Neue Akropolis

anderer Name: Treffpunkt Philosophie

Als Akropolis wurde in antiken griechischen Städten der höchste Burgberg (oder Wehranlage) bezeichnet. Die Neue Akropolis benennt sich so, weil sich am höchsten Punkt der Stadt das Sichtbare und das Unsichtbare berühren würden. Die Neue Akropolis soll ein symbolischer Ort der Träume, Inspiration und Ideale verkörpern.

Die Neue Akropolis wurde am 15. Juli 1957 in Argentinien von Jorge Ángel Livraga Rizzi (1930-1991) gegründet.

Jorge Ángel Livraga Rizzi wurde 1930 in Buenos Aires geboren. Seine Eltern stammten beide aus italienischen Familien, die im späten 19. Jahrhundert nach Argentinien ausgewandert waren. Livragas Vater arbeitete als Wirtschaftsingenieur und starb, als sein Sohn knapp 15 Jahre alt war. Jorge Ángel Livraga Rizzi soll sich damals die ersten philosophischen Fragen gestellt haben. Livraga studierte sann  an der Universität Buenos Aires Philosophie und Kunstgeschichte, las verschiedenste Autoren wie Kafka, Sartre, Marx, Kant und Scheler. Obwohl er nicht mit allem einverstanden gewesen sein soll, was die Organisation tat, wurde er Mitglied der Theosophischen Gesellschaft. Jorge Ángel Livraga Rizzi schrieb Gedichte und erhielt 1951 den argentinischen Nationalpreis für Poesie für sein Werk «Lotos».

Jorge Ángel Livraga Rizzi folgte den theosophischen Idealen von Helena Blavatsky bis er von der Theosophischen Gesellschaft ausgeschlossen wurde.  Darauf startete er 1957 die Zeitschrift «Theosophische Studien» und gründete noch im selben Jahr mit seiner Frau Ada Albrecht die «Neue Akropolis». Jorge Ángel Livraga Rizzi wollte die Lehren von Helena Blavatsky mit den Werken antiker Philosophen wie Platon, Pythagoras, Konfuzius oder Giordano Bruno verbinden. Er verfolgte ein Modell der klassischen philosophischen Schulen nach Beispiel der Platonischen Akademie und wollte westliche und östliche Esoterik unter Jugendlichen bekannt machen.

Livragas Schüler gründeten weitere Schulen der Neuen Akropolis in anderen lateinamerikanischen Ländern. 1972 ging Jorge Ángel Livraga Rizzi  nach Spanien und gründete dort das erste Zentrum der Neuen Akropolis in Europa. Fast zeitgleich eröffneten zwei seiner Schüler in Spanien und Frankreich weitere Schulen.

1981 trennte sich Livraga von seiner Frau Ada Albrecht. Sie gründete darauf ihre eigene Organisation «Hastinapura». 1988 wurde Jorge Ángel Livraga Rizzi wegen illegalem Waffenbesitz in Madrid verurteilt, trotzdem gründeten seine Schüler weltweit viele weitere Schulen der Neuen Akropolis. Jorge Ángel Livraga Rizzi starb 1991 und hinterliess dem Museum Rodrigo Caro in Madrid seine archäologische Sammlung. In seinem Geburtshaus in Buenos Aires entstand nach seinem Tod ein Museum zu seinen Ehren.

In der Schweiz wurde die Neue Akropolis 1975 als Verein gegründet mit Vereinssitzen in Zürich und Lausanne.

Die Neue Akropolis hat seit der Gründung 1957 eine internationale Charta:

  1. Förderung eines Ideals universeller Brüderlichkeit, das auf der Achtung der Menschenwürde beruht, jenseits von rassischen, sexuellen, kulturellen, religiösen, sozialen und anderen Unterschieden.
  2. Die Liebe zur Weisheit durch das vergleichende Studium von Philosophien, Religionen, Wissenschaften und Künsten zu fördern, um das Wissen über den Menschen, die Naturgesetze und das Universum zu erweitern.
  3. Das Beste des menschlichen Potenzials zu entwickeln, indem die Verwirklichung des Menschen als Individuum und seine Integration als aktiver und bewusster Teil der Gesellschaft und der Natur gefördert wird, um die Welt zu verbessern.

Einige Lehren der Theosophischen Gesellschaft wurden von der neuen Akropolis übernommen, aber vom Pythagoreismus und Neuplatonismus abgeleitet. So gehören neben philosophischen Ideen zur Neuen Akropolis auch die theosophischen Vorstellungen von Seelenwanderung und von medialen Kontakten mit Meistern der Weisheit. Weiter vertritt die Neue Akropolis auch die theosophische Theorie der Wurzelrassen, eine evolutionäre Entwicklung menschlicher Rassen von den Hyperboreern zu den Lemuriern, den Atlantiern und schliesslich zu den Ariern. Ebenfalls in die Neue Akropolis aufgenommen wurde die Lehre vom Wassermannzeitalter, welche ein spirituelles Bewusstsein auf globaler Ebene vorhersagt.

Die Neue Akropolis vergleicht Spiritualitäten und Traditionen miteinander und versucht diese miteinander und auch mit philosophischen Überlegungen in Verbindung zu bringen.  So soll eine spirituelle Familie entstehen, die der Menschheit effektiv helfen kann.

Praktische Philosophie

Philosophie sei, nach der Neuen Akropolis, etwas, dass jeder Mensch üben sollte, von Innen und Aussen. Dabei sollte die eigene Persönlichkeit entwickelt und beherrscht werden, um durch Selbsterkenntnis Selbstvertrauen zu gewinnen. Ein weiterer wichtiger Aspekt sei die echte Anteilnahme und das Interesse an anderen Menschen. Es sei wichtig zu erkennen, dass alle Menschen ihre Schwierigkeiten hätten und auch ihre eigenen Beweggründe für ihr Handeln. Die Neue Akropolis sagt, der Kern der Philosophie sei das auch das Sehen jenseits des Sichtbaren, die Herstellung der Verbindung des Menschen mit dem Wesen des Anderen, des Universums und dem Charakter des Menschen. Das wichtigste Ziel der praktischen Philosophie sei es jedoch, das Selbst-Bewusstsein zu entwickeln.

Das Weltkommando vergibt an eine Elite seiner Mitglieder die «Goldene Axt». Diese Axtträger (Hachados) werden vom Zentralkommando wegen besonderer Verdienste vorgeschlagen und sollen auf ihr Vermögen verzichten und nichts mehr besitzen, was über ihre Grundbedürfnisse herausgeht. Diese Axtträger können sich pensionieren lassen, wobei die Organisation dann für den Lebensunterhalt aufkommt. Sie behalten ihre Ehren, geben aber die Axt zurück.

Das Handbuch der Akropolis sollte nicht der Öffentlichkeit preisgegeben werden. Auch vor allen nicht-leitenden Mitgliedern soll der Inhalt geheim gehalten werden sollte. Weiter sollten die leitenden Personen ihre akropolitanischen Ideen und Überzeugungen in öffentlichen Reden verbergen oder sich den Wünschen der Zuhörenden anpassen. Allgemein sollten Symbole, Grussformeln und Bräuche der neuen Akropolis geheim gehalten werden, da sie angeblich in der Vergangenheit von politischen Bewegungen missbraucht geworden wären, um dem Image der Neuen Akropolis zu schaden.

Für die Mitglieder der Neuen Akropolis gibt es einige Regeln zu beachten. Sie sollten mindestens zwölf Stunden im Monat freiwillige Arbeit leisten, auch mehr, wenn sie die Mitgliederbeiträge nicht zahlen können. Kritik an den Leitungspersonen ist verboten. Bei offiziellen Anlässen ist es Pflicht für Männer, Krawatte und Jackett zu tragen, für Frauen Röcke. Die Mitglieder werden dazu angehalten, jeglichen Unmoralitäten fern zu bleiben. Homosexuelle dürfen in der Neuen Akropolis nicht Mitglied werden.

Die Neue Akropolis bietet weltweit Seminare, Kurse, Lesungen und Workshops an. Zudem beteiligt sie sich an diversen sozialen und ökologischen Projekten auf der ganzen Welt.

In der Schweiz bietet die Neue Akropolis neben Inputs, Vorträgen und Workshops auch diverse Philosophie-Kurse in Zürich, Bern und Lausanne an. Das Curriculum beginnt mit dem «Basiskurs Abenteuer Philosophie». Dieser Kurs findet jeweils an einem Abend pro Woche über vier Monate statt und kostet ca. 320-475 CHF. Darin geht es um Indische Philosophie und die Bhagavad Gita, um Tibet und das von Helena Blavatsky verfasste Werk «Stimme der Stille», um den Buddhismus und den goldenen Weg der Mitte, um Chinesische Philosophie und Konfuzius, um Ägypten und altägyptische Zugänge zu Spiritualität im Alltag, um die Stoiker und die Aktivität aus der inneren Ruhe, um Immanuel Kant und sein Werk «Kritik der reinen Vernunft», um Platon und Aristoteles und Platons Werk «Der Staat», und zum Schluss geht es auch um Philosophie der Geschichte und grosse und kleine Zyklen der Zeit. Ein weiterer Basiskurs «Philosophy Rocks» richtet sich an junge Leute, die an praktischer Philosophie interessiert sind.

In Philosophiekursen für Fortgeschrittene gibt es verschiedenste Themen zur Auswahl, die je nach Standort variieren können. Beispiele für solche Themen sind: «Einführung in die Weisheitslehren des Orients», «Philosophische Psychologie», «Philosophische Rhetorik», «Moralphilosophie», «Theologische Symbologie», «Geschichte der antiken Philosophie», «Geschichte der mittelalterlichen Philosophie», «Geschichte der orientalischen und kleinasiatischen Philosophie»,  «Geschichte der modernen Philosophie» oder «Geschichte der zeitgenössischen Philosophie».

Im Rahmen ihrer Freiwilligenarbeit unterstützt die Neue Akropolis in der Schweiz verschiedene Projekte in Zusammenarbeit mit anderen Organisationen. Die Neue Akropolis beteiligt sich an ökologischen Projekten wie Flussuferreinigungen, Aktionen zur Erhaltung des Ökosystems, Projekte zur Sanierung und Erhaltung von Naturschutzgebieten und  an der Reinigung und Erhaltung von öffentlichen Parks und Wäldern. Soziale Projekte sind zum Beispiel Nachbarschaftshilfe für ältere oder notleidende Menschen oder die Unterstützung von gemeinnützigen Einrichtungen wie Kindergärten und Obdachlosenheimen.

Jorge Ángel Livraga Rizzi gründete die Neue Akropolis 1957 und war deren Präsident bis zu seinem Tod 1991. Danach übernahm das Amt die Musikerin und Philosophin Delia Steinberg Guzman, bis sie  2020 von Carlos Adelantado Puchal abgelöst wurde.

Die ganze Organisation ist hierarchisch aufgebaut mit dem Weltkommando an der Spitze, darunter steht der Hüter der Siegel, gefolgt von den Kontinentalkommandos, den Zentralkommandos, dann den National- oder Bundesräten, den vereinigten Zonenkommandos und zum Schluss den Zweigstellenleitern. In der Schweiz ist der aktuelle Präsident der Neuen Akropolis Jean-François Buisson.

Die Neue Akropolis finanziert sich durch Kurs- und Mitgliederbeiträge, Vorträge, Seminare und Vermietungen, durch Spenden, Bücherverkauf und Veranstaltung von Flohmärkten. Jedes Zentrum finanziert sich selbst und wird vom Dachverband regelmässig geprüft.

Von theosophischer Seite wird berichtet, dass Jorge Ángel Livraga Rizzi damals aus der theosophischen Gesellschaft ausgeschlossen wurde, weil er rechtsextremistische und neonazistische Ideen verbreitet habe.

Offiziell distanziert sich die Neue Akropolis von Rassismus, politischem Extremismus und Neonazi-Gedankengut. Doch gibt es hierzu kritische Aussagen von Fachleuten: Nicholas Goodrick-Clarke, ein britischer Historiker und Religionswissenschaftler, stellte fest, dass die neue Akropolis mit ihrer Organisation und Symbolik faschistischen Vorbildern folge. Jean-Marie Abgrall, ein französischer Psychiater und Sachverständiger für problematische religiöse Bewegungen, betonte, dass die neue Akropolis elitäre und arische Symbole und Ideen weitertragen würde.

Auf den europäischen Websites der neuen Akropolis findet sich ein «Bericht von der Untersuchung von Neue Akropolis» von der «Hilfsorganisation für Sektenopfer – Unabhängige Beobachtungsstelle für spirituelle Bewegungen» aus dem Jahr 2001. In diesem erklärt eine Dame aus dem Kanton Waadt, die in den Neunzigerjahren als Anti-Sekten-Aktivistin tätig war, dass sie ums Jahr 2000 herum über ein Jahr lang die Neue Akropolis untersucht und angeblich nichts Sektiererisches oder irgendwie Problematisches gefunden habe.

Im Netz finden sich Facebookgruppen und Foren von Aussteigerinnen und Aussteigern der neuen Akropolis, die vor der Organisation warnen. Die Vorwürfe lauten dabei stets etwa gleich, die Neue Akropolis gäbe sich nach aussen tolerant und weltoffen, wobei hinter den Kulissen die Mitglieder mit Rassentheorien von Helena Blavatsky indoktriniert würden. Die Neue Akropolis weist solche Kritik als Verleumdung zurück und behauptet, die Diffamierung als Sekte würde auf mangelhaften Quellen und oberflächlichen Recherchen beruhen.

In der Schweiz gibt es zwei Schulen der Neuen Akropolis in Zürich und Lausanne.

Der Internationale Dachverband hat seinen Hauptsitz in Belgien. Insgesamt sind beim Dachverband 55 Landesverbände weltweit registriert. Einer in Afrika, fünf in Asien, einer in Australien, 25 in Europa, vier in Nordamerika, 19 in Süd- und Mittelamerika. Die 55 Landesverbände umfassen insgesamt rund 450 Schulen.

Internationale Organisation Neue Akropolis
Rue Melsens 15
1000 Bruxelles
Belgien
https://www.acropolis.org/fr/

Neue Akropolis
Kalkbreitstrasse 98
8003 Zürich
https://www.neueakropolis.ch/

Treffpunkt Philosophie – Neue Akropolis Zürich
Nordstrasse 220
8037 Zürich
https://www.treffpunkt-philosophie.ch/

Nouvelle Acropole Lausanne
Avenue de Montchoisi 5
1006 Lausanne
https://www.nouvelle-acropole.ch/

 

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