Manifest der Neuen Erde

englischer Name: The New Earth Manifesto

Unter der Bezeichnung «Das Manifest der Neuen Erde», englisch «The New Earth Manifesto», präsentieren Catharina Roland und Corinne Tâche-Berther alias Coco Tache seit 2020 ein alternatives Gesellschafts- und Staatskonzept, das nach dem erwarteten Zusammenbruch der gegenwärtigen sozialen und politischen Ordnung Basis für eine ökologischere und spirituellere Form des menschlichen Zusammenlebens darstellen soll.

Dem «Weisenrat», der im geplanten neuen Gesellschafts- und Staatskonzept exekutive Funktion innehaben würde, gehören bekannte Vertretende von Esoterik, alternativer Spiritualität und/oder Verschwörungstheorien an wie Dieter Broers, Ruediger Dahlke, Christina von Dreien, Daniele Ganser, Nicola Good, Ricardo Leppe und Patric Pedrazzoli.

Das Manifest der Neuen Erde wurde im Jahr 2020 begründet von der Österreicherin Catharina Roland und der Westschweizerin Corinne Tâche-Berther alias Coco Tache.

Catharina Roland wurde im Jahr 1969 in Wien geboren, machte dort Matura, studierte Schauspiel, Theaterwissenschaft, Publizistik und Psychologie. Zudem absolvierte sie eine Regieausbildung am Max-Reinhardt-Seminar in Wien. Später produzierte sie Werbefilme, wofür sie namhafte Preise erhielt, und wirkte als Theaterregisseurin, als Off- und Synchronsprecherin sowie als Yogalehrerin.

Im Jahr 2012 erschien Catharina Rolands erster Film «AWAKE», für welchen sie während sieben Jahren verschiedene Vertretende von Esoterik und alternativer Spiritualität interviewte, von welchen sich zwei, Dieter Broers und Ruediger Dahkle, heute im «Weisenrat» des Manifests der Neuen Erde wiederfinden. Gleichzeitig erschien das begleitende Buch «AWAKE. Ein Reiseführer ins Erwachen» als «Praxisbuch mit vielen Tools», welches sich in die aufs Jahr 2012 hin erscheinenden Publikationen zur erwarteten gesellschaftlichen Veränderung einreihte. Das sechste und abschliessende Kapitel dieses Buches lautete: «Wir manifestieren eine neue Erde – Jetzt!» 2018 folgte Catharina Rolands zweiter Film «AWAKE2PARADISE», der von der Prämisse ausging, dass die Erschaffung eines Paradieses, einer idealen Gesellschaft im Aussen das Auffinden von Paradiesen in den einzelnen Menschen voraussetzt. Dazu wollte der Film die Türen öffnen.

Corinne Tâche-Berther, die als Co-Autorin des Manifests der Neuen Erde jeweils unter dem Kurznamen Coco Tache auftritt, wurde im Jahr 1969 in der Westschweiz geboren und absolvierte eine Wirtschaftsschule. Im Jahr 1990 begründete sie das Magazin «7sky» zu Brettsportarten wie Surfen, Snowboarding, Skateboarding, und den Themen Ökologie und Bewusstsein. Seit 2010 wirkt Corinne Tâche-Berther als Yogalehrerin. Im Jahr 2015 begründete sie die spirituelle Online-Plattform 7sky.life. Corinne Tâche-Berther lebt in Le Mont sur Lausanne.

Im Jahr 2020 initiierten Catharina Roland und Coco Tache gemeinsam das Manifest der Neuen Erde auf der Website https://thenewearthmanifesto.com. Im Jahr 2022 erschien das Konzept in Buchform unter dem Titel «Das Manifest der Neuen Erde» im Neue Erde Verlag Saarbrücken.

Das Manifest der Neuen Erde basiert auf einem esoterischen Welt- und Menschenbild: «Der Mensch ist ein spirituelles, geistig hochentwickeltes Wesen, das nicht an seiner Hautoberfläche endet. Er ist ein mehrdimensionales Wesen, mit mehreren Körper-Ebenen (physischer Körper, mentaler Körper, emotionaler Körper, Energie-Körper, kausaler Körper und andere), die alle miteinander verbunden sind und interagieren» (Manifest s. 43).

Unter dem Titel «Wir manifestieren – Gesundheit allen Lebens» werden die Ideen zu den Themen Landwirtschaft, Ernährung, Industrie, Tierhaltung, Medizin, Technik und Kalender zusammengefasst.

Konventionelle und insbesondere industrielle Landwirtschaft soll der Vergangenheit angehören: «Biobauern von Mittelstands- und Kleinbetrieben bestimmen die Agrarpolitik. Alle anderen landwirtschaftlichen Betriebe erhalten kostenlose Umschulungen in nachhaltige und biologische Landbewirtschaftungssysteme, welche die Bodengesundheit als Basos der Gesundheit allen Lebens verbessern. Die Bauern werden dabei unterstützt, ihre Produkte regional zu vermarkten» (Manifest s. 21). Gentechnik in der Landwirtschaft wird verboten: «Genmanipuliertes Saatgut wird nicht mehr verwendet» (Manifest s. 32).

Im Bereich der Ernährung sollen Methoden der Nahrungsindustrie zurückgefahren werden: «Künstliche Zusatzstoffe aller Art kommen nur noch zur Verwendung, wenn ein Gremium aus unabhängigen Ärzten, Biologen und Heilpraktikern verschiedener Sparten deren Unbedenklichkeit für alles Leben festgestellt hat. Industriezucker, synthetische Salze, raffinierte Fette und denaturierte Lebensmittel haben in den letzten Jahrzehnten zu einer unnatürlichen Zunahme von Allergien, Übergewicht und ernährungsbedingten Krankheiten geführt. Diese werden durch heilkräftige natürliche Lebensmittel mit ihrer Vielzahl an Mikronährstoffen ersetzt» (Manifest s. 31).

In der Industrie wird auf Recycling und natürliche Rohstoffe gesetzt.

Die Ideen zur Tierhaltung sind gezeichnet vom Glauben an die Möglichkeit der telepathischen Tierkommunikation: «Tierkommunikation ermöglicht es den Menschen, herauszufinden, was die Tieree zu ihrem Wohlergehen brauchen. Tiere in Zoos und Tierparks haben die freie Wahl, ob sie in Zoos bleiben oder sich für ein Leben in Freiheit oder in speziellen Schutzgebieten entscheiden» (Manifest s. 39). Ziel ist eine vegane Gesellschaft: «Unsere Vision ist es, dass in der nahen Zukunft keine Tiere mehr getötet werden» (Manifest s. 39).

Kommuniziert werden soll auch in der Forst-, Garten- und Bauwirtschaft mit Pflanzen und Orten: «Als Hüter und Hüterinnen der Landschaft informieren wir unsere Bäume ein bis zwei Tage bevor sie gefällt oder gestutzt werden. Wir informieren auch das Gras bevor es gemäht wird, damit es seine Energie in dieser Zeit in den Wurzelbereich ziehen kann. Wenn ein Neubau geplant wird, sprechen wir mit dem Ort, damit der Deva des Ortes sich rechtzeitig einen neuen Platz suchen kann» (Manifest s. 40).

Spitäler sollen umgestaltet werden: «Mit wenig Aufwand werden aktuelle Krankenhäuser und Intensivstationen vorab mit Pflanzen, Therapietieren, Naturdüften, natürlichen Lichtfrequenzen und Naturbildern heilfreundlicher gestaltet und so adaptiert, dass sie nieder- und hochfrequente Strahlen – Elektrosmog – abhalten» (Manifest s. 42).

In der Medizin werden alternativmedizinische Verfahren bevorzugt: «In den neuen Heilungsräumen werden ganzheitliche Therapiemethoden angewandt, die auf die individuellen Bedürfnisse der Menschen eingehen. Das sind Heilmethoden, die die Menschen seit Jahrhunderten dabei unterstützt haben, durch die Kraft der Natur und des Geistes zu heilen (wie zum Beispiel Homöopathie, TCM, Ayurveda oder Anthroposophische Medizin), sowie ‹neue›, gut erprobte und bereits erfolgreich angewandte Heilmethoden, die auf Quanten/Frequenzen/Energie/Information beruhen, werden voll anerkannt, angewandt und gelehrt» (Manifest s. 43).

Schwangerschaft und Geburt sind geprägt von esoterischen Ideen: «Schon die Empfängnis eines Menschen wird bewusst als ein heiliger Akt gelebt. … Frauen entscheiden selbst, wie und wo sie gebären möchten, ob in Geburtshäusern, zu Hause oder auch im Freien – im Wald, im Meer oder an besonderen Kraftplätzen – in jedem Fall geschützt, in Ruhe und gerne auch im Kreis ihrer Familie oder anderer Frauen. … Invasive Eingriffe und Medikamente werden nach Möglichkeit vermieden» (Manifest s. 46).

Abtreibung ist nicht mehr vorgesehen: «Ungewollt Schwangere werden in allen Lebensbereichen unterstützt. Frauen, die aus irgendeinem Grund ihre Babys nicht bei sich behalten wollen, lernen – wenn sie das möchten – schon in der Schwangerschaft die Paare kennen, die ihr Baby nach der Geburt liebevoll aufnehmen werden» (Manifest s. 47).

Das Bestattungswesen wird radikal umgestaltet: «Indem wir unsere Körper in gesunder, lebendiger Erde oder eigens geschaffenen Anlagen kompostieren, übergeben wir diese wieder dankbar dem Kreislauf des Lebens» (Manifest s. 49). Nur für Körper, die «viele Toxine oder Ähnliches enthalten», ist eine Verbrennung «aus grundwasserhygienischen Gründen vorzuziehen». Nicht kohärent zu diesen Ideen wirken die folgenden Angaben, dass jede Kultur ihre Verstorbenen «auf ihre Weise bestatten» kann, und, nochmals anders gedacht, dass im Körper von Verstorbenen ein Baum gepflanzt werden soll (Manifest s. 50).

In esoterischen Kreisen umstrittene Formen moderner Technik sollen verboten werden, zudem auch angebliche Technologien, die in Verschwörungstheorien auftauchen: «Jede Form von künstlich angewandter Technologie, die lebende Organismen oder die gesamte Erde negativ beeinflussen können, werden abgeschaltet oder rückgebaut! Dazu zählen insbesondere kabelfreie Telekommunikationstechniken ohne Unbedenklichkeitsprüfung (zum Beispiel 5G), künstliche Intelligenz (KI), Mikrochips (RFID, Digitale ID), IoT (Internet of Things), Smartmeter, Videoüberwachungssysteme, bewusstseinskontrollierende Technologien wie HAARP und künstliche Wetterveränderung (Geo-Engineering, Chemtrails)» (Manifest s. 52).

Der gregorianische Kalender wird abgeschafft und durch eine neue Zeitmessung nach esoterischen und neopaganen Vorstellungen ersetzt: «Wir kehren gemeinsam zu einem 13-Monde-Kalender zurück, der mit den natürlichen Rhythmen und Zyklen der Erde im Einklang ist. So haben wir 13 mal 28 Tage plus einen ‹Dankbarkeitstag für die Schöpfung›, der weltweit gefeiert wird. Wir ehren die Zeitqualitäten, feiern bedeutungsvolle Rituale und begehen die Jahreskreisfeste unserer Ahnen in tiefer Verbindung mit der Erde und der Natur» (Manifest s. 57f.). Bräuche des Sich-Beschenkens werden abgeschafft, weil sie «unnötig Müll generieren» (Manifest s. 58).

Unter dem Titel «Wir manifestieren: Potential Entfaltung» werden die Ideen zum Bildungswesen, zu Kunst und zur Kultur zusammengefasst.

Kinder sollen in erster Linie nicht in Schulen, sondern in der Familie lernen: «Der erste Ort für die Lebens- und Herzensbildung ist die Familie. Der zweite Ort ist die Gemeinschaft/ das Dorf, in dem dann auch ‹Erlebnisräume›, ‹Lernorte› und ‹Entfaltungsräume› zur Verfügung gestellt werden, die gemeinsam mit den Kindern gestaltet werden. Es steht Eltern und Kindern frei, ob sie an diesen Lernorten oder zuhause frei lernen wollen» (Manifest s. 64).

Computer sollen für Kinder unter 13 Jahren tabu sein: «Bis zum 14. Lebensjahr ist der Zugang zu Computerhilfsmitteln zu vermeiden, während Kreativität, Imagination, Inspiration und Intuition angeregt und gefördert werden» (Manifest s. 66).

Ziel ist ein «Neues Bewusstsein» jenseits der gegenwärtigen Bildung: «Wir halten Gedanken, die uns von Schulbüchern, Zeitungen oder TV-Sendungen vorgegeben werden, für unsere eigenen Gedanken. Um diese alten Programmierungen wieder abzubauen und um das Licht in uns zum Wohle allen Lebens scheinen zu lassen, brauchen wir eine kollektive De-Programmierung, eine Reinigung von alten sabotierenden Glaubenssätzen: Kurse, die uns dabei unterstützen, ein neues Bewusstsein für das Wunder Leben und für ein liebevolles Miteinander zu entwickeln» (Manifest s. 69). Unter den geplanten Kursen befinden sich einige weltanschaulich-esoterische, was klar macht, dass das geplante Bildungswesen nicht weltanschaulich neutral, sondern esoterisch geprägt wäre, z.B. «Strukturen und Ebenen des Bewusstseins», «die Ausdrucksformen der Energetischen Kommunikation», «Achtsamkeit und Meditation», «Die Prinzipien der Lebensenergie und ihre praktische Anwendung», «Heilige Geometrie und ihre praktische Anwendung», «die Naturgesetze und die kosmischen Gesetze und Zyklen», «Wissen über den Jahreskreislauf, Naturfeste und Rituale», «Ritualkunde und Praxis», «Kommunikation mit Tieren, anderen Bewusstseinsformen und feinstofflichen Wesen», «Erweitern der inneren Sinne (Hellsehen, Hellfühlen usw.)», «Die Rückkehr des heilig Weiblichen und Männlichen in unsere Gesellschaft», «Sexualität und ihre heilige Dimension», «Baubiologie und Geomantie» (Manifest s. 69ff.).

Die Tipps zu Universitäten führen unter dem Untertitel «Die neuen Universitäten» vieles auf, was keinesfalls neu, sondern im Universitätsbetrieb der Gegenwart selbstverständliches Anliegen ist: «Die neuen Universitäten sind also ‹Zukunftswerkstätten›, in denen ForscherInnen, UniversitätsprofessorInnen, Studierende durch kollektive Intelligenz und auf Augenhöhe, angetrieben durch Freude und natürliche Neugier, frische Impulse und Ideen für unser aller Zukunft entwickeln… Jeder Lehrende wird in Kursen dabei unterstützt, innovative Unterrichtsformen zu erlernen, um seine Studenten bestmöglich unterstützen zu können. Das Wissen wird so vermittelt, dass es die freie Öffnung zu neuen Wissensgebieten ermöglicht, ohne die Kreativität der Schülerinnen und Schüler zu bremsen. Beispielsweise wird das Infragestellen bestehender wissenschaftlicher Prinzipien nicht nur akzeptiert, sondern sogar gefördert» (Manifest s. 74f.).

Kunst wäre nach den Vorstellungen des Manifests der Neuen Erde nicht mehr frei, sondern hätte sich in den Dienst der Gesellschaft zu stellen: «Kunst im allgemeinen, wie etwa Theater, Musik, Tanz, Literatur und Architektur, dienen dem menschlichen Ausdruck, der Herzensbildung und Inspiration. Auch Filme werden in dem Bewusstsein produziert, dass sie einen direkten Einfluss auf das Unterbewusstsein haben» (Manifest s. 77).

Im Bereich der Kultur wird ein neopaganer Bezug zu den «Ahnen» und «Wurzeln» gefordert: «Wir achten und beleben die vielfältigen Mythen, die kulturell unterschiedliche Weltsicht alter und jüngerer Kulturen und die alten Brauchtümer, Tänze, Gesänge und Sprachen unserer Ahnen. Im Wissen, dass unsere tiefen Wurzeln uns im Jetzt Halt geben.» (Manifest s. 77).

In Gesellschaft und Ausbildung liegt ein Fokus auf dem Handwerk: «Statt industriell billig erzeugter Massenware werden handwerkliche Erzeugnisse gefördert, die nicht nur eine höhere Lebenserwartung haben und aus recycelbaren, aus der Natur gewonnenen Materialien bestehen, sondern bei denen auch der Mensch hinter dem Handwerk spürbar ist. Dadurch wird wieder eine wertschätzende Beziehung zu den Gegenständen hergestellt, mit denen wir uns umgeben. In den neuen Schulen und an den Lernorten erlernen junge Menschen handwerkliche Fähigkeiten. Dies bietet die Möglichkeit, auf spielerische Weise andere Fächer zu integrieren. So kann zum Beispiel beim Kochen das Bruchrechnen geübt, beim Tischlern etwas über Längenmasse und Winkel gelernt, beim Planen von Glashäusern oder Gemüsebeeten etwas über Artenvielfalt, Jahreszyklen, Sonne und Photosynthese oder Humusaufbau gelernt werden» (Manifest s. 78f.).

Ältere Menschen sollen «so weit wie möglich in der Familie und in der Gemeinschaft ihrer Lebensmenschen bleiben und dort – falls nötig – durch gut ausgebildete PflegerInnen unterstützt werden» (Manifest s. 80f.). Daneben werden «Lebens-Häuser» eingerichtet werden: «In den künftigen ‹Lebenshäusern› wird in Gemeinschaft gesundes Essen gekocht und zusammen im Garten gearbeitet. Ziel ist es, gesund zu altern. Kindergärten und Schulen, aber auch Tierparks, sind – wenn immer möglich – diesen Lebens-Häusern angeschlossen. Kinder lernen zum Beispiel mit den alten Menschen lesen oder finden unter ihnen Musiklehrer*innen, Handwerker*innen, Ingenieur*innen, Feuerwehrleute, Piloten*innen (sic!) oder Menschen, die ihnen von ihren interessanten Berufen erzählen und praktische Übungen mit ihnen machen» (Manifest s. 81).

Die recht knappen Aussagen zum Verhältnis zum globalen Süden sind geprägt von Skepsis gegenüber Globalisierung und internationalen Organisationen: «Menschen in der früher sogenannten ‹Dritten Welt› werden darin unterstützt, wieder unabhängig von anderen Ländern oder Organisationen zu sein und sich ihrer eigenen Identität wieder als vollkommen und würdig zu empfinden» (Manifest s. 86).

Am Ende wird Weltfrieden herrschen: «Armut gibt es nicht mehr. Sobald die Menschen sich ihrer selbst bewusst sind, gelernt haben, wie sie ihre eigene Nahrung anbauen und wie sie sich selbst organisieren können, wird Frieden auf der Welt einkehren» (Manifest s. 87).

Unter dem Titel «Wir manifestieren – Wahre Wirtschaft in Kreisläufen» werden die Ideen zur Ökonomie zusammengestellt.

Der Konsum soll aufs Notwendige heruntergefahren werden: «In einem neuen menschen – und naturverantwortlichen Gesellschaftssystem werden nur noch Konsumgüter gekauft, die wirklich gebraucht werden. Diese werden so nachhaltig hergestellt, dass sie sehr lange halten, repariert werden können und alle Teile recycelbar sind» (Manifest s. 94).

Eigenproduktion wird eine wichtige Rolle spielen: «Wir besinnen uns auf die Weisheit unserer Vorfahren und lernen schon als Kinder, unsere Lebensmittel und unsere eigenen Körperpflege- und Reinigungsprodukte aus natürlichen Inhaltsstoffen herzustellen» (Manifest s. 94)

Unverpackt-Läden werden die Regel sein: «Nahrungsmittel werden so weit wie möglich verpackungsfrei angeboten oder sind in mitzubringende Gefässe abfüllbar» (Manifest s. 95).

In der Landwirtschaft wird auf Überschussvermeidung durch Planung gesetzt: «Die Landwirte produzieren – so weit wie möglich – nach Absprache mit ihren Kunden die notwendige Menge an Lebensmitteln. Nahrung, die nicht verkauft wird, wird Hilfsbedürftigen oder auch Tieren gratis zur Verfügung gestellt oder kompostiert und so der Erde direkt zurückgegeben» (Manifest s. 98). Eigenartig an diesem Abschnitt ist das Auftauchen von «Hilfsbedürftigen», deren Existenz in der neuen Gesellschaft in anderen Aussagen als ausgeschlossen dargestellt wird.

In der Wirtschaft soll Kooperation an die Stelle von Konkurrenz treten: «Unternehmen werden von Menschen geführt, die kooperativ zusammenarbeiten, die gleiche Vision verfolgen und eine gute und respektvolle Beziehung zu ihrenKunden, Lieferanten, Partnern und auch untereinander pflegen. Ihnen ist eines gemeinsam – die Freude an ihrem Wirken und ihr Mitgefühl für Mitmenschen, alle Lebewesen und Mutter Erde» (Manifest s. 100).

Internationale Konzerne sind nicht mehr vorgesehen: «Discountketten und Konzerne werden nicht mehr gebraucht und daher aufgelöst» (Manifest s. 104). An ihre Stelle tritt Regionalität und lokale Kooperation: «In den Städten bilden sich Einkaufsgemeinschaften, die ihre Produkte direkt von den Handwerkern und von den Biohöfen aus der Region beziehen. Computer-Apps helfen, Erzeuger von Spezialitäten zu lokalisieren und gemeinschaftliche Lieferungen zu organisieren. Es werden vermehrt regionale Läden mit vorwiegend lokalen Produkten gegründet» (Manifest s. 104).

Regionalität gilt als Grundsatz auch bei der Energiewirtschaft: «Dezentrale, autarke Stromversorgungsnetze, die in ihren zentralen Funktionen auch ohne Steuerung über das Internet funktionieren, werden weiterentwickelt und überall installiert. Jedes Dorf, jede Gemeinschaft und jeder Stadtteil kann sich so autark mit erneuerbarer Energie versorgen» (Manifest s. 107f.).

Daneben wird auf wissenschaftlich gesehen unbelegte, in Verschwörungskreisen als angeblich unterdrückt diskutierte Energieformen gesetzt: «Patente von unterdrückten Technologien und Erfindungen – zum Beispiel der ‹Freien Energie› -, die zur Lösung der Energieprobleme und zur Heilung von Mensch und Erde beitragen, werden der Menschheit zur Verfügung gestellt, weiterentwickelt und zur Anwendung gebracht» (Manifest s. 108).

Der Öffentliche Verkehr soll kostenlos sein: «Öffentliche Verkehrsmittel werden gratis angeboten» (Manifest s. 110). Der Privatverkehr reduziert sich durch die Regionalität der Wirtschaft: «Auch hier gilt es, den Fokus auf die Region zu richten. Hier in der eigenen Region wird produziert, hier finden wir unsere Lieblingsdienstleister und unsere Arbeitsstellen. Dadurch benötigen wir weniger Transporte. Wir sparen Arbeitswege und Energie, wir benötigen weniger Autos. Wir haben weniger Lärmbelästigung, Vermschmutzung, weniger Verkehrstote, weniger Stress» (Manifest s. 110).

Unter dem Titel «Wir manifestieren – Lebensräume» werden Konzepte zur Siedlungsstruktur in einer zukünftigen Gesellschaft aufgelistet.

Als ideale Siedlungsform wird das Dorf betont: «Um die bereits bestehenden Städte entstehen sogenannte ‹neue Dörfer›, in denen sich Menschen vernetzen und zusammenarbeiten. Dies kann eine Umstrukturierung bestehender Dörfer – eine ‹Ökologisierung› alter Baustrukturen – oder den ökologischen Bau neuer Dörfer bedeuten» (Manifest s. 117). Gedacht ist diese Wohnform für eine überschaubare Gemeinschaftsgrösse «Hier bilden sich Lebens- und Wohngemeinschaften von 100 bis 150 Menschen.» Das neue Dorf soll möglichst das ganze Leben der Bewohnenden umfassen: «Wohnen, Potentialentfaltung (Waldkindergärten, Lernorte und dergleichen), Arbeit, Kultur und Gemeinschaft findet in der Nachbarschaft statt. Dadurch wird die Gemeinschaft gestärkt, die Städte dezentralisiert und gleichzeitig die Lebensqualität gefördert, Zeit und Geld eingespart und der Verkehr vermindert» (Manifest s. 118).

Die Architektur ist esoterisch geprägt: «Die Architektur mit nachhaltigen Baustoffen berücksichtigt die Erfahrungen von Feng-Shui, Vastu und heilender Geometrie» (Manifest s. 118).

Andere in alternativen Kreisen beliebte Wohnformen sollen aber ebenfalls o.k. sein: «Es wird Menschen leicht gemacht, alternative Wohnprojekte – wie Ökogemeinschaften, Tiny-House-Siedlungen – zu gründen oder auf nomadische Weise zu leben» (Manifest s. 120).

Die Städte sollen grüner werden: «Ab sofort beginnen wir damit, unsere Städte intensiv zu begrünen» (Manifest s. 121). Durch «Urban Gardening» sollen die Städte zu ihrer Ernährung beitragen. Die Stadtbewohnenden organisieren die eigene Versorgung: «Die Bewohner der Stadt vernetzen sich mit den umliegenden Bauern, um mit ihnen eine Partnerschaft einzugehen und sich mit den Produkten zu versorgen, die in der Stadt nicht erzeugt werden können» (Manifest s. 122).

Zum Ende des Kapitels wird nochmals die Dezentralisierung betont: «Es wird darauf geachtet, dass jede Region die Ernährung, die Energieversorgung, Fair-Waltungsangelegenheiten und die Grundbedürfnisse der Menschen so autonom wie möglich sichern kann» (Manifest s. 123).

Unter dem Titel «Wir manifestieren – Fair-Waltung, die auf Vertrauen beruht» werden die Ideen zu einem alternativen Staatsmodell zusammengefasst.

Einleitend werden die sog. hermetischen Gesetze aus der esoterischen Tradition aufgelistet, betitelt mit «Die Universellen Prinzipien». Deutlich wird hier, das es sich bei der geplanten neuen Gesellschaftsform nicht um einen weltanschaulich neutralen Staat handeln würde, sondern um einen, in welchem esoterische Lehren als «universelle Prinzipien» anerkannt werden müssen und damit den Rang von Dogmen haben.

So wird das sog. Positive Denken vorausgesetzt: «Mit unseren Gedanken und Gefühlen formen wir unsere Realität. Jeder Gedanke ist also ein Schöpfungsprozess, er ‹in-formiert›, das heisst, bringt in Form. Für dich bedeutet das ganz praktisch, dass du die physische Realität als einen Spiegel deiner inneren geistigen Verfassung erkennen kannst. Indem du das tust, wirst du dich als Schöpfer deiner Realität erfahren und kannst beginnen, Ver-Antwortung zu übernehmen. Du wirst also nicht mehr auf etwas scheinbar von dir Unabhängiges reagieren, sondern wissen, dass alles, was dir begegnet, im Ursprung mit dir zu tun hat» (Manifest s. 132f.). Dieses Grunddogma des Positiven Denkens, das aus der Mitte des 20. Jahrhunderts stammt, wird heute sehr kritisch gesehen, weil es Opfern von Verbrechen (mindestens) eine Mitschuld gibt und damit Hochproblematisches wie Kriminalität, Missbrauch und Rassismus verharmlost.

Verstärkt wird diese Sichtweise durch die esoterische Karma-Lehre: «Für alles, was du erlebt hast, hast du selbst die entsprechende Ursache gesetzt. Dies wird in anderen Kulturen gerne als ‹Karma› bezeichnet» (Manifest s. 136). Die Karma-Lehre wird – wie aus stark religiös geprägten Gesellschaftssystemen in der Vergangenheit bekannt – eingesetzt, um Wohlverhalten zu motivieren: «Wenn dir dieses Prinzip bewusstgeworden ist, wirst du ab nun darauf achten, durch deine Worte, Gefühle und Handlungen die Ursachen zu setzen, die in deiner Zukunft die von dir gewünschten Wirkungen hervorbringen» (Manifest s. 137).

Konservative Geschlechterstereotypen zeigen sich in Aussagen zum «Prinzip des Geschlechts»: «Das männliche Prinzip ist: die Idee, der Wille, das Aktive, das Gebende, das Richtungsweisende. Das weibliche Prinzip ist: das Annehmende, das Empfangende, das Ausführende, das Passive» (Manifest s. 137).

Parteien werden verboten sein: «Es muss eine Verwaltung sein, in der es kein Parteiensystem mehr gibt» (Manifest s. 138).

Als Amtsinhabende in der neuen Gesellschaft kommen nur Menschen in Frage, die bestimmte Vorbedingungen erfüllen: «Ämter werden von Menschen besetzt, die in ihrer Vergangenheit bewiesen haben, dass sie nicht nur hoch kompetent und verantwortungsvoll sind, sondern auch vernetzt denken können können, das heisst über ihr eigentliches Fachgebiet hinaus, und bereits bewiesen haben, dass ihnen das Wohl und die Gesundheit allen Lebens am Herzen liegt.» Dies setzt eine Vorselektion der wählbaren Kandidierenden voraus. Wer diese vornimmt, bleibt offen. Weltanschaulich geleitete Vorselektion von Kandidierenden ist bekannt aus stark ideologisch geprägten Systemen, z.B. aus dem Kommunismus oder aus fundamentalistisch-religiösen Regimen wie dem Iran.

Eine konkrete geplante Behörde ist ein Arbeitskreis gegen Machtmissbrauch: «Ein Arbeitskreis achtet darauf, dass es zu keinem Machtmissbrauch kommen kann» (Manifest s. 138). Wie dieser konstituiert wird und wie er seine Aufgabe erfüllen soll, bleibt offen.

Volksvertreter (es kommt nur der männliche Begriff vor) sind persönlich verantwortlich: «Jeder Volksvertreter übernimmt die persönliche Verantwortung für sein Handeln. Dies verhindert, dass Gesetze beschlossen werden, die allein der Wirtschaft nützen, dabei aber den Lebensgrundlagen, Pflanzen, Tieren und Menschen schaden.» (Manifest s. 139). Offensichtlich haben die «Volksvertreter» die Funktion der Legislative inne.

Ein wesentliches Element der geplanten Staatsstruktur ist der Weisenrat, wie er jetzt schon um Christina von Dreien und Daniele Ganser herum konstituiert ist. So soll «Jeder Volksvertreter mit dieser grossen Verantwortung von einem ‹Rat der Weisen› unterstützt» werden (Manifest s. 139). Weisenräte sind für unterschiedliche Bereiche zuständig. «Für jedes wichtige Themengebiet gibt es einen ‹Rat der weisen Menschen›» (Manifest s. 140). Sie sollen aus Menschen mit entsprechender Eignung bestehen und die Gesellschaft abbilden: «Die Weisenräte setzen sich aus engagierten und kompetenten Frauen und Männern zusammen, für die das Wohl allen Lebens Grundlage ihres Denkens und Handelns ist. Diese Menschen bleiben und werden ihrer Verantwortung gerecht, auch wenn es ‹brennt›. Ihre Vertreter repräsentieren die Vielfalt der Gemeinschaft. Es sind Menschen aller Altersgruppen und Lebenserfahrungsbereiche, Denker und Praktiker, die in der Lage sind, sich mit den Herausforderungen und Lösungen der einzelnen Bevölkerungsgruppen zu befassen». (Manifest s. 140) Hier wird deutlich, dass die exekutiven Funktionen im geplanten Gesellschaftsmodell bei den Weisenräten liegen.

Die neue Verfassung wird von einem Weisenrat geschrieben: «Die erste Aufgabe eines Weisenrates ist es, den Vorschlag für eine Verfassung zu schreiben, die auf den universellen Naturprinzipien beruht und Menschen und Natur als gleichwertig achtet. Über diese Verfassung stimmen die Menschen des Landes ab. Das ‹Manifest der Neuen Erde› kann als Grundlage dieser neuen Verfassung dienen.» Offensichtlich existiert im geplanten Staat keine geordnete Gewaltenteilung, sondern es scheint sich um ein Modell mit weitgehenden Vollmachten bei den Weisenräten zu handeln.

Demokratische Werkzeuge wie das Initiativrecht sind nicht vorgesehen. Betont wird stattdessen die Partizipation aller Einzelnen bei der Entscheidungsfindung über digitale Austauschmöglichkeiten. Explizit hingewiesen wird auf Modelle der Entscheidungsfindung in Teams, z.B. Soziokratie, Holokratie, Yamagishi Kai, Dragon Dreaming und VSM, die sich entweder nur in kleineren Einheiten bewähren oder aber nicht ohne exekutives Gremium auskommen.

Unter dem Titel «Wir manifestieren – Eine neue Rechtsordnung und Friedenshüter» werden Vorschläge für Gesetzgebung, Polizei und Armee angeführt.

Im Kapitel Rechtsordnung greifen die Autorinnen des Manifests der Neuen Erde eine Idee der Staatsverweigerungsszene auf, die Trennung von «Mensch» und «Person»: «Das Recht ist am Menschen, nicht an dem Konstrukt seiner ‹Person› ausgerichtet» (Manifest s. 146).

Betont wird wieder, dass die Weisenräte nicht nur exekutive, sondern auch legislative Funktion haben: «Die neuen Gesetze und Gebote sind klar strukturiert, einfach geschrieben und leicht verständlich. Sie beruhen auf der neuen Verfassung und werden von einem eigenen ‹Rat der Weisen›, der mit allen anderen thematisch spezialisierten Räten in enger Kommunikation steht, geschrieben und sodann dem souveränen Volk des Landes zur Abstimmung vorgelegt» (Manifest s. 147).

Die Funktion der Polizei haben die «Rechtshüter» inne, an die Stelle der Armee treten die «Friedenshüter», die allerdings unbewaffnet operieren: «Die Friedenshüter antworten auf Gewalt nicht mit Gewalt, sondern mit Weisheit, innerer Stärke und Mitgefühl und unterstützen einen fairen Interessensausgleich» (Manifest s. 148).

Massenvernichtungswaffen werden sich erübrigen: «Mit dem Verschwinden der Grenzen werden Massenvernichtungswaffen obsolet, da der Planet Erde als Heimat aller Menschen anerkannt ist» (Manifest s. 148).

Waffen werden unter Bezugnahme auf Mi 4,3 behandelt: «Die Waffen, die einst zur Zerstörung gedacht waren, werden recycelt und die daraus hergestellten Geräte für den Wiederaufbau verwendet» (Manifest s. 148).

Konflikte sollen durch diverse esoterische Tools wie Familienstellen, Vergebungsrituale und Ho’oponopono gelöst werden.

Gefängnisse sind «Potentialentwicklungszentren»: «Es werden Zentren zur Entwicklung von Potentialen errichtet, in denen Menschen, die kriminelle Taten begangen haben, ein intenswives Heilungsprogramm zur Resozialisierung durchlaufen. Aktivitäten – etwa Kunst, Meditation und andere spirituelle Praktiken, Kurse in Gewaltfreier Kommunikation und für inneren Frieden, soziale Dienste, Theater, Tanz oder Musik – ermöglichen es ihnen, sich wieder an ihre guten Qualitäten als menschliche Wesen zu erinnern und das Beste in sich zum Ausdruck zu bringen» (Manifest s. 149).

Unter dem Titel «Wir manifestieren – Ein Geldsystem, das dem Ganzen dient» wird ein neues Finanzsystem gefordert.

Gefordert wird ein Vollgeld, das auch in bar angelegt werden kann: «Ein neues ‹dienendes› Vollgeld – als Bargeld und als Verrechnungssystem – bekommt einen realen Wertmassstab, zum Beispiel ausgerichtet auf eine definierten Bio-Nahrungsmittelkorb. Die Geldmenge wird so gesteuert, dass der einmal definierte Nahrungsmittelkorb immer den gleichen Preis behält, es also keine Inflation oder Deflation gibt. Kredit- und Guthabenzinsen sowie Spekulation werden abgeschafft» (Manifest s. 159).

Vom Manifest vorgeschlagen wird das von Margret Baier und Bernd Hückstädt ab 2005 entwickelte System «Gradido» (Gratitude – Dankbarkeit, Dignity – Würde, Donation – Gabe): «Hier folgt die Geldschöpfung nach einfachen Regeln. Für jeden Menschen wird im Monat eine bestimmte Summe Geld geschöpft. Ein Drittel des geschöpften Geldes wird für ein Grundeinkommen dieses Menschen verwendet. Das zweite Drittel ist für die Gemeinschaft und jegliche Fair-Waltung bestimmt. Für die Heilungsräume, die Lernorte, die Universitäten, den Strassenbau und so weiter. Auf diese Weise müssen keine Steuern mehr gezahlt werden. Das dritte Drittel fliesst in die Renaturierung, Heilung und Bewahrung unserer Umwelt. Natur und Umweltschutz wird dadurch zu einem blühenden ‹Wirtschaftszweig›. Das neue Geldsystem orientiert sich an dem natürlichen Kreislauf von Werden und Vergehen. So wird auch ein idealer Prozentsatz gefunden, um die (sic!) sich die Geldmenge jedes Jahr vermindert. Es ergibt also keinen Sinn, Geld zu horten; besser ist, es in ständiger Bewegung zu halten, es zu verleihen, sich an Projekten zu beteiligen oder es zu verschenken. Jeder ist jederzeit versorgt. Man muss also kein Geld mehr anhäufen, um schlechten Zeiten vorzubeugen» (Manifest s. 159). Das Gradido-Konzept der dauernden Reduktion der Guthaben funktioniert allerdings nur bei einer Abschaffung des Bargelds. Ansonsten würden die Konti sofort geleert und das Vermögen in bar angelegt, weil es so seinen Wert behalten würde. Damit widerspricht das Gradido-Konzept der Bargeld-Freundlichkeit der Esoterik- und Verschwörungsszene und auch der oben zitierten Haltung des «Manifests» selbst.

Grundbesitz ist nur noch begrenzt möglich: «Ab einer noch zu bestimmenden Grösse gehen Ländereien in lebensförderliche Projekte, Gemeinschaften oder Stiftungen über. Die örtlichen Weisenräte bestimmen mit, welche humus- und gesellschaftsaufbauende und das Miteinander fördernde Projekte dort umgesetzt werden» (Manifest  s. 165).

Unter dem Titel «Wir manifestieren – Medien, die Eigenverantwortung ermutigen» werden Forderungen an die Medien präsentiert.

Pressefreiheit wird zwar proklamiert, aber durch die Tatsache, dass die Medien in den Dienst der Gesellschaft gestellt werden, gleich wieder relativiert: «Pressefreiheit, Meinungsvielfalt und unabhängige Berichterstattung stehen wieder im Mittelpunkt der Mission. Die Medien sind aufgefordert, Übermittler positiver Lösungen für die Transformation unserer Erde und die Regeneration des Lebendigen zu sein und auch über erfolgreiche Projekte und Lösungen zu berichten» (Manifest s. 172). «Die Aufgabe der Medien ist es, Informationen und Lösungen zu verbreiten, die Menschen dabei zu unterstützen, in ihre volle Kraft zu kommen» (Manifest s. 174).

Investigativer Journalismus wird anerkannt, aber ebenfalls zu Lösungsansätzen aufgefordert: «Investigativer Journalismus wird geschätzt: Menschen, die sich mutig und neugierig daran machen, Missstände aufzudecken, in die Tiefe zu recherchieren, sich selbst vor Ort ein Bild zu machen und idealerweise auch gleich Lösungsansätze zu dokumentieren» (Manifest s. 177).

Für das Manifest der Neuen Erde wird an esoterischen und verschwörungstheoretischen Veranstaltungen intensiv Werbung gemacht, vor allem durch die beiden Initiatorinnen Catharina Roland und Coco Tache. So traten diese im Jahr 2022 sowohl am 20. August am Sommer-WEFF in Davos als auch am 4. September am Impulstag «Start ins Lichtzeitalter» in Zürich auf.

Über Pfingsten 2023 organisiert die Berner Esoterik-Plattform «Die Quelle» eine zweitägige Veranstaltung zum Manifest im Zürcher Volkshaus unter dem Titel: «Das Manifest – Leitfaden für eine bessere Welt». Dabei sein werden neben den beiden Initiatorinnen auch die «Weisenrätinnen» und «Weisenräte» Christina von Dreien, Vera Brandes, Dieter Broers, Anke Evertz, Daniele Ganser, Nicola Good, Ricardo Leppe und Patric Pedrazzoli. Ein VIP-Gönnerticket für die zwei Tage mit Platz in der ersten Reihe, Apéro mit den Referierenden und kleinem Geschenk hat einen Preis von Fr. 777.-. Ein Platz in den Reihen zwei bis sieben ist für Fr. 299.- zu haben. Die billigen Plätze weiter hinten kosten bis Ende Februar Fr. 149.-, ab dann Fr. 189.-

Von kritischer Seite werden verschiedene Elemente des «Manifests der Neuen Erde» als problematisch eingeschätzt:

– Das Staatsmodell zeigt in kritischer Sicht einige problematische Züge, so ist die Macht der Weisenräte sehr ausgeprägt, es bleibt unklar, wie sich diese konstituieren und wer sie kontrolliert.

– Das Manifest beruht sehr explizit auf weltanschaulichen esoterischen resp. alternativ-spirituellen Lehren, die als «universelle Prinzipien» in den Rang von unhinterfragbaren Dogmen erhoben werden. Die Staatsform des Manifests könnte deshalb in kritischer Sicht in Anlehnung an sog. Theokratische Systeme als «Esokratie» oder «Spirikratie» bezeichnet werden.

– Das Geldsystem Gradido würde in kritischer Sicht zu Hyperinflation und einer De-facto-Ersatzwährung, z.B. Edelmetall, führen.

– Die Verpflichtung auf neopagane Jahresfeste ist anderen Kulturen gegenüber unsensibel, so kennt etwa der Islam keine jahreszeitlich gebundenen Feiern.

– Die Preisgestaltung und vor allem die Klassenbildung an der Veranstaltung über Pfingsten 2023 im Zürcher Volkshaus lässt die Beteuerungen des Manifests bezüglich Gerechtigkeit und Gleichheit in kritischer Sicht als Lippenbekenntnisse und Heuchelei erscheinen.

Die Website des Manifests der Neuen Erde zählt zurzeit fast 23’670 angemeldete Teilnehmende.

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