Kind sein in einer freikirchlichen, evangelikalen Gruppe

Es ist lange her, seit ich gross geworden bin in dieser Gruppe, und erst heute gelingt es mir darüber zu schreiben. Ich leide heute noch unter den Folgen obwohl es nun bereits über 20 Jahre her ist. Gepredigt wurde in dieser Kirche etwa folgendes: Jeder Mensch ist ein Sünder, aber Jesus ist für uns am Kreuz gestorben und vergibt uns unsere Sünden. Wir müssen nur umkehren, unser Leben Gott anvertrauen und ein Leben führen wie es in der Bibel steht und dann werden wir in das Himmelreich kommen. Und Jesus wird bald kommen um Gericht zu halten. Wir müssen täglich gegen den Satan in uns und um uns herum kämpfen, der in verschiedenen Gestalten auftaucht und uns in Versuchung führen will.

Für aussenstehende Erwachsene, die nicht daran glauben, hört es sich wie spinnertes, aber harmloses Gelabber an, für die Erwachsenen, die daran glauben, ist es je nach Geschmack Erleuchtung, Weisheit, Lebenssinn, aber was es für ein Kind bedeuten kann, dass diesen Glauben nicht wählen konnte, will ich im folgenden versuchen aufzuzeigen.

Hundertemale hab ich als Kind versucht umzukehren, ich habe gebetet und gebetet und auf eine Antwort gewartet, aber es kam keine Antwort, ganz zu schweigen von den grossartigen Berichten von denen die Erwachsenen immer erzählten. Ich wurde nicht „ erfüllt von der Liebe Gottes “. Also hatte Gott mich nicht angenommen. Ich war noch klein, aber ich hatte dennoch verstanden, was das bedeutete: Verdammnis und Höllenqualen, die niemals aufhören würden: man würde in einen Phul aus Feuer geworfen werden und gequält werden von Ewigkeit zu Ewigkeit. Ich litt unter Todesängsten, denn ich verstand nicht alles was die sogenannten Brüder sagten, aber dass es nicht mehr lange dauern konnte bis er kommt da „die Menschen schon ganz böse geworden waren“ hatte ich verstanden. Ich verbrachte ganze Nächte auf unserer Fensterbank und beobachtete den Himmel, ob er vielleicht heute Nacht kommen würde und mich in den feurigen Pfuhl werfen würde.

Erwachsene können sich dann irgendwann, wenn auch unter Mühen, von diesen Vorstellungen distanzieren, kleine Kinder können es nicht, für sie ist das, was die Erwachsenen sagen, die absolute Wahrheit. Sie können in keinster Weise vor diesen grauslichen Bildern, die für die Erwachsenen möglicherweise nur symbolische Aussagekraft haben, aber für die Kinder absolute Realität sind, fliehen.

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