Shincheonji

andere Umschrift: Shinchonji

voller Name: Shincheonji Kirche von Jesus, der Tempel der Hütte des Zeugnisses

englischer voller Name: Shincheonji Church of Jesus, the Temple of the Tabernacle of the Testimony

Abkürzung: SCJ

andere Namen: New Heaven New Earth; Heavenly Culture, World Peace, Restoration of Light HWPL; International Youth Peace Group IYPC; Youth for Peace

Shincheonji ( 신천지), in lateinischer Schrift auch Shinchonji geschrieben, ist eine Neuoffenbarergemeinschaft südkoreanischer Herkunft. Der Name «Shincheonji» setzt sich zusammen aus den Zeichen «Shin» = «neu», «Cheon» = Himmel und «Ji» = «Erde» und trägt die Bedeutung «Neuer Himmel und neue Erde». Der Name leitet sich ab von Off 21,1: «Und ich sah einen neuen Himmel und eine neue Erde.» Diese Erwartung sieht Shincheonji in sich selbst als erfüllt, Shincheonji will das Paradies auf Erden sein, das Gott in unserer Zeit errichtet hat.

Der vollständige Name der Organisation lautet: «Shincheonji Kirche von Jesus, der Tempel der Hütte des Zeugnisses», englisch: «Shincheonji Church of Jesus, the Temple of the Tabernacle of the Testimony».

Die Abkürzung SCJ steht sowohl für Shincheonji Church of Jesus als auch für Shincheonji.

Heute wird in der Werbung gern die Bezeichnung «New Heaven, New Earth» verwendet.

Daneben tritt Shincheonji auch mit Frontorganisationen auf wie «Heavenly Culture, World Peace, Restoration of Light» auf, abgekürzt HWPL, oder «International Youth Peace Group IYPC», «Youth for Peace» oder «World Alliance of Religions Peace Summit WARP»

Shincheonji wurde begründet von Man-Hee Lee (이만희, geb. 1931). Man Hee Lee soll sich als Siebzehnjähriger einer baptistischen Gemeinde angeschlossen haben. 1957 wurde er Mitglied der Jondogwan-Bewegung von Tae-Sun Park.

Im Jahr 1967 wechselte Lee zur Tempel-der-Hütte-des-Zeugnisses-Bewegung von Jae-Yul Yoo bei, welche lehrte, dass die Bibel ein verschlüsselter Text sei, der nur von Yoo gedeutet werden könne – ein Bibelverständnis, welches auch für Shincheonji grundlegend ist. Aus dieser Bewegung heraus wurde ein Endzeittermin 1984 prophezeit. Nach dessen Verstreichen sammelte Man-Hee Lee rund 50 enttäuschte Anhänger, indem er das Datum als Neuanfang und irdische Erfüllung der biblischen Prophezeiungen deutete: Am 14. März 1984 habe das Universum seinen Umlauf vollendet und eine neue Schöpfung habe angefangen, die einen neuen Himmel und eine neue Erde (=Shincheonji) bringen würde.

Die Gemeinschaft wuchs erst langsam, ums Jahr 2000 herum soll sie 10’000 Mitglieder gezählt haben, seither aber deutlich schneller. Fürs Jahr 2014 werden 180’000 Mitglieder weltweit angegeben.

Im Jahr 2003 wurde als politisch-kultureller Flügel die Organisation Mannam begründet, welche von Lees Mitstreiterin und zweiter Ehefrau Nam-Hee Kim geleitet wurde.

Ums Jahr 2016 herum wurde von der Shincheonji-Sektion in London aus, die ihrerseits von Südafrika her begründet wurde, eine Shincheonji-Gruppe in Zürich gestartet. Von Zürich aus erfolge eine Gruppengründung in Rom (intern verbunden mit der Erwartung, nächstens den Vatikan zu übernehmen), zudem gehören zur Zürcher Gemeinschaft die Shincheonji-Leute in Ungarn.

Im Jahr 2018 kam es zur Trennung von Nam-Hee Kim von Shincheonji. Im Frühjahr 2020 erklärte sie, Man-Hee Lee sei ein Schwindler, dem es vor allem ums Geld gehe, und der sie gehirngewaschen und abhängig gemacht habe.

Während der Corona-Krise 2020 kam es an Veranstaltungen von Shincheonji in Südkorea zu massiver Verbreitung des Corona-Virus, so dass im Sommer 2020 rund 36% der mit dem Corona-Virus Infizierten in Südkorea mit Shincheonji verbunden waren.

In diesem Zusammenhang wurde Man-Hee Lee am 31. Juli 2020 von den südkoreanischen Behörden verhaftet, weil er wesentliche Informationen zurückgehalten habe.

Shincheonji glaubt, dass die Bibel aus verschlüsselten Texten besteht, welche nur von Man-Hee Lee richtig gedeutet werden können.

Jeder Bibelvers habe, so Lee, einen Zwilling, welcher fürs richtige Verständnis notwendig ist.

Genauso wie das Alte Testament auf Jesus hindeute, so würde das Neue Testament die Wirksamkeit von Man-Hee Lee und von Shincheonji voraussagen. Ziel der Bibel sei es, die Menschen zu Shincheonji zu führen, womit die Bibel erfüllt sei.

In jeder Zeitperiode würde Gott einen «versprochenen Pastor» senden, für die heutige Zeit sei dies Man-Hee Lee.

Man-Hee Lee findet sich verschiedentlich in der Bibel wieder, so sei er:
– der Überwinder aus Offenbarung 2f.
– das weisse Pferd aus Offenbarung 19
– der Knabe, der die Welt mit eisernem Szepter regieren wird, aus Offenbarung 12
– der Paraklet aus dem Johannes-Evangelium

Auch die Trinitätslehre wird auf Man-Hee Lee umgedeutet, so seien die Geister Gottes und Jesu in Lee eingegangen, wodurch drei in einem Körper wohnen würden.

Auf das physische Israel sei mit dem Christentum das geistliche Israel gefolgt, welches nun vom neuen geistlichen Israel Shincheonji abgelöst werde. Die Zeit der Kirchen sei damit vorbei. Wer erlöst werden will, muss sich Shincheonji anschliessen. Wer Shincheonji ablehnt, gelangt in den Feuersee.

Die Herabkunft des himmlischen Jerusalems steht, so die Lehre, unmittelbar bevor, was Karriereentscheidungen bei Shincheonji beeinflusst: Aus- und Weiterbildungen geniessen angesichts der Nähe des Endes unseres Weltsystems keine Priorität, die missionarische Tätigkeit geht vor.

Die Anhänger von Shincheonji sollen unsterblich werden und als Priester und Könige die neue Erde mitbeherrschen.

Attraktiv für Mitglieder wirkt die Lehre, dass Shincheonji-Members durch ihr Mittun auch ihre Familie miterlösen, auch wenn diese Shincheonji fernbleibt. Für die bereits verstorbenen Verwandten werden, so die Lehre von Shincheonji, Bible Studies im Jenseits angeboten.

In der Heilsgeschichte kommt nach dem Verständnis von Shincheonji Korea eine besondere Rolle zu, so habe das Paradies in Korea gelegen. Überhaupt sei immer dann, wenn in der Bibel vom «Osten» die Rede ist, Korea gemeint.

Shincheonji geht bei der Werbung verdeckt vor.

Unter dem Namen HWPL werden Friedensaktivitäten angeboten, ohne dass der Shincheonji-Hintergrund deutlich gemacht würde.

Vor Corona wurden Werber, «Schnitter auf dem Erntefeld» genannt, in Kirchen gesandt, wo sie aktiv mitwirken sollten, um Kirchenmitglieder für Shincheonji gewinnen zu können. Geeignet scheinende Kirchenmitglieder wurden zu einem Bibelstudium motiviert, ohne dass dessen Shincheonji-Hintergrund deutlich gemacht würde. In diesem Bibelstudium wurden die Shincheonji-Lehren allmählich eingebracht.

Intensiv wurde vor Corona auch im öffentlichen Raum geworben, z.B. an Bahnhöfen, verdeckt und ohne Nennung des Hintergrunds. Als Aufhänger und Vorwand für die Beschaffung von Information über die Anzuwerbenden wurden angebliche Umfragen oder Studien zum Kulturvergleich vorgeschoben. Dann wurde das Gespräch typischerweise auf Sinn- und Glaubensfragen ausgedehnt und persönliche Informationen gesammelt, um die Interessierten für ein Bibelstudium gewinnen zu können. Angesprochen wurden bevorzugt jüngere Menschen mit grundsätzlichem Interesse an spirituellen Fragen.

Zum Zweck der verdeckten Werbung führt Shincheonji eine Vielzahl von wechselnden Tarnorganisationen. So wirbt die Frontorganisation International Youth Peace Group IYPC u.a. in den sozialen Medien und versucht, junge Menschen zu Zoom-Konferenzen einzuladen.

Während Corona wurde die Shincheonji-Werbung ins Internet verlegt, indem unterschiedlichste Plattformen genutzt werden, etwa Instagram, Bumble BFF, FriendsUP oder Tandem-Sprachlerngruppen. Die Shincheonji-Werbenden bauen freundschaftliche Kontakte auf und empfehlen dann ein Online-Bible-Study, wo die Interessierten in die Lehre von Shincheonji eingeführt werden.

Nach dem Ende der Corona-Massnahmen wirbt Shincheonji sowohl auf den Strassen als auch online, typisch ist eine Kombination der Methoden, indem Menschen, die über Online-Plattformen angesprochen wurden, zu Foodsharing-Events vor Ort eingeladen werden, wo dann Werbung für das Bible Study gemacht wird.

Wer nach Ende des Bibelstudiums Mitglied werden will, unterzeichnet eine Erklärung, indem er bedingungslos Unterordnung unter Lehren und Struktur von Shincheonji verspricht.

Shincheonji verwendet eine Vielzahl von Symbolen, die unter anderem auch bei ihren Tarnorganisationen verwendet werden.

Dazu gehören der Heiligensschein und die Taube, sowie das in Asien vielfach verwendete Symbol für ein Herz, bei dem Daumen und Zeigefinger an der Fingerkupper überkreuzt werden.

Diese Symbole werden unter anderem auf T-Shirts getragen.

Die Leitung der Gemeinschaft liegt bei Man-Hee Lee, der als «Verehrter Lehrer», korenaisch Seongseng-Nim oder abgekürzt SSN bezeichnet wird.

In der Leitung unterstützt wurde Lee bis zum Jahr 2018 von seiner Mitarbeiterin Nam-Hee Kim, die als «Mutter der Völker» bezeichnet wurde.

Da sich Shincheonji als das neue Israel versteht, werden die Mitglieder in zwölf Stämme eingeteilt, die durch eine eigene Farbe gekennzeichnet sind. Die Schweizer Mitglieder gehören zum Stamm Philippus, erkennbar an der Farbe Pink, die etwa auch als Kravattenfarbe getragen wird.

Shincheonji ist aus zahlreichen Gründen hochumstritten:

– Von den Mitgliedern wird bedingungslose Unterordnung unter die Ziele der Organisation gefordert und hohes Engagement erwartet.

– Die verdeckte Werbung und die bewusste Unterwanderung von anderen Kirchen wird als unfair und problematisch gesehen.

– Nach Auskunft von Aussteigern werden Shincheonji-Mitglieder angewiesen, ihr soziales Umfeld über die Organisation und deren Ziele anzulügen.

– Wer sich von Shincheonji zurückzieht, kann, wie Ehemalige berichten, über längere Zeit mit grosser Penetranz bearbeitet werden. Bleiben diese Bemühungen fruchtlos, folgt der Kontaktabbruch.

– Austeigewilligen wird damit gedroht, dass sie nie mehr Mitglied werden könnten und der Erlösung endgültig verlustig gehen würden.

Zurzeit zählt Shincheonji weltweit ca. 200’000 Mitglieder.

In der Schweiz existiert eine Gruppe in Zürich, die zusammen mit ihren Dependancen in Italien und Ungarn zurzeit rund 150 Leute umfasst.

In Bibelgruppen für Studierende, aber auch auf öffentlichem Grund, etwa an Bahnhöfen, fand vor Corona die Shincheonji-typische verdeckte Werbung statt. Seither erfolgt die Werbung in unterschiedlichen Online-Plattformen.

Website von Shincheonji:

http://en.shincheonji.kr/

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