Meine Erfahrungen mit der Äthiopischen Pentecostal Gemeinde in Stuttgart

leicht gekürzte Übersetzung aus einer äthiopischen Zeitung

Ich habe 1996 diese Gemeinde (Äthiopisch-christliche Evangelische Kirche, in Stuttgart) kennen gelernt. Mir wurde von einem Mitglied dieser Gemeinde erklärt, es handle sich um eine „christliche, evangelische Freikirche“ – mehr war nicht sichtbar für mich zu diesem Zeitpunkt. Von mir zunächst unbemerkt, wurde ein Plan geschmiedet und fast generalstabsmässig umgesetzt: ich sollte in einer sogenannten „Bibel-Studie“ an der Talstrasse 70 in Stuttgart das Wort Gottes kennen lernen. Die Bibelstunden fanden dort zweimal pro Woche statt und noch ausgedehnter an den Wochenenden in Schrondorf.

Ziel war es, mich zur Taufe in der Gruppe zu „führen“. Aus mir sollte ein „Jünger Jesu“ gemacht werden. Denn nur wer „Jesus nachfolgt und ein Leben nach der Bibel führt, dem werden alle Sünden vergeben, der wird das Reich Gottes auf Erden und im Himmel gewinnen“ – so stellt sich im Rückblick die Grundlage der „Ideologie“ dieser Bewegung dar. Um dieses Ziel auch erreichen zu können, musste ein enges Vertrauensverhältnis aufgebaut werden. Schnell lernte ich dann die Bibel kennen, aber in der von dieser Bewegung vorgegebenen Interpretation/Auslegung. Dass hier auch eine spezielle Lehre eines geistigen Führers dahintersteckte, war mir lange nicht bewusst. Ich hatte mich ja noch nie ernsthaft mit der Bibel befasst. So wurde ich nach und nach durch eine subtile Verhaltens- und Bewusstseinskontrolle von dieser „Gemeinschaft“ abhängig; auch von meiner Bezugsperson. Es blieb keine Zeit mehr, sich mit alten Freunden zu treffen (oder auch einfach nur neue zu finden) oder etwas über meine Heimat – Äthiopien – zu erfahren.

Ich verlor zunehmend die Kontrolle über mein Leben ausserhalb der „Gemeinde“. Bald hatte ich mein gesamtes bisheriges soziales Umfeld zerstört. Ab jetzt gab es für mich nur noch die Gemeinde. Abhängigkeiten waren entstanden. Das betraf auch die Verpflichtung, mein Privatleben und die Finanzen offen zu legen. Freiwillig natürlich, denn als Referenz wurde immer die Bibel ins Feld geführt. Allerdings in der eigenen Auslegung durch die Gemeinde. Der Leiter stellte seine Gemeinde gerne als den einzigen Ort dar, an dem man sich retten konnte vor dem Bösen. In Wirklichkeit lebte ich nach und nach in einem von Angst, Vermeidung und Anpassung geprägten System. Nach 6 Monaten fing ich an, seltsame Dinge zu träumen. Ich habe in der Gemeinde gefragt, was diese Träume wohl bedeuten könnten. Sie sagten mir, dass sei „Gott, der weise zu mir spreche“.

In einem Traum habe ich einen Befehl bekommen, dass ich eines der Gemeindemitglieder heiraten solle. Den Traum habe ich noch mehrere Male geträumt. Ein anderes Gemeindemitglied sagte mir, Gott habe mir gesagt, ich müsse diese Frau heiraten. Aber ich sei nicht gehorsam gewesen und hätte diesen Befehl nicht ausgeführt, erklärte er mir, und wenn ich nicht gehorsam sei und diese Frau heirate, dann würde ich sterben oder sonst Schwierigkeiten bekommen mit Gott.

Dann sind andere Mitglieder dieser Gemeinde in meiner Heimat Äthiopien zu meinen Verwandten gegangen und haben erklärt, sie seien Botschafter Gottes. Sie sagten zu meinen Verwandten, wenn ich diese Frau nicht heirate, würde ich Schwierigkeiten mit Gott bekommen.

Die Gemeindemitglieder haben mich als geisteskrank und psychotisch bezeichnet, weil ich die Gemeinde verlassen habe. Ich habe in dieser Gemeinde ganz sicher nicht die Freiheit erlebt, für die Jesus am Kreuz gestorben ist. Das erkennen zu müssen war für mich ein langer und ein ungeheuer schmerzlicher Prozess, glücklicherweise hatte ich noch Bekannte, die mich aufgefangen haben.

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