Burkhardt Kiegeland

Meine Erfahrungen mit Burkhardt Kiegeland und seiner Gemeinschaft „Weisser Lotus“, später „Eins und Sein“

C.R. Bangoon

N.: heute Buchautor in Zürich, Verfasser mystischer Buchtitel und von Werken zum Thema Depression. Gibt seine Quellen Osho und Kiegeland nicht an, bezeichnet sich lediglich als ausgebildeten Körpertherapeuten.

Burkhardt Kiegeland: geb. 1942, Schüler Oshos, wurde dort aber rausgeschmissen, und erlangte nach eigenen Angaben Erleuchtung beim Osho-Schüler Michael Barnett. Meditationsname: Buddha, der Erleuchtete. Spezialität: seine Herzlehre. Kiegeland führte zuerst ein Zentrum in Ernsting (Gemeinde Ostermiething) bei Salzburg, dann in Erlenbach im Simmental. Kiegelands Organisation nannte sich zuerst „Weisser Lotus“, bevor sie nach schlechter Presse im Österreichischen in den Neunzigerjahren in „Eins und Sein“ umbenannt wurde. Kiegeland verstarb im Herbst 2016. Seine Schüler halten sein Werk weiter in Ehren.

Osho: Vormals Bhagwan Shree Rajneesh (1931-1990), einer der bekanntesten spirituellen Meister, hauptberuflicher Provokateur, in der Gesellschaft damals heftigst umstritten, Grabinschrift: Niemals geboren, niemals gestorben, habe lediglich den Planeten besucht. Schöpfer einer synkretistischen Lehre, die sich bis heute in spirituellen Kreisen hoher Popularität erfreut.

Ich geriet in Kontakt mit Burkhardt Kiegeland und seiner für mich heute im wahrsten Sinne des Wortes „zwiespältigen“ Lehre über das damalige Netzwerk in Zürich bei A. N. Meine damalige Freundin war sporadische Besucherin dieses Kreises. Es fanden jeweils zweimal unter der Woche „Meditationen“ statt, hauptsächlich aktive Meditationen, ab und zu an Wochenenden zudem spezielle Anlässe wie zum Beispiel das Thema Familienstellen. Es trafen sich jeweils maximal zehn Leute. Es gab eine Hierarche, welche einen neuen zwar beäugte, aber nicht willkommen hiess oder gar einfach so aufnahm. Man musste sich Anerkennung erarbeiten, indem man der kiegelandschen Lehre folgte, sprich Seminare in Ernsting, Österreich besuchte. Das bei Kiegeland Erlebte wurde dann im Zürcher Kreis zum Gesprächsthema.

Nachdem ich A. N. nach gewisser Zeit die hölzernen Fensterläden seines Hauses abgeschliffen und gestrichen hatte, fuhr ich mit dem Lohn, der N. mir bezahlte, ebenfalls ins Zentrum, um meine „Grundangst“ zu heilen. Dort waren dann etwa vierzig Bewohner und reger Betrieb mit allerlei internen „Firmen“. Die Bewohner schienen allesamt in einer merkwürdigen Art subtil getrieben zu sein. Ich eruierte einen seltsamen Personenkult um den Meister. Durch einen Zufall – eine Assistentin sagte einen Satz zu mir – erkannte ich meine „Grundangst“ und konnte somit Gegenmassnahmen bei den Selbstverpflichtungen am Ende des Seminars einleiten. Der Funke der meisterlichen Lehre sprang jedoch nicht über, weil ich mir eine gesunde Distanz bewahrte. Wieder daheim in der Schweiz vergass ich die Sache, auch weil sich eine heftige Depression A. N.s bemächtigte und das Netzwerk deshalb zusammenbrach. Ich war mit meiner Ausbildung beschäftigt.

Jahre später, während einer Differenz mit meiner damaligen Freundin, die, wie ich so nebenbei erfuhr, auch mit dem Zürcher Netzwerkleiter im Bett war, entschloss ich mich zu einem Rebalancing, welches mich mit Oshos Lehre in Kontakt brachte. Rebalancing kann man mit dem Auspressen einer Orange oder dem Stretchen eines Gummibandes vergleichen. Es fliesst reichlich Saft oder es gibt plötzlich mehr Spielraum, was einen zu reichlich Vorteil gegenüber andern Menschen führen soll. Genau das aber ist das Problem: Ausgepresste Schalen wirft man in den Kübel oder auf den Kompost, und ein gedehntes Gummiband zerreisst oder es zieht sich in seine ursprüngliche Form zurück. Ist man erst einmal glücklich und bei sich selber angekommen, beginnt die Suche nach Gleichgesinnten. Zumindest in meinem Fall war das so. Ich orientierte mich zurück und buchte weitere Seminare in Ernsting, um Gleichgesinnte zu finden, was aus heutiger Sicht eine Fehlentscheidung war.

Im Folgenden beschreibe ich meine Erfahrungen mit der kiegelandschen Lehre. Meine Reise durch diesen Schmelztiegel dauerte insgesamt mehrere Jahre, wobei ich schwerste „Erschütterungen“ erlebte. Durch glückliche Umstände fand ich in die Gesellschaft und zu meinen Ursprüngen zurück, und zwar in einer Form und Tiefe, die vorher nicht da war.

Ich weiss dass ich kein Einzelfall bin. Die Beeinflussung ist dann erfolgreich, wenn das Individuum nicht mehr selber spricht, sondern der Lehrer aus ihm redet. Oder eine höhere Macht, in diesem Fall das Herzchakra oder das dritte Auge. Um einen Einblick ins kiegelandsche Kurswesen zu geben erzähle ich meine Erfahrungen mit folgenden kiegelandschen Seminaren:

Burkhardt, wie ihn alle nennen, verkündete jeweils, das es ein Urproblem in jedem von uns gebe. Er sprach von Selbstverneinung oder von Grundangst, z.B. der Angst, wertlos und falsch zu sein. Zur Bewältigung des Urproblems soll eine Ethik des Herzens helfen: nicht die andern, sondern wir sind die Quelle unseres Leidens. Wir können nur uns ändern, nicht die andern.

Wie sieht so eine Grundangst aus? Wer Angst vor Liebesverlust hat, lässt selbst im Stich. Oder: wer Angst vor Gewalt hat erzeugt selber subtil dieselbe. Das ist natürlich unangenehm. Aber die Lösung verheisst Gutes: man muss sich öffnen. Und so meldet man sich dann nach der Heilung öfters zu Wort, wer will sich schon den Vorwurf gefallen lassen andere im Stich zu lassen oder Gewalt zu erzeugen? Man ist nun aber genau damit konfrontiert, was man vorher vermeiden wollte: nämlich die Möglichkeit, von Dritten abgewiesen zu werden oder für einen Spinner gehalten zu werden. Abhilfe schaffen soll die Herzheilung 2.

 

Wenn ich mich mit anderen verbunden fühle, von diesen aber zurückgewiesen werde, wird dies von Burkhardt als Grenze bezeichnet. Für diese Konstellation schlägt er nun vor: in die Essenz kommen, namentlich durch die Liebe, wodurch vom Ich zum Du und zum Wir gelangt werden soll.

Da der Herzmeister als Alleinherrscher regiert und sich keine Fehler zugesteht, gilt er sehr bald als der lebende Beweis für das unfehlbare System. Du folgst dem Meister und buchst das Jahrestraining. Dort folgt dann Enlightment Intensive.

Jeder hat nun seine Grundangst eruiert und zwei persönliche Essenzen erarbeitet. In den Seminaren wird allerlei Aktionismus zelebriert, Dynamische Meditation, Encounter, Kundalini, und ausgiebig der Bioenergetik gefrönt. Mit anderen Worten: du wirst körperlich so geschlaucht, dass du in den Fragerunden kaum ein Wort über die Lippen bringst. Der Meister hält in der Regel einen Monolog. Hat er dann seine Botschaft an die Leute gebracht, darfst du dich wieder abrackern.

Zur Erleuchtung soll folgende Übung helfen: die Teilnehmer sitzen sich in einem inneren und äusseren Kreis gegenüber, und einer sagt zum andern; sage mir, wer du bist. Der andere antwortet ihm in seiner Essenz. Dazu sieht man sich in die Augen, und äussert Sachen wie; ich bin Liebe, ich bin Demut, ich bin Klarheit, und ich bin Schönheit, mitsamt den zugehörigen Erklärungen. Dadurch entsteht eine Art „natural high“, ein gemeinsames Hochgefühl. Die Assistentin bimmelt zwischendurch mit dem Glöckchen, es werden die Plätze getauscht und das Spiel beginnt von neuem. Zur Verstärkung des Effekts wird anfangs in den Essenspausen schale Hausmannskost gereicht, erst wenn dann alle in ihrer Essenz sind, wird umgestellt auf normale Verköstigung. Der geschilderte Verlauf dauert fünf Tage. Und am sechsten Tage erscheint dann der Meister und macht zum Abschluss seine Energiearbeit.

Das Enlightenment Intensive wird von vielen als das schönste Seminar bezeichnet, möglicherweise, weil die anstrengende Körperarbeit anderer Kurse fehlt und weil man sich mit seinen positiven Seiten beschäftigen durfte.

Der Start in das Seminar sieht wie folgt aus: die Männer und die Frauen stehen sich nach Geschlecht getrennt gegenüber. Der Meister befiehlt den Frauen, sich einen Mann auszusuchen, worauf die Frauen losrennen. Bei den Männern bleibe ich allein, bei den Frauen sind zwei ohne Partner. Der Meister verfügt: ich krieg die beiden. Davon kann man halten, was man will. Der nächste Schritt sieht dann so aus, dass die Paare mit einer Schnur zusammengebunden werden, und am ersten Tag sind dann die Frauen der „Herr“ und die Männer die „Sklaven“. Der Sinn der Sache wäre, dem Sklaven etwas beizubringen. Meine beiden Herrinnen beginnen sofort zu diskutieren, was sie mir beibringen sollen. Ich mahne leise: werdet euch einig, worauf sie sich entschliessen, mich als Hausmann einzusetzen, ich darf Betten machen und abwaschen. Als es mir zu blöde wird, mache ich sie darauf aufmerksam, dass ich am nächsten Tag der Herr sein werde. Das wirkt: Den Rest des Tages spazieren wir im Haus herum und schauen, was die anderen machen. Meine Ex nimmt ebenfalls am Kurs teil und hat sich den Macho der Gruppe ausgesucht. Heisse Konstellation? Es wird noch heisser. Die Frau des Machos ist auch in der Gruppe und völlig aufgelöst. Ich erfahre von ewigen Flirts und Seitensprüngen. Die Frau tut mir leid. Natürlich sind bei mir noch Gefühle für die Ex und in mir beginnt etwas zu wachsen. Inzwischen ist es auffällig ruhig geworden und viele Paare sind verschwunden. Was da wohl läuft? Wir werden es später erfahren. Ich sehne das Ende des Tages herbei und der Meister pfeift ab. Am nächsten Tag bin ich dann Herr und ich beschliesse, den beiden Frauen eine Lektion zu erteilen die sie sicher gut gebrauchen können: ich bringe ihnen bei zu chillen, sich zu entspannen. Also ab in den Gruppenraum, Wolldecke, hinfläzen. Daneben begegnen wir wieder der Frau des Obermachos, welche immer noch die Frage bewegt, was zwischen ihrem Mann und meiner Ex-Freundin wohl lief. Irgendwann ist dann auch dieser Tag zu Ende und es wird wieder abgepfiffen.

Am dritten Tag stellt sich dann heraus, dass mehrere Paare die Gelegenheit ergriffen haben und es tatsächlich zu Sex kam. Wann hat man schon einen Sklaven zur Verfügung? Der Meister bringt dann den Begriff Reue ins Spiel. Sinn der Sache wäre gewesen, zu seinen Gefühlen zu kommen, indem eine Situation kreiert wird, in welcher zu Bereuendes geschieht. Daraufhin kann der Schüler seine Schuld eingestehen und ablösen, indem er eine Selbstverpflichtung abgibt. Es waren übrigens auch Verheiratete in der Gruppe.

Ich muss bei der Frau des Obermacho einen bleibenden Eindruck hinterlassen haben, wir bleiben in Kontakt, treffen uns eines Abends in Zürich, gehen essen reden, reden und reden. Morgens um halb drei in der Zic-Zac Bar setzt sie sich auf meine Knie und flötet mir ins Ohr: „Das nächste Mal schlafen wir dann miteinander!“ Ich werde das Gefühl nicht los, dass ich Teil eines Racheplans werden soll und vergesse das Ganze. Was denke ich heute darüber? Ich bin stolz darauf, dass bei mir innerlich ganz ist, was ganz bleiben soll.

Im ersten Teil erzählte ich von Erlebnissen in den Seminaren, in diesem Teil steht der Aufenthalt im damaligen Zentrum in Ernsting (Bundesland Salzburg, Österreich) im Mittelpunkt.

Nach einigen Seminarbesuchen meinte ich, eine „Auszeit“ im Zentrum bei Burkhardt Kiegeland wäre genau das richtige und würde mich garantiert weiterbringen und vielleicht erleuchten oder so. Was mir heute noch sehr präsent ist, dass sich niemand wirklich freute. Einer meiner heutigen Hauptkritikpunkte an der aus meiner Sicht fragwürdigen Herz-Lehre, ist die Beobachtung, das dieses Herz nicht zu finden war, zumindest nicht bei den Kiegeland-Leuten. Deren Freundlichkeit bestand nach meiner Erfahrung vor allem darin, einen mehr zum Arbeiten zu motivieren. Später bemerkte die Hausleitung, dass ich für zwei arbeiten würde.

Die Belegschaft des Zentrums bestand aus Hausbewohnern unterschiedlicher Herkunft, die alle ihre Probleme hatten und deren Anzahl variierte. Dazu kam Kiegelands Familie, namentlich seine 20 Jahre jüngeren Frau, drei Kinder und die Grossmutter Kiegelands, von mir ironisch das Schlachtschiff genannt.

Der Tag beginnt um 07.00 Uhr mit der Dynamischen Meditation nach Bhagwan/Osho. Sie besteht aus fünf Teilen:

  1. Während zehn Minuten wird wild und chaotisch durch die Nase geatmet. Dazu bewegt man den Körper entsprechend. Dieser Teil kann durch Hyperventilation psychomutativ wirken.
  2. Katharsis: Nun wird alles, was in einem auftaucht, Gedanken, Gefühle, geäussert. Manche Teilnehmer stampfen auf, andere schreien, dritte wälzen sich auf dem Boden, Frauen schmeissen ihren BH in die Ecke, weitere Teilnehmer bekommen einen Lachanfall.
  3. Zehn Minuten lang müssen die Teilnehmer mit ausgestreckten Armen in die Luft springen. Jedes Mal, wenn die Füsse wieder den Boden erreichen, soll ein „Uh“ ausgestossen werden. Diese Übung ist sehr anstrengend. Selbstbewusste Anfänger, die damit noch Mühe haben, bekommen folgendes zu hören: „Na, siehste jetzt, wie gross dass du wirklich bist?“
  4. Der vierte Teil beginnt mit einem abrupten Stopp-Befehl von einer Begleit-CD. Daraufhin soll 15 Minuten lang ruhig dagestanden werden, wobei weiterhin die Arme hochgehalten werden sollen. Teilnehmende, die das nicht schaffen, werden motiviert mit: „Wenn du die Arme nicht oben hältst, kannst du gehen.“
  5. Während 15 Minuten wird zu leiser Flötenmusik getanzt. Die Musik kommt von Osho-Anhänger Deuter.

Bei der Dynamischen Meditation nahm Burkhardt Kiegeland selbst jeweils nicht teil. Er hat diese Zeit genutzt, um gemütlich aufzustehen, sich zu rasieren und sich einen ersten Kaffee zu genehmigen.

Um 08.00 Uhr folgt ein reichhaltiges Frühstück mit Aufschnitt, Käse, Tomaten, Brot, Konfitüre und warmer Milch.

Um 09.00 Uhr ist der Spüldienst an der Reihe. Je vier Personen räumen auf und spülen alternierend nach den Mahlzeiten.

Auf 09.30 Uhr hin kommt Burkhardt Kiegeland für die Vormittagsrunde. Wenn nichts Spezielles angesagt ist, beginnt sie mit der berühmten Kiegeland-Frage: „Was läuft?“ Wenn nichts kommt, hält Kiegeland ein Referat. In der Regel sind die Teilnehmer nach der anstrengenden Meditation froh, wenn Kiegeland doziert, sodass sie den Kopf abschalten können. Mitdenken und kritische Nachfragen sind ohnehin unerwünscht.

Das Geläut der Glocke auf dem Dach des Gebäudes gibt um 12.00 Uhr das Zeichen fürs Mittagessen. Gekocht wird traditionell europäisch.

Nach einer Pause folgt um 13.30 Uhr das „Matten-Atmen“, wie ich es nenne. Die Teilnehmenden liegen auf Matten. Es läuft Musik. Manche heulen, andere schreien. Diese werden durch Therapeuten betreut.

Nach einer Teepause um 15.00 Uhr ist eine zweite Gesprächsrunde mit Kiegeland angesagt.

Von 18.00 bis 19.00 Uhr findet die Kundalini-Meditation statt. Sie besteht aus vier Phasen:

  1. Während 15 Minuten schütteln sich die Teilnehmer intensiv mit gespreizten Beinen und hängendem Kopf. Diese Übung soll die Kundalini-Kraft im Becken wecken.
  2. Nun sitzen die Teilnehmer für eine Viertelstunde auf einem Holzschemel, wobei sie auf ihren Atem achten. Es herrscht Ruhe im Raum.
  3. Die Teilnehmer legen sich für 15 Minuten auf den Boden und decken sich mit einer Wolldecke zu.
  4. Die Kundalini-Meditation schliesst mit einem 15-minütigen Tanz.

Das Abendessen findet um 19.00 Uhr statt. An manchen Abenden folgt um 20.30 Uhr eine Aufgabe im Gruppenraum. Zum Beispiel muss jede Person einen vorgegebenen Text möglichst glaubwürdig rezitieren. Diese Übung muss solange wiederholt werden, bis die anderen Teilnehmer von der Echtheit der Emotion überzeugt sind. Dieses Setting kann als Gelegenheit genutzt werden, um unbeliebte Kursteilnehmer zu schikanieren.

Als Tagesabschluss darf man sich ein Feierabendbier genehmigen. Alkoholkonsum ist in Massen erlaubt, ebenfalls das Rauchen. Alkohol im Übermass und illegale Drogen sind hingegen verboten.

Jeder durfte mal Hausleitung spielen, jeder durfte mal kochen, jeder kriegte Standpauken, pardon, Belehrungen vom Erleuchteten persönlich, dessen Lehre nach meiner Wahrnehmung vor allem in der Demütigung der Schüler bestand. Zitat Schüler: „Ich komme mir vor wie ein Esel, obendrauf sitzt Burkhardt mit einer Stange, an der eine Rübe befestigt ist. Ich versuche natürlich die Rübe zu kriegen, aber das Unterfangen ist aussichtslos!“. Ein anderer bemerkte: „Er (Kiegeland) saugt dich an und spuckt dich aus!“

Der Hausmeister besorgte den Seminareinkauf und wurde an der Kasse von Kiegeland telefonisch kontrolliert, er musste bereits getippte Waren zurücklegen, wenn deren Einkauf Kiegeland unnötig schien. Die Kassiererin tut mit heute noch leid.

Heute besonders bezeichnend finde ich, dass jeder jedem auf die Mütze gab, und seinen Vorteil durch die Lehre suchte, ausser der Kiegeland selbst, der gab andern auf die Mütze, war für diese aber sakrosankt, so verbot er zum Beispiel über seine, naja, Ehe zu reden.

Der fitteste und eifrigste Kursteilnehmer von allen kriegte von der Hausleitung zu hören: „Du lebst in deinem eigenen Zirkus!“

Kiegelands Assistentin meinte zu ihm: „Du musst schlechtes Karma abarbeiten!“ Eine Begründung blieb aus.

Gelegentlich berichteten Kursteilnehmer von Gewaltausbrüchen, vermutlich in der Absicht, von Kiegeland und der Gruppe Hilfe zu erhalten. So berichtete ein Teilnehmer davon, in seinem Beruf als Taxifahrer einen betrunkenen Fahrgast verprügelt zu haben. Ich konnte keine Reaktion beobachten, weder von Kiegeland noch von seinen Anhängern. Niemand hat versucht, die Gewalttat zu problematisieren.

Der Leiter der Schweizer Gruppe, A. N., organisierte ein Wochenende für Kiegeland im Zürcher Niederdorf. Als Werbung wurden hunderte Flyer verteilt, doch es gab bloss sechs bis sieben Anmeldungen. Kiegeland meinte: „Da habt ihr nicht genügend Energie hinein gesteckt.“

Schliesslich liess sich Kiegeland erweichen, das Wochenende trotzdem durchzuführen, falls sich noch eine weitere Anmeldung ergäbe. Mit grossem Aufwand wurde diese erreicht.

Wenig später fiel A. N. in eine schwere Depression. Ich habe mich gefragt, ob die Behandlung von A. N. durch Kiegeland einen Einfluss gehabt hat.

Als ich ins Zentrum zog, wurde mir gesagt: „Du kannst dein Geld bei der Hausleitung abgeben“, gemeint waren immerhin 20 000.- Franken. Hab ich natürlich nicht gemacht.

Ich hielt mich aus den Konflikten raus, weil ich von Natur aus weder neurotisch noch geschwätzig war und immer noch bin. Ich bezog also bezüglich Ehepaar Kiegeland keine Position, weder pro Guru noch pro Ehefrau. Der Erleuchtete warf mir dann später genau das vor. Zynismus! Er trennte sich dann nach seinem Seminar „Tao der Liebe“ von seiner Frau.

Ich suchte mein Heil in der Arbeit: Teepausen anrichten, Rasen mähen und kochen.

Nach Wochen wurde es mir zu bunt. Ich wusste, dass die Hausleute darauf warteten, dass auch ich meine offizielle Standpauke vom Guru bekäme. Ich vermasselte in meiner Zeit im Zentrum zwei Aufgaben. Die eine korrigierte ich innert nützlicher Frist, für die andere – es handelte sich um einen misslungenen Pizzateig – kriegte ich die Predigt, das andere Menschen auf der Welt Hunger leiden würden und täglich 18’000 sogar sterben würden. So wurde versucht, mir ein schlechtes Gewissen einzuimpfen.

Auf Ermahnungen dieser Art und auf Burkhardt Kiegelands Schwarz-Weiss-Malerei hatte ich keine Lust mehr. Ich packte meine Siebensachen und verbrachte erholsame Wochen bei meiner damaligen Freundin, welche ich in der Gemeinschaft um Kiegeland kennengelernt hatte. Ich merkte aber, dass unsere Beziehung nach meinem negativen Erlebnis nicht mehr war wie vorher. Es war unmöglich, mit ihr die Probleme der Gruppierung zu erörtern. Auf meine Aussage dass es sich um eine Sekte mit problematischen Strukturen handeln würde, meinte sie, ich sei völlig durchgeknallt. Sie hat die negativen Seiten damals nicht sehen wollen.

Ich kehrte in die Schweiz zurück. Dort stellten sich durch die Nebenwirkungen der Gruppierung tatsächlich Herausforderungen und Lebensaufgaben, die zu bewältigen Jahre in Anspruch nahmen.!

Der erleuchtete Meister Burkhardt Kiegeland verstarb am 16. August 2016 und ist nicht mehr. Ich vermisse ihn nicht, ich bin ihm auch nicht dankbar.

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