Von einer Eheschliessung

Ich bin noch Bahá’í und beabsichtige dies auch zu bleiben. Der Austritt aus der Bahá’í-Gemeinschaft ist für mich keine Alternative; als Bahá’í bin ich den Grundsätzen der Lehre durch Bahá’u’lláh, Abdu’l-Bahá und Shoghi Effendi verpflichtet, nicht jedoch den zur Zeit in völligem Gegensatz zur Lehre stehenden Äusserungen „meines“ Nationalen Rates und „meines“ Universalen Hauses der Gerechtigkeit.

Ich habe vor 9 Jahren meine heutige Ehefrau geheiratet, um sie und ihre 4 minderjährigen Kinder vor der Abschiebung in das wirtschaftliche Nichts zu bewahren. Ich habe mich hier an die Gesetze der Bundesrepublik Deutschland gehalten und mittels Verwaltungsgerichtsverfahren die Legalisierung des Aufenthaltes meiner Familie durchgesetzt. Ich wäre diesen Weg zur Not auch bis hin zur Anrufung des Bundesverfassungsgerichtes gegangen; dies hat sich jedoch als nicht notwendig erwiesen.

Da die Eheschliessung nicht unter den vorgeschriebenen Riten der Bahá’í-Administration stattfand, wurden mir die administrativen Rechte entzogen. Verschiedentliches Intervenieren von meiner Seite aus, das Geben von Hinweisen auf die humanitäre wie auch verwaltungsrechtliche Sachlage führten letztlich dazu, dass der derzeitige Nationale Rat der Bahá’í in Deutschland e.V. wider besseres Wissen und gegen die Rechtslage mein humanitäres Engagement als „Scheinehe“ bezeichnet und mir die Berechtigung und Würde absprach, direkt in dieser Angelegenheit mit dem Universalen Haus der Gerechtigkeit in Verbindung zu treten.

Zeit meines Lebens – ich bin 49 Jahre alt und seit über 30 Jahren Bahá’í – war es mir immer bewusst, dass die Gremien und administrativen Organe der Bahá’í-Religion sich aus Menschen zusammensetzen, die ebenso unter mangelnder Vervollkommnung zu leiden haben, wie alle anderen Menschen aller anderen Religionen auch. Die Gremien und die Administration geniessen zwar als Instution innerhalb der Bahá’í-Religionen einen äusserst hohen Stellenwert; hieraus jedoch einen „Vollkommenheitsanspruch“ für die auch fehlerhaft belastete Überzeugung der Einzelmitglieder ableiten zu wollen und somit die Entscheidungen der Administration unüberprüfbar als dogmatischen „Willen Gottes“ charakterisieren zu wollen, verstösst nach meiner persönlichen Überzeugung gegen die Offenbarungsgrundlagen Bahá’u’lláhs.

Die Argumentationen der sogenannten „Reform-Bahá’í“, dass fehlerhafte Entscheidungen der Administration letztlich die Rechtfertigung für eine völlige Abkehr von den Instutionen (und stattdessen eine Verehrung der Person Mason Remy`s) sein müssen, halte ich persönlich – bei aller Kritik an der Art und Weise wie „meine“ Instutionen sich verhalten – für völligen Schwachsinn. Die Fehleinschätzungen und fehlerhaften personellen Würdigungen der Bahá’í-Freunde durch eine ebenso fehlerhafte Einschätzung der Gemeinschaft der „Reform-Bahá’í“ ersetzen zu wollen, bedeutet für mich analog eines geflügelten Kirchenwortes „den Teufel mit dem Beelzebub austreiben zu wollen“.

Ich bewege mich nun auf eine weitere Runde der Auseinandersetzung mit „meinen lieben Freunden…“ zu. Dies war in dieser Form von mir nicht gewollt – es ist aber mit meiner Glaubensüberzeugung als Bahá’í und meiner persönlichen Einstellung auch nicht vereinbar, vor neuen Dogmatikern „zu Kreuze zu kriechen“. Ich kann eigentlich alle Bahá’í-Freunde nur dazu auffordern, soweit sie vor die Wahl gestellt werden sich für Menschenrechte und Nächstenliebe auf der einen Seite und dogmatischem Befolgen unüberprüfbarer Entscheidungen der Administration zu entscheiden – Bahá’í zu bleiben und den Weg der Nächstenliebe und der Menschenrechte zu wählen. Aus der Geschichte der Religionen haben wir Menschen gelernt, dass nicht nur diejenigen als „Märtyrer“ angesehen werden, die ihr körperliches Leben auf dem Glaubensweg hingeben mussten, sondern letztlich auch diejenigen der Menschen, die erst als „Ketzer“ verschrieen waren – um dann jahrhunderte später rehabilitiert zu werden.

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