Hunderte Menschen mit Mikrochips im Hirn? – Besuch bei der Gemeinde Gospel Lifestyle in Basel

Die grüne Frau an der Strassenlaterne

An einem schönen Sonntagmorgen machte ich mich auf nach Basel und fuhr mit dem Tram zum Claraplatz. Zwischen Dönerbuden und Bars fragte ich mich, wo ich hier denn gelandet sei. Nun nahm ich eine falsche Abzweigung, wo grüne Markierungen auf dem Boden mit einer stilisierten Frau an einer Strassenlaterne den Strassenstrich markierten. Schliesslich fand ich dann doch noch das Contact Center, wo der Gottesdienst von Gospel Lifestyle Basel stattfand.

Eine Bar für Jesus

Das Contact Center bestand aus einem grossen Lounge-Bereich mit vielen Sofas, einer langen Bar, wo es Kaffee und Zitronen-Wasser gab, und einigen Stuhlreihen, die auf ein Rednerpult und eine Leinwand ausgerichtet waren. Das Gebäude war offensichtlich in der Vergangenheit eine Bar oder eine Art Club gewesen, wozu auch die Menschen passten, die bereits an der Bar und auf den Sofas herumlümmelten. Es waren nur sehr wenige junge Leute da, die meisten waren Männer im mittleren Alter und einige Senioren. Allgemein waren die Männer deutlich in der Überzahl, und nicht alle machten den gepflegtesten Eindruck.

Wie Gottlose an Mangel leiden

Ein junger Mann begann auf dem Klavier zu spielen, der Gottesdienst begann und der Gospel-Lifestyle-Leiter Yves Kull trug den Psalm 23 vor. Er beginnt mit «Der HERR ist mein Hirte, mir wird nichts mangeln». Doch der Prediger fragte, ob Jesus denn wirklich unser Hirte sei? Ja, aber viele würden doch sagen, sie brauchen neue Kleider, brauchen dies und das, klagten über Mangel. Kull argumentierte, dass der Herr nicht wirklich der Hirte dieser Menschen sein könne, denn wer Gott folgen würde, hätte keinen Mangel. Das Leben mit Gott sei zwar kein Schlaraffenland, wo gebratene Hähnchen geflogen kommen würden, doch würde uns Gott auf den rechten Pfad führen. Wir alle müssten nach Gottes Reich trachten, mit dem Blick auf Jesus wären unsere Prioritäten richtig gesetzt. Jesus würde uns alle leiten, weil er uns liebe. Gott würde seine Jünger mit Überfluss segnen und wir sollten dies mit anderen Menschen teilen. Jesus wäre für uns am Kreuz gestorben, damit wir alle ein qualitativ gutes Leben führen können. Es sei nur gut für uns, wenn wir Gott gehorchen würden.

Durch Gebete die Welt verändern

Nach einigen «Amen»-Zwischenrufen ging der Gottesdienst für mich überraschend mit den Ankündigungen für die kommende Woche weiter. Momentan würde die Gemeinde einen Gebetsmarathon durchführen und in kleinen Gruppen jeweils für drei Stunden beten. Insgesamt würden sie 30 Stunden beten, denn nur durch Gebete könnten sie die Politik, Wirtschaft und das restliche Weltgeschehen beeinflussen. Bald würde es eine Revolution im Leib Christi geben und diese Gebetsveranstaltungen würden die grössten Events der Welt sein. Wir müssten für die Zukunft gerüstet sein und so wäre es umso wichtiger, dass wir die Grundlagen des Glaubens beherrschen würden. Dazu gäbe es einen Kurs am Freitag. Am Sonntagmorgen würde zusätzlich eine Gebetsschule stattfinden, damit alle Interessierten lernen könnten richtig zu beten.

Beamer-Probleme und Zungenrede

Zum Lobpreis sollten wir alle aufstehen und unseren Herrn von Herzen preisen. Der junge Mann am Klavier begann zu spielen und eine Frau sang in ein Mikrofon «Jesus my savior, Lord there is none like you». Mitsingen gestaltete sich etwas schwierig, da die Songtexte auf der Leinwand nicht die richtigen waren und der Beamer anscheinend nicht recht mitmachen wollte. Einige der etwa 15 Personen im Gottesdienst erhoben die Hände, sangen voller Imbrunst und tanzten auf der Stelle. «… forever I love you». Als das Lied zu Ende war, riefen alle «Halleluja» und sprachen irgendwelche unverständlichen Worte vor sich hin. Das war offensichtlich Zungenrede. Lange darüber nachdenken konnte ich nicht, schon begannen die Menschen wieder mit dem Lied, dass sie schon gesungen hatten, bevor es nahtlos in den nächsten Song überging. «Licht dieser Welt…» sangen alle und ein Mann mittleren Alters kniete sich hin, die Hände erhoben. Wieder riefen alle «Halleluja» und sprachen in Zungen. Dieses Spiel von Musik und seltsamen Worten wiederholte sich einige Male, bis Yves Kull das Wort ergriff.

Die Kraft des Heiligen Geistes und das nahende Ende

Yes Kull sprach in einer Mischung von Zungenrede und Deutsch, das meiste war jedoch unverständlich. Dann sagte er, dass wir zuhören sollten, denn Gott wolle uns etwas sagen. Es gäbe kein Problem, das wir nicht lösen könnten, denn Jesus hing an diesem Holz und hätte an jeden einzelnen von uns gedacht. Wir seien alle Sünder und Jesus hätte unseren Platz am Kreuz eingenommen, damit wir seinen Platz in dieser Welt einnehmen könnten. Wir seien wie Jesus, «Halleluja». Gott sei in Jesus Mensch geworden ohne Sünde. Als Jesus seine Jünger bat zu wachen und zu beten, seien sie immer wieder eingeschlafen. Wir heutzutage jedoch hätten durch das Opfer von Jesus die Kraft, 24 Stunden am Tag zu beten. Kull sagte, als er noch nicht gerettet worden war, hätte er 24 Stunden Party machen können. Doch Gott würde uns durch den Heiligen Geist die Kraft geben, andere Menschen zu lieben. Wir sollten auch denen helfen, die mit Gott nichts zu tun hätten. Dabei müssten die Männer mehr Braut von Jesus und die Frauen mehr Söhne von Jesus werden. Diese Unterschiede von Mann und Frau würden in naher Zukunft verschwinden. Die Welt würde bald untergehen und Jesus zurückkehren am Jüngsten Tag. Wir alle seien nur noch hier, um anderen Menschen zu ermöglichen, Jesus kennenzulernen.

Von Mikrochips und Handy-Göttern

Yes Kull erklärte, wir müssten nicht in die Kirche gehen, um Christen zu sein. Wir müssten auf der Strasse mit den Menschen feiern. Jeder würde behaupten, Christ zu sein, doch nur wenige würden Gott tatsächlich gehorchen. Wir selbst müssten gar nichts tun, denn Jesus würde durch uns handeln, wenn wir ihm folgten. Doch jetzt wollte Kull ins Wort gehen, zu Lukas 21 und der Endzeit. So fragte er in die Runde, ob wir denn gerade in der Endzeit seien? Die Gemeinde hob die Hände und sagte «Ja, definitiv.» Die Menschen zu Jesu Zeiten hätten auch geglaubt, in der Endzeit zu sein, doch wir seien viel näher dran heute. Vor allem in den letzten drei Jahren sie das deutlich zu sehen gewesen. Schon in den letzten 15 Jahren wäre das Smartphone für die Menschen Gott geworden. Doch schon bald würden diese Geräte nutzlos werden. Denn bereits Hunderten von Menschen seien Mikrochips ins Hirn eingepflanzt worden, mit denen diese ins Internet gehen und alles downloaden könnten, was sie wollten. Doch dies sei nichts für uns, meinte Yves Kull und bekam Zustimmung aus dem Publikum. Wir sollen nach oben schauen zu Gott und nach vorne zu Jesus.

Glauben statt verstehen

Dieses Chaos in der Welt heutzutage sei nur der Anfang. Doch wir müssten zum himmlischen Papa eine Beziehung aufbauen, um das Wort Gottes verstehen zu können. Wir alle seien gerufen, Menschenfreunde zu werden. Yves Kull lief zur Hochform auf, als er die Gemeinde fragte, wie viele ihrer Freunde denn Prostituierte oder Drogendealer seien? Denn Jesus sei mit solchen Menschen befreundet gewesen. Kull ging dann nicht genauer darauf ein, als einige sagten, sie würden Drogendealer kennen. Heute gäbe es zudem viele falsche Prediger, die nicht das Wort Gottes verkünden würden. Auch dies sei für die Endzeit in den Schriften angekündigt worden. Kull sagte, er würde gerade jetzt von Gott eindeutig vernehmen, dass dieser eine betende Braut haben wolle. Die Bibel zu verstehen sei jedoch nicht einfach. Yves Kull sagte, er selbst hätte sie nicht verstanden. Doch eines Nachts habe er geträumt, er hätte die Bibel gegessen. Am nächsten Morgen dann hätte er Gottes Stimme vernommen, die ihm sagte, er müsse die Worte einfach aufnehmen. Er solle alles glauben, die Worte zu verstehen sei dabei nicht so wichtig. Dort habe Kull auch seine Geistestaufe erhalten.

Christenverfolgung?

Bald würde eine Zeit kommen, wo die Menschen immer mehr in Sklaverei geraten werden. Schuld daran sei das digitale Geld, welches viele Staaten nun einführen wollten. Nur dadurch sei eine Diktatur möglich, denn das Volk müsse in einer Krise sein, um es zu manipulieren. Wie Hitler das Leid der Menschen ausgenutzt hatte und die Juden zum Sündenbock machte. Genauso würde es wahrscheinlich den Christen in Zukunft ergehen, wenn sie jetzt nicht aufpassen würden. Viele Menschen würden heute nicht wissen, dass es den Zweiten Weltkrieg nur gegeben habe, weil der Leib Christi geschlafen habe. Jesaia 7 habe bereits über Jesus geschrieben und wir würden keine Zeichen mehr von Gott brauchen. Denn Jona und der Wal seien schon eindeutig genug gewesen. Dort wurde auch angekündigt, dass es eine Zeit geben werde, wo Schlechtes gut geheissen würde. Dies sei heute! Wenn Gott etwas von uns fordern würde, dann müssten wir gehorchen. Wenn Gott sprechen würde, dann gäbe es immer Kontroversen. Jeder, der in der heutigen Welt die Wahrheit sagen würde, der würde verfolgt werden.

Eine Vision von Gott und die Vergebung von Mord

Wenn deine Seele dem Vater gehören würde, dann wüsstest du das, meinte der Kull. Er selbst hätte als Teenager so viele Zeichen von Gott bekommen und sie alle als Zufälle abgetan. Irgendwann sei er dann niedergekniet um zu beten, habe den Mund geöffnet und eine Vision von Gott erhalten. Dort hätte er sich in einem Sarg gesehen, tot. Da sei eine Klaue von unten gekommen und hätte den Sarg mit in die Tiefe gezogen, hinein ins Feuer. Gott hätte zu ihm gesprochen, er würde dort eines Tages landen. Als Ausweg habe er ihm Jesus gezeigt. Wenn er sein Leben ihm geben würde, dann würde er nicht brennen. Also habe Yves Kull genau das getan und alles Negative sei sofort von ihm abgefallen. Jesus hätte zu ihm gesagt, dass er ihn mit dem Evangelium um die Welt schicken würde. Kull habe gelernt Papa zu vertrauen, denn durch ihn könnten wir jede Schlechte Erinnerung und jedes Trauma vergessen.  Der Prediger erzählte dazu von einem Mörder in den USA, der etwa 50 Menschen getötet hätte. Alle Hinterbliebenen hätten ihm in der Verhandlung gesagt, sie würden ihn hassen. Nur ein Mann hätte ihm vergeben, und da sei der Mörder in Tränen ausgebrochen. Doch wenn jemand zu Gott findet, könne ihm alles vergeben werden.

Über den Teufel regieren

Die Menschen heute würden immer mehr versklavt werden und glauben, sie hätten es verdient. Doch Jesus habe sein Leben für uns gegeben. Mit Jesus im Herzen seien wir Priester und Könige und sollten auch so leben. Wir würden jedoch nicht über Menschen regieren, sondern über den Teufel. Doch die meisten Menschen würden andere Menschen regieren wollen. Doch wir seien nicht abhängig von anderen Menschen, nur von Jesus. Deshalb müssten wir das Evangelium weitergeben, die Kirchen könnten das nämlich nicht.

Leben für Jesus

Nun erhoben sich alle zum Gebet und Yves Kull stimmte ein mit den Worten «Danke Papa». Sie beteten auch für Menschen, die von Bier und Geld abhängig wären und darum mehr Raum im Herzen für Jesus zu schaffen. Danach sang die Gemeinde ein «Halleluja» und erhoben die Hände zu «You are worthy». Kull richtete im Anschluss noch das Wort an eine Person, die online geschrieben hatte und nun bei dem Livestream zuschaute. Diese habe Selbstmordgedanken gehabt und der Prediger sagte, die Person solle ihr Leben einfach Jesus geben und dann würde sie das wahre Leben empfangen. Der Priester sprach noch einige Worte «Satan dein Lügengeist ist gebrochen, ich setze dich frei» und endete mit «Danke Papa».

Heilung für die Gläubigen

Nun war der Gottesdienst offenbar vorbei und wer wollte, konnte noch nach vorne gehen und sich vom Prediger heilen lassen. Ein junger Mann trat vor und Yves Kull nahm seine rechte Hand und legte seine linke Hand auf dessen Brust. Dann murmelte er voll ergriffen irgendwelche Worte, die sich für mich nach Zungenrede anhörten. Das reichte mir dann auch, denn während der Predigt waren weitere Personen in die Lounge gekommen, unter denen ich mir fehl am Platz vorkam. Also machte ich mich auf zum nächsten Tram und liess das doch etwas spezielle Klientel von Gospel Lifestyle hinter mir.

Jasmin Schneider, September 2023

Lexikoneintrag Gospel Lifestyle