Maharishi Mahesh Yogi

1917?–2008

Warum bleiben die biographischen Angaben zu Maharishi Mahesh Yogi (MMY), dem Begründer der Transzendentalen Meditation (TM) im manchen Detaills so auffallend vage? Will die einsetzende Legendenbildung den Meister vor dem forschen journalistischen Zugriff schützen? Oder verwandelt jede Utopie, wenn sie im Leben eines Einzelnen oder im Leben eine Gemeinschaft Gestalt verwirklichen möchte, zuvor das Konkrete ins Allgemeine und jede Einsicht zum Rezept?

MMY, geboren 1911, 1917 oder 1918 als Mahesh Verma Shrivastava oder als Mahesh Prasad Varma in Chichli, in der Nähe von Jabalpur, Indien, gestorben am 5.Februar 2008 in Vlodrop, NL, stammte aus einer wohlhabenden Kshatriya-Familie («Kriegerkaste»). Er studierte an der Universität von Allahabad Physik und Mathematik. 1940 fand er zu Swami Brahmananda Saraswati, dem damaligen Oberhaupt des indischen Shankara-Ordens in seinem nordindischen Zweig. Von seinem Meister inspiriert und mit einem eigenen ausgeprägten Sinn fürs heute Zeitgemässe verwandelte er allmählich den mystischen Monismus Shankaras, der von die Erkenntnis des Einen ausgehend die Welt des Vielen als trügerische Illusion deutet, in eine weltzugewandte Einheitsschau, die aus dem meditativen Einssein mit dem Urgrund die Kraft gewinnt, alle Grenzen der bedingten Welt zu transzendieren.

Nach 12 Jahren Schülerleben bei seinem Meister meditierte er fürs Erste von 1953 bis 1955 einsam in einer Höhle im Himalaya. 1955 pilgerte er nach Südindien, nun immer offenkundiger erfüllt von der Erkenntnis, dass unendliches Glück jenseits aller Leiden und aller Beschränkungen erfahren werden kann. Voraussetzung für des Glück ohne Grenzen ist einzig das Zurückfinden des menschlichen Geistes in seinen Urgrund, ins Eine und Einzige, in jene Quelle alles Bewusstseins, die in den düsteren Zeiten der Seinsvergessenheit leider immer wieder versiegte. Dieser Weg zurück ins Erleben des Einen – auch das sah MMY nun mit unbeirrbarer Klarheit – ist für alle begehbar, wenn sie nur der rechten Meditationstechnik folgen.

Die Konsequenzen dieser wieder gewonnen Einheit mit dem Einen kann der noch seinsvergessene Verstand sich kaum vorstellen. Sie übersteigen jedes landläufige Konzept biederer Normalität. Sie öffnen alle Tore ins grenzenlose Glücklichsein und verwandeln die Welt in das, was sie in ihrem Keim immer war, reines Sein, reines Bewusstsein und reine Glückseligkeit, ein uneingeschränkter Himmel auf Erden.

Im konkreten Vollzug dieser Verwandlung des bedingten ins unbedingte Leben greift MMY Grundlinien hinduistischer Weltsicht und Lebensordnung, befreit sie von ihren weltflüchtigen Neigungen und verwandelt sie zu Brücken in die heile, in die vollkommene Welt. Der traditionelle indische Yoga, die traditionelle Architektur, Medizin und Musik liefern nun zahlreiche Beiträge zu einer neu gestalteten glücklichen Welt. Dass unsere Welt zu klein ist, um ein Himmel auf Erden zu

werden, und der Mensch zu bedingt, um sich selbst ein völliges Einsein mit dem Einen zuzugestehen, dieser Erkenntnis können MMY und seine Gefolgschaft auf einfache Weise jahrzehntelang mit Erfolg ausweichen: Sie entwerfen immer wieder neue Programme und Organisationen, die noch effizienter die Schranken des gegenwärtigen Menschseins transzendieren. Sie steuern ihre Utopie mit unentwegter Glückserwartung an, und wissen manche utopiehungrige Zeitgenossen für ihre Bewegung und ihre Rezepte zu begeistern.

Nach dem Tod von MMY hat der Libanese Maharaja Adhiraj Rajaraam, mit bürgerlichem Namen Tony Nader, die Leitung der Bewegung übernommen.

Zurück zu Nachrufe