy. Would one day walk on water?”
Zwei Sängerinnen mit Mikrofon versuchten die kleine Gemeinde zum Singen zu motivieren. Die eine war noch sehr jung und stand etwas verschüchtert vor dem Publikum und sang sehr unsicher und etwas schief. Die andere Frau war das komplette Gegenteil. Sie strahlte voller Lebensfreude in ihrem pinken Kleid mit bunten Mustern und ihrem passenden Haarschmuck. Sie sang voller Innbrunst und tanzte dazu mit.

Es folgte die erste Lesung aus Matthäus 1 Verse 18 bis 21 und darauf Jesaia 9 Vers 6. Zwischen den Lesungen wurde immer wieder «Amen» oder «Halleluja» gemurmelt. Gelesen wurde jeweils zuerst auf English vom Pastor der Gemeinde und dann von der Pfarrerin auf Deutsch. Dieses Muster zog sich durch und so übersetzte die Pastorin alles jeweils auf Deutsch oder Englisch. Das ist sicherlich nicht immer einfach, jedoch konnte ich mir ein Schmunzeln nicht verkneifen, da ihr Schweizer Akzent doch schon sehr ausgeprägt war, in Englisch und in Deutsch.

Lichtjahre und der Kaiser von Äthiopien

Ein anderer Pastor war an diesem Tag zu Gast mit seiner Frau und hat die Predigt auf Deutsch gehalten. Ein älterer Herr in Anzug und Krawatte. Der Titel seiner Predigt war «www – Weihnachten wie weiter?», was doch etwas schräg war, da viele Anwesenden Englisch sprachen und es da nicht mehr so viel Sinn mit dem «www» macht.

Der Pastor sagte, Weihnachten sei vergleichbar mit der Schöpfung von Himmel und Erde. Die Bedeutung habe das gleiche Ausmass für die Menschheit. «Stellt euch vor! Der Schöpfer kommt persönlich auf die Welt!» Dazu nannte er unnötig viele Zahlen zu Lichtjahren und Entfernungen zu Sternen und wie viele Sekunden ein Jahr hat. Das alles hat nicht sonderlich viel Sinn ergeben. In Lichtjahren werden Entfernungen gemessen und in Sekunden Zeit, aber zurück zum Thema.

Der wohl etwas verwirrte Pastor las aus Johannes 1 Vers 11. Danach erzählte er davon, wie einst der Abessinische Kaiser (Äthiopien) nach Baden gekommen war. Alle wollten diesen Kaiser sehen. Die Welt könne also jemanden willkommen heissen, wenn sie will und dieser Kaiser war nur ein gewöhnlicher Mensch. Mit Jesus sei jedoch der König der Könige gekommen und er hatte keinen Platz in einer Herberge.

Der Plan Gottes in allen Details

Dieser ältere Herr trat sehr selbstbewusst auf, leider fehlten ihm ein gewisses Talent zum Predigen. Er fuhr unbeirrt fort mit Lukas 2 Verse 13 bis 14. Jesus sei nicht in eine friedliche Zeit hineingeboren worden. Die Römer besetzten das Land und überall wimmelte es von Soldaten. Genau wie im Film «Ben Hur». Einen Film als historische Referenz zu gebrauchen ist meiner Meinung nach dann doch etwas weit aus dem Fenster gelehnt. Doch der motivierte Pastor sprach bereits weiter von der Volkszählung des Augustus und dass Joseph und Maria einen so weiten Weg zu Fuss gehen mussten bis in ihre Heimatstadt. Er bewundere Joseph, er hätte damals Maria geglaubt, obwohl das Kind nicht von ihm war. Er war ein wahrer Gläubiger und so hätte sich Gottes Plan in allen Details erfüllt. «Amen», «Amen», die Zuhörerinnen und Zuhörer nickten und bejahten innbrünstig.

Maria und Joseph hätten sich mehrmals gewundert, ob Gott wirklich mit ihnen war. So wundern die meisten von uns sich auch. Doch Gottes Plan für unsere Leben würden sich auch in allen Details erfüllen. «Amen». Dazu Matthäus 2 Verse 13 bis 15, Joseph und Maria fliehen mit Jesus nach Ägypten. Gottes Wege seien seltsam, jedoch erfüllt sich Gottes Plan in allen Details. «Amen».

Juden und das alte Ehepaar

Die Juden hätten damals geglaubt, das Frieden herrschen würde, wenn die Römer fort seien. Doch Jesus brachte eine andere Art von Frieden. Ihr Glaube wäre an Bedingungen geknüpft gewesen. Wenn Gott sie von den Römern befreit hätte, dann wären sie gläubig gewesen. Doch so funktioniert der Glaube nicht, das machte der Pastor sehr klar. Die Juden seien damals wie alte Ehepaare gewesen, die sich miteinander arrangieren, aber nicht mehr lieben. Jesus aber brächte einen Göttlichen Frieden, einen inneren Frieden, einen Frieden mit Gott. Nur Gott könne diesen Frieden geben, nur er die Heilsgewissheit und das damit verbundene Sicherheitsempfinden. Die Masse, von 13 Personen, bejahte begeistert diese Aussage «We are saved». Wir müssten keine Angst vor Covid haben, nicht vor dem Tod, denn wir wüssten, dass es danach weitergeht.

Easy durchs Leben gehen

Die Lesung zu Römer 8 Vers 31. Mit Gottes Frieden würde man easier durchs Leben gehen. Ein Leben ohne Gott sei wie über eine Brücke zu gehen die kein Geländer hat. Der Mensch kann sich nur sicher fühlen mit dem Geländer, also mit der Beziehung zu Gott. Nur diese Beziehung würde Sicherheit bieten und nur diese auch Herzensfrieden. Nur in Gott könnten wir geborgen sein. Diese Aussagen liessen mich dann doch etwas den Kopf schütteln. Schliesslich gibt es zum Beispiel auch Atheisten die so empfinden können auch ohne Gott. Ich habe ja nicht das Recht ihnen «Herzendfrieden» abzusprechen. Ausserdem klingt dieser Ausdruck «Herzensfrieden» für mich doch schon sehr esoterisch.

Gottes Plan für jeden

Der Pastor kam nun dem Höhepunkt seiner Predigt nahe, als er von einem Pastor in Nigeria zu erzählen begann. Dieser sei entführt und ermordet worden, was eine Tragödie für alle Christen sei. Aber Gebete würden den Hinterbliebenen helfen, was alle Anwesenden kräftig bejahten. «Amen». Objektiv betrachtet lasse ich das mal lieber unkommentiert.

Diese Gewalt würde nicht von Gott kommen. «Hört gut zu», sprach der Pastor dann. Wir könnten nämlich Gott nicht von seinem Plan abbringen. «Christus der Retter ist da!», jedoch sollten wir nicht auf seien Rückkehr warten, sondern die Botschaft verbreiten. Jesus würde uns immer helfen, uns beistehen und uns mit Wundern versorgen. «Amen».

Es folgte Jesaia 9 Verse 6 bis 7. Es gäbe Konflikte auf der Erde, doch am Ende würde sich der Plan Gottes in allen Details erfüllen. Denn wir seien in Christus befreit und erhöht. Gottes Hilfe sei uns sicher. «Amen».
Damit war die etwas zu lang geratene Rede des älteren Pastors vorbei und er setzte sich wieder.

Opfert dem Herrn

 Es folgte ein Gebet und danach wurde wieder gesungen. «Joy to the world! The Lord is come
Let earth receive her King!” Dazu wurde das Opfer eingezogen und zwar nicht wie ich es aus der katholischen Kirche gewohnt bin, am Ausgang der Kirche. Mittig vor dem Rednerpult wurde ein Topf aufgestellt und die Gemeindemitglieder gingen nach vorne, um das Opfer einzuwerfen. So konnten alle schön sehen wer was spendet. Nur der junge Mann, der mit mir ganz hinten gesessen hatte, spendete nichts. Wahrscheinlich war ihm das alles ziemlich egal, da er sowieso die ganze Zeit auf sein Handy gestarrt hatte, anstatt dem Gottesdienst zu folgen. Die ganze Gemeinde wirkte auf mich etwas willkürlich zusammengewürfelt. Die eine Sängerin auf der Bühne trug ein buntes, afrikanisches, Kleid, die andere einen grauen Pullover. Einige Männer trugen Anzüge, andere Pullover und Jeans. Einige Frauen waren in Pullover und Jeans da und eine sogar in einem seidenen Abendkleid. Das ganze Bild hinterliess einen etwas lustigen Eindruck.

Zum Schluss trat nochmals der eigentliche Pastor der Gemeinde vor und sagte ein paar Worte. Er las aus Galater 4 Verse 4 bis 5. Wir alle seien durch Jesus Söhne Gottes und wir müssten unserem Licht erlauben zu scheinen. «Spread the Light». «Amen». Der Pastor verabschiedete sich und wies auf das Fest nach dem Gottesdienst hin.

«Kling, Glöckchen, Klingelingeling»

Alle sangen und wippten zu «We wish you a merry Christmas» und danach sprach der Pastor nocheinmal. «Let’s talk to the Lord before we end.» Interessant, da er sich bereits verabschiedet hatte, überraschte ich diese Wendung etwas. Der Pastor bat darum, dass Gott auch im neuen Jahr mit uns sein werde. Er ermahnte uns alle, dass wir auf das hören sollen was Gott uns sagen würde. Sein Name sei Immanuel und er hätte versprochen immer mit uns zu sein. «Amen». Er dankte Gott für dessen Schutz. «Amen». Und er bat um Segen für die Opfer der Gemeinde und alle die was gegeben hatten. «Amen».

Nun folgte wirklich das Ende. Der Gottesdienst wurde ausgeklingelt durch eine Bildpräsentation der Gemeindemitglieder zu «Kling, Glöckchen, Klingelingeling».

Jasmin Schneider, 28. Dezember 2021

Lexikoneintrag Christ International Church