Kreationismus

Der Kreationismus, die „Bibelforschung“ oder sogenannten „Schöpfungswissenschaft“ ist in seinem/ihrem Kern der Glaube daran, dass das Leben auf der Erde zu einem ganz bestimmten Zweck und von einem übernatürlichen Schöpfer erschaffen worden ist. Dabei gibt es ein breites Spektrum vom „weichen“ Kreationismus zum „harten“ Kreationismus.

Kreationismus ist eine Form des biblischen Fundamentalismus. Sie argumentieren mit der Bibel als absolute Autorität. Kreationismus nimmt die Wahrheit der Bibel hauptsächlich wörtlich auf und als göttliche Offenbarung. Die Bibel ist somit mit ihrem Inhalt, ihrer Bedeutung und ihrer Entstehung die unumstössliche Grundlage des Weltbildes der christlichen Fundamentalisten.

Laut H.Helmuths „Der Wissenschaftliche Kreationismus – Argumente und Gefahren“ (1993) sind zwischen mindestens vier Arten von Kreationisten zu unterscheiden. Da sind die „Flacherdler“, welche glauben, dass die Erde eine Scheibe sei, die „Omphalos“ (Bauchnabel), welche sich fragen, ob Adam und Eva einen Bauchnabel hatten oder nicht und ob Gott dann auch einen Bauchnabel besässe. Zwei weitere Kategorien bilden die „Jung-Erdler“ und die „Tag-Zeitalter“-Anhänger. Beide lehnen eine oder die Evolution stark ab. Erstere sehen ein junges Alter der Erde (weniger als 10’000 Jahre), während letztere in den 7 Tagen der Schöpfungsgeschichte Zeitalter unbestimmter Dauer sehen, weshalb das Alter der Erde nicht feststellbar sein können. (Helmuth: S. 159-160)

Zu den immer wiederkommenden und in neuen Varianten vorgestellten Themen gehören geologische Altersbestimmungsmethoden der Erde, die Grösse der Arche, Verpflegung der Tiere auf der Arche, Entdeckung der Arche am Berg Ararat usw.

Zu den wichtigsten Argumenten der Kreationisten gehören, dass die Komplexität der Erde einen intelligenten Urheber haben müsse und nicht durch Zufall so entstanden sein könne, dass durch die Mithilfe verschiedener biblischer Chronologien ein Erdalter von rund 6000 bis 10’000 Jahren errechenbar sei, dass die Evolution der Physik widerspreche, dabei wird oft der zweite Hauptsatz der Thermodynamik hinzugezogen oder dass die Evolutionstheorie unwissenschaftlich sei, da Evolutionsprozesse so langsam ablaufen, dass Experimente in diesen Bereichen nicht reproduzierbar seien.

 

Als einflussreichste Gruppe Kreationisten gelten diejenige, welche sich gegen die Evolutionstheorie als festgesetzte unumstössliche Theorie aussprechen. Gian Luca Carigiet, Autor, Gründer des Vereins „Pro Genesis“ und Initiator des Projekts „Genesis Land“, schreibt in seinem Buch „Von Ewigkeit zu Ewigkeit – Die Suche nach dem Sinn des Lebens“ (2001), dass die Schöpfungstlehre und die Evolutionstlehre zwei philosophisch gleichberechtigte Denkansätze seien. Da beide Theorien mit wissenschaftlichen Methoden und Instrumenten weder bewiesen noch widerlegt werden können, sei sowohl für die Schöpfungslehre als auch für die Evolutionslehre der Glaube notwendig. (Carigiet: S. 36) Somit ist laut den Kreationisten die Evolutionstheorie keine wissenschaftliche Tatsache sondern eine Sache des Glaubens. Zusätzlich argumentieren Kreationisten, dass – da ja die Evolutionstheorie erwiesenermassen falsch sei – die Schöpfungstheorie richtig sein müsse. In der Logik der letztern Beahuptung müssten die Kreationisten eigentlich bereit sein andere religiöse Entstehungsgeschichte als Alternativen herbeizuziehen, was sie jedoch nicht tun.

Zudem sehen die Hauptrichtungen der christlichen Kirche, wie der katholischen und der protestantischen Kirche, seit einigen Jahrzehnten keinen Widerspruch der Evolutionstheorie zur biblischen Schöpfungsgeschichte mehr.  Hinzu kommt, dass sich auch viele Naturwissenschaftler und -wissenschaftlerinnen als gläubige Christen und Christinnen bezeichnen und somit keinen Widerspruch in ihrer Arbeit und ihrem Glauben sehen.(Helmuth 1993: 161)

In „Und Gott schuf Darwins Welt – Der Streit um Kreationismus, Evolution und Intelligentes Design“ wird erwähnt, dass eine naturwissenschaftliche Theorie nie vom ganzen Sein, das Weltall oder Erde ausmacht, spricht, sondern von einer empirisch erfassbaren und mit den Methoden der Wissenschaft erkennbaren Seiten. Sie kann also nur Fragen beantworten, welche sich auch mit ihren Methoden untersuchen lassen. Sie kann also nicht fragen, ob Gottes Wille in der Schöpfung geschieht. (Hemminger 2009: 121)  In anderen Worten: Die Wissenschaft fragt nach dem Wie und die Religion nach dem Warum. Auf diese Weise würde sich die Wissenschaft und Religion eigentlich also nicht ausschliessen.

Laut Barbara Lass sollte die Bibel im Kontext ihrer Entstehungszeit angeschaut werden. Ein gutes Beispiel dafür bringt die Schöpfungsgeschichte. Da in der Bibel zwei verschiedene Schöpfungsgeschichten erwähnt werden, die eine, in der der Mann zuerst aus Lehm geschaffen wird und danach die Frau, und die andere, in der die Weltentstehung in einem siebentägigen Prozess erzählt wird. Die beiden Schöpfungsberichte erzählen die Erschaffung der Welt auf ihre je eigene Weise und jeweils in einer anderen Abfolge. Die Tatsache jedoch, dass es zwei so unterschiedliche Schöpfungstexte gibt, welche aufeinanderfolgen, lässt darauf schliessen, dass sie zu verschiedenen Zeiten von verschiedenen Autoren verfasst worden sind. Die Texte gehen jeweils von einem anderen Urzustand aus und beinhalten sehr unterschiedliche Motive. (Lass 2014, „Motive der Schöpfungsgeschichte“)

Kreationisten behaupten wissenschaftlich zu arbeiten. Doch ihre Literaturzitate, welche sehr häufig aus wissenschaftlichen Büchern von anerkannten Fachleuten entnommen sind, werden meist entstellt, aus dem Zusammenhang genommen, falsch interpretiert oder so zusammengestellt, dass es so aussieht als ob die Wissenschaftler selbst an der Evolution und der Theorie zweifelten. (Helmuth 1993: 160)

Kreationisten stehen oft dafür ein, dass in Schulen beide Lehransätze gleichberechtigt gehandelt werden, damit sich Schüler und Schülerinnen ein Urteil machen können. Dafür werden sie von den Medien zum Teil harsch kritisiert.

In der Schweiz gibt es nur wenig kreationistische Vereine. Die ersten kamen um das Jahr 2000 auf. Dabei gibt es einige Versuche den Kreationismus in der Schweiz mehr ankern zu lassen. Doch abgesehen davon, dass einige fundamentalistische Gemeinden einen kreationistischen Ansatz verfolgen, konnten viele kreationistischen Vereine und Projekte nicht längerfristig Fuss fassen.

Zu den Personen, welche den Kreationismus in der Schweiz stark prägen gehört Gian Luca Carigiet. Abgesehen davon, dass Carigiet der Autor des Buches „Von Ewigkeit zu Ewigkeit – Die Schule nach dem Sinn des Lebens“ verfasst hat, hat er 2001 auch den Verein Pro Genesis gegründet. Das Ziel des Vereins war es die breite Öffentlichkeit darüber aufzuklären, dass die Evolutionslehre eine unbewiesene Theorie ist, dass die Bibel historisch auch relevant ist und dass der dreieinige Gott eine erfahrbare Realität ist. Der Verein setzte sich dafür ein, dass in Schulen die Schöpfungslehre neben der Evolutionslehre gelehrt wird. Seit 2009 ist der Verein nicht mehr aktiv.
Carigiet hatte 2006 auch das Projekt „Genesis-Land“ ins Leben gerufen. Dies ist ein Themenpark, konzipiert als eine Zeitreise durch die Geschichte der Menschheit, von der Schöpfung bis zu Vollendung. Im Themenpark sollte unter anderem die Arche Noah in Originalgrösse nachgebaut werde. Das Projekt wurde jedoch nie umgesetzt, die letzte Meldung der Genesis-Land AG war 2017.

Die bestehenden kreationistischen Vereine haben ihren Sitz oft in Deutschland und bieten einige Veranstaltungen, wie Vorträge oder Exkursionen, in der Schweiz an. So auch die Organisation „Studiengemeinschaft Wort und Wissen“ und „Geo-Exx“.

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