Servi della Sofferenza

anderer Name: Diener des Leidens

Die Servi della Sofferenza («Diener des Leidens») sind ein Säkularinstitut der katholischen Kirche. Dabei handelt es sich um eine zweite Form neben der Ordensgemeinschaft, bei der die Mitglieder als Geweihte in der Welt leben. Die Servi della Sofferenza sehen sich in Nachfolge des italienischen Heiligen Padre Pio, der durch seine angeblichen Stigmata an den Händen berühmt wurde. Der Turiner Historiker Sergio Luzzatto konnte jedoch nachweisen, dass Pater Pio in Apotheken Karbolsäure und Nervengift bestellt hatte, was der Glaubwürdigkeit einen Abbruch tat. Dennoch halten die Servi della Sofferenza an den Stigmata ihres Padre Pio fest.

Die Gründung geht auf den italienischen Diözesanpriester Pierino Galeone zurück, der während seiner Ausbildung zum Priester angeblich von Pater Pio persönlich von einer schweren Krankheit geheilt wurde. Galeone erhielt seine Priesterweihe am 2. Juli 1950 in der Pfarrei Maria Santissima Immacolata in San Giorgio Ionico. Insbesondere seiner seelsorgerischen Tätigkeit entsprang die Idee, die Servi della Sofferenza zu gründen. Dazu gehörte die geistliche Führung von Jugendlichen und die Verbundenheit mit Pater Pio von Pietrelcina.

Heute sind die Servi della Sofferenza in der ganzen Welt vertreten (Italien, Spanien, Schweiz, Deutschland, Irland, Tschechische Republik, Polen, USA, Costa Rica, Südkorea, Togo, Benin, Senegal). Die Servi della Sofferenza verfügen über einen männlichen und weiblichen Zweig, wobei die meisten der Schweizer Mitglieder im Bistum Chur leben.

Als Kontaktadresse der Servi della Sofferenza wird der Pfarrer Martin Rohrer, wohnhaft in Adliswil, angegeben, welcher gleichzeitig auch der Programmdirektor von Radio Maria ist.

Die Servi della Sofferenza verpflichten ihre Angehörigen zu Armut, Keuschheit und absolutem Gehorsam gegenüber der Kirchenspitze. Sie sind davon überzeugt, dass der innere Wert im Leiden verborgen liegt, wollen ihn entdecken und das «Evangelium des Leidens» verkünden. Sie pflegen eine tiefe Verbundenheit mit Maria «[…] der Magd des Herrn […] Maria ist die vollkommene Dienerin des Leidens und das Vorbild, das es nachzuahmen und zu verehren gilt, besonders durch das Gebet des Rosenkranzes […]» Mit ihrer Aktivität wollen die Servi della Sofferenza die Sendung Padre Pios in der Welt fortführen und Christus immer ähnlicher werden.

Die Aktivitäten der Servi della Sofferenza sind sehr vielfältig. Auffallend ist ihr breites Angebot für Jugendliche.

Die Mitglieder fasten wöchentlich, um das Leiden und Sterben Jesu intensiver zu leben. Gleichzeitig nehmen die Beichte und geistliche Führung eine wichtige Stellung ein. Hinzu kommen das Stundengebet, der monatliche Einkehrtag und Exerzitien. Auf ihrer Internetseite findet man von News über Termine auch Podcasts mit Gedanken von Don Pierino Galeone, jeweils einen Tagesgedanken (auch in der Padre Pio App verfügbar), sowie «Betrachtungen», in denen bestimmte christliche Botschaften übermittelt werden.

Wie erwähnt macht die Jugendarbeit einen wichtigen Teil aus. Dazu zählen Jugendwallfahrten, Jugendtreffs, Camps, diverse Angebote für Mädchen wie Mädchenlager, Mädchenweekend usw. Hinzu kommen Angebote, welche sich auch an Kinder oder Erwachsene richten wie beispielsweise Glaubenstreffs, Kinderkatechesen, Exerzitien, Gebetsabende und Wallfahrten für Erwachsene.

Die Servi della Sofferenza sind auch auf Instagram aktiv. In ihrem Kanal «service for You» werden jugendliche Katholische angesprochen. Dort finden sich auch «Zeugnisse» im Videoformat von jungen Frauen, die über ihren Glauben sprechen. Auf ihrem YouTube-Kanal publizieren sie zudem viele Videos, welche die Themen Jesus, Pater Pio und insbesondere auch Carlo Acutis behandeln. Letzterer wird in über 30 Videos vorgestellt. Dabei erfährt man, dass Carlo Acutis ein italienischer Junge war, der mit 15 Jahren an Leukämie starb und 2020 seliggesprochen wurde. Sein gläubiges Leben wird in den Videos immer wieder von Kinderstimmen beschrieben und als Vorbild betrachtet.

Die Servi della Sofferenza sind in der Schweiz als Verein organisiert.

Die Servi della Sofferenza gelten in verschiedenen Kreisen als umstritten, was zumeist an ihrer sehr konservativen Haltung liegt. So wird ihr Festhalten an den Stigmata von Padre Pio von einigen als unzeitgemäss gesehen.

Teilweise wurde von Eltern, welche ihre Kinder zu Veranstaltungen der Servi della Sofferenza schickten, kritisiert, dass eine sehr konservative Sexualmoral vermittelt werde. Dazu passen die YouTube-Videos, in denen Carlo Acutis von Kinderstimmen verehrt wird. Er hat dabei eine Vorbildsfunktion inne, da er wie «ein Heiliger» gelebt hatte. Enthaltsamkeit wird dabei als «Gottes Willen erfüllen» und den «Weg der Heiligkeit gehen» gesehen.

Teilweise wird die Spiritualität der Servi della Sofferenza als einseitig und polarisierend wahrgenommen. Anscheinend sollen ihre Mitglieder in der Vergangenheit bereits in einigen Kirchgemeinden angeeckt sein. Ihre umstrittene Kirchenpolitik rechtfertigen sie mit der Idee, dass keiner ein guter Priester sei, der in seiner Pfarrei nicht leide («das Kreuz verlangt nach dem Martyrium»).

Der ehemalige Geschäftsführer des Fachgremiums «sexuelle Übergriffe im kirchlichen Umfeld der Schweizer Bischofskonferenz» und Präventionsbeauftragten des Bistums Chur, Stefan Loppacher, berichtete davon, dass er bei den Servi della Sofferenza einen spirituellen Machtmissbrauch erlebte, beispielsweise im Beichtsakrament. Dies sei ein Problem in vielen konservativen Kreisen, welche beispielsweise mit der Hölle drohen. Loppacher sei auch dazu gezwungen worden, ihnen sein gesamtes Vermögen zu überschreiben. Seinen Aussagen zufolge verklären die Servi della Sofferenza das Leiden, was zu Folge habe, dass einige Menschen sich nicht getrauten, zum Arzt zu gehen.

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